Alec Jeffreys
DNA-Fingerabdruck
Ein unverwechselbares Erkennungsmerkmal
Wenn Fernsehzuschauer sich ihre Lieblingskrimiserie ansehen, haben sie immer klare Vorstellungen darüber, wie die Schuld nachzuweisen ist. „Wahrscheinlich hat er ein Haar am Tatort verloren", wagt der Zuschauer eine Prognose und sieht dann zufrieden, wie der Mörder durch Vergleich seiner DNA mit dem Beweisstück überführt wird.
Heutzutage ist dieses „DNA-Fingerprinting", eine patentierte Entdeckung des britischen Genetikers Professor Sir Alex Jeffreys, zu einem Standardverfahren kriminalpolizeilicher Ermittlungen geworden und in der Öffentlichkeit so weit bekannt, dass selbst Fernsehsendungen ihre dramatische Wirkung daraus beziehen können.
Interessanterweise lässt sich bei näherer Betrachtung feststellen, dass der genetische Fingerabdruck mit seinem hohen Bekanntheitsgrad doch ein relativ neues Phänomen ist. Wir halten uns jeder zwar gern für etwas Besonderes - etwas Einzigartiges -, aber erst Mitte der 1970-er Jahre wurde bei Untersuchungen der menschlichen DNA (Desoxyribonukleinsäure) nachgewiesen, dass wir das tatsächlich sind: einzigartig. Die DNA jeder einzelnen Person - das genetische Grundmuster mit Kontrolle über das Wirken jeder einzelnen der 10 Billionen Zellen des Körpers - zeigt leichte Variationen, die spezielle Signaturtypen der Einzelperson ist und durch die wir uns alle voneinander unterscheiden.
Der große Durchbruch kam 1977 dank Jeffreys, der damals an der Universität Leicester arbeitete. Erstaunlich ist nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Umstand, dass Jeffreys zum Zeitpunkt dieser Entdeckung gerade mal 27 Jahre alt war.
Als Absolvent der Universität Oxford untersuchte das Wunderkind Variationen in der menschlichen DNA, insbesondere jene Unterschiede, die an hochvariablen DNA-Wiederholungssequenzen beobachtet wurden. Seine Kombination von Molekularbiologie und Genetik war das Zufallselement, das ihn zu der Feststellung führte, dass keine zwei DNA-Stränge jemals vollkommen gleich sind. Jeffreys stieß im Wesentlichen auf die individuellen Variationen, die dafür sorgen, dass jeder Mensch seine unverwechselbare eigene DNA besitzt.
In seiner gesamten Berufslaufbahn hat Jeffreys, der heute 57 Jahre alt ist und noch immer in Leicester lehrt und arbeitet, die Techniken des DNA-Fingerprinting vorangetrieben und modernisiert und vier Patente veröffentlicht. Jeffreys ist auch Urheber von Verfahren des DNA-Profiling, einer verfeinerten Methode des DNA-Fingerprinting. Das DNA-Profiling basiert auf hochvariablen „Minisatelliten" im menschlichen Genom. Hierbei handelt es sich um ausgewählte Teilstücke des im Übrigen relativ langen und komplexen DNA-Strangs, wo zwischen verschiedenen Menschen die meisten Variationen auftreten.
Verbrechern auf der Spur
Die meisten Profiling-Methoden heute verwenden nur einige wenige dieser hochvariablen Minisatelliten, wodurch das System handhabbarer und wiederholbarer wird. Nach Übertragung in kodierte Sequenzen können diese DNA-Profile in Computer-Datenbanken gespeichert werden, wo sie gegen andere Profile und Proben verglichen und abgeglichen werden können.
Das Verfahren hielt Anfang der 1980-er Jahre Einzug in die Wirklichkeit und sorgte für revolutionierende Verbesserungen bei der kriminalpolizeilichen Ermittlung. Die erste regionale Reihenuntersuchung menschlicher DNA auf breiterer Basis wurde 1983 durchgeführt, als nach dem Mord an zwei Mädchen in der Stadt Narborough, England, Speichelproben von Männern genommen und untersucht wurden, die dem demografischen Verdachtsprofil entsprachen.
Seither wurde das „DNA-Fingerprinting" mit großem Erfolg zur Aufklärung von Kriminalfällen in aller Welt angewandt, ausgehend von an Tatorten vorgefundenen Blut-, Schweiß-, Haar- bzw. Spermaspuren.
Aufgrund der Genauigkeit des DNA-Profiling werden zum Zwecke der Rechtsverfolgung weltweit DNA-Profile in zentralen Datenbanken gespeichert. Im Falle eines Verbrechens können Daten von Verdächtigen gegen diese gespeicherten Profile abgeglichen werden. Die erste DNA-Datenbank dieser Art wurde 1995 in Großbritannien eingerichtet (die NDNAD - UK National DNA Database); ähnliche Datenbanken werden heute in aller Welt betrieben.
Trotz aller Vorteile gibt es seit Jahren Kritik an der Abspeicherung von DNA-Daten für Zwecke der Rechtsverfolgung, insbesondere auch von Jeffreys selbst. Als Sprecher für Bürgerrechtsgruppen, die für die Rechte einer jeden Person auf ihre persönliche DNA eintreten, schlägt Jeffreys die Schaffung einer unabhängigen Stelle für die Speicherung und Sicherung sensibler Daten vor, um Missbrauch vorzubeugen.
Das Verfahren kann auch im Interesse der Allgemeinheit in vielen Bereichen außerhalb der Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden. Beispielsweise kann die DNA für die Identifizierung von Opfern nach Unglücksfällen und Katastrophen herangezogen werden, wie beim Tsunami 2004.
In der alltäglichen Praxis wird der DNA-Nachweis verwendet, um in Vaterschaftsstreitigkeiten die biologische Vaterschaft zu klären sowie bei der Bearbeitung von Einwanderungsfragen. Da die DNA selbst noch Jahrhunderte nach dem Ableben einer Person gewonnen und analysiert werden kann, hat die Technologie schon manches historische Rätsel mit klären können, beispielsweise die Nationalität von Christoph Kolumbus und die Echtheit der Gebeine des letzten russischen Zaren. Die DNA-Technologie kann auch außerhalb der menschlichen Spezies eingesetzt werden, zum Beispiel für genetische Untersuchungen an wild lebenden Populationen.
Es ist heute im Grunde kaum mehr denkbar, sich unsere Welt ohne den genetischen Fingerabdruck und all die damit verbundenen Möglichkeiten vorzustellen.
Funktionweise
Das Verfahren des DNA-Fingerprinting verwendet Variationen im genetischen Code zur Identifizierung von Einzelwesen. So kann zwischen Einzelindividuen der gleichen Spezies durch einfache Proben ihrer jeweiligen DNA unterschieden werden. Bei zwei verschiedenen Menschen ist zwar der Großteil ihrer DNA-Sequenz identisch, aber bestimmte Teilabschnitte der DNA weisen erhebliche Unterschiede auf. Beim genetischen Fingerabdruck werden diese als „Minisatelliten" bezeichneten hochvariablen Wiederholungssequenzen zur Erstellung unverwechselbarer Profile ausgenutzt, die keinen Irrtum zulassen.
Minisatelliten bestehen aus repetitiven Variantenwiederholungen in Längenbereichen von 10 bis über 100 bp. Da diese Minisatelliten so hochgradig polymorph sind - also vielfältig variierte Normabweichen aufweisen -, finden sie beim DNA-Fingerprinting sowie für genetische Marker (Markierungsgene) bei Kopplungsanalysen und Populationsuntersuchungen breite Anwendung.
Bei der Analysenvorbereitung einer DNA-Probe (üblicherweise Ausstrich von Speichel) wird in einem als Polymerase-Kettenreaktion (PCR) bekannten Verfahren aus einer kleinen Ursprungsmenge eine Vielzahl identischer DNA hergestellt. Beim PCR-Verfahren handelt es sich um ein molekularbiologisches Verfahren zur DNA-Replikation ohne Verwendung eines lebenden Organismus, sondern das Wachstum wird durch Enzyme wie Hefe und eine Wärmequelle stimuliert.
Der heute am häufigsten verwendete Prozess des DNA-Fingerprinting arbeitet mit kurzen Tandemwiederholungen (STR - „short tandem repeats"). Dieses Verfahren richtet sich auf hochpolymorphe Bereiche mit kurzen DNA-Wiederholungsfrequenzen. Da unterschiedliche Menschen eine unterschiedliche Anzahl von Wiederholungseinheiten aufweisen, können diese DNA-Bereiche zur Unterscheidung zwischen Einzelpersonen eingesetzt werden.
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