T 0025/93 27-02-1996
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Abstandhaltender Rahmen für eine Isolierverglasung
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 85 114 901.3 wurde am 4. April 1990 das europäische Patent Nr. 0 185 222 mit 21 Ansprüchen erteilt.
II. Die unabhängigen Ansprüche der EP-B1-0 185 222 haben folgende Wortlaute:
"1. Abstandhaltender Rahmen (3) für die Scheiben (2) einer Isolierverglasung, der aus wenigstens einem von Stegen (7, 8) gebildeten Hohlprofil besteht, welches vorzugsweise mit Trockenmittel (12) gefüllt ist, wobei der Rahmen (3) wenigstens eine seine von den Scheiben nicht beaufschlagten Stege durchsetzende Lochung (9), vorzugsweise Bohrung, zum Be- und/oder Entlüften aufweist, die in eingebautem Zustand der Isolierverglasung gasdicht verschlossen ist oder wird, dadurch gekennzeichnet, daß das Innere des den Rahmen (3) bildenden Hohlprofiles in unmittelbarer Umgebung der Lochung (9) mit Dichtungsmasse (11) ausgefüllt ist, die zumindest zwischen den gelochten Stegen (7, 8) die Innenwand der Lochung (9) bildet, und daß ein in diese Lochung (9) passender und an der Dichtungsmasse (11) anliegender Verschluß (13) vorgesehen ist."
bzw.
"15. Verfahren zur Herstellung eines Rahmens (3) aus einem oder mehreren Hohlprofilen, welcher vorzugsweise mit Trockenmittel (12) gefüllt ist und mit wenigstens einer quer verlaufenden Be- und/oder Entlüftungslochung (9) versehen wird, dadurch gekennzeichnet, daß zuerst die Lochung (9) in den Rahmen (3) gebohrt und nach Zurückziehung des Bohrers (23) der Zwischenraum zwischen den gelochten Stegen (7, 8) des Rahmenprofiles um den Bohrungsbereich herum mit Dichtungsmasse (11) ausgespritzt wird."
bzw.
"18. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 15 bis 17, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine Bohrmaschine (22) und eine Spritzvorrichtung (24) für die Dichtungsmasse (11) mit einer Spritzdüse (25) aufweist, welche Spritzdüse (25) in die von dem Bohrer (23) der Bohrmaschine (22) gefertigte Lochung (9) paßt."
III. Gegen vorgenanntes Patent hat die Beschwerdeführerin I (Einsprechende) Einspruch eingelegt. Dieser hat seitens der Einspruchsabteilung zu der Zwischenentscheidung im Sinne von Artikel 106 (3) EPÜ vom 20. November 1992 geführt, gemäß der das Streitpatent in beschränktem Umfange, d. h. unter Ablehnung des Hauptantrags der Beschwerdeführerin II (Patentinhaberin) das Patent in seiner erteilten Fassung bestehen zu lassen, aufrechterhalten wurde.
IV. Gegen diese Entscheidung der Einspruchsabteilung liegen Beschwerden beider Beschwerdeführerinnen vor, die unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr am 4. bzw. 15. Januar 1993 eingingen. Die Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin I ging am 16. März 1993 und die der Beschwerdeführerin II am 15. Januar 1993 ein.
V. Die Beschwerdeführerin II beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents wie erteilt - Hauptantrag - bzw. auf der Basis von Hilfsanträgen im Falle, daß die Kammer dem Hauptantrag nicht folgen könne.
VI. Die Beschwerdeführerin I beantragt ebenfalls die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und weiter den Widerruf des erteilten Patents.
VII. Der im Verfahren befindliche Stand der Technik ist folgender, vgl. Seite 1 der angefochtenen Entscheidung (Numerierung beibehalten):
(D1) DE-A-2 537 017
(D2) GB-A-1 578 030
(D3) FR-A-2 423 621
(D4) EP-A-103 111
(D5) DE-B-1 071 907
(D6) DE-U-8 426 427
(D7) DE-U-8 205 852
(D8) DE-A-3 224 862 und
(D9) DE-A-3 032 825.
Der strittige Punkt zwischen den Beschwerdeführerinnen ist die Frage der erfinderischen Tätigkeit der Gegenstände gemäß den erteilten Ansprüchen 1, 15 und 18. Die diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 27. Februar 1996 vorgetragenen Argumente können im wesentlichen wie folgt zusammengefaßt werden:
a) Beschwerdeführerin I
- die Oberbegriffsmerkmale des Anspruchs 1 seien aus (D2) bekannt; gemäß (D2) sei ein "plug" vorhanden, der auch das Herausrieseln der Trockenmasse "16", vgl. Figur 4, verhindere; es stelle sich somit nur noch die Frage, ob es erfinderisch sei, den als Verschluß wirkenden "plug" durch eine Dichtungsmasse zu ersetzen, da die Anordnung des "plug" bei (D2) nicht auf die Rahmenecken beschränkt, sondern auch an beliebigen Stellen vorsehbar sei;
- (D3) zeige aber in vergleichbarem Zusammenhang bereits die beanspruchte Anwendung von Dichtungsmasse zwischen den Stegen eines Scheibenprofils, so daß die Kombination von (D2) und (D3) in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 führe, zumal dem Fachmann aus (D4) weiterhin bekannt sei, einen Schmelzkörperpfropfen bei Profilen vorzusehen, und zwar losgelöst vom Eckbereich des Profils, wobei (D4) aufzeige, daß ein starrer "plug" gemäß (D2) durch eine Dichtungsmasse ersetzbar sei; zu berücksichtigen sei ferner, daß die Dichtungsmasse im Anspruch 1 nicht näher spezifiziert sei, da dies erst im erteilten Anspruch 7 erfolge;
- die Kombination von (D9) und (D3) lege das Verfahren gemäß Anspruch 15 nahe, zumal (D3) dessen kennzeichnende Merkmale offenbare; zu berücksichtigen sei weiterhin, daß die Reihenfolge der in Anspruch 15 enthaltenen Verfahrensschritte zwangsläufig sei (Bohren - Zurückziehen des Bohrers - Ausspritzen des Zwischenraumes);
- die Kombination von (D8) und (D3) lege die Vorrichtung gemäß Anspruch 18 nahe, da (D8) eine Bohr- und Spritzvorrichtung offenbare, wobei die Spritzdüse, vgl. Figur 1, in das gebohrte Loch eintauche und Dichtungsmasse einspritze; wiederum gelte, daß die Merkmale des Anspruchs 18 zwangsläufig seien;
- Figur 4 der (D8) sei als reine Schemazeichnung zu interpretieren, so daß aus den Maßverhältnissen von Bohrer und Spritzdüse kein Rückschluß auf die Funktion dieser Bauteile gezogen werden könne; bemerkenswert sei weiterhin, daß auch bei (D8) durch das Einspritzen von Dichtungsmasse ein Trockenmittelaustritt verhindert werde;
- vorstehende Überlegungen zusammenfassend sei das erteilte Patent zu widerrufen.
b) Beschwerdeführerin II:
- (D2) offenbare zwar Eckwinkel oder Geradverbinder, aber stets werde die Bohrung/Öffnung im Eckwinkel oder im Geradverbinder vorgesehen, was als Einschränkung anzusehen sei; die Bezeichnung "plug" in (D2) dürfe nicht dazu verleiten, diesem Bauteil die Funktion der Dichtungsmasse gemäß Anspruch 1 zu unterstellen, denn der "plug" sei bei (D2) dazu da, den connector "21" aufzunehmen, so daß die Doppelfunktion der Dichtungsmasse gemäß Anspruch 1 in (D2) nicht anklinge, nämlich den Verschluß des Rahmeninnenraumes zur Verhinderung des Austrittes von Trockenmittel zu schaffen bzw. die eingebrachte Bohrung innerhalb des Rahmens dampfdicht so zu verschließen, daß keine Außenabdichtung des Rahmens erfolgen müsse;
- (D3)/(D4) stellten eine andere Gattung dar, so daß der Fachmann, der mit dem Problem konfrontiert sei, den Austritt von Trockenmittel zu verhindern, nicht darauf zurückgreifen würde; selbst wenn aber (D3) aufgegriffen würde, weise deren Lehre vom beanspruchten Rahmen weg, weil das Ausspritzen zunächst von einer Zusatzöffnung aus erfolge und darüber hinaus die Öffnungen zum Zeitpunkt des Ausspritzens bereits von Heizdrähten durchdrungen seien; mit Blick auf (D4) sei festzustellen, daß deren Spritzmasse aushärtend sei und nur dadurch als Geradverbinder wirken könne; dies lenke aber vom Gegenstand gemäß Anspruch 1 weg;
- Anspruch 1 eröffne im Gegensatz zum Stand der Technik die Möglichkeit, die Bohrung unabhängig von jedem Verbinder an jeder gewünschten Stelle einzubringen; das möge gemäß (D5) möglich sein, aber dort liege bereits kein Hohlprofil vor und im übrigen werde die Öffnung zusammen mit der Verschlußschraube verlötet;
- der vorgenannte Stand der Technik werde durchweg in Kenntnis der Erfindung ausgewertet, könne aber die erfinderische Tätigkeit des Rahmens gemäß Anspruch 1 insgesamt nicht erschüttern;
- (D3) lehre gegenüber dem Verfahren gemäß Anspruch 15 eine andere Abfolge von Verfahrensschritten, wobei hinzukomme, daß ein Zusatzloch geschaffen werden müsse und daß im Gegensatz zum Verfahren des Anspruchs 15 der gesamte Bereich der vorhandenen Bohrungen (Leitungsdurchführungen) vom Zusatzloch aus ausgespritzt werde;
- die Figur 4 von (D8) lenke von der Vorrichtung gemäß Anspruch 18 weg, weil die Düse "14" viel zu groß sei, um in das von Bohrer "12" geschaffene Loch eintauchen zu können; bei (D8) werde somit das Loch nur von außen abgedichtet, der Profilhohlraum bleibe davon aber unberührt, so daß die Vorrichtung gemäß Anspruch 18 ebenfalls auf erfinderischem Tätigwerden beruhe;
- als Ergebnis vorstehender Argumente seien die Ansprüche 1, 15 und 18 rechtsbeständig, so daß die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in erteilter Fassung aufrechterhalten sei.
1. Die Beschwerden beider Beschwerdeführerinnen sind zulässig.
2. Anspruch 1
2.1. Der nächstkommende Stand der Technik, nämlich (D2), war zwischen den Beteiligten nicht strittig, und auch die Kammer ist zu dem Ergebnis gelangt, daß (D2) den Ausgangspunkt der Erfindung darstellt. Gegen die vorgenommene Abgrenzung des Anspruchs 1 gegen die (D2) bestehen keine Bedenken, so daß sich allein hieraus schon die Neuheit des Rahmens gemäß Anspruch 1 ergibt. Da diese Frage insgesamt nicht strittig war, erübrigen sich ins Detail gehende Erörterungen zur Frage der Neuheit.
2.2. Der Rahmen gemäß (D2) umfaßt "plugs", die als Eckstücke oder als Geradverbinder ausgebildet sein können; die Beschwerdeführerin I hat zu Recht auf (D2), Seite 1, Zeile 101, bis Seite 2, Zeile 4 hingewiesen, so daß es nicht zutrifft, daß bei (D2) Bohrungen/Lochungen nur in Eckstücken möglich seien. Andererseits trifft es aber nach wie vor zu, daß der "plug" gemäß (D2) seine Aufgabe darin erfüllt, daß er das Halteteil für den "connector" (21) darstellt, vgl. Seite 1, Zeilen 37 bis 42. Es ist wesentlich, daß der "plug" bei (D2) trotz seiner Bezeichnung nicht die Abdichtfunktion im Lochbereich übernimmt, denn das Abdichten erfolgt beim Rahmen gemäß (D2) lt. deren Seite 2, Zeilen 67 bis 70 durch eine außen am Rahmen aufgetragene Dichtung. Auf diese Gegebenheit der (D2) ist bereits in der Beschreibung des Streitpatents in Spalte 1, Zeilen 14 bis 45 hingewiesen worden.
2.3. Von (D2) ausgehend besteht gemäß Spalte 1, Zeile 53, bis Spalte 2, Zeile 10 der Beschreibung des Streitpatents die Aufgabe der Erfindung darin, einen Rahmen bzw. ein Verfahren und eine Vorrichtung zu dessen Herstellung anzugeben, bei dem die Bohrungen zum Be- und/oder Entlüften des Rahmens dampfdicht verschlossen sind, und zwar auch dann, wenn ein äußerer Dichtungsbelag nur relativ dünn oder gar nicht vorhanden ist, und wobei ein ggf. vorhandenes Trockenmittel des Rahmens am Herausrieseln gehindert wird.
2.4. Gemäß Anspruch 1 ist vorstehende, als objektiv zu lösende Aufgabe anzusehende Aufgabe dem Sinne nach durch eine ins Innere des Rahmenhohlprofiles in unmittelbarer Umgebung der Lochung eingebrachte Dichtungsmasse gelöst, die zumindest zwischen den gelochten Stegen die Innenwand der Lochung bildet, wobei ein in diese Lochung passender und an der Dichtungsmasse anliegender Verschluß vorgesehen ist.
2.5. Damit wird einerseits ein dampfdichter Abschluß des Hohlprofiles erreicht bzw. sichergestellt, daß ein ggf. im Hohlprofil vorhandenes Trockenmittel aus diesem nicht austreten kann. Dadurch, daß die Lochung an keinen Stopfen in Form eines Eckprofils oder Geradverbinders gebunden ist, kann sie überall im Rahmen und auch in beliebiger Zahl eingebracht werden. Das Wesen des Rahmens gemäß Anspruch 1 ist die Innenabdichtung des Lochbereiches durch eine Dichtungsmasse; ein vorgefertigtes Bauteil in Form eines Eckteils oder Geradverbinders ist in diesem Zusammenhang also nicht mehr erforderlich.
2.6. Bei gegebener Neuheit des Rahmens gemäß Anspruch 1 ist nun noch zu untersuchen, ob dieser auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 bzw. 100 a) EPÜ beruht; die Kammer kommt dabei zu nachfolgendem Ergebnis:
2.6.1. Es ist unmittelbar ersichtlich, daß die Lösung der vorstehend genannten Aufgabe gemäß Anspruch 1 gegenüber (D2) völlig konträr ist, so daß aus (D2) kein Hinweis gegeben ist, einen formstabilen "plug" zu ersetzen durch eine Dichtungsmasse, die in den Lochungsbereich eingespritzt wird und die mit einem Verschluß derart zusammenwirkt, daß ohne Außendichtung ein dampfdichter Abschluß des Lochungsbereiches entsteht.
2.6.2. In Übereinstimmung mit dem Vortrag der Beschwerdeführerin II ist die Kammer der Überzeugung, daß sowohl (D3) als auch (D4) gattungsfremd sind und allein deshalb vom Fachmann nicht berücksichtigt würden.
2.6.3. Hinzu kommt, daß (D3) lehrt, daß die Öffnungen, bevor eine Abdichtung hergestellt wird, bereits von Heizdrähten durchdrungen sind, was erkennbar in direktem Gegensatz zur Lehre des Anspruchs 1 steht. Dies gilt auch für die zwingende Notwendigkeit, eine Zusatzöffnung vorsehen zu müssen, um überhaupt Dichtungsmasse einbringen zu können. Es bedarf schon einer ex-post Betrachtungsweise, um zu dem Schluß zu kommen, daß (D3) für den Fachmann zur Lösung der vorstehenden Aufgabe hilfreich wäre. Die Entscheidung T 2/83, ABl. EPA 1984, 265 erhellt aber, daß dies nicht die bei der Beurteilung der Frage der erfinderischen Tätigkeit zutreffende Betrachtungsweise ist.
2.6.4. Selbst wenn demnach (D3) Berücksichtigung gefunden hätte, wäre ihre Lehre nicht dazu angetan, auf den Rahmen gemäß Anspruch 1 hinzulenken. Damit ist aber auch bereits dargetan, daß es eine unzulässige Vereinfachung der tatsächlichen Zusammenhänge darstellt, wenn die Beschwerdeführerin I argumentiert, daß der einzige Unterschied im Ersatz eines formstabilen Stopfens durch eine Dichtungsmasse liege, da es entscheidend darauf ankommt in welcher Reihenfolge die Dichtungsmasse eingespritzt und der Verschluß eingesetzt wird.
2.6.5. Mit Blick auf (D4) ist festzuhalten, daß dort eine aushärtende Spritzmasse vorliegt, die aufgrund ihrer Formstabilität als Geradverbinder wirkt. Das Problem des Be- und/oder Entlüftens von Isolierverglasungen ist in (D4) darüber hinaus in keiner Weise angesprochen, so daß selbst ein Rückgriff auf diese Druckschrift für den Fachmann nicht hilfreich wäre, allenfalls wäre der Aspekt angesprochen, wie eine aushärtende Spritzmasse als Pfropfen wirkt und den Austritt von Trockenmittel verhindert.
2.6.6. Die Inbeziehungsetzung dergestalt, "ersetze den starren plug aus (D2) durch einen Pfropfen gemäß (D4)", zeigt deutlich, daß die Beschwerdeführerin I unterschiedliche Druckschriften ohne Ansehen ihrer Problemstellungen in einer Richtung auswertet, die auf den Rahmen gemäß Anspruch 1 hinführen soll, was aber nicht nachvollziehbar ist.
2.6.7. Es ist somit zusammenzufassen, daß der unvoreingenommene Fachmann, der die Erfindung nicht kennt, vom Stand der Technik gemäß (D2), (D3) und (D4) auch unter Einsatz seines Fachwissens nicht auf den Rahmen gemäß Anspruch 1 hingelenkt wird, daß es vielmehr erfinderischen Zutuns bedurfte, die objektiv verbleibende Aufgabe wie beansprucht zu lösen. Es trifft zu, daß in Anspruch 1 nur von einer Dichtungsmasse "11" die Rede ist und erst Anspruch 7 diesbezüglich ins Detail geht.
Die grundsätzliche Eigenschaft "Dichten" ist erkennbar in Anspruch 1 angesprochen, so daß die Kammer hierin nichts zu erkennen vermag, was gegen den Rechtsbestand des Anspruchs 1 spräche.
2.6.8. Die Beschwerdeführerin II hat in der mündlichen Verhandlung auch noch (D5) in ihre Argumentationskette miteinbezogen. Die Kammer erachtet (D5) als für den Gegenstand von Anspruch 1 unergiebig, da dort kein Hohlprofil vorliegt und im übrigen die mittels Bohrer hergestellte Öffnung mittels Lot verschlossen wird, d. h. es liegt eine Metall-Metallverbindung vor, die nicht Gegenstand des Anspruchs 1 ist. Zudem stellt sich in (D5) aufgrund des fehlenden Hohlprofiles auch der Nebenaspekt des Verhinderns des Austrittes von Trockenmittel nicht.
Bei diesen Gegebenheiten erübrigt sich die Untersuchung, ob (D5) in Kombination mit anderem Stand der Technik oder bloßem Fachwissen relevant werden könnte für den Rahmen gemäß Anspruch 1.
2.6.9. Da die Beschwerdeführerin I somit nichts vorgebracht hat, was die Patentfähigkeit des Anspruchs 1 in Frage stellen könnte, ist dieser Anspruch rechtsbeständig insbesondere im Sinne von Artikel 56 und 100 a) EPÜ.
3. Anspruch 15
3.1. Dieser Anspruch ist auf ein Verfahren zur Herstellung eines Rahmens gerichtet, der be- und/oder entlüftet werden soll.
3.2. Anspruch 15 schreibt im Kennzeichenteil vor, daß erst die Lochung gebohrt und daß nach Zurückziehung des Bohrers in den Zwischenraum zwischen den gelochten Stegen um den Bohrungsbereich herum Dichtungsmasse eingespritzt wird.
3.3. Es mag sein, daß es in Kenntnis des Rahmens gemäß Anspruch 1 zwangsläufig ist, daß erst der Bohrer zurückgezogen werden muß, bevor der entstandene Leerraum mit Dichtungsmasse ausgespritzt werden kann. Darauf kann es aber nicht ankommen, weil Anspruch 15 auf eine andere Kategorie gerichtet ist als Anspruch 1, nämlich ein Verfahren, und nicht ein Erzeugnis, und die Beschwerdeführerin II ein Anrecht auf einen möglichst weiten Patentschutz im Hinblick auf den relevanten Stand der Technik hat.
3.4. Es wurde vorgetragen, daß die Kombination von (D9) - nächstkommender Stand der Technik - und von (D3) das Verfahren gemäß Anspruch 15 nahelege.
3.5. (D9) vermittelt dem Fachmann die Anweisung, erst eine Bohrung herzustellen und dann einen Stopfen einzusetzen, wobei eine Dichtungsmasse "22" die Ränder des Abstandhalterrahmens dicht verschließt, vgl. Seiten 9/10 überbrückender Absatz und Figur 1 von (D9). Es liegt damit eine Außenabdichtung, nicht aber eine Innenraumabdichtung gemäß Anspruch 15 vor, so daß insoweit die Verhältnisse von (D2) gegeben sind.
3.6. Diese Lehre weist damit von der Lehre von Anspruch 15 weg, weil wie bei (D3) die Bohrungen bereits gefüllt sind - bei (D8) mit Stopfen, bei (D3) mit Heizleitungen - bevor Dichtungsmasse aufgetragen wird.
3.7. Es bedarf keiner breiten Ausführungen, daß bei einem Verfahren zum Abdichten der Reihenfolge der einzelnen Verfahrensschritte eine überragende Bedeutung zukommt.
3.8. Da diese Reihenfolge bei (D8) ebenso wie bei (D3) nicht mit dem Verfahren gemäß Anspruch 15 übereinstimmt, ist nicht nachvollziehbar, daß die Kombination dieser Druckschriften den Fachmann auf das Verfahren gemäß Anspruch 15 hinlenken könnte.
3.9. Der Gegenstand des Anspruchs 15 ist somit vom relevanten Stand der Technik nicht nahegelegt, so daß sein Rechtsbestand nicht in Frage gestellt ist.
4. Anspruch 18
4.1. Dieser Anspruch ist auf eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens u. a. gemäß Anspruch 15 abgestellt und auf die kennzeichnende Aussage gerichtet, daß eine Spritzvorrichtung "24" in die mit einer Bohrmaschine "22" hergestellte Bohrung eintaucht und mit einer Spritzdüse "25" Dichtungsmasse "11" einbringt.
4.2. Es wurde wiederum argumentiert, daß diese Merkmale zwangsläufig seien. Dies mag erneut zutreffen, wenn man die Lehre des Anspruchs 15 kennt. Darauf kann es aber auch bei einem Vorrichtungsanspruch nicht ankommen, weil der Beschwerdeführerin II im Rahmen des Möglichen (Stand der Technik) ein weiter Patentschutz nicht strittig gemacht werden kann.
4.3. Die Detaildiskussion ergibt wiederum, daß (D8) und (D3) auch in Kombination die Vorrichtung gemäß Anspruch 18 nicht nahelegen.
4.4. Die Figur 4 von (D8), vgl. Spritzdüse "14" und Bohrer "12", erhellt, daß ein Ausspritzen eines Profilinnenraumes dort wohl aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gewollt war, denn die Größenabmessungen vorgenannter Bauteile sprechen eindeutig gegen ein Eintauchen einer Spritzdüse in einen Profilinnenraum, so daß ohne Kenntnis der Erfindung eher auf eine nicht beanspruchte Außenabdichtung geschlossen werden muß.
4.5. Zur (D3) wurde bereits vorstehend vorgetragen, daß sie gattungsfremd ist. Mit Blick auf Anspruch 18 kommt aber noch hinzu, daß ein Eintauchen in eine Bohrung im Sinne des Anspruchs 18 (also keine Zusatzbohrung!) nicht möglich ist, weil dieser Raum bereits von Heizdrähten belegt ist.
4.6. (D8) und (D3) sind für sich irrelevant, was die Lehre von Anspruch 18 anbelangt; es ist wiederum nicht nachvollziehbar, inwiefern die Kombination von zwei irrelevanten Druckschriften den Gegenstand von Anspruch 18 ergeben sollte.
4.7. Bei diesen Gegebenheiten vermag der Hinweis der Beschwerdeführerin I nicht zu überzeugen, daß es sich bei (D8) um reine Schemazeichnungen handele, da der Gesamtzusammenhang auf eine Außenversiegelung hindeutet, vgl. (D8) Seite 7 Zeilen 6/5 v. u..
4.8. Zusammenfassend ist auch die Vorichtung gemäß Anspruch 18 somit vom Stand der Technik nicht nahegelegt, so daß auch dieser Anspruch rechtsbeständig ist.
5. Aufgrund der vorstehend aufgezeigten Überlegungen und Schlußfolgerungen konnte die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben, das Streitpatent war vielmehr in seiner erteilten Fassung gemäß Hauptantrag aufrechtzuerhalten, zumal auch die erteilten abhängigen Ansprüche 2 bis 14, 16, 17, sowie 19 bis 21 rechtsbeständig sind.
6. Die Kammer ist in vorstehenden Überlegungen und Schlußfolgerungen im Rahmen dessen geblieben, was die Beschwerdeführerinnen I und II in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgebracht haben d. h. (D1), (D6) und (D7) bleiben unberücksichtigt, weil sie nach Auffassung der Beteiligten und auch der Kammer keinen Einfluß auf die Entscheidung haben.
7. Bei gewährbarem Hauptantrag erübrigte sich eine Konkretisierung der Hilfsanträge seitens der Beschwerdeführerin II und die Diskussion dieser Anträge.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten.