T 0011/94 22-05-1995
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Wärmedämmendes, tragendes Bauelement
Zweiteilige Anspruchsfassung (unzweckmäßig); Klarheit und erfinderische Tätigkeit (nach Neufassung des Anspruchs 1 bejaht)
Clarity - yes (after amendment)
Inventive step - yes (after amendment)
Claims - two-part
I. Mit Zwischenentscheidung vom 19. Oktober 1993 (mündliche Verhandlung mit Verkündung der Entscheidungsformel) bzw. 18. November 1993 (schriftliche Begründung der Zwischenentscheidung) hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 0 219 792 in beschränktem Umfange aufrechterhalten.
II. Anspruch 1 des gemäß Zwischenentscheidung aufrechterhaltenen Streitpatents hat folgenden Wortlaut:
"Wärmedämmendes, tragendes Bauelement mit länglicher Ausdehnung und mit im wesentlichen rechteckigem Querschnitt, das je eine lastaufnehmende Grund- und Deckfläche sowie zwei Seitenflächen aufweist und für den Einbau in Mauerwerk zur Reduktion des Wärmeflusses bestimmt ist, wobei das Bauelement einen Kern aus Wärmedämmstoff und diesen Kern durchsetzende Stützorgane aufweist, welche im wesentlichen über die gesamte Länge durchgehende oder mit Unterbrüchen angeordnete Stege (13) zwischen Grund- und Deckfläche aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Stege Abschnitte (18) aufweisen, die beidseitig nahe bei den Seitenflächen angeordnet sind, sowie Abschnitte, die schräg zur Längsrichtung des Elements gerichtet verlaufen, derart, daß die Stege durchgehend bandförmig zwischen gegenüberliegenden Seitenflächen zick-zack-artig verlaufen, wobei die Stege (13) Teil eines den Kern (11) bereichsweise abdeckenden Skeletts sind, welches zur Uebertragung von Wandkräften zwischen Deck- und Grundfläche vorgesehen ist."
III. Gegen vorgenannte Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 10. Januar 1994 unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 17. März 1994 dahingehend begründet, daß Verstöße gegen die Erfordernisse von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ vorlägen, weil der Begriff "Stützorgan" bzw. "Stützorgane" in den ursprünglichen Unterlagen ebensowenig eine Stütze fände wie die Weglassung der parallelen Erstreckung der Stegabschnitte nahe ihrer Längsseiten und die Änderung des Wortes "quer" in "schräg" in bezug auf Stegabschnitte. Widersprochen wird auch der Aufnahme des Merkmals "mehrere" Stege in den Anspruch 1.
Mit Blick auf die Dokumente
(E1) DE-A-3 035 931
(E3) FR-A-2 108 984
(E7) DE-A-2 432 010 und
(E8) F. Hohwiller, "Wärmedämmung von Aussenwänden, Steinsysteme mit integrierter Dämmschicht" in BETONWERK + FERTIGTEILTECHNIK, Heft 1/1980, S. 43 ff.
hat die Beschwerdeführerin auch einen Einwand gemäß Artikel 56 bzw. 100 a) EPÜ erhoben, weil ihrer Meinung nach die Kombinationen vorgenannter Druckschriften in naheliegender Weise auf ein Bauelement mit Funktionsaufteilung in Wärmedämmung und in Lastabtragung gemäß Anspruch 1 hinführe.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang.
V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat vorgenanntem Antrag widersprochen, und sie beantragt im Rahmen des Hauptantrags die Zurückweisung der Beschwerde, d. h. Bestehenlassen des Streitpatents in der Fassung, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegt.
Auf die Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 16. März 1995 legt sie mit Eingabe vom 11. April 1995 Hilfsanträge gemäß "Anlage 1" und "Anlage 2" vor, deren Ansprüche 1 in einteiliger Form abgefaßt sind, so daß den Einwänden gemäß Artikel 123 (2) und (3) EPÜ begegnet worden sei. Mit Hinweis auf die ursprüngliche Seite 4, Zeilen 4 bis 26 führt die Beschwerdegegnerin aus, daß von Anfang an mehrere Stege offenbart gewesen wären, die sogar ein "wabenartiges" Aussehen haben könnten, d. h. daß zwei solcher Stege einander durchdringen können.
Mit Blick auf den entgegengehaltenen Stand der Technik führt sie aus, daß dieser von der Gegenseite in Kenntnis der Erfindung ausgewertet werde und daß demgegenüber eine patentwürdige Erfindung vorläge.
VI. Die Beschwerdegegnerin beantragt deshalb das Streitpatent gemäß einem der nachstehend genannten Anträge bestehen zu lassen:
a) Hauptantrag: Unterlagen gemäß angefochtener Entscheidung, vgl. Form 2339.3 vom 18. November 1993.
b) Hilfsantrag "Anlage 1" : Ansprüche 1 bis 10 vom 11. April 1995, eingegangen am 13. April 1995, ansonsten wie Hauptantrag.
c) Hilfsantrag "Anlage 2" : Ansprüche 1 bis 10 vom 11. April 1995, eingegangen am 13. April 1995, ansonsten wie Hauptantrag.
VII. Anspruch 1 des Hilfsantrags "Anlage 1" hat folgenden Wortlaut:
"1. Wärmedämmendes, tragendes Bauelement mit länglicher Ausdehnung und mit im wesentlichen rechteckigem Querschnitt, das je eine lastaufnehmende Grund- und Deckfläche sowie zwei Seitenflächen aufweist und für den Einbau in Mauerwerk zur Reduktion des Wärmeflusses bestimmt ist, wobei das Bauelement einen Kern aus Wärmedämmstoff und ein diesen Kern durchsetzendes Skelett aufweist, welches im wesentlichen über die gesamte Länge durchgehende oder mit Unterbrüchen angeordnete Stege (13) zwischen Grund- und Deckfläche aufweist, wobei die Stege Abschnitte (18) aufweisen, die beidseitig nahe bei den Seitenflächen angeordnet sind, sowie Abschnitte, die schräg zur Längsrichtung des Elements gerichtet verlaufen derart, daß die Stege durchgehend bandförmig zwischen gegenüberliegenden Seitenflächen zick-zack-artig verlaufen, wobei die Stege (13) Teil des den Kern (11) bereichsweise abdeckenden Skeletts sind, welches zur Uebertragung von Wandkräften zwischen Deck- und Grundfläche vorgesehen ist."
Anspruch 1 des Hilfsantrags "Anlage 2" lautet wie folgt:
"Wärmedämmendes, tragendes Bauelement mit länglicher Ausdehnung und mit im wesentlichen rechteckigem Querschnitt, das je eine lastaufnehmende Grund- und Deckfläche sowie zwei Seitenflächen aufweist und für den Einbau in Mauerwerk zur Reduktion des Wärmeflusses bestimmt ist, wobei das Bauelement einen Kern aus Wärmedämmstoff und ein diesen Kern durchsetzendes Skelett aufweist, welches im wesentlichen über die gesamte Länge durchgehende oder mit Unterbrüchen angeordnete Stege (13) zwischen Grund- und Deckfläche aufweist, wobei die Stege Abschnitte (18) aufweisen, die beidseitig nahe bei den Seitenflächen angeordnet sind, sowie Abschnitte die schräg zur Längsrichtung des Elements gerichtet verlaufen, wobei die Stege (13) Teil des den Kern (11) bereichsweise abdeckenden Skeletts sind, welches zur Uebertragung von Wandkräften zwischen Deck- und Grundfläche vorgesehen ist, und wobei ein durchgehender, bandförmiger, zwischen gegenüberliegenden Seitenflächen zick-zack-artig verlaufender Steg (13) vorgesehen ist."
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
2.1. Hauptantrag
2.1.1. Der ursprüngliche Anspruch 1, vgl. Kennzeichenteil, war ganz auf einen Kern und ein den Kern bereichsweise abdeckendes Skelett abgestellt.
2.1.2. Im erteilten und auch im geltenden Anspruch 1 ist im Oberbegriff hingegen der Begriff "Stützorgane" enthalten, und zwar als Pluralbegriff. Ohne direkten Bezug auf die "Stützorgane" des Anspruchsoberbegriffs taucht im Anspruchskennzeichen des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag der Begriff "Skelett", und zwar im Singular auf.
2.1.3. Aus abgrenzungstechnischen Gründen ist es gängige Praxis, einen speziellen Begriff so lange zu verallgemeinern bis er auf das nächstkommende Dokument und die jeweilige Patentanmeldung gleichermaßen zutrifft. Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ ist es dann aber unerläßlich, diesen Überbegriff wieder auf den speziellen in der jeweiligen Patentanmeldung verwendeten Begriff zurückzuführen, z. B. dadurch, daß klar gesagt ist "daß das Stützorgan als Skelett ausgebildet ist, welches ...".
2.1.4. Die angesprochene Rückführung eines allgemeinen Begriffes (Oberbegriff des unabhängigen Anspruchs) in den speziell offenbarten, engeren Begriff (Kennzeichen des unabhängigen Anspruchs) ist im Anspruch 1 des Hauptantrags unterblieben, so daß eine Unsicherheit darüber nicht auszuschließen ist, was unter "Stützorganen" und was unter einem "Skelett" gemeint ist.
2.1.5. Der in Rede stehende Anspruch 1 erfüllt somit nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ und auch ein Einwand unter Artikel 123 (2) EPÜ ist nicht von der Hand zu weisen, so daß der Hauptantrag schon aus formalen Gründen nicht gewährt werden kann.
2.2. Hilfsantrag "Anlage 1"
2.2.1. Der Anspruch 1 dieses Antrags ist - dem Vorschlag der Kammer folgend - in einteiliger Form abgefaßt, so daß einheitlich der Begriff "Skelett" Verwendung findet, und zwar in der Singularform. Damit knüpft diese Fassung des Anspruchs 1 unmittelbar an die ursprüngliche Fassung des Anspruchs 1 ("ein den Kern ... Skelett") an.
2.2.2. Die Beschwerdeführerin hat die Weglassung des Merkmals der parallelen Erstreckung der Stegabschnitte nahe ihrer Längsseiten gerügt.
Hierzu ist zunächst festzustellen, daß dieses Merkmal nicht Bestandteil des ursprünglichen Anspruchs 1 war, sondern erst im ursprünglichen Anspruch 3 erscheint. Es ist somit zulässig, dieses Merkmal weiterhin nicht in den unabhängigen Anspruch aufzunehmen, sondern als abhängigen Anspruch weiterzuverfolgen, vgl. Anspruch 2 des geltenden Hilfsantrags "Anlage 1".
2.2.3. Zur Änderung des Merkmals "quer" in "schräg" ist festzuhalten, daß "quer" nicht zwangsläufig senkrecht zum Rand bedeuten muß, so daß die vorgenommene, auf die ursprüngliche und erteilte Figur 3 gestützte Änderung sowohl aus der Sicht des Artikels 123 (2) wie auch (3) EPÜ nicht zu beanstanden ist. Die Entscheidung G 1/93, veröffentlicht im ABl. EPA 1994, 541, ist somit auf vorliegenden Fall nicht anwendbar, d. h. die vorgenommene Änderung des Anspruchs 1 eröffnet keine unlösbare Situation bezüglich Artikel 123 (2) und (3) EPÜ. Der Einwand der Beschwerdeführerin bezüglich des Sachverhalts "quer/schräg" vermag aus den vorstehend genannten Gründen nicht durchzugreifen.
2.2.4. Die Beschwerdeführerin hat weiterhin der Aufnahme des Merkmals "mehrerer Stege" in den Anspruch 1 widersprochen.
In diesem Zusammenhang ist aber festzuhalten, daß die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung und daß das erteilte Patent diesbezüglich folgende zu berücksichtigenden Informationen enthalten:
- Gemäß Seite 4, Zeilen 19 bis 22 der ursprünglichen Anmeldung bzw. gemäß Streitpatent Spalte 3, Zeilen 34 bis 37 kann das Skelett auch mehrere Stege aufweisen.
- Gemäß Seite 8, Zeile 29 bis Seite 9, Zeile 6 der Ursprungsunterlagen bzw. Spalte 6, Zeilen 26 bis 38 des Streitpatents sind wiederum mehrere Stege für das Skelett möglich, z. B. in ineinander verschränkter Konfiguration. Es ist aber auch möglich, die Stege nur abschnittsweise vorzusehen.
- Mit Blick auf den erteilten Anspruch 1 trifft es erkennbar nicht zu, daß dieser auf einen Steg gerichtet gewesen wäre, wie die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung im Abschnitt 1.3.1 ausführt, da im Oberbegriff dieses Anspruchs bereits die Pluralform "Stege" enthalten ist. Die Beschwerdegegnerin hat in diesem Zusammenhang klargestellt, daß auch mehrere Stege technisch ausführbar sind, weil auch eine ineinander verschränkte Konfiguration immer noch eine Mehrzahl von Stegen, die durchgehend, bandförmig und in Zick- Zack-Anordnung vorliegen, nicht ausschließt. Mithin kann auch dieser Einwand der Beschwerdeführerin nicht durchgreifen.
2.2.5. Durch die Hereinnahme der Merkmale des erteilten Anspruchs 2 in den geltenden Anspruch 1 wird dieser Anspruch im Sinne von Artikel 123 (2) EPÜ nicht angreifbar; auch aus der Sicht des Artikels 123 (3) EPÜ ist gegen die Hereinnahme weiterer Merkmale in den Anspruch 1 nichts einzuwenden, weil der Schutzbereich dadurch nicht erweitert, sondern eingeschränkt wird.
2.2.6. Zusammenfassend ist Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag "Anlage 1" im Hinblick auf Artikel 84, 123 (2) und 123 (3) EPÜ unangreifbar. Dies gilt auch für die abhängigen Ansprüche, da die erteilten Ansprüche 3 bis 11 lediglich in Ansprüche 2 bis 10 unter Anpassung der Rückbeziehung(en) umnumeriert wurden.
2.3. Hilfsantrag "Anlage 2"
2.3.1. Anspruch 1 dieses Antrags ist wie jener des Hilfsantrags "Anlage 1" in einteiliger Form abgefaßt, d. h. es wird einheitlich der Begriff "Skelett" verwendet.
2.3.2. Der in Rede stehende Anspruch 1 ist aber aus einem anderen Grund nicht bestandsfähig, wie die nachfolgenden Ausführungen erhellen:
Zunächst wird das Skelett dahingehend definiert, daß es Stege (Plural!) aufweist. Mit der Einbeziehung des erteilten Anspruchs 2 wird dieses Merkmal aber im Singular beansprucht ("und wobei ein ... Steg ...").
2.3.3. Anspruch 1 des Hilfsantrags "Anlage 2" ist somit in sich widersprüchlich und schon aus Gründen des Artikels 84 EPÜ nicht bestandsfähig.
2.4. Zusammenfassung:
Vorstehende Ausführungen zu den vorliegenden Anträgen zusammenfassend, ergibt sich, daß nur der Hilfsantrag "Anlage 1" in formaler Hinsicht bestandsfähig ist, so daß dieser Antrag die Basis für die nachfolgende Erörterung der Fragen der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit bildet.
3. Neuheit
Die Frage der Neuheit ist zwischen den Beteiligten nicht strittig, so daß sich hierzu weitere Erörterungen erübrigen. Die einteilige Form des Anspruchs 1 hat auf die Frage der Neuheit keinen Einfluß.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Gattungsnächster Stand der Technik ist (E1), welches einen geraden, ausschließlich zum Rand parallelen Steg "1c" offenbart, vgl. Figuren 1 und 2. Wie in der Streitpatentschrift zutreffend zu diesem Dokument ausgeführt ist, vgl. Spalte 2, Zeilen 34 bis 39, muß die Belastung in diesem Fall zentrisch erfolgen, so daß sich das bekannte Wandelement für eine Heiz- und Kühlvorrichtung, nicht aber als Bauelement für die Aufnahme von Mauerkräften eines tragendes Mauerwerks eignet.
4.2. Von daher liegt der Erfindung die objektive Aufgabe zugrunde, ein Bauelement zu schaffen, welches in einem tragenden Mauerwerk Verwendung finden kann und bei dem dennoch wärmetechnische Gesichtspunkte berücksichtigt sind, vgl. Spalte 2, Zeilen 48 mit 53 der Beschreibung des Streitpatents.
4.3. Gelöst wird diese Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 1 (Hilfsantrag "Anlage 1"). Die geltende Beschreibung war schon aus diesem Grunde amtsseitig geringfügig dadurch abzuändern, daß der einteiligen Anspruchsfassung Rechnung getragen wird, Artikel 84 EPÜ. Im einzelnen war in Spalte 1, Absatz 1 der Hinweis auf den Oberbegriff des Anspruchs 1 zu streichen; in Spalte 2 war in Zeile 54 das Wort "ist" und der Hinweis auf den kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 zu streichen. Zu diesem offensichtlichen Sachverhalt bedurfte es nicht der vorherigen Einholung des Einverständnisses der Beschwerdegegnerin, weil es sich um keine Änderung des Schutzbereichs handelt und nur das nachgeholt wurde, was mit der Vorlage eines abgeänderten Anspruchssatzes vorgezeichnet war.
4.4. Mit dem Bauelement gemäß Anspruch 1 wird erreicht, daß sowohl vertikale Lasten abgefangen, als auch horizontale Kräfte aufgenommen werden können, wobei aber dennoch eine thermische Trennung vorliegt (Wärmedämmung). Ermöglicht wird dies durch den durchgehenden bandförmigen Steg, der in Zick-Zack-Form vorliegt. Gegenüber (E1) ist damit die vertikale Krafteinleitung vereinfacht und nicht an die Zentrizität gebunden. Da auch in horizontaler Richtung eine Profilierung (Zick-Zack) des Steges vorliegt, ist das beanspruchte Bauelement prädestiniert für die Aufnahme horizontaler Kräfte. Die Integration des wärmedämmenden Kerns in das Skelett gemäß Anspruch 1 ergibt die gleichzeitige Wärmedämmung des Bauelements.
4.5. Von (E1) ausgehend muß der Fachmann nach Auffassung der Kammer erfinderisch tätig werden, um das Bauelement gemäß Anspruch 1 zu erhalten:
4.5.1. Bei (E1) ist erkennbar die Optimierung des Wandelements in Richtung Wärmedämmung erfolgt, und zwar auf Kosten der Lastaufnahme. Mag eine solche für vertikale Lasten - mit allen Einschränkungen bezüglich der zentrischen Einleitung - noch vorliegen, so fehlt eine Überlegung für die Aufnahme horizontaler Kräfte vollständig. Dies mag seinen Hintergrund im Einsatzzweck haben - bei (E1) ist dies eine Heiz- und Kühlvorrichtung, beim Streitpatent hingegen primär ein tragendes Bauelement. (E1) kann dem Fachmann mithin nicht als Vorbild für das Beanspruchte dienen.
4.5.2. Es ist zu untersuchen, ob ein weiterer Stand der Technik vorliegt, der einzeln oder in Kombination das Beanspruchte nahelegt.
4.5.3. Aufgrund der Verschiedenartigkeit der Aufgaben muß bezweifelt werden, ob ein Fachmann, der vor der Lösung der objektiven Aufgabe steht, sich auf dem Gebiet der Biegeträger umsieht, wo es ausschließlich um die Lastaufnahme geht. Wenn ja, wird er auf (E3) stoßen, das zwar einen durchgehenden, bandförmigen Steg in Zick-Zack- Form offenbart, im Hinblick auf den Wärmedämmungsaspekt aber unergiebig ist. Es bedarf somit schon einer Betrachtung in unzulässiger rückschauender Weise, wenn (E3) als Vorbild für den Gegenstand des Anspruchs 1 dienen sollte, da weder (E1) noch (E3) aus sich heraus den Fachmann dazu anregen, in Kombination gesehen zu werden.
4.5.5. Irrelevant ist auch (E7), weil es dort um eine Deckenkonstruktion (z. B. für Kühlhäuser) geht und insgesamt wiederum ein Träger, aber kein Bauelement im Sinne eines zu vermauernden Bausteines vorliegt. Abstehende Flansche, vgl. z. B. "23, 24" gemäß Figur 1, bzw. Kernstücke "8, 9", vgl. z. B. Figuren 1, 2 und 4, 5, lenken ohnehin vom Beanspruchten weg, zumal beim Gegenstand von (E7) nicht die beanspruchte Doppelfunktion des Bausteins bzw. -elements, nämlich in thermischer Hinsicht (Wärmedämmung) und in statischer Hinsicht (horizontale und vertikale Lastaufnahme), im Vordergrund steht, sondern ein "balkenartiger Träger" - was wiederum auf einen Biegeträger hinausläuft, der gemäß Streitpatent gerade nicht vorliegt. Insoweit ist (E7) nicht relevanter als (E3) und somit ebenfalls unbeachtlich.
4.5.5. (E8) spricht zwar Bausteine an, bei denen die Funktionen der Wärmedämmung und der Lastaufnahme an einem Baustein berücksichtigt sind, so daß es mit Blick auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin zutreffen mag, daß die durch die Erfindung zu lösende Aufgabe bekannt und im Grundsatz im Stand der Technik schon gelöst ist. Für sich spricht dieser Umstand jedoch nicht gegen das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ, weil nicht erkennbar ist, wie ein Fachmann, der den Baustein "Hinse" vor sich hat, wiederum ohne Kenntnis der Erfindung auf eine Stegausbildung gemäß Anspruch 1 kommen sollte. Aus sich heraus bleibt (E8) jedenfalls jede Anregung schuldig, z. B. in Kombination mit (E3) gesehen zu werden, die die beanspruchte Stegausbildung per se offenbart.
4.5.6. Vorstehende Überlegungen zusammenfassend ergibt sich, daß zwar, mosaikartig gesehen, im Stand der Technik (E1), (E3), (E7) und (E8) alle Merkmale des Anspruchs 1 gemäß "Anlage 1" einzeln offenbart sind. Das ist aber solange aus der Sicht des Artikels 56 EPÜ unbeachtlich, als nicht schlüssig erkennbar ist, daß der Fachmann in Kenntnis dieser Lehren auf den beanspruchten Gegenstand gekommen wäre. Es genügt nicht, daß er darauf hätte kommen können, vgl. T 2/83, veröffentlicht ABl. EPA 1984, 265.
4.5.7. Da Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag "Anlage 1" auf einen neuen Gegenstand, der auch erfinderisch ist, gerichtet ist, ist er rechtsbeständig, d. h. das Streitpatent kann auf dieser Basis in Verbindung mit den abhängigen Ansprüchen 2 bis 10 bestehen bleiben.
4.5.8. Wie vorstehend aufgezeigt, ist die Beschreibung amtsseitig an die Diktion des einteiligen Anspruchs 1 angepaßt worden und in dieser Form geeignet, den Rechtsbestand des Streitpatents in seiner eingeschränkten Fassung zu sichern.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird mit der Auflage an die erste Instanz zurückverwiesen, das europäische Patent Nr. 0 219 792 mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche 1 bis 10 vom 11. April 1995, eingegangen am 13. April 1995, gemäß Hilfsantrag "Anlage 1";
- Beschreibung gemäß Zwischenentscheidung vom 18. November 1993 mit den im Abschnitt 4.3 der Entscheidungsgründe angegebenen amtsseitig durchgeführten Anpassungen;
- Zeichnungen gemäß Zwischenentscheidung vom 18. November 1993.