T 0078/90 07-12-1993
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Schallgedämpfter Strömungskanal und Verfahren zu seiner Herstellung
Illbruck GmbH
SIEGENIA-FRANK KG
Offenkundige Vorbenutzung (nicht substantiiert)
Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (nach Änderung bejaht)
Novelty - public prior use - no
Novelty - yes
Inventive step - yes (after amendment)
I. Auf die am 28. April 1983 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 83 104 155.3 wurde mit Wirkung vom 30. Dezember 1986 das europäische Patent Nr. 0 095 582 erteilt.
II. Gegen das erteilte Patent wurden zwei Einsprüche eingelegt mit den Anträgen, das Patent aufgrund des Artikels 100 (a) EPÜ in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 01) hat zur Substantiierung geltendgemachter offenkundiger Vorbenutzungen Dokumente D1 bis D5 und D16 bis D18 (Numerierung gemäß der angefochtenen Entscheidung) vorgelegt und darüber hinaus Zeugenbeweis angeboten. Die Beschwerdeführerin und die weitere Verfahrensbeteiligte (Einsprechende 02) waren der Meinung, daß die offenkundigen Vorbenutzungen dem Gegenstand des Anspruchs 1 die Neuheit nehmen.
Die Einsprüche waren weiter auf den Einspruchsgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit gestützt im Hinblick auf folgende Dokumente:
D6: DE-A-2 749 665
D7: Zeitschrift "Automation", Band 21, Nr. 4, April 1974, Cleveland, USA, Seite 257, "Foam Cushions Sound"
D8: DE-A-2 930 162
D9: GB-A-1 510 712
D10: DE-A-2 659 551
D11: DE-A-2 609 872
D12: CH-A- 439 569
D13: US-A-3 174 682
D14: DE-C-2 408 028
D15: DE-A-2 437 947
In der mündlichen Verhandlung vom 20. Juli 1989 vor der Einspruchsabteilung hat eine Zeugenvernehmung zu den geltendgemachten offenkundigen Vorbenutzungen stattgefunden. In dieser mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin auch noch fehlende Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 gegenüber dem Offenbarungsinhalt der D6 geltend gemacht.
III. Mit Entscheidung vom 15. Januar 1990 hat die Einspruchsabteilung die Einsprüche zurückgewiesen.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß insbesondere die Offenkundigkeit der geltendgemachten Vorbenutzungen nicht nachgewiesen worden sei und daß der druckschriftlich belegte Stand der Technik weder die Neuheit noch die erfinderische Tätigkeit des Patengegenstandes in Frage stellen könne.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 7. Februar 1990 Beschwerde eingelegt, nachdem die vorgeschriebene Gebühr bereits am 3. Februar 1990 bezahlt worden war. Die Beschwerdebegründung wurde am 11. Mai 1990 eingereicht.
V. Zum Nachweis der im Einspruchsverfahren geltendgemachten offenkundigen Vorbenutzungen machte sie ein weiteres Zeugenangebot. Ferner hat sie mit Eingabe vom 26. Mai 1992 noch weitere offenkundige Vorbenutzungen geltend gemacht und hierzu ebenfalls Zeugenbeweis angeboten. Zum druckschriftlichen Stand der Technik hat sie zusätzlich auf einen Prospekt der Firma Freudenberg zusammen mit einem Datenblatt (D19) und die Zeitschrift IKZ, Fachzeitschrift für Sanitär-Heizung-Klima, 1. Ausgabe, Oktober 1981, 36. Jahrgang, Heft 19, Seiten 30. bis 34 (D20) verwiesen.
Mit Eingabe vom 3. Februar 1993 hat die Beschwerdeführerin den Antrag auf eine weitere Zeugenvernehmung zurückgenommen.
VI. In den Bescheiden vom 25. März 1992 und 25. November 1992 hat die Kammer mitgeteilt, daß nach ihrer vorläufigen Auffassung die vorgelegten Beweismittel und Zeugenaussagen, wie sie im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Juli 1989 im Einspruchsverfahren festgehalten sind, nicht als Beweis für die geltendgemachte offenkundige Vorbenutzung ausreichten. Insbesondere fehle nicht nur ein eindeutiger Nachweis, sondern auch ein Sachvortrag dafür, daß ein Gegenstand gemäß Anspruch 1 des Streitpatents der Öffentlichkeit tatsächlich zugänglich gemacht worden sei. Vor diesem Hintergrund wurde die Vernehmung von weiteren, durch die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren neu benannten Zeugen zu den Vorbenutzungen als nicht sinnvoll angesehen.
Die Kammer hat andererseits Bedenken geäußert, ob der Gegenstand nach Anspruch 1 des erteilten Patents auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, und hat diesbezüglich insbesondere auf die Dokumente D6, D8 und D15 hingewiesen.
VII. Am 7. Dezember 1993 hat eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer stattgefunden, zu der die Beschwerdeführerin und die weitere Beteiligte, wie vorher angekündigt, nicht erschienen sind.
In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) neue Ansprüche 1 bis 13 und eine neue Beschreibung (Spalte 1 bis 7) eingereicht.
Der geltende Anspruch 1 lautet:
"Schallgedämpfter Strömungskanal mit einer inneren Schicht aus offenzelligem, elastischem Weich-Schaumstoff, dadurch gekennzeichnet, daß als äußere Schicht ein elastischer, thermoplastischer, überwiegend geschlossenzelliger Schaumstoff verwendet wird, wobei die äußere Schicht aus einem Schaumstoff einer Dichte von 70 bis 200 kg/m3, vorzugsweise 100 bis 150 kg/m3 gebildet ist".
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte im schriftlichen Verfahren die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Ihr Vorbringen läßt sich wie folgt zusammenfassen:
Nachdem, wie auch von der Einspruchsabteilung in der Zeugenvernehmung festgestellt worden sei, die Lieferung einer Schlauchdüse, die dem Strömungskanal des Patentgegenstandes entspreche, an die Firma Montaplast ohne jegliche Geheimhaltung erfolgt sei, sei die offenkundige Vorbenutzung nachgewiesen, denn ein unbegrenzter Personenkreis hätte von dieser Lehre Kenntnis nehmen können.
Im einzelnen habe bei dem offenkundig vorbenutzten Strömungskanal die äußere Schicht aus "Trocelen", einem Polyäthylen-Schaumstoff, bestanden und die innere Schicht aus einem offenzelligen Polyurethanschaum, welcher unter dem Handelsnamen "BMX" verkauft werde. Diese Schaumstoffe entsprächen im wesentlichen den Schaumstoffen des Patentgegenstandes.
Derartige Schlauchdüsen seien, ebenfalls vor dem Prioritätstag des angefochtenen Patents, auch unmittelbar den Automobilfirmen VW und Opel angeboten worden.
Darüber hinaus seien auch Pumpenisolierungen, die den Aufbau des Patentgegenstands aufwiesen, vor dem Prioritätstag des angefochtenen Patents an die Firma Wilo geliefert worden.
In Hinblick auf diese offenkundigen Vorbenutzungen fehle dem Patentgegenstand die Neuheit.
Der Gegenstand des Streitpatents sei außerdem auch gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik nicht patentfähig, da er diesem gegenüber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die D6 zeige einen schalldämmenden, flexiblen Schlauch mit einer äußeren Hülle aus Schaumstoff, wobei weiter spezifiziert sei, daß die äußere Hülle aus einem einseitig geschlossenporigen Schaumstoff mit einer dichten, einstückigen Außenschicht oder einer Folie bestehe. Ein solcher Gegenstand entspreche im wesentlichen dem des Anspruchs 1 des erteilten Patents.
Wenn auch in dem in der D6 offenbarten Schlauch im Inneren ein Spiraldraht vorgesehen sei, so sei es doch für einen Fachmann klar, daß bei Anwendungsfällen, z. B. im Automobilbau, bei welchem der Strömungskanal eine bestimmte Gestalt annehmen soll, ein thermoplastisch bleibend verformbarer Schaumstoff als äußere Schicht verwendet werden solle. Für einen Fachmann habe es daher nahegelegen, einen thermoplastischen, überwiegend geschlossenzelligen Schaumstoff als äußere Schicht zu verwenden. Solche Schaumstoffe, wie z. B. "Trocelen" mit einer Dichte von 70-200 kg pro cbm seien bekannt gewesen. In der Auswahl eines Bereiches von 100-150 kg pro cbm könne auch nichts Erfinderisches gesehen werden, da diese Auswahl einem Fachmann nach dem Anwendungszweck, etwa der geforderten Steifigkeit etc., geläufig sei.
Auch die noch vorgelegte Kopie aus der Zeitschrift IKZ (D20) zeige bereits, daß warmverformtes PE zur Herstellung vorgeformter Kanäle üblich sei.
Des weiteren sei es auch aufgrund der D15 nicht mehr erfinderisch, in einen solchen warmverformten Schlauch noch zusätzlich einen Absorber aus offenzelligem Schaumstoff zu integrieren.
Darüber hinaus gehe es auch aus dem Prospekt der Firma Freudenberg, zusammen mit einem Datenblatt vom 18. Januar 1980 (D19) hervor, daß rohrförmige Umhüllungen für Staubsauger oder Wassersauger aus solchen Schaumstoffen gefertigt worden seien.
IX. Die weitere Beteiligte hat keine Anträge gestellt. Nach ihrem schriftlichen Vorbringen liege es für einen Fachmann ohne weiteres auf der Hand, ausgehend von dem in D6 offenbarten Strömungskanal den für eine erhöhte Steifigkeit bei gleichzeitiger Flexibilität vorgesehenen Spiraldraht wegzulassen, wenn schon mit der festen äußeren Schicht die Formgebung und bleibende Gestalt des Strömungskanals genügend gesichert werde, womit das Dokument D6 das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit beim angefochtenen Patent in Frage stelle. Des weiteren sei auch die D15 als besonders relevant zu bewerten, da zusätzlich zu einer Schicht aus geschlossenzelligem Weichschaum mindestens eine weitere Schicht aus offenzelligem Weichschaum vorgesehen sei. Die bekannte Anordnung könne auch ohne Zusammenwirken mit einer Wand als Absorber wirksam gemacht werden, weshalb der Fachmann keine Schwierigkeiten hätte, hieraus Schalldämpfer für Rohrleitungen zu erstellen. Aus der D15 sei genau die Lehre nach dem angefochtenen Patent herleitbar, wobei der Fachmann auch erkennen würde, daß es auf die dort vorhandenen Masseteilchen nicht ankomme, so daß diese auch weggelassen werden könnten. X. Die Beschwerdegegnerin beantragte, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen (Ansprüche 1 bis 13 und Beschreibung Spalte 1 bis 7) und den erteilten Zeichnungen aufrechtzuerhalten. Zur Stützung dieser Anträge hat sie im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Weder die Zeugenaussagen im Einspruchsverfahren noch das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin sei geeignet darzulegen, daß der Gegenstand nach den geltendgemachten offenkundigen Vorbenutzungen dem des angefochtenen Patents entspreche. Klar sei jedoch, daß - wie auch immer der gelieferte Schaumstoffkanal ausgesehen habe - dieser in die harten Halbschalen der Firma Montaplast eingesetzt wurde und daher die schalldämpfenden Eigenschaften des zweischichtigen Aufbaus nicht erkennbar waren. Außerdem werde die Offenkundigkeit der Vorbenutzung auch im Hinblick darauf bestritten, daß die Öffentlichkeit keinen Zugang zu der betriebsinternen Entwicklungen der Firmen Montaplast, Illbruck, VW und Opel gehabt habe. Im übrigen habe auch das Bundespatentgericht in dem parallel laufenden nationalen Beschwerdeverfahren nach einer ganztägigen Zeugeneinvernahme festgestellt, daß keine offenkundige Vorbenutzung stattgefunden habe.
Wenn ein Fachmann die D6 unvoreingenommen lese, so könne er ihr lediglich den Stand der Technik entnehmen, von dem das vorliegende Patent tatsächlich ausgehe, denn das Weglassen der inneren Abstützung des Kanals führe zwangsläufig zu einem Kanal mit harter, formstabiler Außenschicht und Schaumstoffauskleidung, wie er auch in der D8 offenbart sei.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 fordere, als äußere Schicht einen elastischen, thermoplastischen, überwiegend geschlossenzelligen Schaumstoff zu verwenden. Diese äußere Trägerschicht aus Schaumstoff sei im Gegensatz zu den bekannten Hartschalen zusätzlich schalldämmend, denn der durch die innere Schaumstoffschicht tretende Schall werde durch die äußere Schaumstoffschicht nicht wie bei einer Hartschale reflektiert, sondern absorbiert und der Restschall nach außen abgeleitet. Eine derartige schallwirksame Ausgestaltung der formgebenden äußeren Schicht könne auch nicht aus der D15 abgeleitet werden, denn diese Druckschrift befasse sich mit einem anderen Prinzip der Schalldämmung, nämlich der Einlagerung schwerer Masseteilchen zur Absorption von Luftschall in einem geschlossenzelligen Weichschaum mit einem mittleren Abstand der schweren Masseteilchen, der klein ist im Vergleich zur Wellenlänge des zu absorbierenden Luftschalls. Eine zusätzliche offenzellige Weichschaumschicht könne lediglich zu dem Zweck hinzugefügt sein, daß die mit schweren Massenteilchen versehene, einer starren Wand zugeordnete Schicht schwingen könne und die Schwingungen nicht durch die starre Wand behindert würden. Auch eine Kombination der Lehren der D6, D8 und D15 könne somit nicht zum Patentgegenstand führen.
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.
2. Änderungen
2.1. Der vorliegende Anspruch 1 ist eine Zusammenfassung der erteilten Ansprüche 1 und 2, welche inhaltlich den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 und 2 entsprechen.
Die von Anspruch 1 abhängigen Ansprüche 2 bis 8 und die Verfahrensansprüche 9 bis 13 entsprechen den erteilten Ansprüchen 3 bis 14, bzw. den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 3 bis 14.
Gegen die geltenden Ansprüche bestehen daher keine Einwände nach Artikel 123 (2) oder (3) EPÜ.
2.2. Die Beschreibung wurde an das neue Schutzbegehren angepaßt und es wurden einige Schreibfehler berichtigt. Die neue Beschreibung entspricht mithin ebenfalls den Erfordernissen des EPÜ.
3. Stand der Technik
3.1. Geltendgemachte offenkundige Vorbenutzungen
Zur Berücksichtigung einer geltendgemachten offenkundigen Vorbenutzung müssen nach geltender Rechtsprechung der Kammern (vgl. T 93/89, ABl. EPA 1992, 718 und T 194/86 - 3.2.1. vom 17. Mai 1988) folgende drei Voraussetzungen substantiiert und bewiesen werden:
1. Der Zeitpunkt der Benutzung,
2. der genaue Umfang der Benutzung und
3. die Umstände, unter denen die geltendgemachte Benutzung stattgefunden hat, d. h. die Art und Weise sowie der Ort der Benutzung und etwaige Geheimhaltungsvereinbarungen.
3.1.1. Geltendgemachte offenkundige Vorbenutzung hinsichtlich eines von der Firma Illbruck entwickelten Prototyps
Was die angebliche Lieferung des Prototyps einer Schlauchdüse von der Firma Illbruck an die Firma Montaplast anbelangt, so fehlt, wie die Kammer in ihrem Bescheid vom 25. März 1992 bereits dargelegt hat, ein eindeutiger Nachweis der Offenkundigkeit dieser Vorbenutzung, so daß es dahingestellt bleiben kann, ob der gelieferte Gegenstand tatsächlich dem Gegenstand des Anspruch 1 entsprach und auch als solcher von der Firma Montaplast erkannt und weitergegeben wurde.
Wie aus dem Protokoll der Vernehmung des Zeugen Schalla von der Firma Montaplast im Einspruchsverfahren hervorgeht, wurde das von der Beschwerdeführerin gelieferte Schlauchstück offenbar von der Firma Montaplast in schallharte äußere Halbschalen montiert und in dieser Form an die Firma Opel geliefert. Außerdem hat der Zeuge Schalla zwar ausgesagt, daß die Zusammenarbeit mit der Firma Illbruck keiner Geheimhaltung unterlag, dies bedeutet nach Auffassung der Kammer jedoch lediglich, daß keine ausdrückliche Geheimhaltungsverpflichtung vereinbart wurde, nicht aber, daß die bei solchen gemeinsamen Produktentwicklungen branchenübliche, stillschweigend vereinbarte Vertraulichkeit aufgehoben oder tatsächlich durch Weitergabe von etwaigen Kenntnissen an Dritte gebrochen wurde.
Nachdem die Beschwerdeführerin ihr Beweisangebot durch Vernehmung des Zeugen Orthey zurückgenommen hat, sieht die Kammer keinen Grund, dieser Sache weiter nachzugehen.
3.1.2. In Zusammenhang mit der weiteren geltendgemachten offenkundigen Vorbenutzung, nach der dem Patentgegenstand angeblich entsprechende Pumpenisolierungen an die Firma Wilo geliefert worden sind, hat der Zeuge Schmitz in der Zeugeneinvernahme ausgesagt, daß nur eine Variante, die außen mit hartem PE und innen mit Weichschaumstoff versehen war, geliefert worden sei. Ein solcher Gegenstand entspricht jedoch nicht dem Gegenstand des Streitpatents.
3.1.3. In ihrer Eingabe vom 26. Mai 1992 hat die Beschwerdeführerin noch geltend gemacht,daß Schlauchdüsen an die Firma VW geliefert worden seien und daß die Firma Wilo auf der Messe ISH in Frankfurt 1981 Pumpenisolierungen vorgestellt habe, die auch an Messebesucher verteilt worden seien. Es fehlen hierzu jedoch Einzelheiten zur Substantiierung, so daß die Relevanz dieses verspäteten Vorbringens nicht feststellbar ist. Im Hinblick auf diesen Mangel an Substantiierung und die Zurückziehung des Antrags auf Vernehmung hierzu benannter weiterer Zeugen (siehe die Eingabe vom 3. Februar 1993), macht die Kammer Gebrauch von ihrem Ermessen nach Artikel 114 (2) EPÜ und läßt dieses verspätete Vorbringen außer Betracht.
3.1.4. Aus vorstehenden Gründen sind die geltendgemachten offenkundigen Vorbenutzungen nicht dem Stand der Technik nach Artikel 54 EPÜ zuzurechnen.
3.2. Druckschriftlicher Stand der Technik
3.2.1. Die D6 offenbart einen schalldämmenden flexiblen Schlauch mit einer äußeren Hülle aus einem einseitig geschlossenporigen Schaumstoff (siehe die Beschreibung, Seite 1, unten, und Anspruch 1) mit einer dichten einstückigen Außenschicht oder -folie und einer weichen Schaumstoff- Innenseite zur Schalldämmung.
Dieser bekannte schalldämmende, flexible Schlauch weist an seiner Innenseite noch zusätzlich ein weitmaschiges Gewebe und eine Verstärkung in Form eines Spiraldrahts auf, die offensichtlich dazu dienen, die Stabilität des Schlauches beim Biegen zu gewährleisten. Sie haben für die Schalldämpfung als solche jedoch keine besondere Funktion (vgl. Seite 2, erster Absatz der D6).
3.2.2. Die D8 offenbart ein schalldämmendes, zur Be- und Entlüftung dienendes Rohrprofil mit harter Außenschale, das innen mit Absorptionsmaterial z. B. aus Schaumstoff verkleidet ist.
3.2.3. Die D15 offenbart Schallschluckmatten, die ihre schalldämmende Wirkung im wesentlichen dadurch erzielen, daß in ungleichmäßiger Anordnung schwere Masseteilchen in platten- oder bahnförmigen, ebenen oder gekrümmten Flächengebilden aus geschlossenzelligem Schaumstoff verteilt sind. Diese Platten können, wenn sie an einer Wand angebracht werden, mit einer offenzelligen Weichschaumschicht versehen sein, die zwischen der Platte und der Wand angeordnet wird. Auch können Rohrschalldämpfer aus einer einzelnen Platte oder auch aus zwei konzentrischen, rohrförmig gebogenen Platten geformt werden.
Auf Seite 12, letzter Absatz ist noch eine Ausführungsform mit "Halbkulissen" angedeutet. Diese enthalten ein offenporiges Kernmaterial, das von dem Absorptionsmaterial aus geschlossenzelligem Weichschaum mit den eingelagerten Masseteilchen umgeben ist, und können auf die Kanalwand aufgebracht werden. Als Material für den geschlossenzelligen Weichschaum wird ein vernetzter, elastischer und thermoplastischer Polyolefinschaum, z. B. Polyäthylenschaum genannt.
3.2.4. Der mit der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 26. Mai 1992 noch genannte Prospekt der Firma Freudenberg (D19) ist nicht datiert, so daß nicht klar ist, ob dieses Dokument zum Stand der Technik gehört; es zeigt aber im wesentlichen Schallschluckmatten, wie sie aus der D15 bekannt sind. Die Offenbarung der von der Beschwerdeführerin für relevant erachteten Schalldämpfer für Staub- und Wassersauger in der D19 lassen den genauen Aufbau dieser Schalldämpferteile, insbesondere ob mehrere Schaumstoffschichten verwendet sind, nicht erkennen.
Die D19 ist somit nicht relevanter als die D15. Die Kammer hat daher davon abgesehen, weiter zu ermitteln, ob dieses Dokument vorveröffentlicht wurde.
3.2.5. In der mit der Eingabe vom 26. Mai 1992 noch genannten D20 (Zeitschrift IKZ) wird zwar eine zur Isolierung dienende Schaumstoffschale genannt, die über ein Pumpengehäuse gestülpt und mit Clips befestigt wird. Dieser Entgegenhaltung ist jedoch nichts über Material und weiteren Aufbau dieser Isoliermanschette zu entnehmen.
3.2.6. Der im Einspruchsverfahren weiter zitierte druckschriftliche Stand der Technik (D7, D9 bis D14) ist im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegriffen worden. Da diese Druckschriften offensichtlich weiter von dem nun beanspruchten Gegenstand weg liegen als die D6, D8 und D15, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese Dokumente.
4. Neuheit
4.1. Die Neuheit des Anspruchsgegenstandes folgt schon daraus, daß keines der zitierten Dokumente einen Strömungskanal mit zweischichtigem Schaumstoffaufbau offenbart, bei dem die äußere, tragende Schicht eine geschlossenzellige Schaumstoffschicht mit einer Dichte von 70 bis 200 kg/cbm ist.
4.2. Zwar haben die Beschwerdeführerin und die weitere Beteiligte im schriftlichen Verfahren die Neuheit des Gegenstands nach dem erteilten Anspruch 1 aufgrund der D6 bestritten; wie aus der vorhergehenden Analyse dieses Standes der Technik jedoch hervorgeht, sind der D6 weder Schichten aus unterschiedlichen Schaumstoffen noch Werte für die Dichten von Schaumstoffen zu entnehmen, so daß dieser Einwand keinen Bestand haben kann.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1. Der nächstkommende Stand der Technik ist in der D8 offenbart. Dieser schalldämmende Strömungskanal weist die im Oberbegriff des Anspruchs 1 enthaltenen Merkmale auf. Die äußere Schicht besteht hierbei aus einer harten Schale aus Metall oder Kunststoff.
Die schalldämmenden Eigenschaften dieses bekannten Strömungskanals sind noch nicht optimal hinsichtlich der Abstrahlungsgeräusche, insbesondere infolge von Eigenschwingungen der schallharten Außenschicht. Darüber hinaus treten auch Probleme in bezug auf Reflexionen des noch nicht völlig absorbierten Schalls auf.
Demgegenüber dient die äußere Schicht des erfindungsgemäß ausgebildeten Strömungskanals zwar ebenfalls im wesentlichen der Formgebung und bleibenden Gestalt des Strömungskanals, vermeidet aber die Abstrahlung und Reflexion von Geräuschen, da sie auch schalldämmende Eigenschaften hat. Die innere Schicht aus einem offenzelligen Weichschaum bildet im wesentlichen den Resonanzabsorber (siehe auch die Beschreibung des Patents in Spalte 2, Zeile 2 bis 23).
5.2. Die zu lösende Aufgabe des Gegenstands nach Anspruch 1 kann somit darin gesehen werden, den aus der D8 bekannten, vorgeformten Strömungskanal hinsichtlich seiner schalldämmenden Wirkungen zu verbessern.
5.3. Dem Strömungskanal nach der D6 kann nichts zur Lösung dieser Aufgabe entnommen werden, da dort zusätzlich zur weichen inneren Absorptionsschicht eine feste und dichte äußere Schicht vorhanden ist, die, wenn vorgeformte Kanäle gebildet werden sollen, eventuell als feste Trägerschicht eingesetzt werden könnte. Der Strömungskanal nach D6 kann den Fachmann daher nicht zum beanspruchten Gegenstand leiten.
Die D15 betrifft eine Anordnung zur Luftschallabsorption in Form eines Masse-Feder-Systems. Dieses Prinzip wird in allen offenbarten Ausführungsformen beibehalten. Ist eine starre Wand oder ein Blechmantel vorhanden, dann wird eine offenzellige Weichschaumschicht zwischen der mit Masseteilchen beschwerten Weichschaumschicht und der Wand angeordnet. Dadurch kann die mit Masse behaftete Schicht schwingen und die Schwingungen werden nicht durch die Wand behindert. Es handelt sich hierbei also um ein völlig anderes Schalldämpfungsprinzip als bei der vorliegenden Erfindung, so daß hiervon keine Anregung in Richtung auf die beanspruchte Lösung ausgehen kann.
Auch die von der Beschwerdeführerin als besonders relevant erachtete Kulissen-Ausführungsform (Fig. 8) kann nicht zu dem Patentgegenstand führen, da zum einen das Masse-Feder-Prinzip der Schalldämmung auch hier Anwendung findet und zum anderen die Kulisse an einer schallharten Wand angebracht wird, die der Außenwand nach der D6 bzw. der D8 entspricht. Die Lehre, als äußere tragende Schicht eines zweischichtigen Strömungskanals eine geschlossenzellige Schaumstoffschicht der beanspruchten Dichte zu verwenden, die zugleich der Schallabsorption dient, läßt sich hieraus nicht ableiten und ergibt sich auch nicht aus der Zusammenschau dieser Druckschrift mit der D6 bzw. D8.
5.4. Zusammenfassend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß die Druckschriften D6, D8 und D15 weder für sich noch in ihrer Zusammenschau sowie in Verbindung mit dem übrigen Stand der Technik und dem einem Fachmann zu unterstellenden Wissen den Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit patenthindernd entgegenstehen (Artikel 56 EPÜ), so daß das Patent auf der Basis des vorliegenden Anspruchs 1 Bestand haben kann.
Bestandsfähig sind auch die abhängigen Vorrichtungsansprüche 2 bis 8, die vorteilhafte Ausgestaltungen des Gegenstandes des Anspruchs 1 beinhalten (Regel 29 (3) EPÜ).
6. Die Ansprüche 9 bis 13 betreffen Verfahren zur Herstellung eines Strömungskanals nach einem der Ansprüche 1 bis 8. Da der Schichtaufbau dieses Strömungskanals neu und erfinderisch ist, sind zwangsläufig auch diese Verfahren, welche das Zusammenfügen und die Formung der Schichten zur Herstellung dieses speziellen Schichtaufbaus betreffen, erfinderisch.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Erstinstanz zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent mit den folgende Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche 1 bis 13, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung (Spalte 1 bis 7), überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Zeichnungen wie erteilt.