T 0234/91 (Chargenmischer/M. TEC) 25-06-1993
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Chargenmischer
BHS-Bayerische Berg-, Hütten- und Salzwerk AG e AG
Gebr. Lödige Maschinenbau-Gesellschaft mbH
Erfinderische Tätigkeit (ja) - nicht naheliegende Verbesserung durch einfache konstruktive Maßnahmen
Inventive step (yes)
I. Auf die europäische Patentanmeldung 84 111 860.7 wurde das europäische Patent 0 142 003 auf der Grundlage von 16 Ansprüchen erteilt.
II. Gegen die Patenterteilung legten die Beschwerdeführerin (Einsprechende 01) und die weitere Verfahrensbeteiligte (Einsprechende 02) Einspruch ein. Sie bezogen sich während des Einspruchsverfahrens auf eine Vielzahl von Dokumenten aus der Patentliteratur, eine technische Enzyklopädie sowie mehrere Konstruktionszeichnungen und ein Gutachten als Nachweis offenkundiger Vorbenutzung. Hiervon sind lediglich folgende Dokumente für das weitere Verfahren von Bedeutung geblieben:
(1) CH-A-349 477
(2) AT-A-286 946
(4) DE-C-344 691
(5) US-A-2 835 269
(7) CH-A-345 593
(8) FR-A-1 329 058
(9) EP-A-0 105 107.
III. Die Einspruchsabteilung hat in einer Zwischenentscheidung das Patent in geändertem Umfang aufrechterhalten, wobei die Änderungen ausschließlich Rückbeziehungen der abhängigen Ansprüche 2 bis 16 betreffen.
Anspruch 1 lautet wie folgt:
"1. Chargenmischer (1) mit etwa trommelförmigem Gehäuse (4) und mit vorzugsweise horizontaler Mischwelle (2), dessen unterer Wandungsbereich als wenigstens eine um eine Schwenkachse (7) schwenkbare Öffnungsklappe (5) für die Entleerung ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Öffnungswinkel größer als der Böschungswinkel des Mischgutes ist und die Öffnungsklappe (5) von Stirnseite zu Stirnseite des Gehäuses (4) reicht, daß zumindest die im Bereich der Schwenkachse (7) der Öffnungsklappe (5) befindliche, horizontal verlaufende Klappenschmalseite (8) im Querschnitt schräg ausgebildet ist und zwischen sich und der Außenseite (9) der Öffnungsklappe (5) einen spitzen Winkel einschließt, daß die Gehäuseöffnung eine dazu passende Gegenschräge (10) als Anlage für die schräge Klappenschmalseite (8) bei geschlossener Öffnungsklappe (5) hat und daß im Bereich diese Schmalseite (8) am Gehäuse (4) an einer dem Gehäuseinneren abgewandten Stelle eine mit der geschlossenen Öffnungsklappe (5) in Wirkverbindung stehende Dichtung (11, 20) angeordnet ist."
Die Einspruchsabteilung begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß bei der Beurteilung der Patentfähigkeit des beanspruchten Gegenstandes das strittige Merkmal, daß der Öffnungswinkel größer als der Böschungswinkel des Mischgutes sein solle, nichts anderes bedeute, als daß die Klappe so groß sein müsse, daß kein Mischgut nach dem Entleeren im Gehäuse entlang der Öffnungsklappe liegen bliebe. Der Chargenmischer gemäß erteiltem Anspruch 1 sei dann nicht nur unbestritten neu, sondern es könne auch aufgezeigt werden, daß ausgehend von dem nächstkommenden Stand der Technik, d. h. Dokument (2), die notwendige erfinderische Tätigkeit vorliege, da erfindungsgemäß demgegenüber eine vollständig rückstandslose Entleerung des Mischerbehälters erreichbar sei, ohne daß dabei Material zwischen die Abdichtungs- und Verschlußflächen gelange, wodurch sich beim Schließen der Klappe(n) eine bessere Dichtwirkung als bei senkrechten Gegenflächen ergebe.
Durch (2), das neben dem Oberbegriff des Anspruchs 1 zwar noch offenbare, daß die Öffnungsklappe von Stirnseite zu Stirnseite des Gehäuses reiche, sei aber auch nicht in Verbindung mit den anderen genannten Dokumenten die verbleibende Kombination der Merkmale, die den Öffnungswinkel der Entleerungsklappe, die Schräge und Gegenschräge der Klappenschmalseite sowie die Dichtung an der sogenannten Schattenseite des Gehäuse beträfen, nahegelegt. Ferner erübrige es sich, den von den Einsprechenden noch geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen nachzugehen, da bereits die hierzu eingereichten Zeichnungen die beanspruchte Schräge und/oder Gegenschräge nicht zeigten.
IV. Die Beschwerdeführerin hat diese Entscheidung angefochten. Im Verlaufe des schriftlichen Verfahrens und während der mündlichen Verhandlung am 25. Juni 1993 haben die Beschwerdeführerin und die weitere Verfahrensbeteiligte u. a. folgende Argumente vorgetragen:
Aufgrund der Formulierungen "etwa trommelförmig" oder "vorzugsweise horizontal" sei weder eine eindeutige geometrische Anordnung der Apparateteile noch die Frage der Bezugsebene des sogenannten "spitzen Winkels" an der Öffnungsklappe oder eines raumfesten Koordinatensystems für die Bestimmung des Öffnungswinkels besagter schwenkbarer Öffnungsklappe durch den Wortlaut von Anspruch 1 vorgegeben. Da aber weder dem Streitpatent noch Dokument (9), der im Streitpatent erwähnten älteren europäischen Anmeldung, eine klare bzw. die in der Fachwelt allgemein anerkannte Bedeutung des Begriffes Böschungswinkel zugrunde zu liegen schiene, müsse demnach von der üblichen Definition dieses Begriffes ausgegangen werden, wobei dann für in Frage kommende Mischgüter in Dokument (1) bereits eine entsprechende Klappe mit besagtem Öffnungswinkel größer als der Böschungswinkel beschrieben sei. Die von der Einspruchsabteilung herangezogene Erläuterung zur "Größe der Öffnungsklappe" hätte jedenfalls im Einklang mit der in der Patentschrift angegebenen Aufgabe vollständig in den Patentanspruch aufgenommem werden sollen.
Das Merkmal, das die Schräge und Gegenschräge am Entleerungssystem betreffe, sei ebenfalls nichts Besonderes, da es bei Klappen aller Art durchaus üblich sei, die einander im Schließzustand gegenüberstehenden Falzflächen in ihrer Neigung gegen die Klappenebene einander anzupassen. Beispiele hierzu seien Fenster und Türen oder das in Dokument (5) bekannte Dichtprinzip unter Einschluß von Schräge und Gegenschräge. Da aufgrund des geltenden Anspruchswortlautes praktisch alle Raumorientierungen offen seien und bei (5) sicherlich auch eine Mischerwelle vorhanden sei, stelle sich gegenüber diesem Stand der Technik sogar die Frage der Neuheit. Aber auch ausgehend von Dokument (2) als nächstkommendem Stand der Technik, bei dem zwar keine Dichtung gezeigt sei, müsse in Kombination mit der Lehre von (5) die erfinderische Tätigkeit verneint werden.
Darüber hinaus müsse der Gegenstand des Streitpatentes im Lichte des Offenbarungsgehaltes des zwar nicht vorveröffentlichten, aber als interner Stand der Technik geltenden Dokumentes (9), das gleichfalls von der Patentinhaberin stamme, gesehen werden. Demgegenüber reduziere sich die Erfindung auf den Vorschlag, die Dichtung auf der Schattenseite des Gehäuseinneren anzubringen. Da aber im Streitpatent nichts vermerkt sei, warum besagte Dichtung ausschließlich für einen Chargenmischer geeignet sein solle, sollte für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit eigentlich jede Ausgestaltung der Bodenentleerung eines Behälters relevant sein. So zeigten jedenfalls auch die Dokumente (7) und (8) bei Entleerungsöffnungen entsprechende Dichtungen im sogenannten Windschatten.
V. Die Beschwerdegegnerin hat diesem Vorbringen widersprochen und dabei u. a. folgendes geltend gemacht:
Was die Einwände bezüglich des Böschungswinkels beträfen, so sei aus der Patentschrift in Spalte 8, Zeile 26 und folgende, die von der Einspruchsabteilung aufgegriffene Erläuterung zu entnehmen, so daß dieses Merkmal in der vorliegenden Form keinesfalls einer Klarstellung im Anspruch bedürfe und vom Durchschnittsfachmann auch ohne weiteres verstanden würde. Bei der neuen Lehre nach dem Streitpatent sei die Öffnung jedenfalls größer vorzusehen als gemäß (1), da für den Fachmann deutlich erkennbar sei, daß dort auf den Rändern des Mischtroges Material liegen bleiben könne.
Abgesehen davon, daß die erst im Beschwerdeverfahren geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung verspätet vorgetragen sei und aus den Unterlagen auch keineswegs die Offenkundigkeit glaubhaft hervorgehe, sei selbst bei Berücksichtigung der vorgelegten Zeichnungen die jetzt beanspruchte Gegenschräge in der speziellen Ausgestaltung weder vorweggenommen noch nahegelegt, da dort die Schräge nur dazu diene ein in der benachbarten Nut befindliches Dichtungsmaterial beim Schließen der Klappe in eine keilförmige Fuge ausweichen und eintreten zu lassen, also einem andern Zwecke als beim Streitpatent.
Ferner basierten die Interpretationen der Dokumente (5), (7) und (8) auf unzulässigen ex-post-Betrachtungen, da nicht ersichtlich sei, was den Fachmann anregen könne, die dort bei gattungsfremden Behältern gezeigten Abdichtungen beim Streitpatent vorzusehen.
Insbesondere sei zu berücksichtigen, daß die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe weder darin zu sehen sei, bei (9) eine Dichtung zu ergänzen oder einzig eine Restlosentleerung des Mischbehälters zu erzielen, sondern vielmehr soll der Entleerungsvorgang als solcher verbessert und insgesamt sicherer gemacht werden, insbesondere mit Bezug auf eine Verschmutzung der Klappenfugen.
VI. In einer am 26. März 1993 ergangenen Mitteilung gemäß Artikel 11, Absatz 2 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern war den Parteien bereits mitgeteilt worden, daß sich im Rahmen einer Relevanzprüfung ergeben habe, daß die zur Geltendmachung einer weiteren offenkundigen Vorbenutzung verspätet eingereichten Unterlagen bezüglich des technischen Aussagegehaltes nicht als erheblich für die Beurteilung der Patentfähigkeit des beanspruchten Gegenstandes einzustufen seien und es daher keinen Grund gäbe, die behauptete Vorbenutzung im weiteren Verfahren zu berücksichtigen.
VII. Die Beschwerdeführerin und die Verfahrensbeteiligte beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patentes Nr. 0 142 003.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung ausgeführt, daß die von der Einsprechenden 02 fristgerecht mit der Einspruchsbegründung und die von der Einsprechenden 01 in der mündlichen Verhandlung verspätet geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen aufgrund mangelnder technischer Relevanz nicht zu berücksichtigen seien. Da diese vermeintlichen Vorbenutzungen, die im Beschwerdeverfahren nicht mehr geltend gemacht wurden und auch die von der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren verspätet vorgebrachte weitere Vorbenutzung als nicht relevant angesehen werden müssen (siehe Punkte III. und VI. des Sachverhaltes), bleiben diese in der vorliegenden Entscheidung außer Betracht.
3. Die Streichung des Wortes "insbesondere" in den Ansprüchen 6, 12 und 14 sowie die Änderungen der Rückbeziehungen in den Ansprüchen 3, 4, 7, 8, 10, 11, 13 und 16 sind im Einklang mit den in der Ursprungsoffenbarung sowie der Patentschrift unter Verweis auf die Figuren 1 bis 7 beschriebenen bevorzugten Ausgestaltungen des Chargenmischers. Da alle Änderungen mit Einschränkungen der Ausgestaltungsmöglichkeiten in der erteilten Fassung einhergehen, sind insgesamt die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und (3) erfüllt. Dies wurde weder von der Beschwerdeführerin noch von der Verfahrensbeteiligten bestritten.
4. Auf die Vorträge der Beschwerdeführerin und der weiteren Verfahrensbeteiligten sowie der Beschwerdegegnerin, die bestimmten Formulierungen in Anspruch 1, welche geometrischen Anordnungen der Apparateteile und insbesondere der Zuordnung des Böschungswinkels unterschiedliche Bedeutungen zumessen, braucht nur in dem Umfang eingegangen zu werden, als dies zur Klärung der unter Artikel 100 (a) EPÜ aufgeworfenen Streitfrage erforderlich ist, da Einwände in bezug auf Klarheit nicht zu den in Artikel 100 EPÜ aufgeführten Einspruchsgründen gehören (vgl. T 127/85, ABl. EPA 1989, 271).
4.1. Im vorliegenden Falle kann der Beschwerdeführerin in soweit zugestimmt werden, daß durch die Angaben "etwa trommelförmig" und "vorzugsweise horizontal" absolute geometrische Umrisse des Mischergehäuses und die präzise Lage der Mischwelle im freien Raum des Gehäuses nicht vorgegeben sind. Dies ist nach Auffassung der Kammer auch nicht erforderlich, da die Anspruchsbreite als solche nicht zu beanstanden ist, solange es nicht andere triftige Gründe gibt, die dem entgegenstehen. Da solche Gründe im vorliegenden Fall nicht zu erkennen sind, muß es gestattet sein alle offensichtlichen Abwandlungen des in Rede stehenden Chargenmischers zu beanspruchen, dies um so mehr als eine Einschränkung des Hauptanspruchs auf ganz bestimmte Ausführungsformen unter diesen Umständen auch unbillig wäre, da hierdurch kein vernünftiger Patentschutz mehr gewährleistet wäre. Eine Patentierung macht aber nur Sinn, wenn der Patentinhaber einen angemessenen Nutzen aus der Offenbarung seiner Erfindung ziehen kann. Auch lassen die Bezugszeichen in Anspruch 1 in Verbindung mit den Figuren 1 bis 7 und den entsprechenden Erläuterungen in der Beschreibung zum Streitpatent keinen Zweifel über die Anordung der als erfindungswesentlich geltend gemachten Bauteile relativ zum Gesamtaufbau des Mischers zu. Insbesondere auf Basis der Zusammenstellungszeichnungen nach den Figuren 1 und 2, die den Öffnungsmechanismus mit Antriebsgestänge und die Position der Klappen im geöffneten Zustand zeigen, ergeben sich weder Fragen bezüglich eines sogenannten raumfesten Koordinatensystems zur Bestimmung des Öffnungswinkels der Öffnungsklappen, noch bleibt die relative Raumlage des spitzen Winkels an der horizontalen Klappenschmalseite zweifelhaft. Schließlich läßt sich die relative Raumlage des Chargenmischers im Betriebszustand durch die Anordnung des externen Antriebsmotors (3) auf seiner Grundebene festlegen.
Mit Bezug auf die bereits erwähnte, aus Figur 2 zu entnehmende Position der Entleerungsklappen im geöffneten Zustand und den Angaben zum Entleerungsvorgang in der Streitpatentschrift (siehe Spalte 2, Zeilen 11 bis 20; Spalte 5, Zeilen 46 bis 53 und Spalte 8, Zeilen 26 bis 36), sieht die Kammer auch keinen Grund, dem Böschungswinkel eine andere als die von der Einspruchsabteilung aufgegriffene und für die praktische Ausführung des Entleerungsvorganges einzig sinnvolle technische Bedeutung im Rahmen der Lehre des Anspruches 1 zukommen zu lassen (siehe Punkt III oben).
5. Die Beschwerdeführerin hat auch versucht, durch ein Infragestellen der relativen Raumorientierungen der in Anspruch 1 aufgeführten Bauteile und isolierter Betrachtung der Einzelmerkmale einen Neuheitsmangel gegenüber Dokument (5) nachzuweisen; dieser Angriff muß aber ins Leere gehen. Die zur vermeintlichen Vorwegnahme des beanspruchten Chargenmischers nach Streitpatent herangezogene vorbeschriebene Öffnungsklappe ist Bestandteil einer im oberen Bereich eines Druckbehälters angeordneten Auslaßöffnung, die alle Kriterien eines Verschlusses für unter Überdruck stehende Behälter erfüllt und bereits aufgrund ihrer baulichen Anordnung innerhalb des Druckbehälters als vollkommen gattungsfremd gegenüber einem Chargenmischer gelten muß (siehe insbesondere Spalte 1, Zeile 55 bis Spalte 2, Zeile 7 und die Figuren 1 und 2). Da die Neuheit gegenüber den übrigen genannten Dokumenten einschließlich Dokument (9), welches einen Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) EPÜ ohne die beanspruchte Schräge und Gegenschräge darstellt, in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Frage gestellt war und die Kammer auch keinen Grund sieht, diese anzuzweifeln, erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.
6. Der Gegenstand des Streitpatentes betrifft einen Chargenmischer.
6.1. Als nächstkommender Stand der Technik wurde von der Einspruchsabteilung und auch von allen Parteien unbestritten, Dokument (2) angesehen, welches eine gattungsgemäße Mischvorrichtung betrifft. Dem kann die Kammer folgen. Dieses Dokument deckt vollständig den Oberbegriff des geltenden Anspruches 1 ab, und darüber hinaus soll auch hier eine vollständige Entleerung des Chargenmischers erreicht werden, wobei die Öffnungsklappe ebenfalls von Stirnseite zu Stirnseite des Mischergehäuses reicht. Dort wird das Problem der Restlosentleerung durch eine derart hohe Drehzahl des Mischwerkzeuges während des Entleervorganges erzielt, "daß restliche noch anhaftende Mischungsteile von der Wandung des Mischtroges und vom Mischwerkzeug abreißen und aus dem Mischer herausgeschleudert werden" (siehe Seite 1, Zeilen 26 bis 30, Figur 1 und entsprechende textliche Erläuterungen auf Seite 2, Zeilen 23 bis 32 sowie Seite 1, Zeile 31 bis Seite 2, Zeile 3). Eine Ausgestaltung des Abdichtbereiches der Öffnungsklappen ist weder in besagter Figur 1 noch den übrigen Figuren 2 und 3 zeichnerisch dargestellt oder in den entsprechenden Textstellen des Dokumentes beschrieben.
6.2. Gemäß den Angaben im Streitpatent ist bei den bekannten Chargenmischern eine rückstandsfreie Entleerung ohne zusätzliche Reinigungsmaßnahmen nicht möglich, vgl. Spalte 2, Zeilen 9/10. Die Beschwerdegegnerin hat hierzu in der mündlichen Verhandlung noch ausgeführt, daß es für die Betriebssicherheit unabhängig von der Restlosentleerung des eigentlichen Mischergehäuses wichtig sei, verbleibendes Mischgut in den Fugen der Öffnungsklappen zu vermeiden, also die in diesem Bereich erforderlichen zusätzlichen Reinigungsmaßnahmen zu vermeiden.
6.3. Die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe kann daher darin gesehen werden, das Entleerungssystem des aus (2) bekannten Mischers im Sinne einer Arbeitsweise mit höherer Betriebssicherheit derart zu verbessern, daß im Abdichtungsbereich der Öffnungsklappen zusätzliche Reinigungsmaßnahmen vermieden werden.
6.3.1. Diese Aufgabe soll gemäß Anspruch 1 neben einer entsprechend großen Öffnungsklappe dadurch gelöst werden, daß zumindest die im Bereich der Schwenkachse der Öffnungsklappe befindliche horizontal verlaufende Klappenschmalseite im Querschnitt schräg ausgebildet ist und zwischen sich und der Außenseite der Öffnungsklappe einen spitzen Winkel einschließt und daß die Gehäuseöffnung eine dazu passende Gegenschräge hat sowie durch eine an einer dem Gehäuseinneren abgewandten Stelle angebrachte Dichtung.
6.3.2. Im Hinblick auf die spezielle Ausführungsform des Entleersystems mit der Darstellung der Position der geöffneten Klappen in der Figur 2 und der entsprechenden Dichtfugenausgestaltung nach Figur 3 in Verbindung mit den textlichen Erläuterungen im Streitpatent, ist die Kammer davon überzeugt, daß die bestehende Aufgabe auch tatsächlich gelöst wurde. Die Parteien haben dies auch nicht bestritten.
7. Zu untersuchen bleibt somit, ob die beanspruchte Lösung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
7.1. Wie voranstehend bereits ausgeführt, beinhaltet die Lehre von (2) ebenfalls eine vollständige Entleerung des Mischergehäuses bzw. Mischtroges, ohne daß dort expressis verbis ein Öffnungswinkel der Klappen in Verbindung mit einem Böschungswinkel des Mischgutes erwähnt ist, so daß sich einzig auf dieses eine zusätzliche Restlosentleerung des Gehäuses beschreibende Merkmal bei Klappen genügender Größe, keinesfalls eine erfinderische Tätigkeit begründen könnte. In diesem Zusammenhang hat auch die Inhaberin des Streitpatentes selbst eingeräumt, daß hierin nicht der Kern der Erfindung liege.
Da aber Dokument (2), was die noch verbleibenden zur Lösung beitragenden Merkmale des Abdichtungsbereiches betrifft (siehe Punkt 6.3.1 oben), nicht den geringsten Hinweis enthält, ist zu prüfen, ob durch eine Kombination mit den übrigen Dokumenten der beanspruchte Gegenstand insgesamt nahegelegt ist.
7.2. Hierzu wird der Fachmann sein besonderes Augenmerk nicht nur auf gattungsgemäße Mischmaschinen, sondern auch auf Dokumente richten, die allgemein Entleerungsöffnungen für ein Teilchengut im unteren Bereich eines wie auch immer gearteten Behälters beschreiben, da es sicherlich allgemein das Ziel ist bei Bodenöffnungen allein aus Gründen des Materialverlustes den Verschluß dicht zu halten.
7.2.1. So ist aus Dokument (7), das eine Verschlußvorrichtung mit schwenkbarem Verschlußdeckel der Ablaßöffnung eines Silos betrifft und Dokument (8), das eine Betonmischmaschine mit Muschelschieberklappen beschreibt, also Behältern mit konstruktiv unterschiedlichen Verschlüssen, die unterschiedliche Anwendungen betreffen, als allgemeine Lehre zu entnehmen, die Dichtung im sogenannten Windschatten des Auslasses also an einer dem Gehäuseinneren abgewandten Stelle anzuordnen (vgl. die Positionen a2 und b1 in der einzigen Figur von (7) und Position 51 in Figur 8 von (8)). Ein Einbau an entsprechender Stelle, der ein Verschmutzen der Dichtung verhindern soll, muß also der allgemeinen konstruktiven Praxis zugeordnet werden.
Gemäß (7) kann das Silo pneumatisch oder durch Schwerkraft entleert werden. Bei letzterem ist ausdrücklich angegeben, daß Schüttgut auf den Deckel, dessen dem Gehäuseinneren zugewandte Oberfläche z. B. aus porösem Sintermetall besteht, gelangen kann und durch Druckluft aus einer Kammer im Deckel, die eigentlich zur pneumatischen Förderung dient, eine Auflockerung des Materials erreicht werden soll. Die Deckelkanten einschließlich der Dichtfugen sind planparallel und im rechten Winkel zum Silogehäuse angeordnet (siehe Seite 1, Zeile 55 bis Seite 2, Zeile 5 in Verbindung mit der einzigen Figur).
Auch bei der Vorrichtung nach (8) ergibt sich zwangsläufig durch den Muschelschiebermechanismus, daß die dort in Figur 8 für die Stirnseiten gezeichnete Klappendichtung planparallele, im rechten Winkel zum Gehäuse angeordnete Kanten und Fugen aufweist. In der Beschreibung, Seite 3, zweiter Absatz, wird zwar erwähnt, daß eine derartige Dichtung um die Entleerungsöffnung herum angeordnet ist, Angaben zur konkreten Ausführungsform, die an der Trommellängsseite bei Muschelschieberklappen sicherlich unterschiedlich zur Stirnseite vorzusehen ist, finden sich aber nicht. Figur 2 von (8) stützt sogar den Vortrag der Inhaberin des Streitpatentes, daß an der Längsseite derartige Dichtungen nicht vorgesehen sind. Ob überhaupt und welche konstruktiven Vorkehrungen für ein Vermeiden von Verschmutzung der längs der Trommel verlaufenden Klappenkanten getroffen wurden, ist weder den Zeichnungen noch den textlichen Erläuterungen zu entnehmen.
Der Fachmann erhält von (7) oder (8) somit zwar die Lehre, die Dichtung der Öffnungsklappe im sogenannten Windschatten anzubringen, aber sicherlich keine Anregung, die Fugen zwischen Öffnungsklappen und Gehäuseöffnung als Schräge und Gegenschräge auszugestalten, um die Betriebssicherheit des Entleersystems ohne zusätzliche Reinigungsmaßnahmen zu verbessern.
7.2.2. Obwohl Dokument (4) sogar bei einem Bodenverschluß einer Mischmaschine eine Schräge und Gegenschräge bei einem aus zwei ungleich breiten schwenkbaren Klappen zusammengesetztem Boden zeigt, ist die Lehre dieses Dokumentes dem Gegenstand des Streitpatentes eindeutig ferner. Es wird dort zwar schon als bekannter Stand der Technik diskutiert, daß sich die Schlußstellen der Klappen mit Mörtel zusetzen, weil das feuchte Mischgut an den Klappenrändern anhaftet und ein genaues Schließen verhindert und daß eine Lösung dieses Problems darin bestehe die Klappenränder anzuschrägen und den Drehpunkt der Klappen unter die Bodenfläche zu legen. Gemäß der Weiterbildung nach (4) wird die Klappengeometrie derart gestaltet, daß bei gleicher Winkelgeschwindigkeit beim Schließen sich die Klappenränder gegenseitig reinigen (siehe einzige Seite, Zeilen 1 bis 20 und Zeilen 38 bis 62). Aus der einzigen Figur, wenn auch nur schemenhaft dargestellt, ist dann jedoch unmittelbar erkennbar, daß die bauliche Ausgestaltung sicherlich ein Verschmutzen der Fuge zwischen den übereinandergreifenden Klappenrändern des Bodenverschlusses weitestgehend zu vermeiden vermag, eine entsprechende Wirkung an den Klappenrändern, die ganz anders als im Streitpatent über einen kurvenartigen Wulst des Gehäuserandes quasi abrollen aber nicht zu erwarten ist und offensichtlich auch nicht beabsichtigt war. Darüber hinaus ist eine Restlosentleerung des eigentlichen Mischbehälters durch die Position der Drehpunkte der Klappen praktisch unmöglich, da auf dem Boden "a" zwangsläufig Material verbleiben muß. Auf eine mögliche Erhöhung der Betriebssicherheit des Entleersystems, was die äußeren Schmalseiten der Klappenränder betrifft, und die Vermeidung zusätzlicher Reinigungsmaßnahmen kann hieraus jedenfalls nicht geschlossen werden.
7.3. Schließlich muß Dokument (5), welches einen in den oberen Bereich des Innenraums eines Druckbehälters für Suspensionen öffnenden Verschluß zeigt, bei dem zwangsläufig das Dichtmaterial mit im Behälter suspendierten Teilchen in Berührung kommt, als vollkommen gattungsfremd, wie voranstehend zur Neuheitsproblematik bereits erörtert, zu einem Chargenmischer angesehen werden. Die dort im Schnittbild in den Figuren gezeigte Schräge und Gegenschräge resultiert aus den Kegelflächen eines für Druckbehälter üblichen ventilartigen Dichtverschlusses (siehe nochmals die Figuren 1 und 2 sowie Spalte 1, Zeile 55 bis Spalte 2, Zeile 7).
Eine derartige, sich nach innen öffnende Klappe, die abgesehen davon, daß sie als Ventil ausgestaltet ist, auch noch in direkter Berührung mit suspendierten Feststoffen kommen muß und deren Dichtwirkung u. a. wesentlich durch den Innendruck aufrechterhalten wird, kann offensichtlich keinerlei Anregung für die erfindungsgemäße sich nach außen öffnende Entleerungsklappe für das Ablassen von Mischgut, die auf einen inneren Druck genau umgekehrte Wirkung zeigt, geben.
7.4. Die übrigen im Einspruchs- bzw. Beschwerdeverfahren genannten Dokumente wurden von den Parteien entweder im Beschwerdeverfahren insgesamt nicht mehr herangezogen oder in der mündlichen Verhandlung nicht mehr diskutiert bzw. sind wie im Falle von Dokument (9) als Stand der Technik unter Artikel 54 (3) EPÜ zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht zu ziehen. Die Kammer ist auch der Auffassung, daß diese Dokumente bis auf (1) von ihrem Offenbarungsgehalt der Lehre des Streitpatentes in jedem Falle ferner stehen. Es ist daher lediglich noch anzuführen, daß Dokument (1), welches von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung insbesondere im Zusammenhang mit dem Öffnungswinkel der Klappe und Böschungswinkel diskutiert wurde, weder eine umlaufende Klappendichtung noch eine detaillierte Ausgestaltung des Klappenrandes im Bereich der Schwenkachse gegenüber der Gehäuseöffnung erkennen läßt, so daß auch dieser Stand der Technik keine Anregung für die erfindungsgemäße Lösung der Aufgabe geben konnte (siehe einzige Seite und Figur 1). Was den Böschungswinkel betrifft, kann aufgrund des voranstehend unter Punkt 4.1 gesagten der diesbezügliche Offenbarungsgehalt des Dokumentes dahingestellt bleiben.
7.5. Im vorliegenden Falle ist insbesondere zu vermerken, daß es trotz der Fülle der vorgelegten Dokumente, im Verlaufe des gesamten Verfahrens weder der jetzigen Beschwerdeführerin noch der weiteren Verfahrensbeteiligten gelungen ist, außer dem einen aus dem Jahre 1919 stammenden Stand der Technik nach Dokument (4), der lediglich übereinandergreifende Klappenränder an der Stoßstelle des Bodenverschlusses aufzeigt, einen druckschriftlichen Stand der Technik nachzuweisen, der bei einem gattungsgleichen Chargenmischer die im Streitpatent beanspruchte Schräge und Gegenschräge an einem Entleersystem im unteren Gehäusebereich zeigt oder zumindest nahelegt. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Erfahrung aus dem täglichen Leben, daß es bei Fenstern und Türen, d. h. bei Vorrichtungen denen die in Rede stehenden Entleerungsprobleme völlig fremd sind, üblich sei, durch derartige Schrägflächen im Schließzustand eine Dichtwirkung zu erzielen, kann die erfinderische Tätigkeit der im Streitpatent vorgeschlagenen einfachen Lösung keinesfalls in Frage stellen. Vielmehr zeigt die Erfahrung in den konstruktiven Ingenieurwissenschaften, daß es bei gleicher oder sogar verbesserter Wirkung - im vorliegenden Fall mit einer Erhöhung der Betriebssicherheit - oft viel schwieriger ist, eine einfache Lösung zu erkennen und zu realisieren als komplizierte Ausgestaltungen (siehe T 106/84, ABl. EPA 1985, 135, Punkt 8.7). Dies gilt nach Auffassung der Kammer auch für den vorliegenden Fall, wenn man die Vielzahl der in der Fachliteratur vorgeschlagenen Lösungen in Betracht zieht.
7.6. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Anspruches 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Das gleiche gilt für die abhängigen Ansprüche 2 bis 16, die lediglich weitere Ausgestaltungen des Gegenstandes von Anspruch 1 betreffen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.