T 1481/14 12-04-2018
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VERFAHREN ZUR BESCHICHTUNG EINER SUBSTRATOBERFLÄCHE UNTER VERWENDUNG EINES PLASMASTRAHLES
ECKART GmbH
LEONI Bordnetz-Systeme GmbH
Spät eingereichter Antrag - zugelassen (ja)
Änderungen - zulässig (ja)
Zäsurwirkung der Erteilung
Spät eingereichte Beweismittel
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Zurückverweisung an die erste Instanz - (ja)
I. Das europäische Patent Nr. 1 675 971 (im Folgenden: Patent) betrifft ein Verfahren zur Beschichtung einer Substratoberfläche unter Verwendung des Plasmastrahls eines Niedertemperaturplasmas.
II. Gegen das Patent im gesamten Umfang wurden zwei Einsprüche eingelegt. Als Einspruchsgründe wurden unzulässige Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung (Artikel 100 c) EPÜ), unzureichende Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ) sowie mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend gemacht (Artikel 100 a) EPÜ).
III. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, das Patent wegen unzulässiger Erweiterung und unzureichender Offenbarung zu widerrufen.
IV. Der Patentinhaber (im Folgenden: Beschwerdeführer) hat Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt.
V. Die mündliche Verhandlung fand am 12. April 2018 in Anwesenheit des Beschwerdeführers und der Einsprechenden 1 (im Folgenden: Beschwerdegegnerin 1) statt. Die Einsprechende 2 (im Folgenden: Beschwerdegegnerin 2) war wie angekündigt nicht erschienen. Zum Ablauf der mündlichen Verhandlung, insbesondere zur Stellung neuer Anträge bzw. deren Rücknahme durch den Beschwerdeführer, wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.
VI. Anträge
Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des einzigen Anspruchs 1 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrag aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerin 1 beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin 2 hat im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt und keine Erwiderung auf die Beschwerdebegründung eingereicht.
VII. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag
Der einzige Anspruch lautet folgendermaßen (die Änderungen am erteilten Anspruch 1 sind wie folgt kenntlich gemacht: gestrichene Passagen erscheinen im Text als durchgestrichen und neue Passagen erscheinen im Fettdruck):
"1. Verfahren zur Beschichtung einer Substratoberfläche (4) unter Verwendung eines Plasmastrahles (2), dem ein feinkörniges, die Beschichtung bildendes Pulver mittels eines steuerbaren Pulverförderers (16) in dosierter Menge zugefügt wird, dadurch gekennzeichnet, dass auf die Substratoberfläche (4) ein Strahl (8, 2) eines Niedertemperaturplasmas gerichtet wird, welchem dieses Pulver in genau dosierter Menge zugeführt wird, wobei die Substrattemperaturerhöhung während und nach dem Beschichtungsprozess [deleted: unterhalb 100°C, vorzugsweise] unter 50°C[deleted: ,] liegt, wobei die Temperatur des Plasmas in 10 mm Abstand vom Düsenaustritt weniger als 900°C im Kern des Plasmastrahles bei Umgebungsdruck beträgt."
VIII. Beweismittel
In seiner Beschwerdebegründung nahm der Beschwerdeführer Bezug auf folgende, in der angefochtenen Entscheidung genannte Dokumente:
E7: WO 03/029762 A1
E17: Versuchsprotokoll von Herrn Dr. M. Greb, erstellt am 17. Februar 2011
Mit Schriftsatz vom 9. März 2018 hat der Beschwerdeführer folgende Dokumente eingereicht:
B1: Dvorak, M., "Modifikation von Titanwerkstoffen durch den Vakuum-Plasmaspritzprozeß", Fortschr-
Ber. VDI Reihe 5, Nr. 354, VDI-Verlag, 1994, Seiten 24, 25, 44 bis 47, 134, 135
B2: Glöß, D., "Einfluss von Beschichtungsparametern auf den Teilchen- und Energiestrom zum Substrat und Auswirkungen auf ausgewählte Eigenschaften von Titanoxidschichten beim reaktiven Puls-Magnetron-Sputtern", Dissertation an der TU Chemnitz, 2007, Seiten 29 bis 33, 49
B3: ATP Messtechnik GmbH, "Temperaturindikatoren, technische Informationen", 2017, 2 Seiten
IX. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beteiligten lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Zulassung des (letzten neu eingereichten) Hauptantrags zum Verfahren
Der Beschwerdeführer erklärt, dass der neue Anspruch 1 in direkter Reaktion auf den Einwand der unzulässigen Zwischenverallgemeinerung eingereicht worden sei, der erstmals von der Beschwerdegegnerin 1 in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhoben wurde. Es handele sich bei der vorgenommenen Änderung lediglich um die Aufnahme der fehlenden Merkmale, die zur Erzielung einer Substrattemperaturerhöhung von weniger als 50°C wesentlich seien. Diese Änderung führe weder zu verfahrensrechtlichen noch zu materiellrechtlichen Komplikationen.
Die Beschwerdegegnerin 1 argumentiert, dass der neue Hauptantrag nicht ins Verfahren zuzulassen sei, weil er schon früher im Einspruchsverfahren hätte eingereicht werden können. Die späte Einreichung dieses neuen Antrags stelle einen Verfahrensmissbrauch durch den Beschwerdeführer dar, insbesondere da er mehrmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer durch die Stellung neuer Anträge versucht habe, Anspruch 1 zu ändern. Nachdem nunmehr zusätzliche Merkmale aus der Beschreibung in Anspruch 1 aufgenommen worden seien, sei es unzumutbar, hierauf weiter eingehen zu müssen, insbesondere da die Durchführung einer Nachrecherche erforderlich sei.
b) Artikel 100 c) EPÜ
Die Beschwerdegegnerin 1 argumentiert, dass aufgrund des Merkmals, dass der Pulverförderer "steuerbar" sei, der Gegenstand von Anspruch 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe, entgegen der Einschätzung der Einspruchsabteilung. Dieses Merkmal sei auf Seite 5, Absatz 3 der ursprünglich eingereichten Beschreibung offenbart worden, allerdings nur in Kombination mit den weiteren Merkmalen, dass der Pulverförderer elektronisch steuerbar sei und pneumatisch und/oder hydraulisch gesteuerte Ventile aufweise. Diese Merkmale seien in unzulässiger Weise in Anspruch 1 weggelassen worden.
Der Beschwerdeführer argumentiert, dass das streitige Merkmal durch die allgemeine Lehre auf Seite 4, Absatz 2 und Seite 5, Absätze 2 und 3 der ursprünglich eingereichten Beschreibung gestützt sei. Die weiteren Merkmale des Pulverförderers seien für die Einstellbarkeit der Dosiermenge des Pulvers nicht wesentlich und müssten daher auch nicht in den Anspruchswortlaut aufgenommen werden.
c) Änderungen - Artikel 123 (2) EPÜ
Die Beschwerdegegnerin 1 macht geltend, dass das in Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal "genau" in unzulässiger Weise aus Absatz 15 der Patentschrift herausgegriffen worden sei. Dort sei es nur in Kombination mit den weiteren Merkmalen offenbart, wonach das genau dosierte Pulver in fluidisierter Form dem sekundären freien Plasmastrahl zugeführt werde. Es stimme zwar, dass das Merkmal "genau" ohne diese weiteren Merkmale im ursprünglichen eingereichten Anspruch 1 aufgelistet sei. Allerdings sei das Merkmal "genau" vor der Erteilung aus Anspruch 1 gestrichen worden. In Anbetracht der Zäsurwirkung der Erteilung dürfe Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht nicht mehr als Stütze für die Wiederaufnahme dieses Merkmals dienen.
Der Beschwerdeführer argumentiert, dass das streitige Merkmal "genau" durch die allgemeine Lehre in Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht gestützt sei. Dort sei angegeben, dass dem Plasmastrahl das Pulver in "genau" dosierter Menge zugefügt werde, ohne Beschränkung darauf, dass es fluidisiert sei.
d) Änderungen - Artikel 84 EPÜ
Die Beschwerdegegnerin 1 sieht einen Mangel an Klarheit nach der Einführung der Formulierungen "genau" und "in 10 mm Abstand vom Düsenaustritt" in Anspruch 1. Für den Beschwerdeführer seien diese Formulierungen im Gesamtzusammenhang von Anspruch 1 klar und deutlich.
e) Berücksichtigung von E17 im Verfahren
Der Beschwerdeführer beantragt, dass das Versuchsprotokoll E17 vom Verfahren ausgeschlossen werde, weil es keine eidliche Erklärung sei, wie in Artikel 117 (1) g) EPÜ vorgesehen.
Die Beschwerdegegnerin 1 weist darauf hin, dass gemäß Artikel 117 EPÜ die Wahl der Beweismittel frei sei und dass die in Artikel 117 (1) g) EPÜ aufgeführte Abgabe einer schriftlichen Erklärung unter Eid nur beispielhaft aufgezählt sei.
f) Zulassung von B1, B2 und B3 zum Verfahren
Die Beschwerdegegnerin 1 beantragt, dass die verspätet eingereichten Dokumente B1, B2 und B3 nicht in das Verfahren zugelassen werden, weil ihr Inhalt irrelevant sei und sowohl B2 als auch B3 nach dem Prioritätstag des Patents veröffentlicht worden seien.
Der Beschwerdeführer erklärt, dass die Dokumente B1, B2 und B3 hochrelevant für die Frage der Ausführbarkeit der Erfindung seien. Insbesondere würden diese Dokumente dokumentieren, dass es zu dem für das Patent maßgeblichen Zeitpunkt hinlänglich bekannt gewesen sei, während eines Plasmaspritzverfahrens die Temperatur des Substrats mit Hilfe von Mantel-Thermoelementen und/oder Temperaturmessstreifen zu messen (Seite 24 von B1; Seite 32 von B2; B3).
g) Artikel 100 b) EPÜ
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass - entgegen der Meinung der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerin 1 - der Fachmann die Erfindung in der ganzen beanspruchten Breite anhand des Gesamtinhalts des Patents und mit Hilfe seines allgemeinen Fachwissens ohne zumutbaren Aufwand ausführen könne. In Absätzen 12 bis 16 des Patents sei angegeben, wie ein Plasmafreistrahl mit einer niedrigen Temperatur (im Kernbereich < 900°C, bevorzugt < 500°C) erzeugt werden könne, insbesondere durch Einstellung der Leistung eines nichtthermischen Plasmas. In Absatz 24 des Patents sei angegeben, wie eine Zinkschicht gut haftend auf eine Substratoberfläche aufgetragen werde, ohne dass dabei ihre Temperatur unzulässig ansteigt. Insbesondere sei dort dargelegt, wie der Vorschub Substrat/Plasmadüse eingestellt werden könnte. Insoweit stünden dem Fachmann alle Angaben zur Verfügung, die er benötige, um das erfindungsgemäße Verfahren durchführen zu können. Um festzustellen, ob "die Substrattemperaturerhöhung während und nach dem Beschichtungsprozess unter 50°C liegt", bräuchte der Fachmann die Substrattemperaturerhöhung nur berechnen oder messen. Er sei ohne weiteres in der Lage, dies zu tun. Als Beweis dafür seien die Dokumente B1, B2 und B3 eingereicht worden. Dort werde erläutert, wie während eines Plasmaspritzverfahrens die Substrattemperatur mit Hilfe von Mantel-Thermoelementen oder Temperaturmessstreifen gemessen werden könnte. Für den Fachmann sei hingegen auf Anhieb ersichtlich, dass während eines Plasmaspritzverfahrens die Substrattemperaturerhöhung nicht mittels einer Infrarotkamera gemessen werden könnte, wie durch E17 bestätigt. Schließlich könne keine Rede davon sein, dass der Fachmann unzumutbar viele Versuche machen müsse, um die bei der Durchführung des in Anspruch 1 definierten Plasmaspritzverfahrens einzustellenden Betriebsparameter zu ermitteln.
Die Beschwerdegegnerin 1 macht geltend, dass das Patent keine genaue Anleitung enthalte, um - in der ganzen Breite von Anspruch 1 - einen freien Plasmastrahl mit einer Temperatur im Kernbereich unter 900°C zu erzeugen und anschließend eine geringe Temperaturerhöhung der Substratoberfläche unter 50°C einzuhalten. Diese Merkmale würden von vielen Parametern des beanspruchten Plasmaspritzverfahrens abhängen, wie insbesondere die Ausgestaltung der Plasmadüse, die Ausgestaltung der Thermoelemente zur Messung der Plasmastrahltemperatur und der Abstand Substrat/Plasmadüse. Für den Fachmann stelle es eine unzumutbare Leistung dar, die erforderlichen Einstellparameter des Plasmaspritzverfahrens zu ermitteln. Darüber hinaus sei der Fachmann nicht in der Lage, die Substrattemperaturerhöhung zu messen. Aus dem Versuchsprotokoll E17 gehe hervor, dass die Temperatur des Substrats mit einer Infrarotkamera nicht bestimmbar sei. Schließlich beschreibe das Patent zahlreiche Ausführungsbeispiele des beanspruchten Verfahrens, die eindeutig nicht nacharbeitbar seien. So gehe aus Absatz 26 der Patentschrift hervor, dass als feinkörniges Pulver Kupfer- oder Silberpartikel verwendet werden könnten. Aufgrund der hohen Schmelztemperatur von Kupfer (1085°C) bzw. Silber (961°C), könnten die Partikel im Plasmafreistrahl mit einer Temperatur unter 900°C aber nicht aufgeschmolzen werden. Gemäß Absatz 25 der Patentschrift könne mit dem beanspruchten Verfahren ein temperaturempfindliches Substrat wie ein Hautersatz beschichtet werden. Bei einer Substrattemperaturerhöhung knapp unter 50°C wäre ein solches Substrat jedoch zwangsweise thermisch zerstört.
h) Zurückverweisung
Für die Beschwerdegegnerin 1 sei eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur Prüfung der geltend gemachten Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ nicht gerechtfertigt, zumal es das schon ca. sieben Jahre andauernde Einspruchsverfahren nochmals erheblich verzögern würde. Der Beschwerdeführer hält demgegenüber die Angelegenheit in den Fragen der mangelnden Neuheit und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit für nicht entscheidungsreif.
1. Zulassung des Hauptantrags zum Verfahren
1.1 Der in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichte Hauptantrag des Beschwerdeführers stellt eine wesentliche Änderung seines Vorbringens zum spätmöglichsten Zeitpunkt dar.
1.2 Nach Artikel 114 (2) EPÜ und Artikel 13 (1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer, diesen Antrag zuzulassen und zu berücksichtigen.
1.3 Im vorliegenden Fall ist die Stellung dieses Antrags als sachdienliche Reaktion auf den - erstmalig in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhobenen - Einwand der Beschwerdegegnerin 1 anzusehen, dass das letzte Merkmal im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung des Ausführungsbeispiels auf Seite 6, Absatz 3 der ursprünglich eingereichten Beschreibung darstelle, bei dem "die Temperatur des Plasmas gemessen mit einem Thermoelement Typ NiCr/Ni, Spitzendurchmesser 3 mm, in 10 mm Abstand vom Düsenaustritt ... weniger als 900°C im Kern des sekundären Plasmafreistrahles bei Umgebungsdruck" betrage.
1.4 Die Kammer kann in der Einreichung dieses neuen Antrags keinen Verfahrensmissbrauch durch den Beschwerdeführer erkennen. Die Beschwerdegegnerin 1 hat ihren Einwand der unzulässigen Zwischenverallgemeinerung betreffend den davor geltenden Anspruch 1 erst in der mündlichen Verhandlung, d. h. zum spätmöglichsten Zeitpunkt, erhoben, der auch erfolgreich war. Hierauf einen neuen Antrag des Beschwerdeführers als sofortige Reaktion zuzulassen erschien der Kammer nicht unangemessen.
1.5 Außerdem hat die Kammer bei ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigt, dass sich der neue Anspruch 1 von Anspruch 1 des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags lediglich dadurch unterscheidet, dass die Beschränkung aufgenommen wurde, wonach "die Temperatur des Plasmas in 10 mm Abstand vom Düsenaustritt weniger als 900°C im Kern des Plasmastrahles bei Umgebungsdruck beträgt". Diese Änderung führt keinen neuen Streitstoff ein, dessen Behandlung der Kammer oder der Beschwerdegegnerin 1 nicht zugemutet werden und der zu einer Verlegung der mündlichen Verhandlung oder zu einer Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung führen könnte.
1.6 Aus diesen Gründen lässt die Kammer den neuen Hauptantrag in das Verfahren zu.
2. Artikel 100 c) EPÜ
2.1 Nach Artikel 100 c) EPÜ darf der Gegenstand des Patents nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen.
2.2 Anspruch 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung unter anderem durch die Beschränkung, dass das feinkörnige, die Beschichtung bildende Pulver "mittels eines steuerbaren Pulverförderers" in dosierter Menge zugefügt wird. Dieses Merkmal war bereits im erteilten Anspruch 1 enthalten.
2.3 In der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung entschieden, dass - entgegen der Behauptung der Beschwerdegegnerin 1 - diese Änderung nicht zu beanstanden sei (Gründe Nr. 5). Die Kammer sieht keine Veranlassung, von dieser Feststellung abzuweichen. Das streitige Merkmal ist durch die ursprüngliche Lehre gestützt, siehe Figur 1 in Verbindung mit dem zugehörigen Text auf Seite 4, Absatz 2 (vgl. "Das Pulvermaterial wird dabei aus einem Behälter 15 mittels eines Pulverförderers 16 geliefert") und Seite 5, Absätze 2 und 3 der Beschreibung wie ursprünglich eingereicht.
2.3.1 Die Beschwerdegegnerin 1 argumentiert, dass eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vorliegt, weil weitere, auf Seite 5, Absatz 3 offenbarte Merkmale des Pulverförderers nicht in Anspruch 1 mit aufgenommen worden sind, wonach der Pulverförderer elektronisch steuerbar ist und pneumatisch und/oder hydraulisch gesteuerte Ventile aufweist. Dieser Einwand überzeugt nicht, denn der Fachmann erkennt beim Lesen der Lehre auf Seite 5, Absatz 3 auf Anhieb, dass diese weiteren Merkmale nicht in engem Zusammenhang mit den übrigen Merkmalen des Ausführungsbeispiels stehen. Insbesondere sind diese weiteren Merkmale für die Einstellbarkeit der Dosiermenge des Pulvers nicht wesentlich.
2.4 Folglich steht der Einspruchsgrund des Artikels 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des Hauptantrags des Beschwerdeführers nicht entgegen.
3. Änderungen - Artikel 123 EPÜ
3.1 Der neue Anspruch 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 in der erteilten Fassung darin, dass folgende Beschränkungen aufgenommen worden sind:
a) dass dem Plasmastrahl das Pulver in "genau" dosierter Menge zugeführt wird und
b) dass die Substrattemperaturerhöhung während und nach dem Beschichtungsprozess "unter 50°C liegt, wobei die Temperatur des Plasmas in 10 mm Abstand vom Düsenaustritt weniger als 900°C im Kern des Plasmastrahles bei Umgebungsdruck beträgt".
3.2 Mit diesen Änderungen ist der Schutzbereich eingeschränkt worden. Es liegt daher kein Verstoß gegen Artikel 123 (3) EPÜ vor.
3.3 Aus folgenden Gründen teilt die Kammer die Auffassung des Beschwerdeführers, dass diese Änderungen durch die technische Lehre in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung gestützt sind. Es liegt daher kein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vor.
3.4 Änderung a)
3.4.1 Bei dieser Änderung handelt es sich um die Wiedereinführung des im Prüfungsverfahren gestrichenen Begriffs "genau" aus dem ursprünglichen Anspruch 1, um einen Einwand der Einspruchsabteilung unter Artikel 123 (2) EPÜ auszuräumen (siehe Gründe Nr. 7).
3.4.2 Die Beschwerdegegnerin 1 argumentiert, dass die Aufnahme des Wortes "genau" eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung des in Absatz 15 der Patentschrift offenbarten Ausführungsbeispiels der Erfindung darstelle, bei dem das genau dosierte Pulver in fluidisierter Form dem sekundären freien Plasmastrahl zugeführt wird. Aufgrund des Weglassens dieser weiteren Merkmale gehe der Gegenstand von Anspruch 1 über die technische Lehre in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinaus. Die Kammer ist von dieser Argumentation nicht überzeugt. Diese weiteren Merkmale sind in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht als erfindungswesentlich dargestellt. Insbesondere war das Merkmal, wonach dem Plasmastrahl das Pulver "in genau dosierter Menge" zugefügt wird, in Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung enthalten, ohne diese weiteren Merkmale.
3.4.3 Um ihren Standpunkt zu stützen, argumentiert die Beschwerdegegnerin 1, dass wegen einer angeblichen Zäsurwirkung aufgrund der Patenterteilung Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht als Stütze für diese Änderung nicht herangezogen werden dürfe. Die Erteilung eines Patents bildet jedoch nicht zwangsweise eine automatische und endgültige Zäsur, die jedwede Wiederaufnahme gestrichener Gegenstände ausschließt (siehe dazu Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage, 2016,, Kapitel II.E.2.3.2; siehe auch Günzel B., "Materielle Zäsurwirkung der Patenterteilung gemäß dem Europäischen Patentübereinkommen", GRUR, 2001, Seite 932). Eine Zäsurwirkung kann allenfalls in den Beschränkungen gesehen werden, die nach Regeln 80 und 138 und Artikel 123 (3) EPÜ für weitere Änderungen des Patents gelten. Nach ständiger Rechtsprechung kann hingegen die Streichung eines den Schutzbereich beschränkenden Merkmals aus einem Anspruch, die gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstößt, im Einspruchsverfahren rückgängig gemacht werden, auch wenn dieses Merkmal im Patent nicht mehr enthalten ist (siehe u. a. T 942/01, Gründe Nr. 1; T 975/03, Gründe Nr. 2).
3.5 Änderung b)
3.5.1 Mit dieser Änderung ist der Anspruch auf die bevorzugte Ausführungsform beschränkt worden, die auf Seite 6, Absatz 3 der Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart ist. 3.5.2 Dort wird folgendes gelehrt: "Die Temperatur des Plasmas gemessen mit einem Thermoelement Typ NiCr/Ni, Spitzendurchmesser 3 mm, in 10 mm Abstand vom Düsenaustritt beträgt weniger als 900°C im Kern des sekundären Plasmafreistrahles bei Umgebungsdruck"; und "Die Substrattemperaturerhöhung liegt während und nach dem Beschichtungsprozess deutlich unterhalb 100°C, vorzugsweise unter 50°C". 3.5.3 Hieraus ist eine maximale Plasmastrahltemperatur in einem definierten Abstand vom Düsenaustritt des Plasmaerzeugers festgelegt, um eine Substrattemperaturerhöhung unter 50°C sicherzustellen. Die untrennbar mit dieser geringen Substrattemperaturerhöhung verknüpften Merkmale des Plasmastrahls sind nun in Anspruch 1 aufgenommen worden (siehe Wortlaut der Änderung b) unter Punkt 3.1 oben). 3.5.4 Die Beschwerdegegnerin 1 bemängelt, dass eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vorliege, weil folgende weitere Merkmale in Anspruch 1 fehlten:- die Plasmastrahltemperatur wird im Kern des sekundären, freien Plasmastrahls gemessen, mit Hilfe eines Thermoelements des Typen NiCr/Ni mit einem Spitzendurchmesser von 3 mm;- der sekundäre, freie Plasmastrahl wird dadurch ausgebildet, dass der primäre, innerhalb eines Plasmatrons erzeugte Plasmastrahl mittels einer ringförmigen Düse am Übergang zur Umgebung stark beschleunigt wird (Seite 4 und 5). 3.5.5 Diesem Einwand ist nicht zu folgen. Erstens bezieht sich Merkmal b) auf den Plasmastrahl, der sich zwischen der Plasmadüse und dem Substrat bei Umgebungsdruck befindet. Damit ist eindeutig der austretende, d. h. sekundäre, freie Plasmastrahl gemeint. Zweitens erkennt der Fachmann beim Lesen der Lehre auf Seite 6, Absatz 3 auf Anhieb, dass sowohl die Merkmale des zur Messung der Plasmastrahltemperatur verwendeten Thermoelements als auch die Ausgestaltung der Plasmadüse in keinem engen Zusammenhang mit den übrigen Merkmalen des Ausführungsbeispiels stehen und nicht wesentlich sind, um die gewünschte niedrige Plasmastrahltemperatur in 10 mm Abstand vom Düsenaustritt zu erreichen. Diese weiteren Merkmale brauchen in den Wortlaut von Anspruch 1 also nicht aufgenommen zu werden. |
4. Änderungen - Artikel 84 EPÜ
4.1 Die in Anspruch 1 hinzugefügten Formulierungen sind im Gesamtzusammenhang klar und deutlich. Es liegt daher kein Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ vor.
4.2 Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin 1 bewirkt der hinzugefügte relative Begriff "genau" keinen Mangel an Klarheit. Im Hinblick auf die Dosierung des Pulvers verlangt Anspruch 1 bereits, dass dem Plasmastrahl "ein feinkörniges, die Beschichtung bildendes Pulver mittels eines steuerbaren Pulverförderers ... in dosierter Menge zugefügt wird". Deshalb versteht der Fachmann die Anweisung "in genau dosierter Menge zugeführt" im Gesamtzusammenhang des Anspruchs so, dass mittels des Pulverförderers das Pulver in der genau dosierten Menge zugeführt wird, die zur Bildung der gewünschten Beschichtung benötigt wird, wobei mittels des Pulverförderers die Dosierung genau, d. h. präzise einstellbar ist. Damit ist für den Fachmann klar und deutlich definiert, wie während des Beschichtungsprozesses das Pulver "in genau dosierter Menge zugeführt" werden muss.
4.3 Die Beschwerdegegnerin 1 sieht einen Mangel an Klarheit darin, dass die Formulierung "in 10 mm Abstand vom Düsenaustritt" Bezug auf eine in Anspruch 1 nicht definierte Düse nehme. Die Kammer teilt jedoch die Meinung des Beschwerdeführers, dass der Begriff "Düsenaustritt" sich auf die Plasmadüse bezieht, die zwangsläufig vorhanden sein muss, um den austretenden freien Plasmastrahl auszubilden, der auf die Substratoberfläche gerichtet ist. Diese impliziten Merkmale brauchen in Anspruch 1 nicht ausdrücklich angegeben zu werden.
5. Berücksichtigung von E17 im Verfahren
5.1 Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers hat die Kammer kein Ermessen, das Versuchsprotokoll E17 unberücksichtigt zu lassen (Artikel 114 (2) EPÜ und Artikel 12 (4) VOBK). Dieses Dokument ist mit der Einspruchsschrift der Beschwerdegegnerin 1 eingereicht worden und die angefochtene Entscheidung stützt sich darauf (siehe Gründe Nr. 10).
5.2 Der Beschwerdeführer hat ferner argumentiert, das Versuchsprotokoll E17 müsse unberücksichtigt bleiben, weil es nicht in Form einer eidlichen Erklärung abgegeben wurde, entgegen Artikel 117 (1) g) EPÜ. Das EPÜ sieht aber nicht vor, dass bestimmte Tatsachenfragen nur mit Hilfe bestimmter Beweismittel nachgewiesen werden können. Aus Artikel 117 (1) EPÜ ergibt sich das Recht der Erbringung geeigneter Beweise. Artikel 117 (1) EPÜ enthält keine abschließende Aufzählung der zulässigen Beweismittel, sondern nennt lediglich Beispiele - darunter die Abgabe einer schriftlichen Erklärung unter Eid (Artikel 117 (1) g) EPÜ). Deshalb ist die Beschwerdegegnerin 1 in der Wahl ihrer Beweismittel zum Beleg ihrer Behauptung der unzureichenden Offenbarung frei.
6. Zulassung von B1, B2 und B3 zum Verfahren
6.1 Die Dokumente B1, B2 und B3 wurden vom Beschwerdeführer erstmals in Erwiderung auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung eingeführt.
6.2 B1 und B2 dokumentieren das allgemeine Fachwissen im relevanten Gebiet des Plasmaspritzverfahrens, insbesondere im Hinblick auf die Messung der Temperatur der Substratoberfläche während des Beschichtungsprozesses, selbst wenn B2 nach dem Prioritätstag des Patents veröffentlicht worden ist. Dieses Fachwissen ist hochrelevant für die Frage der Nacharbeitbarkeit der Erfindung. Die Kammer entscheidet daher, B1 und B2 zu berücksichtigen (Artikel 114 (2) EPÜ und Artikel 13 (1) VOBK).
6.3 Das nachveröffentlichte Dokument B3 muss hingegen unberücksichtigt bleiben, weil es prima facie nicht relevant ist. Es beschreibt lediglich allgemein einen Temperaturmessstreifen, ohne jeglichen Hinweis auf ein Plasmaspritzverfahren.
7. Artikel 100 b) EPÜ
7.1 Nach Artikel 100 b) EPÜ ist die Erfindung im Patent so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist diese Vorschrift so zu verstehen, dass ein beanspruchter Gegenstand anhand des Gesamtinhalts des Patents und mit Hilfe des allgemeinen Fachwissens ohne unzumutbaren Aufwand ausführbar sein muss.
7.2 Im vorliegenden Fall macht die Beschwerdegegnerin 1 geltend, dass das Patent keine ausreichende Offenbarung für die Erzeugung des in Anspruch 1 definierten freien Plasmastrahls mit einer Temperatur im Kernbereich unter 900°C, und für die Einhaltung der in Anspruch 1 definierten Substrattemperaturerhöhung unter 50°C, in der ganzen Breite des Anspruchs enthalte.
7.3 Aus folgenden Gründen vermag der diesbezügliche Vortrag der Beschwerdegegnerin 1 nicht zu überzeugen.
7.4 Ausgangspunkt für das Patent ist ein Plasmaspritzverfahren zur Beschichtung einer Substratoberfläche unter Verwendung des austretenden freien Plasmastrahls eines thermischen Plasmas, dem ein feinkörniges, die Beschichtung bildendes Pulver zugeführt wird, wobei die Temperatur des Plasmastrahls bis zu 20 000°C beträgt (Absatz 2 der Patentschrift). Davon ausgehend zeichnet sich das in Anspruch 1 definierte Plasmaspritzverfahren insbesondere durch die Verwendung eines Niedertemperaturplasmas, dessen austretender Plasmafreistrahls eine deutlich niedrigere Temperatur aufweist (im Kernbereich < 900°C), und durch eine geringe thermische Belastung des Substrats (Temperaturerhöhung < 50°C) aus. Auf dieser Weise soll das Pulvermaterial gut haftend auf die Substratoberfläche aufgetragen werden, ohne dass dabei ihre Temperatur unzulässig ansteigt (siehe Absätze 6, 10 und 21 der Patentschrift).
7.5 Die Ausführung dieser wesentlichen Verfahrensschritte erfordert für den maßgeblichen Fachmann im Bereich des Plasmaspritzverfahrens keinen unzumutbaren Aufwand bzw. kein erfinderisches Zutun, wie der Beschwerdeführer überzeugend dargelegt hat.
7.6 Hinweise, wie die niedrige Temperatur des austretenden freien Plasmastrahls erhalten werden kann, erhält der Fachmann aus den Absätzen 11 bis 16 der Patentschrift. Ein primäres, nichtthermisches Plasma wird mit niedriger elektrischer Leistung (< 5 kW) innerhalb eines langgestreckten, rohrförmigen Plasmaerzeugers durch hochfrequenten Wechselstrom (> 10 KHz) erzeugt und mittels Plasma- bzw. Arbeitsgas stabilisiert. Das primäre, nichtthermische Plasma wird mittels einer ringförmigen Düse am Übergang zur Umgebung stark beschleunigt, wodurch nach der Düse ein sekundärer freier Plasmastrahl bei Umgebungsdruck erhalten wird, und zwar mit einer Temperatur im Kernbereich von weniger als 900°C, insbesondere jedoch von weniger als 500°C (Absatz 15).
7.7 Hinweise, wie die geringe thermische Belastung der Substratoberfläche erhalten werden kann, erhält der Fachmann aus Absatz 24 der Patentschrift, der ein Ausführungsbeispiel der Erfindung mit konkreten Angaben beschreibt. Dort heißt es, dass eine Zinkschicht mit einer Dicke von 0,1 bis 100 mym und einer Breite von 2 bis 8 mm mittels eines Plasmastrahls mit einer entsprechenden Breite exakt auf Metallteilen oder Blechen aufgetragen wird, wenn der relative Vorschub Substrat/Plasmadüse 0,3 m/s beträgt und die Pulverzufuhr im Bereich von ca. 0,5 bis 10 g/min liegt.
7.8 Im Lichte all dieser Hinweise erkennt der Fachmann, wie er sowohl eine niedrige Plasmastrahltemperatur (< 900°C) als auch eine geringe Temperaturbelastung der Substratoberfläche (Temperaturerhöhung < 50°C) erhalten kann, wie in Anspruch 1 vorgeschrieben. Das Patent enthält zwar keine genauen Angaben darüber, wie die Parameter des Verfahrens eingestellt werden können, um diese Ziele zu erreichen. Der Fachmann wird aber diese Lücke mit Hilfe seines allgemeinen Wissens füllen können. Insbesondere wird er einen passenden Plasmaerzeuger aussuchen und die niedrige Plasmastrahltemperatur und die geringe Temperaturbelastung der Substratoberfläche durch eine wenn auch langwierige und mühsame, aber nicht unzumutbare routinemäßige Optimierung der wichtigsten Betriebsparameter des Plasmaerzeugers, insbesondere die Leistung des Plasmaerzeugers, den Abstand Substrat/Plasmadüse und den relativen Vorschub Substrat/Plasmadüse, erreichen können.
7.9 Schließlich steht es außer Zweifel, dass der Fachmann bei dieser Parameteroptimierung in der Lage ist, die Temperaturerhöhung der Substratoberfläche zu ermitteln, und zwar mittels einer Berechnung oder mittels einer Messung, beispielweise mit Hilfe von Thermoelementen oder Temperaturmessstreifen (siehe z. B. B1, Seite 24, Absatz 2; B2, Seite 32, Abschnitt 3.2.1).
7.10 Die Kammer teilt die Auffassung des Beschwerdeführers, dass die Beschwerdegegnerin 1 keine ernsthaften, durch nachprüfbare Tatsachen untermauerte Zweifel an der Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung geweckt hat, mit der Konsequenz, dass ihre Behauptung der unzureichenden Offenbarung nur als unbewiesene Vermutung angesehen werden kann.
7.11 Die Beschwerdegegnerin 1 hat zum Beleg ihrer Behauptung der unzureichenden Offenbarung auf das Versuchsprotokoll E17 verwiesen. Dieses mag zwar belegen, dass während eines Plasmaspritzverfahrens die Erhöhung der Temperatur der Substratoberfläche nicht mittels einer Infrarotkamera gemessen werden kann, insbesondere weil die Temperatur des freien Plasmastrahls das Wärmebild um das Substrat überlagert, was auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird und vom Fachmann vorauszusehen ist. Wenn auch diese spezielle Messmethode nicht funktionieren mag, kann aber E17 allein nicht als überzeugender Beleg dafür angeführt werden, dass der Fachmann die beanspruchte Erfindung tatsächlich überhaupt nicht ausführen kann, selbst unter Berücksichtigung seines allgemeinen Wissens.
7.12 Auch die bloße Tatsache, dass Anspruch 1 im Hinblick auf das Substrat, das Pulver, die Ausgestaltung der Plasmadüse, die Temperatur des Plasmafreistrahls und die Substrattemperaturerhöhung weit gefasst ist, ist an sich noch kein Grund zu der Annahme, dass die Anmeldung das Erfordernis einer ausreichenden Offenbarung nicht erfüllt.
7.13 In Absatz 26 der Patentschrift ist erwähnt, dass als Pulvermaterial Kupfer (Cu) oder Silber (Ag) verwendet werden können. Die Beschwerdegegnerin 1 hat gerügt, dass das beanspruchte Verfahren nicht mit diesen Pulvermaterialien nacharbeitbar sei, weil sie eine Schmelztemperatur von 1085°C bzw. 961°C aufwiesen und mithin nicht vom freien Plasmastrahl mit einer Temperatur unter 900°C vollständig aufgeschmolzen werden könnten. Die Kammer ist von diesem Einwand nicht überzeugt. In Absatz 18 der Patentschrift ist gelehrt, dass die Partikelgröße des Pulvers im Nanometerbereich, insbesondere zwischen 1 nm bis 100 mym liegt. Es ist davon auszugehen, dass Kupfer- bzw. Silberpartikel mit einer Größe im Nanometerbereich infolge der Wechselwirkung mit dem freien Plasmastrahl zumindest angeschmolzen (Absatz 15 der Patentschrift) und anschließend auf die Substratoberfläche gut haftend aufgetragen werden (Absatz 21).
7.14 In Absatz 25 der Patentschrift ist unter anderem erwähnt, dass das beanspruchte Verfahren zum Aufbringen von biologisch aktiven Schichten auf Hautersatz dienen kann. Im Hinblick auf die hohe Temperatur-empfindlichkeit des menschlichen Gewebes versteht der Fachmann auf Anhieb, dass in diesem Falle die Substrattemperaturerhöhung deutlich unterhalb 50°C liegen muss.
7.15 Zusammenfassend kann die Kammer also nicht feststellen, dass das Patent die in Anspruch 1 definierte Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann sie nicht ausführen kann.
8. Die Kammer kommt also zu dem Schluss, dass weder Artikel 123 (2) EPÜ noch Artikel 84 EPÜ, noch die von der Beschwerdegegnerin 1 geltend gemachten Einspruchsgründe der unzulässigen Änderung vor der Erteilung (Artikel 100 c) EPÜ) und der unzureichenden Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ) der Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des Hauptantrags des Beschwerdeführers entgegenstehen.
9. Zurückverweisung
9.1 Die ebenfalls geltend gemachten Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit wurden von der Einspruchsabteilung noch nicht abschließend erörtert. Auch ist die Angelegenheit in diesen Fragen offensichtlich nicht entscheidungsreif. Die Beteiligten haben in ihrer Beschwerdebegründung bzw. Beschwerdeerwiderung ihr Vorbringen auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 c) und 100 b) EPÜ beschränkt und die weiteren geltend gemachten Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ nicht behandelt.
9.2 Daher entscheidet die Kammer unter Ausübung ihrer Befugnis nach Artikel 111 (2) EPÜ, die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage des letztlich geltenden Hauptantrags zurückzuverweisen, selbst wenn dies eine Verlängerung des Verfahrens mit sich bringen wird.
9.3 Im Übrigen erhält die Beschwerdegegnerin 1 dadurch die Möglichkeit, eine zusätzliche Recherche durchzuführen, was ihrer Ansicht nach im Hinblick auf die in Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen sogar erforderlich ist.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.