T 0802/21 17-03-2023
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ABGASTURBOLADER MIT EINEM WASTE-GATE-VENTIL
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Streitpatent zu widerrufen.
In dieser hatte die Einspruchsabteilung festgestellt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag (erteilte Fassung) und Hilfsantrag 1 nicht erfinderisch sei.
II. Am 17. März 2023 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer in Form einer Videokonferenz statt, an der alle Parteien teilnahmen.
III. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag), hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß eines der Hilfsanträge 1 oder 2, beide (letzterer erstmals) eingereicht mit der Beschwerdebegründung.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:
"Abgasturbolader (10) mit einem Waste-Gate-Ventil (14),
einem Verdichter (12) und einer Turbine (16),
einem Turbinengehäuse (18),
einem Bypasskanal (22) zur Umgehung der Turbine (16),
einem Bypasskanalabschnitt (23), der im Turbinengehäuse (18) ausgebildet ist,
einem Aktorgehäuse (36),
einem Elektromotor (54), der im Aktorgehäuse (36) angeordnet ist,
einem Getriebe (46), das im Aktorgehäuse (36) an- geordnet ist,
einer Abtriebswelle (32) des Getriebes (46),
einem Regelkörper (26), der mit der Abtriebswelle (32) gekoppelt ist und einen Öffnungsquerschnitt des Bypasskanals (22) beherrscht,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Aktorgehäuse (36) separat ausgebildet ist und am Turbinengehäuse (18) befestigt ist, wobei das Aktorgehäuse (36) einen separaten Kühlmittelkanal (88, 92, 94, 96, 98, 100) mit einem Kühlmitteleinlass- stutzen (84) und einem Kühlmittelauslassstutzen (86) aufweist, der den Elektromotor (54) im wesentlichen radial umgibt."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 enthält gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags die folgenden zusätzlichen Merkmale:
" ... [radial umgibt], wobei in dem Bypasskanalabschnitt (23), der im Turbinengehäuse (18) ausgebildet ist, ein Ventilsitz (24) ausgebildet ist, der einen Öffnungsquerschnitt des Bypasskanals (22) umgibt, der mittels des Regelkörpers (26) in Form einer Klappe regelbar ist, welche zum Verschluss des Öffnungsquerschnitts auf den Ventilsitz (24) auflegbar ist und zur Öffnung des Öffnungsquerschnitts des Bypasskanals (22) von diesem abhebbar ist."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 enthält gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags die folgenden zusätzlichen Merkmale:
" ... [radial umgibt], wobei am Aktorgehäuse (36) Anschraubdome (112, 114) ausgebildet sind, über die das Aktorgehäuse (36) am Turbinengehäuse (18) mittels Schrauben (110) befestigt ist."
In der vorliegenden Entscheidung wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D14: US 2013/0327036 A1
D40: WO 2014/044987 A2.
V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Der Fachmann hat keinen Grund, den Abgasturbolader der D14 mit aus D40 bekannten Merkmalen zu kombinieren. Selbst wenn er dies täte, könne er den Gegenstand des Anspruchs 1 sämtlicher Anträge allenfalls in rückschauender Betrachtung erhalten, weshalb dieser auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin (Einsprechenden) lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die Lehre der D40 ist ohne weiteres und unmittelbar auf den Abgasturbolader der D14 übertragbar, auch vor dem Hintergrund, dass einteilige und modulare Bauweisen dem Fachmann geläufige alternative Konzepte sind. Daraus resultiere in naheliegender Weise der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sowie Hilfsanträgen 1 und 2.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Das Patent und sein technischer Hintergrund
Das Patent befasst sich mit Abgasturboladern, insbesondere mit dem Wastegate-Ventil solcher Turbolader, das den Abfluss heißer Abgase aus dem Turbinengehäuse in einen Bypasskanal zur Umgehung der Turbine kontrolliert. Ist der Ventilantrieb, meist ein Elektromotor mit Getriebe, platzsparend und ohne lange Übertragungswege am Turbinengehäuse angeordnet, ist er gleichzeitig sehr hohen Temperaturen ausgesetzt, die seine Lebensdauer verkürzen. Deshalb schlägt das Patent in Anspruch 1 vor, ihn in einem vom Turbinengehäuse (thermisch) getrennten "Aktorgehäuse" anzuordnen und über einen Kühlmittelkanal zu kühlen, der den Elektromotor "radial umgibt".
3. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
3.1 Unstreitig offenbart D14 einen Abgasturbolader mit Waste-Gate-Ventil 11, das in ein wassergekühltes Turbinengehäuse 8 integriert ist, siehe Absätze [0022], [0023], [0029], Fig. 3. Insbesondere ist auch die in D14 unter dem Begriff "actuator 12" zusammengefasste Motor-Getriebe-Einheit 10, 20-23 in das Turbinengehäuse 8 integriert, siehe Absätze [0029], [0035], Fig. 3, 4. Durch eine Verlegung des Elektromotors 19 in einen im Turbinengehäuse 8 ausgebildeten Aufnahmeraum 17 ("motor slot") sollen die Nachteile einer aus dem Stand der Technik bekannten Anordnung auf dem Verdichtergehäuse (Absatz [0010]) vermieden werden, nämlich lange Übertragungswege vom Motor zur Ventilklappe und damit sich aufsummierende Fehlertoleranzen, die aufwändig ausgeglichen werden müssen, siehe Absätze [0011], [0031].
3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich demnach dadurch vom Turbolader der D14, dass das Aktorgehäuse separat ausgebildet und am Turbinengehäuse befestigt ist, und dass der Kühlmittelkanal den Elektromotor im wesentlichen radial umgibt.
Wie in Absatz [0012] des Patents angegeben, ermöglicht eine separate Ausbildung des Aktorgehäuses eine thermische Trennung vom Turbinengehäuse und eine getrennte Kühlmittelversorgung des Antriebs, so dass dieser unabhängig von der Temperatur im Turbinengehäuse entsprechend seiner eigenen Temperatur gekühlt werden kann. Darüber hinaus kann durch einen den Elektromotor umgebenden Kühlmittelkanal "die Wärme im Bereich des Elektromotors direkt abgeführt", "eine Aufheizung des Elektromotors von außen über das Aktorgehäuse weitestgehend ausgeschlossen" und "eine thermische Überlastung ... so zuverlässig verhindert werden".
3.3 Dementsprechend sieht die Patentschrift die zu lösende Aufgabe darin, eine thermische Überlastung des Elektromotors zuverlässig zu verhindern sowie eine leichte Montage des Waste Gate Ventils zu ermöglichen, siehe Absatz [0010] des Patents.
3.3.1 Absatz [0010] nennt auch eine exakte Regelbarkeit - wohl des Ventils -, die durch den direkten Klappenantrieb möglich wird, siehe Absatz [0012], Zeilen 44 bis 46. Dieser Teil der Aufgabe nimmt aber Bezug auf (bekannte) pneumatische Antriebe oder auf Antriebe über einen Elektromotor, der zum Turbinengehäuse beabstandet und über Gestänge mit der Klappe gekoppelt ist, siehe Absatz [0005]. Da auch in der D14 der Elektromotor am Turbinengehäuse angeordnet und ohne Gestänge mit der Klappe gekoppelt ist, ist dort bereits ein direkter Antrieb verwirklicht, sodass der Aspekt einer exakten Regelbarkeit bei der Aufgabenstellung nicht berücksichtigt werden muss.
3.3.2 Die vereinfachte Montage ist als Folge der Unterbringung des Motors in einem separaten Gehäuse zu betrachten. Diese Unterbringung dient primär zur thermischen Trennung zwecks Schutz des Motors vor Überhitzung. Daher sieht die Kammer den Aspekt der Überhitzung als zentral bei der Aufgabenformulierung.
3.3.3 Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin darin zu, dass in D14 bereits die Problematik der Überhitzung sowie des Bauraums erkannt und ihr entgegen gewirkt wird, indem der Elektromotor 19 seitlich im Turbinengehäuse eingebaut und über die thermische Kopplung zum Turbinengehäuse 8 durch dessen Kühlmittelkanal mitgekühlt wird, Absatz [0030]. Wie insbesondere in Fig. 4 zu erkennen ist, verläuft dabei ein Kühlmittelkanal des Turbinengehäuses von dem Einlassstutzen 9 hinter sowie unterhalb des Aufnahmeraums 17 für den Elektromotor 19 zum Auslassstutzen 10, Absatz [0027]. Demgegenüber bewirken die Merkmale einer gesonderten Unterbringung in einem separaten Aktorgehäuse mit separatem Kühlmittelkanal, der den Elektromotor umgibt, jedoch objektiv gesehen wohl eine Verbesserung der Kühlung, so dass der Elektromotor noch besser gegen thermische Überlastung geschützt wird.
3.3.4 Somit kann die objektive technische Aufgabe ausgehend von D14 dahingehend umformuliert werden, den Elektromotor des Antriebs noch besser gegen thermische Überlastung zu schützen, d.h. den Schutz des Elektromotors gegen thermische Überlastung zu verbessern.
3.4 Daher besteht durchaus eine Veranlassung für den Fachmann, einen Ingenieur mit besonderen Kenntnissen im Gebiet der Abgasturbolader, zur Lösung dieser Aufgabe D40 heranzuziehen. Denn D40 befasst sich genau mit dieser Problematik, siehe Seite 1, Zeilen 2 - 30, Seite 6, Zeilen 10, 26 - 29. Zur Lösung schlägt sie eine insbesondere für ein Wastegate-Ventil geeignete, separate und modulare Antriebseinheit mit einem unabhängigen Kühlkreislauf für deren Elektromotor vor, der von Kühlmittel des Verbrennungsmotors durchflossen wird (Seite 3, Zeilen 15 - 19). Darüber hinaus weist der Kühlmittelkreislauf einen Kühlmittelkanal in Form eines den Elektromotor 10 umgebenden Zylindermantels auf, siehe Seite 4, Zeilen 6 - 10. Der Kühlmittelkanal 30 wiederum hat in den zwei in den Fig. 2 - 5 gezeigten Ausführungsformen einen Kühlmitteleinlass- und - auslassstutzen 34, 35 (Seite 7, Zeile 28 - Seite 8, Zeile 13) und kann sich laut Seite 8, Zeilen 26 - 29 auch über das ganze Aktorgehäuse 2 erstrecken.
3.5 Dem Argument der Beschwerdeführerin, der Fachmann würde die Antriebseinheit der D40 als nicht geeignet für das am Turbinengehäuse platzierte Wastegate-Ventil der D14 erachten, weil sie für eine Anordnung an einem Zylinderkopf konzipiert sei, kann die Kammer sich nicht anschließen.
Die Anordnung am Zylinderkopf ist in D40 explizit als beispielhaft angegeben, Seite 6, Zeilen 33, 34. In D40 wird zum einen jedoch die universelle Einsetzbarkeit der Antriebseinheit für Ventile eines Otto- oder Dieselmotors betont, ob sie nun die Zufuhr von Verbrennungsluft, die Abfuhr von Abgasen oder eine Abgasrückführung regeln, Seite 1, Zeilen 1 - 10. Zum anderen werden als weitere Beispiele ausdrücklich auch stromab der Zylinder und in der Nähe der Abgasführung angeordnete Ventile genannt, die durch heiße Abgase verursachten hohen Temperaturen ausgesetzt sind, Seite 1, Zeilen 18 - 21.
Die Kammer ist im Gegenteil der Überzeugung, dass der Fachmann die Antriebseinheit der D40 gerade für besonders geeignet für das Wastegate-Ventil der D14 hält. Denn mit ihrer Hilfe wird nicht nur die eigentliche Aufgabe gelöst, sondern eine noch kürzere und direktere Verbindung zwischen Antrieb und Abtriebswelle erreicht als in D14 (siehe D40, Seite 6, Zeile 3), die sich dies bereits zum Ziel gesetzt hat, siehe oben Punkt 3.1. Durch eine Übernahme der aus D40 bekannten seriellen Anordnung von Elektromotor und Getriebe in einem gemeinsamen separaten Aktorgehäuse, das am Turbinengehäuse 8 der D14 "oberhalb" der Aufnahme 25 (Fig. 4) zu befestigen ist, können nämlich ein noch kürzerer Übersetzungsweg und damit noch geringere Fehlertoleranzen als bei der Anordnung aus D14 erzielt werden.
3.6 Aus diesen Gründen ist es naheliegend für den Fachmann, zur Lösung der objektiven Aufgabe die integrierte Antriebseinheit der D14 durch die separate der D40 vollständig zu ersetzen und so den Gegenstand des Anspruchs 1 zu erhalten.
Die Beschwerdeführerin wendet ein, dies sei alles andere als naheliegend, weil dafür nicht nur das am Turbinengehäuse angeordnete Wastegate-Ventil mit seiner Antriebseinheit, sondern auch das Turbinengehäuse selbst in erheblichem Umfang konstruktiv verändert und angepasst werden müsste. Deswegen käme ein vollständiger Ersatz nur in rückschauender Betrachtung in Kenntnis der Erfindung in Frage, wenn man also bereits wüsste, worauf man letztendlich hinaus wolle.
Bei unbefangener und realistischer Betrachtung würde aber entweder das Merkmal des zylindrischen Kühlmittelkanals der D40 auf das nach wie vor in das Turbinengehäuse integrierte Aktorgehäuse der D14 übertragen oder die gesamte Antriebseinheit der D40 übernommen werden, dann aber wie in D40 gelehrt am Zylinderkopf angeordnet, nicht am Turbinengehäuse. Beides führe offensichtlich nicht unmittelbar zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Die Kammer geht grundsätzlich von der zweiten Alternative als naheliegend aus, sieht jedoch keinen Grund, warum dazu von der in D14 vorgesehenen Anordnung am Turbinengehäuse abgewichen werden sollte. Wie oben in Punkt 3.5 dargelegt, ist die Antriebseinheit der D40 äußerst flexibel einsetzbar und positionierbar. Ihre Abtriebswelle 22 kann unmittelbar an die Welle 13 des Regelkörpers 36 aus D14 angeschlossen werden (Absatz [0032], Fig. 2), wie in D40 selbst angeregt wird, siehe Seite 7, Zeilen 23 - 25, Fig. 2, 5. Sowohl das Getriebe der D14, als auch der Drehwinkelsensor 23, 35 der D14 (Absatz [0038], Fig. 3), der einem Anschluss der Antriebseinheit aus D40 womöglich im Wege stünde, können dabei ersatzlos entfallen, da eine Getriebestufe 20 mit Drehwinkelsensor bereits im Aktorgehäuse 2, 6 der D40 integriert ist, Seite 4, Zeilen 23-27, Fig. 1, 2, 5. Auch beansprucht eine koaxiale Anordnung der Antriebseinheit mit der Ventilwelle insgesamt nicht mehr Platz als deren Anordnung parallel dazu, wie in D14 vorgesehen, lediglich an anderer Stelle.
Was schließlich die nötigen Änderungen des Turbinengehäuses nach D14 einschließlich der Befestigung der Antriebseinheit der D40 an diesem betrifft, sieht die Kammer diese in Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin als konstruktive Anpassungen im Rahmen fachüblicher Tätigkeit an, bei deren Umsetzung keine besonderen Herausforderungen oder Schwierigkeiten zu erkennen sind.
3.7 Zusammenfassend beruht somit der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ, da er ausgehend vom Abgasturbolader der D14 in naheliegender Weise durch Kombination mit der aus D40 bekannten Antriebseinheit für ein Wastegate-Ventil erhalten werden würde.
4. Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit
4.1 Zu Hilfsantrag 1 hat die Kammer in ihrer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK folgende vorläufige Auffassung vertreten:
"In Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 ist der Abgasturbolader dadurch eingeschränkt, dass der Regelkörper in Form einer Klappe vorliegt.
Dies ist beim Turbolader der D14 ebenfalls der Fall ("wastegate flap 36", Absatz [0029], Fig. 3).
Daher scheint sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ebenfalls in naheliegender Weise aus einer Kombination der Dokumente D14 und D40 zu ergeben und nicht auf erfinderischer Tätigkeit zu beruhen."
4.2 Da die Beschwerdeführerin weder schriftlich, noch in der mündlichen Verhandlung hierzu Stellung genommen hat, sieht die Kammer keinen Anlass, von dieser vorläufigen Auffassung abzuweichen.
5. Hilfsantrag 2 - erfinderische Tätigkeit
5.1 Die Zulassung des erstmals mit Beschwerdebegründung als Änderung des Vorbringens eingereichten Hilfsantrags 2 unterliegt nach Artikel 12(4) VOBK dem Ermessen der Kammer. Ohne auf die Zulassungsvoraussetzungen im Einzelnen einzugehen, vermag diese Änderung aber ohnehin nicht erfinderische Tätigkeit zu begründen, wie bereits oben in Punkt 3.6 im Zusammenhang mit Anspruch 1 des Hauptantrag angedeutet.
5.2 Anspruch 1 definiert die Befestigung des Aktorgehäuses am Turbinengehäuse mittels Schrauben, wobei am Aktorgehäuse "Anschraubdome" ausgebildet sind. Unstreitig sind in D40 vier am Aktorgehäuse 2 ausgebildete Schraubdome offenbart, die jedoch der Befestigung des Gehäuseteils 6 mittels Schrauben am Gehäuseteil 5 dienen, nicht der Befestigung des Gesamtgehäuses 2 am Turbinengehäuse, siehe Fig. 2, 4. Zur Art der Befestigung der Antriebseinheit am Ventil bzw. am thermischen Motor macht D40 nur spärliche Angaben: Auf Seite 6, Zeilen 33/34 wird beispielhaft eine Befestigung des Aktorgehäuses 2 mittels Schrauben auf einer Art Montageplattform ("semelle") erwähnt.
Als weitere Aufgabe kann demnach angesehen werden, beim praktischen Einsatz der Antriebseinheit der D40 für den Abgasturbolader der D14 für eine geeignete Befestigung des Aktorgehäuses 2 am Turbinengehäuse der D14 zu sorgen.
5.3 Die Beschwerdeführerin erkennt einen Synergie-Effekt der Anschraubdome, die nicht allein der Befestigung dienen, sondern auch zur Lösung der eigentlichen Aufgabe, der Vermeidung von Überhitzung durch effiziente thermische Abschirmung, beitragen. Denn über die Anschraubdome könne der Abstand zum heißen Turbinengehäuse erhöht werden, so dass der Wärmeübergang zum Elektromotor verringert würde, wie in Absatz [0013] des Patents erläutert ist.
Diese Wirkung könne weder als Teil des allgemeinen Fachwissens angesehen werden, noch könnten die Schraubdome der D40 zur Lösung dieser Aufgabe beitragen. Daher sei das Vorsehen von Anschraubdomen zur Befestigung am Turbinengehäuse vorliegend nicht naheliegend.
Nach Ansicht der Kammer enthält Anspruch 1 jedoch keine Beschränkung auf einen bestimmten Abstand zwischen Aktorgehäuse und Turbinengehäuse, der mittels der Anschraubdome einstellbar und vergößerbar wäre, oder darauf, dass die Anschraubdome hierzu ausgebildet wären. Sie werden lediglich generell als Befestigungsmittel eingeführt. Ein direkter Kontakt zwischen Aktorgehäuse und Turbinengehäuse ist durch Anspruch 1 nicht ausgeschlossen. Daher ist es legitim, von der oben abgeleiteten, allgemeineren Aufgabe der Bereitstellung geeigneter Befestigungsmittel auszugehen.
5.4 Wie oben unter Punkt 3.6 erwähnt, muss der Fachmann, wenn er in der Praxis den aus D40 bekannten Antrieb auf den Turbolader nach D14 überträgt, ohnehin für dessen Befestigung am Turbinengehäuse 12 am Durchtritt der Getriebeabtriebswelle 34 sorgen, siehe D14, Fig. 4, 5.
Nun ist im Turbolader der D14 bereits eine für die Befestigung des Aktorgehäuses 2 aus D40 potenziell geeignete Montageplattform mit vier auskragenden Flanschen für Schraubverbindungen rund um die Aufnahme 25 vorhanden, siehe Fig. 4. Zugleich weist das Aktorgehäuse 2 der D40 bereits vier Schraubdome am ersten Gehäuseteil 5 auf, deren Anordnung der der vier Flansche in D14 grob entspricht, siehe D40, Seite 7, Zeilen 1 - 4, Fig. 2, 4, 5.
Diese Schraubdome zu Anschraubdomen zu verlängern oder am zweiten Gehäuseteil 6 des Aktorgehäuses 2 aus D40 in analoger Weise vier weitere solcher Anschraubdome vorzusehen, deren Position gegebenenfalls besser an die der Flansche der D14 angepasst wird, stellt eine naheliegende Maßnahme zur Befestigung des Aktorgehäuses 2 der D40 auf dem Turbinengehäuse 12 der D14 dar, die lediglich auf bereits in D14 und D40 vorhandene Befestigungsmerkmale zurückgreift und nicht über den Rahmen fachüblicher Tätigkeit hinausgeht.
5.5 In beiden Fällen wird unmittelbar der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 erhalten, der somit ausgehend vom Abgasturbolader der D14 und unter Berücksichtigung der D40 sowie von Fachwissen ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
6. Ergebnis
Da weder der Hauptantrag, noch die Hilfsanträge 1 und 2 der Patentinhaberin den Erfordernissen des EPÜ, insbesondere dem der erfinderischen Tätigkeit, genügen, ist deren Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung auf Widerruf des Patents zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.