T 2685/19 12-10-2022
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Zündkerze mit Endteil
Zulässigkeit der Beschwerde - Beschwerdebegründung
Zulässigkeit der Beschwerde - fristgerecht eingelegt (ja)
Beschwerdeführer erkennbar (ja)
Einspruchsgründe - mangelhafte Offenbarung
Einspruchsgründe - Hauptantrag (ja)
Ausreichende Offenbarung - Hilfsantrag I und Ibis (nein)
Änderungen - Erweiterung des Patentanspruchs
Änderungen - Hilfsantrag II (ja)
Änderung des Beschwerdevorbringens - Änderung räumt aufgeworfene Fragen aus
Änderung des Beschwerdevorbringens - Hilfsantrag IIbis (nein)
Patentansprüche - Stützung durch die Beschreibung
Patentansprüche - Hilfsantrag IIIbis (nein)
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) betrifft die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der festgestellt wurde, dass das europäische Patent Nr. 2 678 907 in geänderter Fassung gemäß dem vor der Einspruchsabteilung anhängigen Hilfsantrag 2 den Erfordernissen des Übereinkommens genügt.
II. Die ehemalige Beschwerdeführerin und Einsprechende hat im Verlauf des Beschwerdeverfahrens ihre Beschwerde und mit Schreiben vom 30. Juli 2021 ihren Einspruch zurückgenommen. Sie ist daher seit dem 30. Juli 2021 nicht mehr am Beschwerdeverfahren beteiligt.
III. Mit ihrer Beschwerdebegründung hatte die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrecht zu erhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geänderter Fassung gemäß einem ihrer Hilfsanträge I bis III aufrecht zu erhalten, welche allesamt zusammen mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden sind. Der Hilfsantrag III umfasste die von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Patentansprüche des seinerzeitigen Hilfsantrags 2 (eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2019) sowie zwei unterschiedliche Fassungen der Beschreibung, welche als Hilfsantrag IIIbis und IIIter bezeichnet waren.
Mit Schriftsatz vom 12. September 2022 reichte die Beschwerdeführerin an Stelle ihres bisherigen Hilfsantrags IIIter unter gleicher Bezeichnung eine Beschreibung, entsprechend der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung ein. Außerdem reichte sie mit diesem Schriftsatz Hilfsantrag Ibis ein.
IV. In einer gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung versandten Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK hat die Kammer ihre vorläufige Meinung mitgeteilt, wonach die Beschwerde der Patentinhaberin zwar zulässig eingelegt worden sei, der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung oder auf Grundlage des Hilfsantrags I jedoch entgegenstehen dürfte. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass Hilfsantrag II gegen Artikel 123 (3) EPÜ verstoßen dürfte, dass Hilfsantrag IIIbis nicht das Erfordernis des Artikels 84 Satz 2 EPÜ erfüllen dürfte und dass die Patentansprüche von der Beschreibung gestützt sein müssen.
V. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 12. Oktober 2022 als Videokonferenz statt. Auf einen Hinweis des Vorsitzenden hin, dass der Hilfsantrag IIIter der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Fassung entspreche, dessen Aufrechterhaltung auch bei Zurückweisung der Beschwerde erfolge, nahm die Beschwerdeführerin diesen Hilfsantrag zurück.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend,
die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrecht zu erhalten (Hauptantrag),
hilfsweise, das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der Hilfsanträge I, Ibis, II, IIbis oder IIIbis aufrecht zu erhalten, wobei die Hilfsanträge I, II, und IIIbis mit der Beschwerdebegründung, Hilfsantrag Ibis mit Schreiben vom 12. September 2022, sowie Hilfsantrag IIbis während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht worden sind.
VII. Der erteilte Anspruch 1 (Hauptantrag) lautet wie folgt:
"Zündkerze einer Brennkraftmaschine, vorzugsweise für Otto-Gas-Motoren, mit einem einen Isolationskörper (1) umgebenden Zündkerzengehäuse (2) sowie einer Mittelelektrode (3) und zumindest einer von einem Masseelektrodenträger (6) getragenen Masseelektrode (4), wobei die Zündflächen (12) der Mittelelektrode (3) und die Zündfläche (26) der Masseelektrode (4) von einer eine brennraumseitig offene Kammer (5) oder Durchtrittsöffnungen (10) aufweisende Vorkammer (5') ausbildenden Wandung (8) umgeben sind, dadurch gekennzeichnet,
dass auf dem brennraumseitigen Endbereich des Zündkerzengehäuses (2) ein Endteil (60) aufgesetzt ist,
dass der Masseelektrodenträger (6) und die Wandung (8) auf diesem Endteil (60) aufgesetzt sind und
dass die Wandung (8) den Masseelektrodenträger (6) in einem Abstand, unter Ausbildung eines Spaltes (53) umgibt."
Die erteilten Ansprüche 4 und 12 enthalten das Merkmal:
"dass der Endteil (60) mit dem Masseelektrodenträger (6) einstückig ausgebildet ist" bzw. "dass der Massenelektrodenträger (6) einstückig mit dem Endteil (60) ausgebildet ist".
VIII. Anspruch 4 und Anspruch 12 des Hilfsantrags I sowie Anspruch 12 des Hilfsantrags Ibis enthalten ebenfalls die oben bereits zum Anspruch 4 bzw. 12 des Hauptantrags erwähnten Merkmale.
IX. In Anspruch 1 des Hilfsantrags II wurde im Vergleich zum erteilten Anspruch 1 unter anderem das Merkmal "dass der Masseelektrodenträger (6) und die Wandung (8) auf diesem Endteil (60) aufgesetzt sind" geändert in "dass der Masseelektrodenträger (6) und die Wandung (8) von diesem Endteil (60) getragen sind" (Hervorhebungen durch die Kammer). Außerdem wurde das folgende Merkmal hinzugefügt: "wobei der Endteil (60) mit dem Masseelektrodenträger (6) einstückig ausgebildet ist und die den Masseelektrodenträger (6) mit Abstand umgebende Wandung (8) auf den Endteil (60) aufgesetzt, aufgesteckt oder aufgeschraubt und/oder durch Schweißen befestigt ist."
X. Im Vergleich zu Hilfsantrag II wurde in Anspruch 1 des Hilfsantrags IIbis das Merkmal "dass der Masseelektrodenträger (6) und die Wandung (8) von diesem Endteil (60) getragen sind" ersatzlos gestrichen. Weiterhin enthält der Antrag Ansprüche 15 bis 28, die den von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Ansprüchen 1 bis 14 entsprechen.
XI. Mit Hilfsantrag IIIbis wurde ausschließlich die Beschreibung geändert. Die Beschwerdeführerin begehrt, diese Beschreibung dem Patent in geänderter Fassung auf Grundlage des am 16. Mai 2019 eingereichten und von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Anspruchssatzes gemäß dem damaligen Hilfsantrag 2 zugrunde zu legen.
In der Beschreibung des Hilfsantrags IIIbis wurden im Vergleich zu der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Fassung der Beschreibung mehrere Änderungen durchgeführt:
- in Absatz [0009] die Ersetzung von "In nicht beanspruchten Ausführungsformen kann vorgesehen sein, dass" durch "Es ist vorteilhaft" sowie
- in Absatz [0024] die Streichung von "nicht beanspruchte(n)", sowie die Streichung der Einfügung "Wobei lediglich in Figur 5 eine erfindungsgemäße Ausführungsform dargestellt ist".
XII. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde sei zulässig. Entgegen der Ansicht der früheren Einsprechenden sei der zusätzliche Punkt hinter "Co" in der Bezeichnung der Beschwerdeführerin (Innio Jenbacher GmbH & Co. OG, statt Innio Jenbacher GmbH & Co OG) in der Beschwerdeschrift ein reines Versehen und es habe zu keinem Zeitpunkt eine Unsicherheit darüber bestanden, wer die Beschwerde eingelegt habe.
Hauptantrag
Der Einwand mangelnder Ausführbarkeit sei von der Einspruchsabteilung ermessensfehlerhaft zugelassen worden. Zum einen sei der Einspruchsgrund verspätet vorgebracht worden und die Einsprechende habe keine Erklärung hinsichtlich der Verspätung abgegeben. Außerdem könne der Einspruchsgrund nicht prima facie relevant gewesen sein, denn in diesem Fall hätte die Einspruchsabteilung den Grund von sich aus in den Ladungshinweisen einführen müssen. Die Einspruchsabteilung sei auch nicht in eine Prüfung der prima facie Relevanz eingetreten. Der Hauptantrag sei allenfalls unklar. Aus einer mangelnden Klarheit ergebe sich jedoch nicht zwingend eine mangelnde Ausführbarkeit.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei zudem ausreichend offenbart im Sinne des Artikels 100 b) EPÜ. Nur weil ein Anspruch breit gefasst sei, bedeute dies nicht, dass dieser nicht ausführbar ist. Der beanstandete Widerspruch zwischen den Adjektiven "aufgesetzt" in Anspruch 1 einerseits und "einstückig" in den abhängigen Ansprüchen 4 bzw. 12 andererseits bestehe nicht. Zudem sei die Breite eines Anspruchs gemäß ständiger Rechtsprechung eine Frage der Klarheit, und somit kein Einspruchsgrund.
Das Vorliegen einer mangelnden Ausführbarkeit setze zudem voraus, dass dem Fachmann kein Weg und keine mit dem Wortlaut des Anspruchs in Einklang zu bringende Lehre aufgezeigt werde. Gemäß Absatz [0048] des Streitpatents könne das Endteil mit den anderen Komponenten jedoch auf andere Weise, z.B. durch Aufsetzen einstückig verbunden sein. Es sei nicht ausgeschlossen, dass es durch Aufsetzen zu einer einstückigen Ausbildung komme. Weder aus dem allgemeinen Sprachgebrauch noch aus der erstinstanzlichen Ladung oder durch die Auslegung durch das Landgericht Düsseldorf und das Oberlandesgericht Düsseldorf ergebe sich der von der Einsprechenden behauptete Widerspruch zwischen den Begriffen "aufgesetzt" in Anspruch 1 und "einstückig" in den Ansprüchen 4 und 12.
Aus Wahrig, Deutsches Wörterbuch, ergebe sich, dass "aufsetzen" die Bedeutung von "auf etwas anderes setzen, bauen, nähen usw." aber auch "aufstützen" haben könne (Beweismittel TMP2 aus dem Einspruchsverfahren). Beispielsweise resultiere ein auf ein Haus aufgesetztes Stockwerk in einem einstückigen Haus. Auch 3D-Druck oder Angießen falle unter den Schutzumfang des Anspruchs 4. Jedenfalls bestehe kein unauflösbarer Widerspruch zwischen den Begriffen "aufgesetzt" und "einstückig".
Es ergebe sich darüber hinaus aus den Absätzen [0004] bis [0006], [0013], [0045], [0048] sowie [0053] und auch aus Anspruch 1 des Streitpatents, dass der technische Effekt der Erfindung im Wesentlichen auf die Durchtrittsöffnungen der Vorkammer bzw. auf den Abstand zwischen Wandung und Masseelektrodenträger zurückzuführen sei. Insofern sei es für die Erfindung unerheblich, ob der am Endbereich aufgesetzte Teil einstückig oder aufgesetzt ausgeführt sei. Der Anspruch 1 sei daher allenfalls unklar. Klarheit sei jedoch kein Einspruchsgrund.
Hilfsantrag I und Ibis
Zu dem entsprechenden Einwand mangelnder Ausführbarkeit unter Artikel 83 EPÜ gegen den Hilfsantrag I und den Hilfsantrag Ibis verwies die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung auf ihren schriftlichen Vortrag.
Hilfsantrag II
Gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, 2019, IV.C.5.1.5 b)) sei es zulässig, einen erteilten unabhängigen Anspruch durch mehrere unabhängige Ansprüche zu ersetzen. Die Beschwerdeführerin habe statt mehrerer unabhängiger Ansprüche im unabhängigen Anspruch 1 des Hilfsantrags II Aspekte aus mehreren abhängigen Ansprüchen miteinander kombiniert. So sei die ursprüngliche Formulierung des Merkmals 1.4 durch die Aufnahme der Merkmale des Anspruchs 4 so beschränkt worden, dass es zu keiner Erweiterung des Schutzbereichs im Sinne des Artikels 123 (3) EPÜ komme.
Hilfsantrag IIbis
Die unzulässigen Änderungen im Merkmal "einstückig" und "aufgesetzt, aufgesteckt, oder aufgeschraubt und/oder durch Schweißen befestigt" seien von der Kammer erst während der mündlichen Verhandlung erwähnt worden.
Zudem sei der Beschwerdeführerin erst durch die Diskussion während der mündlichen Verhandlung klar geworden, dass die Kammer die Begriffe "einstückig" und "aufgesetzt" nicht als komplementär, sondern als sich gegenseitig ausschließend auslege. Daher sei die Einreichung des neuen Hilfsantrags IIbis als Reaktion hierauf gerechtfertigt.
Hilfsantrag IIIbis
Der Antrag überwinde die gegen den Hauptantrag vorgebrachten Einspruchsgründe und sei daher unter Regel 80 EPÜ zulässig. Artikel 84 EPÜ erfordere, dass in den Ansprüchen nicht etwas beansprucht werde, was in der Beschreibung nicht beschrieben wird. Dies bedeute aber nicht, dass in der Beschreibung nur das beschrieben werden dürfe, was von den Ansprüchen erfasst wird. Eine Anpassung der Beschreibung an geänderte Ansprüche sei nicht erforderlich, sofern die Ansprüche klar seien, da die Beschreibung dann nicht für die Interpretation des Anspruchs relevant sei.
XIII. Die von der ehemaligen Einsprechenden während ihrer Beteiligung am Beschwerdeverfahren schriftlich vorgebrachten Argumente lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde sei nicht von der Patentinhaberin, sondern von einer anderen Person eingereicht worden. Der Punkt (".") hinter "Co" in der Geschäftsbezeichnung der Patentinhaberin in deren Beschwerdeschrift (Innio Jenbacher GmbH & Co. OG) zeige, dass es sich nicht um die Patentinhaberin handele. Diese sei seit dem 27. März 2019 im Register eingetragen als: "Innio Jenbacher GmbH & Co OG"). Daher sei die Beschwerde nicht von einer Verfahrensbeteiligten eingelegt worden. Dies zeige auch die Entscheidung R 546/2009-4 des HABM (Anmerkung der Kammer: seit 2016 "Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum" (EUIPO)).
Hauptantrag
Der Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ stehe der Aufrechterhaltung des Streitpatents entgegen. Zwischen den Begriffen "aufgesetzt" in Anspruch 1 sowie "einstückig" in den abhängigen Ansprüchen 4 und 12 bestehe ein nichtauflösbarer Widerspruch.
Hilfsantrag I
Für den Hilfsantrag 1 gelte das zum Hauptantrag Gesagte entsprechend, sodass der Hilfsantrag I das Erfordernis des Artikels 83 EPÜ nicht erfülle.
Hilfsantrag II
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags II verstoße gegen Artikel 123 (3) EPÜ. Der Ausdruck "von ... getragen" sei entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin kein Synonym des Ausdrucks "auf ... aufgesetzt". Dies werde auch nicht durch den Auszug aus Wahrig, Deutsches Wörterbuch, zum Begriff "aufgesetzt" (TMP2) gestützt, da dort "von ... getragen" überhaupt nicht erwähnt werde. Auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch habe der Ausdruck "von ... getragen" eine breitere Bedeutung als "auf ... aufgesetzt". In genau dieser Bedeutung würden die beiden Ausdrücke auch in den ursprünglichen Unterlagen des Streitpatents verwendet. Mit dem Wechsel des im ursprünglichen Anspruch 1 enthaltenen Ausdrucks "von ... getragen" auf "auf ... aufgesetzt" sei während des Prüfungsverfahrens eine bewusste Einschränkung durch die Beschwerdeführerin vorgenommen worden. Durch die Rückkehr zum Ausdruck "von ... getragen" in Anspruch 1 des Hilfsantrags II werde daher der Schutzbereich des Anspruchs 1 erweitert.
Hilfsantrag IIIbis
In Hilfsantrag IIIbis sei unklar, welche der in den Figuren dargestellten Ausgestaltungen noch von Anspruch 1 umfasst sein sollen, und welche nicht mehr umfasst werden.
1. Zulässigkeit der Beschwerde - Artikel 108 EPÜ
Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig.
Der von der vormaligen Einsprechenden bemängelte Punkt hinter der Bezeichnung der Unternehmensform (Co. statt Co) stellt die Identifizierung der Beschwerdeführerin nicht in Frage. Die von der vormaligen Einsprechenden vorgelegte Entscheidung des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) (R 546/2009-4) betrifft einen anderen Fall, in dem die abweichende Bezeichnung auf eine gänzlich andere Unternehmensform ("GmbH & Co. KG" statt vormals "GmbH & Co." bzw. "GmbH + Co.") und damit auf ein anderes Unternehmen deutete. Vorliegend kann demgegenüber durch den Punkt hinter "Co" nicht der Eindruck entstehen, dass ein anderes Unternehmen die Beschwerde eingelegt hätte als die Patentinhaberin. Die Beschwerde ist folglich zulässig.
2. Hauptantrag - Artikel 100 b) EPÜ
2.1 Zulässigkeit des Einspruchsgrunds unter Artikel 100 b) EPÜ
Die Beschwerdeführerin bemängelt, dass die Einspruchsabteilung den neuen, von der Einsprechenden erst nach Ablauf der Einspruchsfrist geltend gemachten Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ ermessensfehlerhaft zugelassen habe.
Die Große Beschwerdekammer hat in ihrer Stellungnahme G 10/91 (Amtsblatt EPA, 1993, 420) die Befugnis der Einspruchsabteilung anerkannt, ausnahmsweise in Anwendung des Art. 114 (1) EPÜ Einspruchsgründe zu prüfen, die nicht in der Einspruchsschrift enthalten waren, sofern diese prima facie der Aufrechterhaltung des europäischen Patents ganz oder teilweise entgegenzustehen scheinen.
2.1.1 Teilweise wird vertreten, dass die Entscheidung einer Einspruchsabteilung, neues Vorbringen, z.B. neue Dokumente oder neue Einspruchsgründe im Einspruchsverfahren zuzulassen, in der Beschwerde überhaupt nicht überprüfbar ist, wenn die Entscheidung - wie hier - auf Grundlage dieses zugelassenen Vorbringens ergangen ist (T 1852/11, Gründe 1; T 26/13, Gründe 2; T 1201/14, Gründe 2; T 1568/12, Gründe 2.4). Andere Kammern schließen eine Überprüfung nicht grundsätzlich aus, beschränken diese jedoch auf das Vorliegen von Ermessens- oder Verfahrensfehlern (vgl. T 1549/07, Gründe 1.4; T 1652/08, Gründe 3.3; T 2197/11, Gründe 3.2; T 572/14, Gründe 2.2). Vorliegend muss dieser Streit nicht entschieden werden, da die Einspruchsabteilung bei der Zulassung dieses Einspruchsgrunds nicht ermessensfehlerhaft gehandelt hat. Die Argumente der Beschwerdeführerin betreffen nämlich überwiegend lediglich die Frage, ob die Einspruchsabteilung bei Anwendung korrekter Kriterien zum falschen Schluss gelangt ist. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammern ist es bei einer angefochtenen Ermessensentscheidung der ersten Instanz jedoch nicht Aufgabe der Beschwerdekammer, die Sachlage nochmals wie ein erstinstanzliches Organ zu prüfen, um zu entscheiden, ob sie das Ermessen in derselben Weise ausgeübt hätte (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, V.A.3.4.1 b), IV.C.4.5.2). Eine Beschwerdekammer sollte sich daher nur dann über die Art und Weise, in der die erste Instanz bei einer Entscheidung in einer bestimmten Sache ihr Ermessen ausgeübt hat, hinwegsetzen, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass die erste Instanz ihr Ermessen nach Maßgabe der falschen Kriterien, unter Nichtbeachtung der richtigen Kriterien oder in willkürlicher Weise ausgeübt hat und damit ihr eingeräumtes Ermessen überschritten hat (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 10. Auflage, 2022, IV.C.4.5.2). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da die Einspruchsabteilung überprüft hat, ob der verspätete geltend gemachte Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ prima facie relevant ist. Dies ist gemäß der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 10/91 das bei der Zulassung neuer Einspruchsgründe heranzuziehende Kriterium.
2.1.2 Bereits aus dem allgemeinen Sprachgebrauch von "aufgesetzt" und "einstückig" ergibt sich eine Unvereinbarkeit der beiden Adjektive ohne Weiteres. Die mangelnde Ausführbarkeit ist folglich prima facie bereits unter Berücksichtigung lediglich der Patentansprüche erkennbar gewesen.
Die Einspruchsabteilung ist unter Punkt 12.2.1 der angefochtenen Entscheidung zu der Erkenntnis gelangt, dass "der verspätet eingereichte Einspruchsgrund nach Artikel 100(b) EPÜ ....in Entsprechung mit der G 10/91 nach Artikel 114(1) EPÜ in das Verfahren aufgenommen" wird und dass sich bei korrekter Auslegung aus den Begriffen "aufgesetzt" und "einstückig" ein Widerspruch ergibt, der dazu führt, dass "prima facie mangelnde Ausführbarkeit vorzuliegen scheint". Daraus ergibt sich, dass die Einspruchsabteilung das Kriterium der prima facie Relevanz angewendet hat.
2.1.3 Aus der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer ergibt sich im Übrigen auch nicht, dass neben der prima facie Relevanz zwingend weitere Kriterien zu prüfen wären. Vor diesem Hintergrund kann die Zulassung des Einspruchsgrunds der mangelnden Ausführbarkeit nicht deshalb als ermessensfehlerhaft eingeordnet werden, weil die Einspruchsabteilung zur Frage der Entschuldbarkeit der Verspätung keine ergänzenden Ausführungen gemacht hat.
2.1.4 Auch der Umstand, dass die Einspruchsabteilung den Einspruchsgrund in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Begriffe "aufgesetzt" und "einstückig" zugelassen hat, begründet keinen Ermessensfehler.
2.1.5 Selbst wenn die Einspruchsabteilung, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, bei der Auslegung des Begriffs "aufgesetzt" von ihrer vorläufigen Meinung abgewichen sein sollte, begründet das keinen Ermessensfehler. Die Mitteilung einer vorläufigen Rechtsansicht ist naturgemäß nicht abschließend und beruht auf zahlreichen Vorüberlegungen, deren Änderung eine gänzlich andere Betrachtung der Relevanz von Einwendungen, Dokumenten oder Einspruchsgründen mit sich bringen kann. Dies gilt insbesondere auch für die Änderung der Auffassung zur Anspruchsauslegung. Diese kann die Bedeutung eines Einspruchsgrundes beeinflussen und dazu führen, dass dieser unter Zugrundelegung der neuen Auslegung auf den ersten Blick relevant ist. Damit ist der Einspruchsgrund prima facie relevant, auch wenn diese Auslegung sich erst im Laufe des Verfahrens herauskristallisiert hat. Maßgeblich für die prima facie Relevanz sind insoweit inhaltliche Kriterien und nicht der chronologische Verlauf des Verfahrens.
Die Kammer ist daher zu dem Schluss gekommen, dass die Zulassung des Einspruchsgrundes unter Artikel 100 b) EPÜ in das Einspruchsverfahren keine Ermessensfehler der Einspruchsabteilung erkennen lässt und daher dahinstehen kann, ob die Entscheidung den Einspruchsgrund zuzulassen, überhaupt überprüfbar wäre.
2.2 Begründetheit des Einwands unter Artikel 100 b) EPÜ
2.2.1 Inhaltlich ist das Vorgehen der Einspruchsabteilung nicht zu beanstanden, da der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung tatsächlich entgegensteht.
Die Kammer merkt an, dass der Parteivortrag zur Zulassung des Einspruchsgrunds nach Artikel 100 b) EPÜ einige Fragen der Zulässigkeit mit solchen der Begründetheit vermengt. Letztere werden der Übersichtlichkeit halber daher gemeinsam mit dem weiteren Vortrag zur Begründetheit des Einwands abgehandelt.
2.2.2 Die Kammer ist zu der Auffassung gelangt, dass die von der Einspruchsabteilung herangezogene Definition von "aufgesetzt" nicht auf einer "extrem engen Definition" beruht, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen. Schließlich ist das Adjektiv "aufgesetzt" im Kontext des Anspruchs 1 zu verstehen. Dort betrifft es die Definition, dass "der Masseelektrodenträger (6) und die Wandung (8) auf diesem Endteil (60) aufgesetzt sind". Genau davon ging auch die Einspruchsabteilung aus, indem sie, wie im Protokoll der mündlichen Verhandlung auf Blatt 2 angegeben, feststellte, der Begriff "aufgesetzt" betreffe "zwei zunächst getrennte Bauteile, die mit einer Aufsetzbewegung miteinander in Kontakt gebracht werden".
Dies entspricht sogar nach verallgemeinerter und nicht, wie von der Beschwerdeführerin behauptet "extrem enger" Definition dem Wortlaut des Anspruchs 1. Dass nach dem Aufsetzen ein Kontakt vorhanden sein muss, hält die Kammer für ebenso inhärent im Anspruchswortlaut, wie die Tatsache, dass irgendeine Art von Bewegung während des "Aufsetzens" erforderlich ist.
2.2.3 Dass die Einspruchsabteilung hieraus schlussfolgert, dass "aufgesetzt" eine einstückige Ausbildung ausschließe, entspricht zudem nicht nur dem allgemeinen Sprachgebrauch der beiden Adjektive "aufgesetzt" und "einstückig", sondern sogar dem Inhalt des Absatzes [0048] des Streitpatents, wonach "Unter einstückig" vor allem verstanden werde, "dass der bzw. die jeweilige(n) Bauteil(e) keine Schweiß- oder Lötverbindung besitzen und aus dem gleichen Material gebildet bzw. als ein einziger nicht zusammengesetzter Teil vorliegen bzw. aus demselben Bauteil ausgeformt sind." (Hervorhebung durch die Kammer).
2.2.4 Das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argument, Absatz [0048] des Patents beschäftige sich lediglich mit einer "möglichen Ausführungsform" einer "Einstückigkeit", findet im Wortlaut des Absatzes [0048] keinen Niederschlag und überzeugt die Kammer daher nicht. Die Formulierung "vor allem" in Absatz [0048] ändert nichts am Wortlaut dieses Absatzes. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, durch das Aufsetzen einer Erweiterung auf ein zuvor bestehendes Element könne Einstückigkeit erreicht werden, wird durch den Wortlaut des Absatzes [0048] nach Auffassung der Kammer explizit ausgeschlossen, denn zusammengesetzte Teile sollen nach diesem Absatz nicht als einstückig verstanden werden.
Die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Beispiele aus Wahrig, Deutsches Wörterbuch, (Dokument TMP2) eignen sich nach Auffassung der Kammer nicht, den bestehenden Widerspruch aufzulösen. Laut Wahrig bedeutet "aufsetzen" "auf etwas anderes setzen, bauen, nähen". Die Beschwerdeführerin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach Aufsetzen eines Stockwerkes auf ein Haus dieses als einstückig anzusehen sei. Dieses Argument überzeugt die Kammer ebenfalls nicht. Ein Haus besteht stets aus einer Vielzahl von sogar unterschiedlichen Einzelteilen, die nicht als einstückig anzusehen sind.
2.2.5 Nach Auffassung der Kammer unterscheidet daher nicht nur das allgemeine Sprachverständnis, sondern explizit auch das Streitpatent selbst eindeutig zwischen "einstückig ausgebildet" und "aufgesetzt". Hieraus ergibt sich der in der angefochtenen Entscheidung bemängelte nicht auflösbare Widerspruch zwischen dem Merkmal 1.4 ("aufgesetzt") des Anspruchs 1 und dem Anspruch 4 bzw. dem Anspruch 12 ("einstückig ausgebildet"). Ein Bauteil kann nicht, wie in Anspruch 1 gefordert, auf ein anderes "aufgesetzt" und gleichzeitig, wie in Anspruch 4 oder 12 gefordert, "einstückig" mit diesem "ausgebildet" sein.
2.2.6 Sogar wenn eine weitergehende Interpretation der Begriffe vorgenommen und die Beschreibung des Patents hierzu herangezogen wird, ergibt sich im Ergebnis nichts anderes.
Die vom Landgericht bzw. vom Oberlandesgericht Düsseldorf vorgenommene Interpretation war für das Einspruchsverfahren nicht verbindlich. Zur diesbezüglichen vorläufigen Meinung der Kammer hat sich die Beschwerdeführerin nicht weiter geäußert, sodass für die Kammer kein Grund ersichtlich ist, von ihrer vorläufigen Meinung abzuweichen.
Das Landgericht Düsseldorf hat die gewählte Auslegung in dem parallelen Patentverletzungsverfahren ausweislich der von der Beschwerdeführerin auf den Seiten 3 und 4 ihrer Beschwerdebegründung zitierten Urteilspassage allein auf den Kontext der erteilten Ansprüche 1 und 4 gestützt. Diese Auslegung hält die Kammer zum einen für nicht überzeugend und zum anderen im Einspruchsbeschwerdeverfahren zur Erörterung einer mangelnden Ausführbarkeit auch für unangebracht.
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Artikels 100 b) EPÜ, dass bei der Prüfung der Ausführbarkeit einer beanspruchten Erfindung das Patent als Ganzes heranzuziehen ist. Der Auslegung des Landgerichts Düsseldorf, "Unteranspruch 4" konkretisiere die technischen Anweisungen des Hauptanspruchs, so "dass der Begriff "aufgesetzt", soweit er im Patentanspruch 1 verwendet wird, nicht dasselbe besagen kann wie der Begriff "aufgesetzt" im Rahmen von Unteranspruch 4", folgt die Kammer daher entsprechend dem Vortrag der vormaligen Einsprechenden auf Seite 13 ihrer Beschwerdeerwiderung, nicht.
2.2.7 Der von der Beschwerdeführerin genannten Entscheidung T 197/10 zur Stützung der These, dass solche Teile der Beschreibung, die einer deutlichen Definition der Patentansprüche widersprechen würden, unbeachtlich seien, liegt ein gänzlich anderer Sachverhalt zu Grunde, nämlich die Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit und nicht, wie vorliegend, die Beurteilung der Ausführbarkeit der Erfindung im Sinne des Artikels 100 b) EPÜ.
2.2.8 Auch das Argument der Beschwerdeführerin, der Schutzumfang des Anspruchs 4 sei auf Spezialfälle wie 3D-Druck oder Angießen beschränkt und folglich ausführbar, überzeugt die Kammer nicht. Das Streitpatent enthält hierfür keinerlei Grundlage. Im Gegenteil spricht Absatz [0048] des Streitpatents gegen eine derartige Auslegung.
2.2.9 Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin bezüglich der Abgrenzung der Artikel 83 und 84 EPÜ genannten Entscheidungen stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin insofern zu, dass die Breite eines Anspruchs das Klarheitserfordernis nach Artikel 84 EPÜ betreffen kann (vgl. T 2182/11, Gründe 2) und dass das Erfordernis der ausreichenden Offenbarung im Sinne von Artikel 83 EPÜ von dem Klarheitserfordernis des Artikels 84 EPÜ zu unterscheiden ist. Daraus folgt jedoch in keiner Weise, dass ein unklarer Anspruch nicht auch einen Offenbarungsmangel im Sinne des Artikels 100 b) bzw. 83 EPÜ aufweisen kann (vgl. T 593/09, Gründe 4.1.4). Die Tatsache, dass zwei Einwände gegen einen Anspruch voneinander unterscheidbar sind, bedeutet nämlich nicht, dass sie sich zwingend gegenseitig ausschließen müssen.
2.2.10 Zu der von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidung T 1440/08 merkt die Kammer an, dass der darin entschiedene Fall anders gelagert war. Anders als in T 1440/08 entsteht im vorliegenden Verfahren der Widerspruch zwischen den Ansprüchen 1 und 4 bzw. 12 des Hauptantrags nicht durch Aufnahme von Merkmalen aus einem erteilten abhängigen Anspruch während des Einspruchsverfahrens, wie in der Sache T 1440/08, sondern aufgrund von Merkmalen in Anspruch 1 der erteilten Fassung einerseits und in Anspruch 4 und 12 der erteilten Fassung andererseits. Eine Prüfung auf mangelnde Klarheit ist in einem derart gelagerten Fall nach der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 3/14, Entscheidungsgründe Nr. 79 bis 81, ausgeschlossen worden. Der Auffassung in der von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidung T 1440/08, die Aufnahme von Merkmalen eines erteilten abhängigen Anspruchs in einen erteilten unabhängigen Anspruch als Änderung anzusehen, ist laut G 3/14 nicht zu folgen, siehe dort Entscheidungsgründe Nr. 81.
2.2.11 Auch die während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgebrachten Argumente der Beschwerdeführerin überzeugen die Kammer nicht.
Hinsichtlich des technischen Effekts der beanspruchten Erfindung ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass dieser, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, im Wesentlichen auf die Durchtrittsöffnungen in der Vorkammer bzw. auf den Abstand der Wandung zum Masseelektrodenträger zurückzuführen ist. Es ist zwar richtig, dass in den von der Beschwerdeführerin zitierten Absätzen [0004] bis [0006], [0013], [0045], [0048] sowie [0053] und auch in Anspruch 1 des Streitpatents der Abstand der Wandung vom Masseelektrodenträger erwähnt ist. Gleichwohl sind sowohl in Anspruch 1, als auch in den Absätzen [0004] bis [0023] zur Erreichung des erfindungsgemäßen technischen Effekts weitere Merkmale des beanspruchten Gegenstands erwähnt. Laut Absatz [0004] des Streitpatents ist es zudem das Ziel der Erfindung, die Herstellung von Zündkerzen zu vereinfachen, komplexe Bauteile zu vermeiden, sowie die Zündkerze aus einfach herstellbaren Teilen aufzubauen, insbesondere für die Massenproduktion. Der genannte Abstand und die Durchtrittsöffnungen werden hierbei nicht erwähnt.
Die Kammer merkt hierzu ferner an, dass die Durchtrittsöffnungen der Vorkammer lediglich im Oberbegriff des Anspruchs 1 stehen und daher bereits fraglich ist, wie sie unter die in Absatz [0005] angegebene Definition der Erfindung fallen können, dass die gestellte Aufgabe durch alle Merkmale des Kennzeichens des Anspruchs 1 gelöst wird. Die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Gewichtung zugunsten des im Kennzeichen erwähnten Abstands der Wandung vom Masseelektrodenträger für das Erreichen des erfindungsgemäßen Effekts überzeugt die Kammer aus den angegebenen Gründen ebenfalls nicht.
2.2.12 Für die Frage, ob der Anspruch 1 im Hinblick auf die Ansprüche 4 und 12 ausführbar ist, kommt es darauf im Übrigen auch nicht an.
Bereits aus Absatz [0048] des Streitpatents ergibt sich, was unter "einstückig" zu verstehen ist. Dort heißt es, dass:
"Unter einstückig" vor allem verstanden werde, "dass der bzw. die jeweilige(n) Bauteil(e) keine Schweiß- oder Lötverbindung besitzen und aus dem gleichen Material gebildet bzw. als ein einziger nicht zusammengesetzter Teil vorliegen bzw. aus demselben Bauteil ausgeformt sind." (Hervorhebung durch die Kammer)
Der Inhalt des Absatzes [0048] deckt sich nach Auffassung der Kammer mit dem allgemeinen Sprachverständnis.
Vor diesem Hintergrund schließt sich die Kammer der Beschwerdeführerin nicht dahingehend an, dass zwischen "aufgesetzt" in Anspruch 1 und "einstückig" in Anspruch 4 und 12 kein Widerspruch bestehe.
Vielmehr schließen sich die beiden Ausdrücke gegenseitig aus, wie bereits von der vormaligen Einsprechenden in ihrer Erwiderung auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin vorgetragen worden ist. Hierbei schließt sich die Kammer auch der Auffassung der vormaligen Einsprechenden an, dass die Ausdrücke "einstückig" und "aufgesetzt", entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführerin, nicht als Synonyme anzusehen sind.
2.3 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gekommen, dass die Ansprüche 4 und 12 gemäß Hauptantrag das Erfordernis des Artikels 100 b) EPÜ nicht erfüllen.
Der Gegenstand des Hauptantrags ist daher unzureichend offenbart und der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ steht der Aufrechterhaltung des erteilten Patents entgegen.
3. Hilfsanträge I und Ibis - Artikel 83 EPÜ
Die Hilfsanträge I bzw. Ibis erfüllen das Erfordernis des Artikels 83 EPÜ nicht.
Die gegen den Hauptantrag vorgebrachten Einwände unter Artikel 100 b) EPÜ gelten für die Hilfsanträge I und Ibis entsprechend.
Die Beschwerdeführerin hat zur mangelnden Offenbarung dieser Hilfsanträge lediglich auf ihr schriftliches Vorbringen verwiesen. Dieses enthält jedoch keine weiteren Argumente zur Substanz des Einwandes gegen den zwischen dem Anspruch 1 und dem anhängigen Anspruch 4 bzw. 12 bestehenden Widerspruch, welcher oben bereits zum Hauptantrag erörtert worden ist. Die erteilten abhängigen Ansprüche 4 und 12 sind im Hilfsantrag I unverändert enthalten. Im Hilfsantrag Ibis ist der erteilte abhängige Anspruch 12 unverändert enthalten. Damit gilt der Einwand gegen den Hauptantrag, dass zwischen Anspruch 1 und 12 ein Widerspruch besteht, der zu einer mangelnden Ausführbarkeit führt, entsprechend auch für die Hilfsanträge I und Ibis.
Die Kammer ist daher zu der Auffassung gelangt, dass die Hilfsanträge I und Ibis unter Artikel 83 EPÜ nicht gewährbar sind.
4. Hilfsantrag II - Artikel 123 (3) EPÜ
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags II verstößt gegen Artikel 123 (3) EPÜ.
Im Anspruch 1 wurden im Vergleich zum erteilten Anspruch 1 im Kennzeichen drei Änderungen vorgenommen.
Erstens wurde hinsichtlich des Masseelektrodenträgers und der Wandung geändert, dass diese "von diesem Endteil getragen sind" und der vorherige Begriff "aufgesetzt" wurde gestrichen.
Zweitens wurde geändert, dass "der Endteil (60) mit dem Masseelektrodenträger (6) einstückig ausgebildet ist".
Drittens wurde geändert, dass "die den Masseelektrodenträger (6) mit Abstand umgebende Wandung (8) auf den Endteil (60) aufgesetzt, aufgesteckt oder aufgeschraubt und/oder durch Schweißen befestigt ist."
Die dritte Änderung verstößt bereits für sich genommen gegen Artikel 123 (3) EPÜ. Durch die dritte Änderung wurde der erteilte Ausdruck, dass die Wandung "auf den Endteil aufgesetzt ist" dahingehend erweitert, dass die Wandung stattdessen nun auch "aufgesteckt oder aufgeschraubt und/oder durch Schweißen befestigt" sein kann.
Die dritte Änderung stellt somit eine Erweiterung dar, da die Wandung anstatt aufgesetzt jetzt auch anders "von dem Endteil" getragen sein kann.
Daran ändert auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin nichts, durch die Aufnahme von Merkmalen aus dem abhängigen Anspruch 4 in den unabhängigen Anspruch 1 sei der geänderte Ausdruck "von diesem Endteil (60) getragen" derart eingeschränkt worden, dass keine Erweiterung des Schutzumfangs vorliege.
Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Einschränkungen betreffen nur Teile des im erteilten Anspruch 1 enthaltenen Merkmals, "dass der Masseelektrodenträger (6) und die Wandung (8) auf diesem Endteil (60) aufgesetzt sind". Jedenfalls ist laut dem geänderten Anspruch 1 die Wandung nicht mehr zwingend "auf dem Endteil (60) aufgesetzt", sondern kann stattdessen auch "aufgesteckt oder aufgeschraubt und/oder durch Schweißen befestigt" sein.
Auch die von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht, dass der Begriff "aufgesetzt" den Schutzbereich des erteilten Anspruchs 1 nicht habe begrenzen können, weil er bei einschränkendem Verständnis nicht mit dem erteilten Anspruch 4 vereinbar gewesen wäre, überzeugt die Kammer nicht. Wie bereits dargelegt, beeinflusst die Widersprüchlichkeit der Begriffe nicht die Auslegung des Merkmals "aufgesetzt". Damit hatte der erteilte Anspruch 1 einen klar umrissenen Schutzbereich, beschränkt durch das Merkmal "aufgesetzt". Diese Beschränkung ist in Anspruch 1 des Hilfsantrags II entfallen, so dass der Schutzbereich entgegen Artikel 123 (3) EPÜ erweitert wurde.
Der Hilfsantrag II ist folglich nicht gewährbar.
5. Hilfsantrag IIbis - Artikel 13 (1) VOBK 2020
Die Kammer hat ihr Ermessen unter Artikel 13 (1) VOBK 2020 dahingehend ausgeübt, den Hilfsantrag IIbis nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen, da er prima facie nicht geeignet ist, den gegen den Hilfsantrag II vorliegenden Einwand unter Artikel 123 (3) EPÜ zu überwinden.
Anspruch 1 des Hilfsantrags IIbis enthält nach wie vor die bereits zum Hilfsantrag II als gegen Artikel 123 (3) EPÜ verstoßend festgestellte Änderung, dass die Wandung nicht mehr zwingend "auf dem Endteil (60) aufgesetzt", sondern stattdessen auch "aufgesteckt oder aufgeschraubt und/oder durch Schweißen befestigt" sein kann. Der Hilfsantrag IIbis ist daher prima facie nicht geeignet, diesen Einwand gegen Anspruch 1 des Hilfsantrags II zu überwinden.
6. Hilfsantrag IIIbis - Artikel 84 EPÜ
Der Hilfsantrag IIIbis erfüllt nicht die Erfordernisse des Artikels 84 Satz 2 EPÜ.
Ungeachtet der Frage, ob der Hilfsantrag IIIbis nicht bereits gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 im Verfahren von der ersten Instanz einzureichen und zur Entscheidung gebracht hätte werden müssen, ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass der Hilfsantrag IIIbis das Erfordernis des Artikels 84 EPÜ, dass die Ansprüche durch die Beschreibung gestützt sein müssen, nicht erfüllt.
Zwar argumentiert die Beschwerdeführerin ausgehend von der Entscheidung T 1989/18, Entscheidungsgründe Nr. 5, dass, falls die Ansprüche kein Klarheitsproblem aufweisen, die Beschreibung keinen Anlass für eine Unklarheit des beanspruchten Gegenstandes bieten könne.
Dem schließt sich die Kammer jedoch nicht an. Die in der Entscheidung T 1989/18 zugrunde gelegte Gewichtung der in Artikel 84 Satz 2 EPÜ genannten Kriterien zugunsten der Klarheit der Ansprüche, ist Artikel 84 EPÜ nicht zu entnehmen. Vielmehr schließt sich die Kammer diesbezüglich der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern an, wie sie auch jüngst in den Entscheidungen T 1516/20, Entscheidungsgründe Nr. 5, T 1024/18, Entscheidungsgründe Nr. 3.1, sowie T 2293/18, Entscheidungsgründe Nr. 3.3 bestätigt worden ist. In den genannten Entscheidungen ist sehr deutlich und überzeugend aufgezeigt worden, dass das Kriterium der Stützung der Ansprüche durch die Beschreibung in Artikel 84 Satz 2 EPÜ ein eigenständiges Kriterium ist, das nicht der Klarheit der Ansprüche unterzuordnen ist.
Die Beschreibung ist daher gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern an geänderte Ansprüche anzupassen, wie dies im vorliegenden Fall bereits augenscheinlich auch von der Einspruchsabteilung hinsichtlich des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Antrags gefordert worden ist. Dies bedeutet unter anderem, dass nicht mehr unter den geänderten Anspruchswortlaut fallende Ausführungsformen in der Beschreibung als solche zu kennzeichnen sind. Für die mit dem Hilfsantrag IIIbis vorgelegte Beschreibung ist dies nicht der Fall. Laut dem Kennzeichen des Anspruchs 1 gemäß dem von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Anspruchssatz (Hilfsantrag 2 vom 16. Mai 2019) sind am Endbereich der beanspruchten Zündkerze drei Teile aufgesetzt, nämlich der Endteil, der Masseelektrodenträger und die Wandung, wie bereits von der vormaligen Einsprechenden in ihrer Beschwerdebegründung auf Seite 11 oben vorgetragen. Daher fallen sämtliche Ausführungsformen, die lediglich einen zweiteiligen Aufbau am Endbereich haben, nicht mehr unter den Anspruch 1 und sind entsprechend zu kennzeichnen. Vorliegend hat, wie bereits der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Fassung zu entnehmen, lediglich die Ausführungsform nach Figur 5 einen dreiteiligen Aufbau am Endbereich.
Da die mit dem Hilfsantrag IIIbis vorgelegte Beschreibung nicht klarstellt, dass die beanspruchte Erfindung lediglich die dem Gegenstand der Ansprüche entsprechende Ausführungsform betrifft, besteht ein Widerspruch zwischen den Ansprüchen und der Beschreibung, aufgrund dessen die Ansprüche, entgegen dem Erfordernis des Artikels 84 Satz 2 EPÜ, nicht durch die Beschreibung gestützt sind.
Der Hilfsantrag IIIbis ist folglich ebenfalls nicht gewährbar.
7. Zusammenfassung
Da kein gewährbarer Antrag der Beschwerdeführerin vorliegt, hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.