T 2013/08 16-04-2010
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Rohrtarget mit zwischen Targetrohr und Trägerrohr angeordneter Verbindungsschicht
Entscheidung nach Aktenlage (Hauptantrag sowie 1. und 2. Hilfsantrag - Klarheit und erfinderische Tätigkeit -verneint)
Erweiterung gegenüber ursprünglicher Offenbarung (3. Hilfsantrag - bejaht)
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 05 819 256.8 Beschwerde eingelegt.
II. Die Prüfungsabteilung entschied, dass Anspruch 1 des mit Schreiben vom 12. Februar 2008 eingereichten einzigen Antrags die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ nicht erfüllt. Außerdem befand sie, dass die Gegenstände der Ansprüche 1-6 und 8-12 gegenüber der Offenbarung gemäß D1 nicht neu sind, während die Gegenstände der Ansprüche 7 und 13 gegenüber einer Kombination von D1(= DE-B-102 53 319) und D2 (JP-A-2001 093862) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
III. Mit Bescheid vom 4. Februar 2010, der als Anlage zur Ladung für die angesetzte mündliche Verhandlung vor der Kammer beigefügt war, teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung im Hinblick auf die Ansprüche 1-11 des Hauptantrags bzw. die Ansprüche 1-11 des 1. Hilfsantrags bzw. die Ansprüche 1-9 des 2. Hilfsantrages mit. Außerdem wurden der Beschwerdeführerin Kopien der Dokumente D4 (= DE-C-100 63 383), D5 (= DE-A-100 43 748) und D10 (= Römpps Chemie-Lexikon, Band 3, Seiten 1866-1867, 8. Auflage, Franckh'sche Verlagshandlung, W. Keller & Co., Stuttgart, 1983) übersandt, um das allgemeine Fachwissen des Fachmannes zu belegen.
IV. Mit Schriftsatz vom 9. März 2010 reichte die Beschwerdeführerin als Reaktion auf den Bescheid der Kammer einen auf ein Mo-Rohrtarget beschränkten 3. Hilfsantrag mit den Ansprüchen 1-6 zusammen mit Argumenten betreffend nur die Patentierbarkeit dieses Antrags in Kombination mit einem Prüfbericht betreffend ein derartiges Mo-Rohrtarget ein.
V. Am 16. April 2010 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Basis des als Hauptantrag mit Schriftsatz vom 15. August 2008 eingereichten Anspruchssatzes oder, hilfsweise, auf der Basis eines der Anspruchssätze, eingereicht als 1. und 2. Hilfsantrag mit Schriftsatz vom 15. August 2008 und als 3. Hilfsantrag mit Schriftsatz vom 3. März 2010. Sie erklärte zu den Anspruchsfassungen gemäß Hauptantrag, sowie 1. und 2. Hilfsantrag vor dem Hintergrund des Ladungsbescheides der Kammer vom 4. Februar 2010 nicht weiter vortragen zu wollen, und beantrage insoweit eine Entscheidung nach Aktenlage.
VI. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruches 1 des Hauptantrages lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht sind in Fettdruck; von der Kammer hinzugefügt):
"1. Rohrtarget mit einem zylindrischen Trägerrohr und mindestens einem auf dessen Mantelfläche angeordneten Targetrohr, wobei zwischen Targetrohr und Trägerrohr eine Verbindungsschicht angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindungsschicht elektrisch leitfähig ist und einen Benetzungsgrad von >90% aufweist, dass dieser Benetzungsgrad sowohl an der Mantelfläche des Trägerrohrs als auch an der Innenfläche des Targetrohrs vorliegt und dass das Material des Targetrohrs aus Cu, Al, Zr, Mo, W, Ti, Cr, Ni, Ta, Nb, Ag, Zn, Bi, Sn oder einer Legierung auf Basis mindestens eines dieser Elemente oder aus einem keramischen Material gebildet ist."
VII. Der Gegenstand von Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags unterscheidet sich von jenem des Hauptantrags durch das zusätzliche Merkmal ", dass das Trägerrohr aus Stahl oder Titan gebildet ist" zwischen den Formulierungen " der Innenfläche des Targetrohrs vorliegt" sowie "und dass das Material des Targetrohrs aus Cu ".
VIII. Die Gegenstand von Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich von jenem des 1. Hilfsantrags durch das zusätzliche Merkmal ", dass das Lotmaterial In, Sn, InSn, SnBi oder andere niedrig schmelzende Lotlegierungen mit einer Liquidustemperatur unterhalb 300ºC enthält oder daraus gebildet ist" zwischen den Formulierungen " dass das Trägerrohr aus Stahl oder Titan gebildet ist" sowie "und dass das Material des Targetrohrs aus Cu ".
IX. Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht sind in Fettdruck; von der Kammer hinzugefügt):
"1. Rohrtarget mit einem zylindrischen Trägerrohr und mindestens einem auf dessen Mantelfläche angeordneten Targetrohr, wobei zwischen Targetrohr und Trägerrohr eine Verbindungsschicht angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet dass die Verbindungsschicht elektrisch leitfähig ist und einen Benetzungsgrad von >90% aufweist, dass dieser Benetzungsgrad sowohl an der Mantelfläche des Trägerrohrs als auch an der Innenfläche des Targetrohrs vorliegt, dass das Trägerrohr aus Stahl oder Titan gebildet ist, dass die Verbindungsschicht ein aus In gebildetes Lotmaterial aufweist, das auf dem Targetrohr direkt angeordnet ist, dass optional das Trägerrohr mit einer Nickel-Basis-Haftschicht beschichtet ist und dass das Material des Targetrohrs aus Mo gebildet ist."
X. Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags basiere auf den Ansprüchen 1, 3, 6, 9, 11 und 12 der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht (entsprechend der veröffentlichten WO-A-2006/063721), wobei "Mo" aus der Liste von Anspruch 6 genommen worden sei. Die Basis des Merkmals "Stahl oder Titan" als Trägerrohrmaterial sei Seite 3, Zeilen 7 und 8 der ursprünglichen Anmeldung, des Merkmals "ein Lotmaterial" dem Anspruch 9 bzw. des Merkmals "In" dem Anspruch 11 bzw. Seite 3, Zeile 25 der ursprünglichen Anmeldung zu entnehmen. Die optionale Nickel-Basis-Haftschicht sei dem ursprünglichen Anspruch 12 entnommen worden. Die Beschränkung auf "Mo" bzw. "In" gehe zurück auf das zweite Ausführungsbeispiel, bei dem Indium als Lotmaterial (wie bei Beispiel 1) verwendet worden sei. Indium sei ein übliches Lotmaterial. Die Nickel-Basis-Haftschicht brauche nicht, wie beim zweiten Ausführungsbeispiel mit Molybdän, auf dem Targetrohr angebracht sein und könne weggelassen werden, da sie technisch nicht notwendig sei und nur zusätzliche Kosten bedinge. Der Fachmann wisse dies, obwohl es keine explizite Basis dafür in der ursprünglichen Anmeldung gebe. Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags erfülle daher die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ.
Hauptantrag und 1. und 2. Hilfsantrag
1. Die Beschwerdeführerin beantragte für den Hauptantrag sowie den 1. und 2. Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung nach Aktenlage (siehe Punkt V oben).
1.1 In ihrem Bescheid vom 4. Februar 2010, der als Anlage zur Ladung für die angesetzte mündliche Verhandlung vor der Kammer beigefügt war, führte die Kammer Folgendes aus:
"3. Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
3.1. Die anmelderseitigen Ausführungen betreffend die Prozentangabe des Benetzungsgrades in Anspruch 1 aller Anträge und somit der Interpretation eines Flächenverhältnisses bzw. diesbezüglich einer entsprechenden Messmethode scheinen akzeptabel zu sein, während jene bezüglich des Begriffs "segmentartig" überflüssig scheinen, da die zugrunde liegende Entscheidung keine diesbezügliche Beanstandung enthielt (siehe Punkt 1.2 der Entscheidungsgründe). Die angefochtene Entscheidung scheint, in Punkt 1.2, darauf hinzudeuten, dass bei einer Klarstellung, dass das Targetrohr außerhalb des Trägerrohres angeordnet ist, dazu auch als wesentliches Merkmal aufgenommen werden sollte, dass das Targetrohr segmentartig aufgebracht ist, sowohl wenn es ein Rohr ist, als auch wenn es mehrere Rohre sind. Dies würde zur 1. Möglichkeit bedeuten, dass die Segmente des Trägerrohres Kreissegmente sind. Die Kammer teilt diese Meinung nicht. Die 2. Möglichkeit bedeutet, dass das Targetrohr aus mehreren nacheinander gereihten Rohrsegmenten besteht. Die Kammer teilt auch zu diesem Punkt nicht die Meinung der Prüfungsabteilung.
In Übereinstimmung mit der Prüfungsabteilung ist die Kammer der Meinung, dass der Benetzungsgrad in erster Linie von den verwendeten Materialien (d.h. das Material des Trägerrohres, das Targetmaterial, das Haftvermittlerschichtmaterial, und das Lotmaterial) abhängt, da diese Materialien die thermischen Ausdehnungskoeffizienten und die Neigung dieser Materialien zur Legierungsbildung untereinander bzw. die Neigung zur Oxidation eines Materials unter den Lötbedingungen bestimmen. Die Beschwerdeführerin hat zwar argumentiert, dass der Benetzungsgrad an sich unabhängig von den beteiligten Materialien wäre (siehe Schreiben vom 12. Februar 2008, Seite 1, zweiter Absatz), ohne allerdings irgendein Beweismittel für diese Behauptung beizubringen, so dass diese Behauptung nicht akzeptiert werden kann.
3.2. Anspruch 1 aller Anträge definiert eine Verbindungsschicht, welche "einen Benetzungsgrad von > 90% aufweist", wobei von der Beschwerdeführerin im Hinblick auf D1 argumentiert wird, dass bei dessen Ausführungsbeispiel dieser Benetzungsgrad nicht erreicht werde.
Dabei werden jedoch nach D1 anscheinend keine anderen Verfahrensschritte ausgeführt, als gemäß der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung beim Verfahren zum Herstellen der beanspruchten Rohrtargets gemäß Anspruch 1 ausgeführt werden dürfen.
Dieses Merkmal "einen Benetzungsgrad von > 90% aufweist" scheint entweder ein Desideratum zu definieren, ohne dass die vorliegende Anmeldung die dafür notwendigen Verfahrensschritte offenbart bzw. ohne dass Anspruch 1 aller Anträge diese notwendigen Merkmale in Form eines Product-by-Process Anspruches aufweisen würde. Ansonsten müsste auch das Verfahren des Standes der Technik, z.B. gemäß dem Beispiel nach D1, unter Anwendung von Haftvermittlungsschichten aus Nickel und Kupfer - die gemäß vorliegender Anmeldung bevorzugte Schichtmaterialien darstellen (siehe Seite 3, Zeilen 16 bis 25) und dem identischen Indium-Lotmaterial (siehe Seite 2, Zeile 31 bis Seite 3, Zeile 2) zu dem gleichen gewünschten Resultat kommen.
3.3. Bei keinem der Beispiele 1 bis 4 der vorliegenden Anmeldung - welche jeweils mit den Metallen Al, Mo, Cr und Al ausgeführt wurden - ist im Übrigen dieser Benetzungsgrad bestimmt worden. Es ist in der vorliegenden Anmeldung auch keine Methode beschrieben, wie dieser Benetzungsgrad - laut den Ausführungen des Versuches zum Nachstellen der D1 ist bei gewissen Materialien eine Ultraschallbestimmung nicht geeignet - zerstörungsfrei an den Rohrtargets bestimmt werden kann. Bezüglich der in Anspruch 1 beanspruchten keramischen Materialien stellt sich ohnehin die Frage, ob dieser Benetzungsgrad erreicht werden kann, wenn die Behauptungen im Hinblick auf das Ausführungsbeispiel gemäß D1 korrekt sein sollten.
3.4. Es scheint, dass der diesbezüglich eingereichte Vergleichsversuch allerdings nicht gemäß der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern gemacht worden, d.h. dass das Beispiel mit identischen Parametern ausgeführt wurde (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 5. Auflage 2006, Abschnitt I.D.9.8). Gemäß Vergleichsversuch ist anscheinend der Spalt zwischen Trägerrohr und Targetrohr vergrößert worden und auch die Haftvermittlerschicht auf dem Trägerrohr ist auf eine - allerdings flammbeschichtete - Nickelschicht reduziert worden (sie sollte ein elektrochemisch abgeschiedener "Nickel-Strike" mit darüberliegender elektrolytischer Kupferschicht sein - analog der Haftvermittlerschicht auf dem Targetrohr; siehe Beispiel D1). Der Vergleichsversuch scheint deshalb nicht aussagekräftig zu sein.
Im Übrigen ist dabei auch zu berücksichtigen, dass Anspruch 1 von D1 ein Verfahren zum Herstellen eines Rohrsputtertargets für eine Siliziumlegierung mit 5-50 Gew.% Aluminium - d.h. im Extremfall eine Si-Legierung mit 50 Gew.% Al umfasst, wobei diese 50/50-Legierung einer Al-Legierung mit 51.0 Atom% Aluminium und 49 Atom% Silizium entspricht - schützt.
Dabei ist anzunehmen, dass sich diese 50Si/50Al-Legierung aufgrund ihres hohen Al-Gehalts mit größter Wahrscheinlichkeit in ihrer Benetzbarkeit von jener der 90Si/10Al-Legierung des einzigen Beispiels gemäß D1 klar unterscheiden wird. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass das in den Spalt einzubringende In-Lot die Kupferschicht auf dem "Nickel-Strike" und nicht die darunter befindliche Silizium-reiche Legierungsschicht benetzen wird.
3.5. Falls Anspruch 1 kein Desideratum definiert, dann wäre davon auszugehen (siehe Punkt 3.1 oben), dass dieser Benetzungsgrad materialabhängig ist. Somit sollten in Anspruch 1 alle möglichen Materialien des Trägerrohres und der zu verwendenden Lotmaterialien inklusive der optionalen und bevorzugten Haftvermittlerschichten definiert werden, um die Erfordernisse von Artikel 84 zu erfüllen (d.h. auf der Basis von Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags).
3.6. Der Benetzungsgrad scheint aus den oben angegebenen Gründen somit kaum geeignet, den Gegenstand des Anspruchs 1 klar von dem der D1 zu unterscheiden.
Derzeit scheinen die Ansprüche 1 aller Anträge das Erfordernis von Artikel 84 nicht zu erfüllen."
"5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
5.1. Voraussetzung für eine Prüfung der erfinderischen Tätigkeit ist das Vorliegen eines formal zulässigen Antrages. Die erfinderische Tätigkeit wäre dann gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes ausgehend vom nächstkommenden Stand der Technik zu diskutieren.
Ungeachtet der angesprochenen Mängel nimmt die Kammer zum vorliegenden Antrag Stellung wie folgt:
Die in der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung zitierte D1 stellt den nächstkommenden Stand der Technik dar, da es ein Verfahren zum Herstellen eines Rohrsputtertargets offenbart, bei dem mehrere gießtechnisch hergestellte Targetrohrstücke aus einer Si-Basislegierung mit 5-50 Gew.% Al gegebenenfalls nach mechanischer Bearbeitung auf einem Trägerrohr mittels einer Löt- oder Klebeverbindung befestigt und zu einem vollständigen Target integriert werden (siehe Seite 2/5, Paragraphen [0005] und [0008]). Gemäß dem einzigen Ausführungsbeispiel wurde eine Legierung mit 90 Gew.% Si und 10 Gew.% Al im Vakuum erschmolzen und in den Hohlraum der Kokille gegossen (siehe Figur 1 und Seite 2/5, Paragraph [0012]). Das abgekühlte Gussstück wurde auf eine Länge von 100 mm abgesägt sowie auf einen Innendurchmesser von 134 mm sowie einen Außendurchmesser von 154 mm abgedreht. Die Innenseite wurde mittels elektrochemischer Abscheidung mit einem Nickel-Strike und Kupfer metallisiert. Diese metallisierten Si-Al-Rohrstücke 5 wurden mit Indiumlot benetzt und auf das ebenfalls metallisierte und vorbenetzte Trägerrohr 7 aufgeschoben. Das gesamte Target, bestehend aus 7 Si-Al-Rohrsegmenten und dem Trägerrohr wurde auf Löttemperatur von 180ºC erwärmt und der Spalt zwischen Außendurchmesser des Innenrohres sowie dem Innendurchmesser der SiAl-Gussstücke wurde mit flüssigem Indiumlot gefüllt. Danach wurde langsam abgekühlt sowie von überschüssigem Lot befreit und auf das Targetendmaß abgeschliffen. Das fertige Target kann in eine handelsübliche Rohrkathode eingebaut und zum Beschichten mit oxidischen oder nitridischen Siliziumschichten eingesetzt werden (siehe Seiten 2/5 und 3/5, Paragraph [0012] und Figur 2).
5.2. Mit den Atomgewichten von 26.98 für Aluminium (Al) bzw. 28.086 für Silizium (Si) ergibt sich, dass eine Legierung gemäß D1 mit 50 Gew.% Al genau 51.0 Atom% Al enthält und somit vom Fachmann auch als Al-Legierung betrachtet werden kann. Somit offenbart D1 für den Fachmann auch ein Verfahren zum Herstellen eines rohrförmigen Sputtertargets einer Al-Legierung, bei dem eine elektrisch leitfähige Verbindungsschicht zwischen Trägerrohr und Targetrohr über eine Haftvermittlungsschicht mittels In-Lots mit einer Liquidustemperatur unterhalb von 300ºC hergestellt wird. Für die Herstellung eines solchen Sputtertargets würde der Fachmann, ausgehend vom einzigen Beispiel, in analoger Weise ebenfalls einen "Nickel-Strike" und eine Kupferschicht elektrolytisch auf die Innenseite der Targetrohrstücke aus einer 50/50-Legierung bzw. auf die Außenseite des Trägerrohres aufbringen, zunächst mit In-Lot benetzen und dann mit In-Lot verbinden. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass der Fachmann die Oberflächen der Targetrohrstücke sowie des Trägerrohres vor deren Behandlung im Verfahren in den blanken metallischen Zustand bringen würde (eine absolut übliche Maßnahme im Bereich der Oberflächentechnik), um die Haftung der Haftvermittlerschichten bzw. die Benetzung durch das Lotmaterial zu verbessern. Ebenfalls naheliegend ist die Verwendung eines Schutzgases, zumindest beim eigentlichen Lötvorgang, da die üblichen angewandten niedrigschmelzenden Lotmaterialien, wie z.B. In oder Sn bei den angewandten Löt-Temperaturen leicht oxidieren (siehe z.B. D10, Seite 1866, "Indium"; eine Kopie ist dem Bescheid beigefügt).
5.3. D1 offenbart zwar keine Materialien des Trägerrohres doch sind diese dem Fachmann allgemein bekannt (siehe z.B. D4 und D5; Kopien sind dem Bescheid beigefügt):
D4 ist in der vorliegenden Anmeldung zitiert (siehe Seite 1, Zeile 16) und erwähnt beim Stand der Technik (US-A-5 354 446), dass es bekannt ist, das zylindrische Außenrohr durch ein In-Lot mit dem Innenrohr zu verbinden bzw. dass die Verwendung von haftverbessernden Schichten bekannt ist (siehe Spalte 1, Zeilen 35 bis 48). D4 offenbart als Materialien für das Innenrohr Edelstahl, Aluminium oder Kupfer bzw. für eine Haftvermittlerschicht Nickel, wobei die Haftvermittlerschicht galvanisch, stromlos oder mittels thermischen Spritzen aufgebracht werden kann (siehe Spalte 3, Zeilen 25 bis 29 und Zeilen 32 bis 57) und zeigt, dass Sn unter Argon als Schutzgas aufgeschmolzen wird (siehe Beispiel 1).
D5 ist in der Beschreibung der Anmeldung ebenfalls zitiert (siehe Seite 1, Zeile 16) und offenbart ebenfalls ein Verfahren zum Herstellen eines zylinderförmigen Sputtertargets, bei dem das geschmolzene Sputtertargetmaterial direkt auf die Zylinderfläche des Trägerrohres aufgegossen wird. Das Verfahren eignet sich insbesondere für niedrig schmelzende Metalle oder Legierungen mit einer Schmelztemperatur von unter 420ºC, wie z.B. Zinn (Sn), kann aber auch für Targetmaterialien mit höheren Schmelzpunkten verwendet werden (siehe Spalte 2, Zeilen 40 bis 48). Die aufgebrachte benetzbare Schicht erleichtert die Benetzung des Trägerrohres durch die Schmelze und ist vorzugsweise aus Cu, Ag, Au, Ni und deren Legierungen gebildet (siehe Spalte 1, Zeile 62 bis Spalte 2, Zeile 26). Als Trägerrohrmaterialien werden üblicherweise nicht-magnetische Werkstoffe wie rostfreie Stähle, Titan oder Messing usw. verwendet (siehe Spalte 2, Zeilen 29 und 30). D5 erwähnt im Zusammenhang mit dem Stand der Technik das Auflöten des zylinderförmigen Targetmaterials auf ein Trägerrohr bzw. die damit verbundene Problematik, dass der lange Spalt nicht gleichmäßig mit Lot gefüllt werden kann, was durch ungenügende Wärmeabfuhr beim Sputtern zum Aufschmelzen des Targets führen kann (siehe Spalte 1, Zeilen 21 bis 24 und Zeilen 36 bis 49). Die der vorliegenden Anmeldung möglicherweise zugrunde liegende Problemstellung war also bereits im Stand der Technik bekannt.
Diese Ausführungen dienen dazu darzustellen, dass der Fachmann geeignete Materialien auswählen wird, welche einerseits als Trägerrohr geeignet sind bzw. Lotmaterialien welche sowohl zum Trägerrohr als auch zum Targetrohr eine gleich gute Benetzung ergeben.
Obiges trifft somit auf das zum Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hinzugefügte Merkmal des Trägermaterials bzw. auf das zum Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 hinzugefügte Merkmal der Lotmaterialien zu.
5.4. D1 offenbart im Übrigen auch das Aufkleben der Targetrohrstücke auf das Trägerrohr als Alternative zum Löten, was für den Fachmann die Verwendung eines geeigneten Klebers mit einem entsprechend hohen Gehalt eines leitfähigen Füllerpulvers impliziert, da eine elektrisch leitfähige Verbindung mit einer ausreichend großen Leitfähigkeit für das beabsichtigte Sputtern benötigt wird.
Sofern der Fachmann von einer Al-Legierung mit 50 Gew.% Al abweichende Rohrsputtertargets herstellen sollte, so würde er erkennen, dass die beiden in D1 offenbarten Methoden, nämlich Löten oder Kleben, zumindest in Kombination mit entsprechend (unter Berücksichtigung der thermischen Ausdehnungskoeffizienten der ausgewählten Materialien) angepassten Haftvermittlerschichten, geeignet sind, um auch andere Targetmaterialien zu verarbeiten.
5.5. Die Lösung dieser Aufgabe scheint nach Ansicht der Kammer auf keiner erfinderischen Tätigkeit zu beruhen, weil die Auswahl bestimmter Materialien sowie die Anwendung bestimmter Verfahrensschritte aufgrund des allgemeinen Fachwissens erfolgt.
Mit beiden Alternativen - Löten oder Kleben - scheint der Fachmann unter Anwendung seines allgemeinen Fachwissens zu einem Verfahren gemäß dem Anspruch 1 des Hauptantrages bzw. den Ansprüchen 1 des ersten und zweiten Hilfsantrages zu gelangen, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.
Soweit die Beschwerdeführerin ihre Argumente darauf stützt, dass das Verfahren nach D1 nicht zu gleichen Ergebnissen führt, ist zu bemerken, dass diese Behauptung bisher mit dem vorliegenden Vergleichsversuch nicht nachgewiesen wurde (siehe oben). Die Beweislast liegt bei der Beschwerdeführerin."
1.2 Somit legte die Kammer dar, warum aus ihrer Sicht die Gegenstände der Ansprüche 1 des Hauptantrags sowie des 1. und 2. Hilfsantrags nicht klar sind bzw. warum diese Gegenstände keine erfinderische Tätigkeit gegenüber der Lehre von D1 und dem allgemeinen Fachwissen des Fachmannes beinhalten.
1.3 Die Beschwerdeführerin hat zu keiner dieser Beanstandungen in ihrer Reaktion auf den Bescheid der Kammer Stellung genommen (siehe Punkt IV oben) und in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie zu diesen drei Anträgen keine weiteren Ausführungen mehr machen werde (siehe Punkt V oben).
Somit hat es keinerlei Versuch der Beschwerdeführerin gegeben, die von der Kammer im genannten Bescheid gemachten Beanstandungen zu widerlegen oder auszuräumen. Die Kammer sieht daher, nach nochmaliger Würdigung der Tatsachen, keinen Grund von ihrer ursprünglich vorläufigen Meinung abzuweichen.
1.4 Im Hinblick auf die oberen Ausführungen ist die Kammer daher der Meinung - aus den im Bescheid genannten Gründen (siehe Punkt 1.1 oben) - dass die Gegenstände der Ansprüche 1 des Hauptantrags bzw. des 1. und 2. Hilfsantrags die Erfordernisse der Artikel 84 und 56 EPÜ nicht erfüllen. Daher sind der Hauptantrag sowie der 1. und 2. Hilfsantrag nicht gewährbar.
3. Hilfsantrag
2. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags basiert auf den Ansprüchen 1, 3, 6, 9, 11 und 12 sowie auf Seite 3, Zeilen 7 und 8 (Trägerrohr aus "Stahl oder Titan") der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht.
2.1 Allerdings stellt die Streichung aller anderen Materialien mit Ausnahme von "Mo" aus der Liste der möglichen Materialien des Targetrohres gemäß dem ursprünglichen Anspruch 6 der Anmeldung bestehend aus "Cu, Al, Zr, Mo, W, Ti, Cr, Ni, Ta, Nb, Ag, Zn, Bi, Sn, Si oder einer Legierung auf Basis mindestens eines dieser Elemente oder aus einem keramischen Material" eine erste gezielte Auswahl dar.
Die Beschränkung von Anspruch 1 auf ein "Lotmaterial" gemäß dem ursprünglichen Anspruch 9 stellt eine zweite Auswahl von den darin offenbarten zwei Möglichkeiten "Leitkleber oder ein Lotmaterial" dar, während die gezielte Auswahl von "In" aus der Liste der Lotmaterialien gemäß dem ursprünglichen Anspruch 11: "In, Sn, InSn, SnBi oder andere niedrig schmelzenden Lotlegierungen mit einer Liquidustemperatur unterhalb 300ºC enthält oder daraus gebildet ist" eine dritte Auswahl darstellt.
Schließlich stellt die Einschränkung von Anspruch 1, die optionale Ni-Basis-Haftschicht nur auf das Trägerrohr aufzubringen, eine vierte Auswahl aus den im ursprünglichen Anspruch 12 genannten drei Möglichkeiten dar, nämlich "dass das Trägerrohr und/oder das Targetrohr mit einer Nickel-Basis-Haftschicht beschichtet sind".
2.2 Somit ist offensichtlich, dass durch diese vier (gezielten) Auswahlen ein "singling out" aus mehreren Listen stattgefunden hat, wodurch eine Ausführungsform mit einer Kombination von bestimmten Merkmalen künstlich geschaffen wurde, welche allerdings in dieser Form keine Basis in der ursprünglichen Anmeldung hat (siehe ständige Rechtsprechung, z.B. T 894/05, Punkt 1.4 der Entscheidungsgründe; T 555/04, Punkt 6.2.2 der Entscheidungsgründe; T 801/02, Punkte 2.2.1 und 2.2.2 der Entscheidungsgründe; T 994/97, Punkt 3 der Entscheidungsgründe; T 942/98, Punkte 2.1 und 2.4 der Entscheidungsgründe; alle unveröffentlicht im ABl. EPA).
2.3 Andererseits liegt ausgehend vom zweiten Ausführungsbeispiel der Anmeldung - gemäß dem ein Stahlträgerrohr zunächst mit einer Ni-Zwischenschicht versehen und dann gemäß dem ersten Beispiel mittels In-Lotes an ein, an der Innenseite ebenfalls mit einer Ni-Schicht versehenes, Mo-Rohr gelötet ist, d.h. mit jeweils einer Ni-Haft-Haftschicht am Trägerrohr und am Targetrohr - eine Zwischenverallgemeinerung bezüglich dem Trägerrohrmaterial Titan unter gleichzeitigem Weglassen der zweiten am Targetrohr angebrachten Ni-Haftschicht bzw. dem fakultativ machen der ersten Ni-Haft-Schicht am Trägerrohr vor, welche aber ebenfalls keine Basis in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hat.
Die Änderung bzw. Präzisierung in Anspruch 1 im Hinblick darauf, dass das Targetrohr "auf" dem Trägerrohr angeordnet ist, ist nicht zu beanstanden.
2.4 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass es, obwohl in den ursprünglichen Unterlagen keine explizite Basis für das Weglassen der zweiten Nickelschicht bei der Herstellung eines Rohrtargets gemäß dem zweiten Ausführungsbeispiel gibt, darin für den Fachmann eine implizite Offenbarung für ein solches Weglassen der Nickelschicht gebe.
Dieses Argument ist nicht akzeptabel, da es nach Ansicht der Kammer in den ursprünglichen Unterlagen auch keine implizite allgemeine Offenbarung gibt, welche den Fachmann eindeutig und zweifelsfrei erkennen lässt, dass er gerade bei dem Targetrohrmaterial Molybdän diese zweite Nickel-Basis-Haftschicht auf dem Targetrohr weglassen kann bzw. dass auch die erste Nickel-Basis-Schicht nur optional auf das Trägerrohr aufzubringen ist. Insbesondere unter Berücksichtigung des zweiten Ausführungsbeispiels, in dem ein Molybdänrohr benutzt wird (siehe Punkt 2.3 oben), wird dem Fachmann gerade das Gegenteil gelehrt.
2.5 Aus den oberen Ausführungen ergibt sich, dass Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ nicht erfüllt. Der 3. Hilfsantrag ist somit nicht gewährbar.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.