Mit einem günstigen Diagnosetool Infektionskrankheiten schnell entdecken: Marco Donolato und sein Team als Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2021 nominiert
- Neuartiges Gerät zum Test von Infektionskrankheiten: Italienischer Erfinder und sein Team für den Preis des Europäischen Patentamts (EPA) nominiert
- Modifiziertes optisches Blu-Ray-Aufnahmegerät verbessert die Diagnose einer Viruserkrankung wie Dengue-Fieber, Zika oder SARS-CoV-2 mit einem einzigen Blutstropfen
- Technik misst Licht, das durch magnetische Nanopartikel gestreut wird, die sich um Zielantikörper sammeln
- Kostengünstiges Testkit ist schnell, genau und erfordert nur geringen Schulungsaufwand für das medizinische Personal - ein entscheidender Faktor für die Diagnose und Behandlung in Entwicklungsländern
München, 4. Mai, 2021 - Das Europäische Patentamt (EPA) gibt die Nominierung des italienischen Ingenieurs Marco Donolato und seinem Team für den Europäischen Erfinderpreis 2021 in der Kategorie "Forschung" bekannt. Damit werden sie für ihr neuartiges Testgerät gewürdigt, das Infektionskrankheiten innerhalb von Minuten erkennen kann und es medizinischem Personal ermöglicht, umgehend mit der Behandlung zu beginnen. Dies kann potenziell Millionen von Leben in ärmeren Ländern retten, die mit Krankheiten wie dem Dengue-Fieber zu kämpfen haben.
Das Gerät, das Donolato über ein 2014 in Kopenhagen mitbegründetes mittelständisches Unternehmen vertreibt, nutzt die sogenannte Immuno-Magnetic Assay (IMA) Technologie. Bei dieser wird eine Blutprobe, die in einer Kartusche gelagert und mit magnetischen Nanopartikeln vermischt ist, mit einem Laser bestrahlt. Indem mit einem optischen Lesegerät, wie es auch in Blu-ray Abspielgeräten zu finden ist, beobachtet wird, wie die Nanopartikel Cluster bilden, kann das Gerät erkennen, ob biologische Ziele wie Virusantigene oder Antikörper in der Probe vorhanden sind. Mithilfe der IMA-Technologie hat das Unternehmen kürzlich auch einen 5-Minuten-Test zum Nachweis von Covid-19 Antikörpern entwickelt, der innerhalb von 15 Minuten Ergebnisse in Laborqualität liefert.
„Marco Donolato und sein Team haben gezeigt, wie verschiedene Forschungsstränge kombiniert werden können, um Lösungen für einige der größten globalen Herausforderungen im Gesundheitswesen zu finden", sagt EPA-Präsident António Campinos bei der Bekanntgabe der Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2021. „Die Patentierung ihrer Technologie war ein wichtiger erster Schritt, der ihnen geholfen hat, ihr Produkt weiterzuentwickeln und zu kommerzialisieren. Heute ist ihr Unternehmen etabliert und damit besser in der Lage, weiter zu forschen. Dies bietet die Perspektive, die Gesundheit einiger der am meisten durch Viruserkrankungen gefährdeten Menschen wirksam zu schützen."
Die Gewinner des jährlichen Innovationspreises des EPA werden am 17. Juni 2021 ab 19 Uhr im Rahmen einer Galaveranstaltung bekannt gegeben, die in diesem Jahr als digitales Event für ein weltweites Publikum neu konzipiert wurde.
Neue Art der Diagnose durch die Kombination von Forschungsfeldern
Dengue-Fieber ist eine häufige und potenziell tödliche Viruserkrankung, die von Mücken übertragen wird. Die Anzahl der Fälle hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten verachtfacht. Mit einer schnellen Diagnose und Behandlung ist es möglich, die Sterblichkeitsraten von rund 20 Prozent auf weniger als 1 Prozent zu senken. Weil es jedoch an Infrastruktur mangelt, medizinisches Personal oft unzureichend ausgebildet ist und Symptome oftmals anderen Krankheiten zugeordnet werden, ist gerade ein schnelles Erkennen der Krankheit in vielen Regionen, in welchen Dengue-Fieber verbreitet ist, schwierig. Der italienische Ingenieur Marco Donolato will dies ändern.
Zu Beginn seiner Karriere untersuchte Donolato, wie Magnetfelder genutzt werden können, um Nanopartikel so zu manipulieren, dass sie sich an bestimmte biologische Ziele binden. Zusammen mit Professor Mikkel Fougt Hansen, Physiker an Dänemarks Technischer Universität (DTU) und Professor Paolo Vavassori, Elektroingenieur vom CIC nanoGUNE in Spanien (beide als Miterfinder genannt), entwickelte Donolato ein Gerät, welches magnetische Nanopartikel (MNP) in Verbindung mit einem optischen Lesegerät nutzt und so schnell Infektionskrankheiten feststellen kann. Die Erfindung verbindet Forschungswissen aus Gebieten der Physik, der optischen Technologie und Mikrofluidik zu einem Ansatz, den Donolato als ‘Immuno-Magnetic Assay (IMA)' Technologie bezeichnet. „Der innovative Teil war das, was ich in Dänemark über Nanopartikel gelernt habe, mit dem, was ich zu optischen Geräten in Spanien entwickelt habe, zu vereinen", sagt Donolato.
Die Erfindung hat zwei Komponenten: Einweg-"ViroTrack"-Kartuschen, welche die Mittel und mikrofluidische Kanäle enthalten, die für die automatische Untersuchung nötig sind, und ein kleines optisches Lesegerät, die sogenannte BluBox, welche die Kartuschen verarbeitet. Erst wird ein einzelner Tropfen Blut in die Kartusche gegeben, dann wird diese in die BluBox gesteckt, welche mithilfe einer Mikrozentrifuge das Plasma von den roten Blutkörperchen trennt. Zudem enthält die Kartusche magnetische Nanopartikel (MNP) mit einem Antikörperüberzug, welche spezifisch für das Ziel sind - beispielsweise NS1 Antigene, ein Protein, das bei einer Infektion mit dem Dengue-Virus ins Blut gelangt. Sowie das Plasma sich mit den MNP vermischt, binden sich jegliche in der Probe vorhandenen Zielobjekte an sie. Durch die Aktivierung eines linearen magnetischen Feldes in der Anwendung verklumpen die Partikel, was dazu führt, dass die MNP Ketten bilden. Sind die Zielobjekte präsent, behalten die MNP ihre Struktur, auch wenn das magnetische Feld ausgeschaltet wird. Anschließend wird ein blauer Laserstrahl durch die Probe geleitet, während ein oszillierendes Magnetfeld generiert wird. Dies führt dazu, dass die MNP-Ketten rotieren und so das Licht streuen. Dieses Lichtsignal wird von der optischen Leseeinheit detektiert und unterscheidet sich, je nachdem, ob und wie viele Einheiten des Zielobjekts vorhanden sind.
Vom Start-up zur kommerzialisierten Technologie
Die Einfachheit der Lösung und das Potenzial der Anwendung in Entwicklungsländern, wo günstige Test gebraucht werden, hat Donolato dazu inspiriert, seine Erfindung zu kommerzialisieren. Deshalb wurde er 2014 Mitbegründer des Unternehmens BluSense Diagnostics. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Kopenhagen, denn hier startete die erste Finanzierungsrunde, und ist im internationalen Life-Science-Cluster des Medicon Valley zu Hause. Um dessen Arbeit zu unterstützen, gründete Donolato 2015 ein zweites Unternehmen, BluSense Biotech, in Taiwan. BlueSense entwickelt die Hardware und Software für die BluBox.
Laut Donolato haben die Patente eine entscheidende Rolle dabei gespielt, Investorenkapital und öffentliche Mittel zu erhalten, um die Technologie weiter zu verfeinern. „Ohne die Erfindung hätten wir keine Basis für die Unternehmensgründung gehabt, denn wir leben vom Vertrauen unserer Investoren und vieler anderer Menschen, die an unsere Zielsetzung glauben. Wenn Du an eine potenziell brillante Idee einer Gruppe junger Forscher glaubst, dann verleiht ein Patent einem Unternehmen einen greifbaren Wert. Für die Entwicklung der Technologie waren es für uns wichtige Eckpfeiler, sowohl Investorenkapital zu beschaffen als auch einen öffentlichen Zuschuss zu erhalten."
Bislang war die Erfindung zum Nachweis der NS1 Antigene des Dengue-Fiebers im Einsatz, um die Infektion früh zu erkennen. Die Kartuschen dafür sind bereits für den Verkauf in Vietnam, Thailand und Malaysia zugelassen.
BluSense Diagnostics hat zudem ein Testkit für Zika-Antikörper entwickelt, das eine aktuelle oder vor kurzem erfolgte Infektion feststellen kann. Ein zusätzlicher Test für Dengue Antigene oder Antikörper aus einem einzigen Tropfen Blut steht kurz vor der Markteinführung, ebenso wie Tests für Chikungunya, Gelbfieber und die Chagas-Krankheit. Zudem erweitert das Unternehmen sein Portfolio als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie um die Entwicklung einer Serologie-Testkartusche mit über 90 Prozent Genauigkeit. Das nächste geplante Produkt wird in der Lage sein, die Antikörperreaktion eines Patienten auf SARS-CoV-2 oder die Impfung in nur 6 Minuten zu ermitteln, und soll im Mai 2021 auf den Markt kommen.
Hinweis für die Redaktion
Über den Erfinder
Marco Donolato ist Chief Scientific Officer und
Mitbegründer von BluSense Diagnostics. Er schloss sein Studium an der
Polytechnischen Universität Mailand mit einem Bachelor und Master in
technischer Physik ab, bevor er im Rahmen des Erasmus-Programms an der
Polytechnischen Universität Mailands und Dänemarks Technischer Universität
(DTU) in Mikro- und Nanotechnologie promovierte. Donolato verbrachte ein Jahr
(2012) als Forschungs- und Entwicklungswissenschaftler beim CIC nanoGUNE in
Spanien, bevor er als Postdoktorant an die DTU Nanotech, einem
Forschungsinstitut für Mikro- und Nanotechnolgoie in Kopenhagen zurückkehrte
(2012-2014). 2013 war er an der Academia Sinica in Taiwan als Gastforscher
tätig. 2014 war er eingeladener Forscher am Institute of Molecular Bioscience
in Brisbane, Australien. Im selben Jahr war er Mitbegründer der BluSense Diagnostics
in Kopenhagen.
Marco Donolato ist in zwei europäischen Patenten genannt, EP3014245 und EP3014244, die er beide 2016 erhielt.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische
Erfinderpreis ist einer der
renommiertesten Innovationspreise Europas. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben
gerufen und ehrt einzelne Erfinder und Erfinderteams, deren wegweisende
Innovationen Antworten auf einige der größten Herausforderungen unserer Zeit
geben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury bestehend aus internationalen Experten aus
Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Akademie und Forschung ausgewählt. Sie prüft
die Vorschläge hinsichtlich ihres Beitrags zum technischen Fortschritt, zur
gesellschaftlichen Entwicklung, zum wirtschaftlichen Wohlstand und zur Schaffung
von Arbeitsplätzen in Europa. Der Preis wird in fünf Kategorien (Industrie,
Forschung, KMU, Nicht-EPO Staaten und Lebenswerk) verliehen. Der Gewinner des Publikumspreises
wird von der Öffentlichkeit aus den 15 Finalisten über ein Online-Voting
ermittelt.
Über das EPA
Mit 6 400 Bediensteten ist das Europäische
Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das
seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag
und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den
Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des
zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen
Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund
700 Millionen Menschen umfassen. Außerdem ist das EPA weltweit führend in den
Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
EPA-Pressekontakt
Luis
Berenguer Giménez
Hauptdirektor Kommunikation, Sprecher
Tel.: +49 89
2399 1203