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T 0324/95 14-01-1998
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ANZEIGEGERÄT MIT FLÜSSIGKRISTALLZELLE, VORZUGSWEISE FÜR KRAFTFAHRZEUGE
01) VDO Adolf Schindling AG
02) Diehl GmbH & Co.
I. Das europäische Patent Nr. 0 314 672 (Anmelde Nr. 87 902 380.2), gegen welches die Einsprechende 01 und die Einsprechende 02 unabhängig voneinander Einspruch erhoben hatten, wurde von der Einspruchsabteilung in geändertem Umfang aufrechterhalten.
II. Gegen die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang hat die Einsprechende 02 Beschwerde eingelegt.
III. Es wurde mündlich verhandelt.
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 02) beantragte die Aufhebung der angefochten Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 1998 überreichten Unterlagen aufrechtzuerhalten.
Anspruch 1, der einzige unabhängige Anspruch des gültigen Anspruchsatzes, lautet wie folgt:
"1. Anzeigegerät für Meßwert-, Funktions-, Zustands- oder Störanzeigen vorwiegend in Kraftfahrzeugen, mit:
a) einer transmissiven Flüssigkristallzelle (12), die eine Mehrzahl von Bereichen (A, B) mit jeweils unterschiedlichen hell- und dunkelsteuerbaren Anzeigeteilen aufweist, wie Schriften, Symbole bzw. Anzeigen;
b) einer Beleuchtungsvorrichtung mit Lichtquellen (20, 22, 23) zur Erzeugung von Licht unterschiedlicher Farbe, die die Bereiche der Flüssigkristallzelle mit jeweils unterschiedlicher Farbgebung von der dem Betrachter abgewandten Seite her ausleuchten;
c) wobei die Beleuchtungsvorrichtung derart ausgestaltet ist, daß in Betrieb mindestens eine der Lichtquellen (20, 22) ständig eingeschaltet ist;
dadurch gekennzeichnet,
d) daß an der dem Betrachter abgewandten Seite der Flüssigkristallzelle (12) Lichtschächte (16, 17) vorgesehen sind, in die zur Beleuchtung der Bereiche (A, B) mit unterschiedlicher Farbgebung jeweils die Lichtquellen unterschiedlicher Farbe der Beleuchtungsvorrichtung angeordnet sind;
e) daß die Lichtschächte durch eine Trennwand (18) voneinander getrennt sind, so daß das farbige Licht der einen Lichtquelle (23) von dem für eine andere Farbgebung bestimmten Bereich (B) der Flüssigkristallzelle abgeschirmt ist;
f) daß die ständig eingeschalteten Lichtquellen so angeordnet sind, daß ihr Licht so verteilt ist, daß sich über alle Bereiche eine gleichmäßige Grundhelligkeit der dunkelgesteuerten Anzeigeteile ergibt;
g) und daß an der dem Betrachter abgewandten Seite der Flüssigkristallzelle (12) eingefärbte Streufolien (13), dahinter fluoreszierende Scheiben (14) und dahinter die durch die Trennwand (18) voneinander getrennten Lichtschächte (16, 17) angeordnet sind, wobei die Streufolien (13) und fluoreszierenden Scheiben (14) aneinander angrenzend jeweils einen Bereich (A, B) unterschiedlicher Farbgebung der Flüssigkristallzelle (12) abdecken.
VI. Zur Stützung ihres Antrages brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgende Argumente vor.
Zunächst sei das Merkmal f) in Anspruch 1, wonach "die ständig eingeschalteten Lichtquellen so angeordnet sind, daß ihr Licht so verteilt ist, daß sich über alle Bereiche eine gleichmäßige Grundhelligkeit der dunkelgesteuerten Anzeigeteile ergibt" in der Beschreibung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann es ausführen könne. Dabei sei nämlich völlig offen gelassen, wie der Fachmann den relativen Begriff "gleichmäßige Grundhelligkeit" erreichen solle. Mangels einer konkreten Definition dieser speziellen Grundhelligkeit in der Beschreibung des Patents bleibe es für den Fachmann völlig unklar und damit auch nicht nacharbeitbar, wie dieses notwendige Merkmal erhalten werde. Der Einspruchsgrund der mangelnden Ausführbarkeit im Sinne von Artikel 100 b) EPÜ sei zwar erst nach Ablauf der Einspruchsfrist aufgegriffen worden, sei aber im Einspruchsverfahren im einzelnen diskutiert worden. Wenn auch dieser Einspruchsgrund in der angefochtenen Entscheidung nicht mehr erwähnt sei, weil die Einspruchsabteilung zum Schluß gekommen sei, er würde prima facie nicht greifen, sei ein späteres Aufgreifen dieses Grundes im Beschwerdeverfahren nicht mehr an die Zustimmung des Patentinhabers gebunden, wie sie sonst aufgrund der Entscheidungen der großen Beschwerdekammer G 9/91, und G 10/91 erforderlich gewesen wäre. Übrigens handle es sich bei dem Anspruch 1 gemäß dem Antrag der Beschwerdegegnerin um nach der Erteilung des Patents abgeänderte Unterlagen, die ohnehin gemäß Artikel 102 (3) EPÜ allen Erfordernissen des EPÜ genügen sollen.
Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei von der in der Druckschrift EP-A-0 140 350 (im folgenden Druckschrift D1 genannt) offenbarten Flüssigkristall -anzeigevorrichtung auszugehen, die bereits an der dem Betrachter abgewandten Seite der Flüssigkristallzelle Lichtschächte aufweise, in welchen jeweils mehrere Lichtquellen angeordnet seien. Auch in dieser bekannten Vorrichtung werde eine gleichmäßige Ausleuchtung der Flüssigkristallzelle explizit angestrebt, so daß sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von ihr im wesentlichen nur durch die Verwendung von Beleuchtungsvorrichtungen unterschiedlicher Farbe in den jeweiligen Lichtschächten und von aneinander angrenzenden, jeweils einen Bereich unterschiedlicher Farbgebung abdeckenden eingefärbten Streufolien und fluoreszierenden Scheiben unterscheide.
Die Verwendung von Lichtquellen unterschiedlicher Farbe sei bereits durch den Hinweis in der Druckschrift D1 nahegelegt, wonach die dort beschriebenen Glühlampen auch durch fluoreszierenden Lampen ersetzt werden können, die somit zwingend unterschiedliche Farbcharakteristiken aufweisen würden. Darüber hinaus offenbare die Druckschrift GB-A-2 094 051 (im folgenden Druckschrift D13 genannt) bereits eine Flüssigkristall -anzeigevorrichtung, bei welcher Bereiche unterschiedlicher Farbgebung durch aneinander angrenzende fluoreszierende Scheiben abgegrenzt seien. Auch in dieser Druckschrift seien die Möglichkeit der Beleuchtung der Vorrichtung durch eine Glühbirne anstatt einer fluoreszierenden Lichtquelle und die Zweckmäßigkeit einer gleichmäßigen Ausleuchtung der Flüssigkristallzelle ausdrücklich beschrieben.
Aus diesen Gründen beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick insbesondere auf den Inhalt der Druckschriften D1 und D13 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
Zum Argument der Beschwerdegegnerin, wonach die aneinander angrenzenden, nicht durch die Schachtwände getrennten Streufolien und fluoreszierenden Scheiben eine gewisse, wenn auch beschränkte Lichtüberkopplung von einem Farbbereich zu einem benachbarten ermöglichen und daher einen weichen Farbübergang von zwischen aneinander angrenzenden Bereichen bewirken würden, erklärte die Beschwerdeführerin, daß ein solcher technischer Effekt, falls er überhaupt auftreten würde, in der ursprünglichen Patentanmeldung nie offenbart wurde und die erfinderische Tätigkeit einer erst nach Einreichung der Anmeldung gemachten etwaigen Auswahlerfindung nicht begründen könne.
VII. Die Einsprechende 01 als weitere, am Verfahren beteiligte Partei schloß sich den Ausführungen der Beschwerdeführerin an und brachte noch folgende zusätzliche Argumente vor.
Der Anspruch 1 verstoße gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ, insofern sein Schutzbereich sich nunmehr auch auf Flüssigkristallzellen mit positiver Darstellung, d. h. bei welchen die Informationen über dunkelgesteuerten Anzeigeteile auf hellem Hintergrund dargestellt seien, erstrecke. Eine solche positive Darstellung sei jedoch weder von Anspruch 1 in der erteilten Fassung gedeckt, noch überhaupt ursprünglich beschrieben worden.
Ein weiterer Verstoß gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (2) bestehe darin, daß die im Merkmal f) des Anspruchs 1 definierte Verteilung des Lichts der Lichtquellen, die eine gleichmäßige Grundhelligkeit bewirken soll, nunmehr als Ergebnis der Anordnung der Lichtquellen bezeichnet sei, wohingegen in den Anmeldungsunterlagen und im erteilten Anspruch 1 die Verteilung des Lichtes der Lichtquellen ohne jeglichen Hinweis darauf erwähnt sei, daß die Lichtverteilung durch eine besondere Anordnung der Lichtquellen erzielt werde.
Zur erfinderischen Tätigkeit treffe das Argument des Beschwerdegegners, die beanspruchte Erfindung verringere die Sichtbarkeit von unterschiedlich gefärbten Bereichen im gesperrten Zustand der Anzeigeelemente, allenfalls auf defekte oder minderwertige Flüssigkristallzellen zu, weil dunkelgesteuerte Anzeigeteile normalerweise kein Durchdringen der Beleuchtung von unterhalb der Zelle erlauben würden. Übrigens würde die in der vorveröffentlichten Druckschrift D1 ausdrücklich erwähnte gleichmäßige Ausleuchtung aller Bereiche der dort beschriebenen Flüssigkristallzelle zwangsläufig auch eine gleichmäßige Ausleuchtung der dunkelgesteuerten Anzeigeteile im Sinne des Anspruchs 1 bewirken.
VIII. Die Beschwerdegegnerin brachte ihrerseits zur Stützung ihres Antrages im wesentlichen folgende Argumente vor:
Anspruch 1 sei weder in der erteilten Fassung noch in der nunmehr vorgeschlagenen, abgeänderten Fassung auf eine bestimmte Art der Darstellung der Informationen beschränkt, so daß in dieser Hinsicht kein Verstoß gegen die Bestimmungen des Artikels 123 EPÜ vorliegen könne.
Zur Frage der ausreichenden Offenbarung des Merkmals, wonach eine gleichmäßige Grundhelligkeit der Anzeigebereiche durch die Anordnung von Lichtquellen erzielt werde, sei unter diesem Merkmal nichts anderes zu verstehen, als daß die Lichtquellen zumindest vernünftig genug angebracht werden sollen, um eine von Haus aus unregelmäßige Lichtverteilung zu vermeiden, die durch die Verwendung der erfinderischen getrennten Streufolien und fluoreszierenden Scheiben nicht mehr kompensiert werden könnte. Eine solche Voraussetzung zu schaffen sei für den Fachmann eine Selbstverständlichkeit, die keiner ausführlicheren Erläuterungen bedürfe.
Zur Ausgestaltung der getrennten, aneinander angrenzenden Streufolien und fluoreszierenden Scheiben fehle zwar in der Patentschrift eine ausführliche theoretische Erklärung des dadurch erzielten technischen Effektes. Dazu bestehe jedoch keine Verpflichtung, und sofern die entsprechenden Merkmale eindeutig beschrieben und beansprucht seien, sei das Patent formal nicht zu beanstanden.
Bezüglich der Patentfähigkeit des beanspruchten Anzeigegeräts erläuterte die Beschwerdegegnerin, daß transmissive Flüssigkristallzellen auch im gesperrten Zustand nicht hundertprozentig optisch dicht seien. Wegen der geringen Resttransmission seien die darunterliegenden unterschiedlich gefärbten Anzeigeteile umso leichter erkennbar, als der Farbkontrast von einem Bereich zum anderen stark sei. Dadurch, daß die Trennwände zwischen den Lichtschächten, die die unterschiedlichen Farbbereiche abgrenzen, nicht bis zur Flüssigkristallzelle durchgezogen seien und die Streufolien und fluoreszierenden Scheiben im Zwischenraum liegen würden, und dadurch ferner, daß die Streufolien und fluoreszierenden Scheiben nicht durchgehend ausgebildet seien, sondern aneinander angrenzende Bereiche definieren würden, werde eine geringe Lichtüberkopplung von einem Farbbereich zum anderen und eine entsprechende Verschmierung des Kontrastes zwischen den benachbarten Farbbereichen erzielt. Dies vermindere wiederum die Erkennbarkeit dieser Bereiche im gesperrten Zustand der Flüssigkristallzelle und führe zu einem entsprechend besseren optischen Erscheinungsbild der Anzeigevorrichtung.
Keine der ermittelten Entgegenhaltungen befasse sich mit dieser Aufgabe. Keine von ihnen offenbare die beanspruchte Kombination von nicht durchgehenden Trennwänden und aneinander angrenzenden Streufolien und fluoreszierenden Scheiben oder gebe irgendeinen Hinweis auf eine solche Kombination.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulässigkeit der Änderungen der Patentunterlagen im Hinblick auf die Bestimmungen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.
2.1. Artikel 123 (2) EPÜ
Im Vergleich zum Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung wurde der vorliegende Anspruch 1 zunächst durch den Hinweis in Absatz a) ergänzt, wonach die Bereiche der Flüssigkristallzelle jeweils unterschiedliche hell- und dunkelsteuerbare Anzeigeteile aufweisen. Der Begriff "hell- und dunkellsteuerbare Anzeigeteile" ist zwar in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht zu finden, entspricht jedoch der dort gemachten Unterscheidung zwischen den "gesperrten Bereichen der LCD", die eine gewisse Grundhelligkeit aufweisen, und den "angesteuerten Bereichen der LCD", die die Transmission des Lichtes bewirken; (vgl. z. B. Seite 2, letzter Satz).
Das zusätzliche Merkmal des Absatzes c) des Anspruchs 1, wonach in Betrieb mindestens eine der Lichtquellen ständig eingeschaltet ist, ist in den ursprünglich eingereichten abhängigen Ansprüchen 4 und 5 offenbart.
Im Gegensatz zu den Ausführungen der Einsprechenden 01 ist nach Auffassung der Kammer auch das Merkmal des Absatzes f) des Anspruchs 1, wonach die ständig eingeschalteten Lichtquellen "so angeordnet sind", daß das Licht so verteilt ist, daß sich über alle Bereiche eine gleichmäßige Grundhelligkeit der dunkelgesteuerten Anzeigeteile ergibt, durch die ursprüngliche Offenbarung gestützt. Der Zusammenhang zwischen der Anordnung der bei Betrieb ständig eingeschalteten Lichtquellen und der gleichmäßigen Verteilung des Lichtes ist nämlich ausdrücklich in dem ursprünglichen abhängigen Anspruch 5 definiert. Dort ist zwar eine gleichmäßige Grundhelligkeit der Flüssigkristallanzeige insgesamt erwähnt anstatt der gleichmäßigen Grundhelligkeit der dunkelgesteuerten Anzeigeteile wie im vorliegenden Anspruch 1, aber in der ursprünglichen Beschreibung selbst wird die Grundhelligkeit stets im Zusammenhang mit dem Erscheinungsbild der gesperrten Bereiche definiert (vgl. Seite 2, Zeilen 7 bis 10 und letzter Satz). Darüber hinaus setzt eine gleichmäßige Verteilung des Lichts über alle Bereiche der Flüssigkristallzelle zwingend auch eine gleichmäßige Verteilung dieses Lichtes über die verschiedenen Anzeigeteile - insbesondere also auch über die dunkelgesteuerten -voraus.
Absatz g) des vorliegenden Anspruchs 1 ergibt sich aus den ursprünglichen abhängigen Ansprüchen 8 und 9.
Bezüglich der Merkmale dieses Absatzes hat die Beschwerdeführerin insbesondere argumentiert, daß ihre von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte technische Wirkung - nämlich eine Verminderung des Farbkontrastes zwischen aneinander grenzenden Anzeigebereichen unterschiedlicher Farbgebung und eine entsprechende Verbesserung des optischen Erscheinungsbildes dieser Anzeigenbereiche im dunkelgesteuerten Zustand - aus den ursprünglichen Unterlagen nicht entnehmbar gewesen sei. Folglich würde die nachträgliche Einführung dieser Merkmale in den Anspruch zur Definition einer erst im nachhinein gemachten Auswahlerfindung führen . Dieser Argumentation kann die Kammer jedoch schon deswegen nicht folgen, weil die Merkmale des Absatzes g) bereits in den ursprünglichen abhängigen Ansprüchen 8 und 9 ausdrücklich hervorgehoben waren. Darüber hinaus waren in der ursprünglich eingereichten Beschreibung Ausführungsbeispiele offenbart, bei welchen diese Merkmale entweder nur teilweise oder auch gar nicht vorhanden waren. Zu diesen, die Merkmale des Absatzes g) nicht aufweisenden und daher im späteren Verlauf des Einspruchsverfahrens herausgestrichenen Ausführungsbeispielen war ausdrücklich angegeben, daß eine Trennung der benachbarten fluoreszierenden Scheiben durch die Trennwände die Lichtüberkopplung von einem Bereich zum anderen stärker unterdrücken und somit einen weniger weichen Farbübergang bewirken würde (vgl. Seite 6, Zeilen 7 bis 19), und daß die zusätzliche Trennung der Streufolien durch eine bis zur Rückseite der Flüssigkristallzelle gezogene Trennwand sogar dazu führen würde, die Bereiche nach außen bewußt erkennbar zu machen (vgl. Seite 7, letzter Satz). Durch diese Hinweise war auch der Zusammenhang zwischen dem unmittelbar aneinander Anliegen der Streufolien und den fluoreszierenden Scheiben einerseits und der daraus resultierenden Lichtüberkopplung von einem Bereich zum benachbarten andererseits für den Fachmann aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen klar erkennbar.
Die übrigen abhängigen Ansprüche 2 bis 5 des vorliegenden Anspruchsatzes entsprechen den abhängigen Ansprüchen 2 bis 4 und 10 in der ursprünglich eingereichten Fassung. Ferner wurden aus der Beschreibung und den Zeichnungen in der ursprünglichen Fassung die von dem vorliegenden Anspruch 1 nicht mehr umfaßten Ausführungsbeispiele, insbesondere dasjenige der ursprünglichen Figur 2, gestrichen und die Beschreibung wurde durch einen kurzen Hinweis auf den Stand der Technik ergänzt.
Aus diesen Gründen genügt das Patent im geändertem Umfang dem Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ, gemäß welchem sein Gegenstand nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen darf.
2.2. Artikel 123 (3) EPÜ
Im Vergleich zu Anspruch 1 in der erteilten Fassung wurde der vorliegende Anspruch 1 ausschließlich durch die Einführung zusätzlicher Merkmale abgeändert, so daß bereits aus diesem Grund eine Erweiterung des Schutzbereiches im Sinne von Artikel 123 (3) EPÜ ausgeschlossen ist.
Insbesondere wurde der selbstverständliche Hinweis in dem Absatz a) eingeführt, wonach die Bereiche der Flüssigkristallzelle jeweils unterschiedliche hell- und dunkelsteuerbare Anzeigeteile aufweisen, in Absatz f) wurde präzisiert, daß sich die dort definierte Lichtverteilung aus der Anordnung der Lichtquellen ergibt, während der Absatz a) mit den Merkmalen bezüglich der Streufolien und fluoreszierenden Scheiben insgesamt hinzugefügt wurde.
Der Argumentation der Einsprechenden 01, wonach der abgeänderte Anspruch 1 nunmehr auch eine Art der Darstellung, nämlich die positive Darstellung, mitumfasse, die durch den erteilten Anspruch 1 nicht unter Schutz gestellt war, kann sich die Kammer nicht anschließen. Wie es die Einsprechende 01 in der mündlichen Verhandlung selber erläutert hat, beziehen sich nämlich die Begriffe positive bzw. negative Darstellung darauf, ob anzuzeigende Informationen entweder als dunkle Zeichen auf hellem Hintergrund oder aber als helle Zeichen auf dunklem Hintergrund angezeigt werden. Darüber ist jedoch weder im erteilten, noch im vorliegenden Anspruch 1, noch in der Beschreibung selbst irgendein Hinweis zu finden. Die dort erwähnten hell- und dunkelsteuerbaren, bzw. gesperrten oder dunkelgesteuerten Anzeigeteile können nämlich ebenso Teile des Hintergrundes als auch Teile von anzuzeigenden Zeichen darstellen. Die Tatsache, daß in einem bestimmten Betriebsmodus aneinander angrenzende Anzeigeteile dunkelgesteuert werden können, ist keineswegs davon abhängig, ob Informationen - gegebenenfalls in einem anderen Betriebsmodus und zwar anhand der gleichen Anzeigeteile oder auch anderer - entweder positiv oder negativ dargestellt werden.
3. Offenbarung der Erfindung
3.1. Bezüglich des Merkmals des Absatzes f) des Anspruchs 1, wonach die ständig eingeschalteten Lichtquellen so angeordnet sind, daß das Licht so verteilt ist, daß sich über alle Bereiche eine gleichmäßige Grundhelligkeit der dunkelgesteuerten Anzeigeteile ergibt, hat die Beschwerdeführerin zunächst geltend gemacht, daß insbesondere mangels einer eindeutigen Definition der zu erreichenden Gleichmäßigkeit der Grundhelligkeit in der Beschreibung der Fachmann die beanspruchte Erfindung nicht ausführen könne. Dieser Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ wurde von der Beschwerdeführerin circa 17 Monate nach Ablauf der Einspruchsfrist erhoben. Nachdem die Einspruchsabteilung im Rahmen des in einem solchen Fall ihr zuerkannten Ermessensspielraums (vgl. Entscheidung G 9/91 der großen Beschwerdekammer, ABl. EPA 1993, 420) diesen Einwand als prima facie nicht zutreffend erachtete, hat sie seiner Einführung in das Verfahren nicht zugestimmt und ihn in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt. Im Hinblick auf die glaubhaften Ausführungen der Beschwerdegegnerin, wonach das beanstandete Merkmal nichts anderes als eine für den Fachmann selbstverständliche Maßnahme definiere und auch darauf, daß sie der Einführung dieses verspäteten Einspruchsgrundes in das Beschwerdeverfahren ausdrücklich nicht zugestimmt hat (vgl. Eingabe vom 15. Dezember 1995, Seite 2, letzter Absatz), sieht auch die Kammer keinen Anlaß, diese Frage weiter zu erörtern.
3.2. Bezüglich der Ausführbarkeit der in Absatz g) des Anspruchs 1 angegebenen Merkmalskombination, die erst im Laufe des Einspruchsverfahrens in den Anspruch aufgenommen wurde, bestehen nach Auffassung der Kammer keine Bedenken. Obwohl der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte technische Effekt der gezielten, geringen Lichtüberkopplung zwischen benachbarten Bereichen durch die aneinander angrenzenden Streufolien und fluoreszierenden Scheiben in der Beschreibung nicht im Detail dargelegt wird, ergibt sich dieser technische Effekt unmittelbar aus der in Absatz g) eindeutig definierten und vom Fachmann leicht realisierbaren Anordnung.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Daß der nächstkommende Stand der Technik aus der Vorrichtung gemäß der in der vorliegenden Beschreibung erwähnten Druckschrift D1 besteht, wurde von den Beteiligten nicht bestritten.
Diese Vorrichtung weist bereits eine transmissive Flüssigkristallzelle (11; vgl. Figur 1) mit einer Mehrzahl von Bereichen auf. Die Bereiche werden jeweils durch in entsprechenden, voneinander durch Trennwände (15 a) getrennten Lichtschächten montierten Lichtquellen (13) beleuchtet, die ausdrücklich so angeordnet sind, daß eine gleichmäßige Helligkeit erzielt wird (vgl. Seite 2, Zeilen 20 bis 26 und letzter Absatz der Seite 7). Daß bei Betrieb mindestens eine der Lichtquellen ständig eingeschaltet ist, ist bei derartigen, in das Armaturenbrett eines Fahrzeuges zu integrierenden Vorrichtungen (vgl. Seite 1, erster Absatz) eine Selbstverständlichkeit, sowie auch die Tatsache, daß die Trennwände das Licht der für einen Bereich bestimmten Lichtquelle von den benachbarten Bereichen abschirmen.
Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von der aus der Druckschrift D1 bekannten Vorrichtung im wesentlichen dadurch, daß die Lichtquellen in den jeweiligen Lichtschächten eine unterschiedliche Farbe aufweisen, und daß an der dem Betrachter abgewandten Seite der Flüssigkristallzelle eingefärbte Streufolien und fluoreszierende Scheiben angeordnet sind, die aneinander angrenzend jeweils einen Bereich unterschiedlicher Farbgebung der Flüssigkristallzelle abdecken.
4.2. An sich kann die Verwendung von Lichtquellen von jeweils unterschiedlicher Farbe in den Lichtschächten keinen positiven Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit leisten.
Diese Lichtquellen bewirken nämlich, daß die verschiedenen Bereiche der Flüssigkristallzelle mit einer unterschiedlichen Farbe beleuchtet werden, was auf diesem Gebiet eine übliche technische Aufgabe darstellt; vgl. die Druckschrift DE-A-3 301 914 (D3, Anspruch 6), die Druckschrift DE-A-3 302 156 (D8, Seite 6 gemäß druckschriftlicher Numerierung der Beschreibung, Zeilen 20 bis 26) oder die Druckschrift D13 (Figur 1).
Zur Lösung dieser Aufgabe ist es nach Auffassung der Kammer für den Fachmann auch naheliegend, in den verschiedenen Lichtschächten in der jeweilig gewünschten Farbe strahlende Lichtquellen anzuordnen. Farbige Lichtquellen zum Beleuchten von Flüssigkristallzellen sind insbesondere bereits aus den Druckschriften DE-A-2 160 611 (D9, vgl. Seite 9, Zeilen 20 bis 22) und DE-A-2 413 516 (D11, Figur 10 und Anspruch 5) oder aus der in der vorliegenden Beschreibung erwähnten Druckschrift GB-A-2 061 587 (D7, vgl. Figur 2 und Zusammenfassung) bekannt.
4.3. Zu den übrigen Unterscheidungsmerkmalen, nämlich der in Absatz g) angegebenen Anordnung voneinander angrenzenden, jeweils einen Bereich unterschiedlicher Farbgebung der Flüssigkristallzelle abdeckenden eingefärbten Streufolien und fluoreszierenden Scheiben, hat die Beschwerdegegnerin überzeugend dargelegt, daß diese Anordnung zusammen mit den nicht bis zur Flüssigkristallzelle durchgezogenen Trennwänden einen Lichtübergang von einem Schacht zu dem benachbarten Bereich zwar weitgehend verhindert, jedoch eine geringe Lichtüberkopplung über die aneinander angrenzenden Bereiche der Streufolien und fluoreszierenden Scheiben noch zuläßt. Diese geringe Lichtüberkopplung ermöglicht ihrerseits eine gewisse Verschmierung des Farbkontrastes an dem Übergang zwischen benachbarten Anzeigebereichen unterschiedlicher Farbgebung, so daß der Übergang im gesperrten oder dunkelgesteuerten Zustand dieser benachbarten Bereiche vom Auge nicht mehr wahrnehmbar ist, was wiederum das optische Erscheinungsbild der Anzeige verbessert.
Keine der in dem Prüfungs- oder Einspruchsverfahren ermittelten Druckschriften befaßt sich mit der Aufgabe, einen weichen Übergang der Farben zwischen aneinander angrenzenden Anzeigebereichen unterschiedlicher Farbgebung zu erzielen. Sie erwähnen auch nicht den daraus resultierenden Vorteil einer gleichmäßigeren Verteilung der Grundhelligkeit, bzw. eines besseren optischen Erscheinungsbildes der Anzeige im dunkelgesteuerten Zustand der aneinander angrenzenden Anzeigebereiche.
Diese Aufgabe würde sich nach Auffassung der Kammer dem Fachmann auch dann nicht automatisch aufdrängen, wenn er, ausgehend von der nächstkommenden Anzeigevorrichtung gemäß der Druckschrift D1, die dort in den jeweiligen Schächten vorhandenen Lichtquellen durch Lichtquellen jeweils unterschiedlicher Farbgebung ersetzen würde. Bei dieser bekannten Vorrichtung definieren nämlich die sehr breit ausgestalteten Trennwände zwischen den Schächten unterschiedlicher Bereiche auf der Anzeigevorrichtung, die entsprechend weit voneinander entfernt liegen, wie dies in der Figur 1 durch gestrichene Linien dargestellt ist. Daher würde sich in der Vorrichtung gemäß der Druckschrift D1, auch wenn sie mit Lichtquellen unterschiedlicher Farbgebung versehen wäre, das technische Problem eines zu scharfen Farbkontrastes zwischen aneinander angrenzenden Anzeigebereichen unterschiedlicher Farbe nicht stellen.
Ferner sind die Merkmale des Absatzes g) des Anspruchs 1 der aneinander angrenzenden gefärbten Streufolien und fluoreszierenden Scheiben aus dem ermittelten Stand der Technik nicht entnehmbar. Keine der in der Akte befindlichen Druckschriften offenbart aneinander angrenzenden Streufolien, und lediglich aus der Druckschrift D13 ist eine hinter einer Flüssigkristallzelle angeordnete Platte mit aneinander angrenzenden fluoreszierenden Bereichen offenbart. Diese Platte ist jedoch als durchgehende, durchsichtige Kunststoffolie gestaltet, an deren auf die Flüssigkristallzelle gerichteten Oberfläche aneinander angrenzende Bereiche unterschiedlicher Farbgebung mittels fluoreszierender Farbe gemalt sind (vgl. Spalte 1, Zeilen 50 bis 54; Figur 1). Somit stellt diese einstückige, auf ihrer Oberfläche bemalte Kunststoffplatte keine Mehrzahl von fluoreszierenden, aneinander angrenzenden Scheiben im Sinne des Anspruchs 1 dar, an deren aneinander angrenzenden Flächen eine geringe Lichtüberkopplung erfolgen könnte. Ganz im Gegenteil müssen die unmittelbar auf die der Flüssigkristallzelle zugewandter Oberfläche der Platte aufgemalten, aneinander angrenzenden Bereiche unterschiedlicher Farbe offensichtlich einen äußerst kontrastierten Farbübergang von einem Bereich zum benachbarten bewirken.
Daher würde sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht einmal aus einer willkürlichen Kombination von an sich aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik bekannten Einzelmerkmalen ergeben.
Die weiteren im Prüfungs- bzw. Einspruchsverfahren ermittelten Druckschriften liegen dem beanspruchten Gegenstand weit ferner ab.
Die Einsprechende 01 hat sich zwar darauf berufen, daß die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte technische Wirkung der Verbesserung des optischen Erscheinungsbildes einer Flüssigkristallzellanzeige durch das Herabsetzen des Farbkontrastes zwischen aneinander grenzenden Farbbereichen allenfalls nur bei schlecht konzipierten oder hergestellten, bzw. bei defekten Anzeigevorrichtungen auftreten könnte, weil normalerweise keine nennenswerte Restlichttransmission bei dunkelgesteuerten Anzeigeteilen auftreten würde. Die Tatsache jedoch, daß die Verwendung eines beanspruchten Gegenstandes die nachteiligen Auswirkungen von nicht optimalen, bzw. kostengünstigen Konstruktionen auszugleichen vermag, kann nach Auffassung der Kammer nicht dazu führen, daß diesem Gegenstand die erforderliche erfinderische Tätigkeit aberkannt wird. Ganz im Gegenteil kann ein solcher Gegenstand nämlich z. B. eine erhebliche Reduzierung der Fertigungstoleranzen bzw. -kosten bei gleichbleibender Qualität ermöglichen.
Aus diesen Gründen beruht nach Auffassung der Kammer der Gegenstand des Anspruchs 1, sowie auch derjenige der davon abhängigen Ansprüche 2 bis 5 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
5. Nachdem unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin vorgenommenen Änderungen das europäische Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen, kann die Aufrechterhaltung des Patent in geändertem Umfang gemäß Artikel 102 (3) EPÜ beschlossen werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Beschreibung:
Spalten 1 bis 5 mit der zwischen den Zeilen 50 und 51 der Spalte 1 einzufügenden Ergänzung, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 1998.
Ansprüche:
1. bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 1998.
Zeichnungen:
Figur 1, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 1998.