T 0504/92 (Gedruckte Schaltungen) 09-03-1994
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Verfahren zum Herstellen von Leiterplatten mit starren und flexiblen Bereichen
Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Inventive step (no)
I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin des europäischen Patents Nr. 0 126 856.
Anspruch 1 dieses Patents lautet:
"1. Verfahren zum Herstellen von Leiterplatten mit starren (2) und flexiblen (3) Bereichen beliebiger geometrischer Formen, wobei die flexiblen Bereiche (3) als Träger eine flexible Folie (7) aufweisen und bei allen Bearbeitungs- und Bestückungsvorgängen mit den starren Bereichen fest verbunden sind und das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:
a) Eine unkaschierte oder einseitig metallkaschierte starre Basisplatte (1) wird an den Randzonen der vorgesehenen flexiblen Bereiche (3) durch Aneinanderreihen von Durchbrüchen (4) perforiert,
b) eine einseitig metallkaschierte flexible Folie (7) wird auf die Basisplatte aufgeklebt, wobei die als flexibel vorgesehenen Bereiche der Leiterplatte nicht verklebt werden,
c) die Weiterverarbeitung der Basisplatte mit aufgeklebter flexibler Folie erfolgt nach den bisher bekannten Verfahren zur Leiterbahnbildung, Lochung, Konturstanzung, Bestückung mit Bauteilen, Verlötung etc., und
d) durch Bruchtrennen, das durch leichtes Biegen entlang den Perforationslinien erfolgt, werden die starren von den flexiblen Bereichen der komplett aufgebauten Leiterplatte getrennt."
Ansprüche 2 bis 11 sind vom Anspruch 1 abhängig.
II. Die Beschwerdegegnerin hat gegen die Patenterteilung gemäß Artikel 100 (a) EPÜ Einspruch erhoben. Zur Stützung ihres Einspruchs nannte sie u. a. die Dokumente
D1: R. Braun, "Starr-flexible Leiterplatten", Sonderdruck aus Funkschau, Heft 1/1982, und
D2: DE-B-2 657 212.
III. Die Einspruchsabteilung trug in einem Zwischenbescheid vom 11. März 1991 vor, daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 des europäischen Patents sich von dem aus (D2) bekannten Verfahren nur darin unterscheide, daß die Sollbruchlinien der Basisplatte einer Leiterplatte mit starren und flexiblen Bereichen durch Aneinanderreihung von Durchbrüchen anstelle von Nuten gebildet werden. Da im Dokument (D1) auf die Austauschbarkeit dieser Merkmale ausdrücklich hingewiesen wird, vertrat die Einspruchsabteilung deshalb die Auffassung, daß dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 keine erfinderische Tätigkeit zugrunde liege. Im übrigen führte die Einspruchsabteilung u. a. aus, daß die zusätzlichen Merkmale des abhängigen Anspruchs 5 des Streitpatents Maßnahmen betreffen, die im Rahmen der geläufigen Überlegungen einer Fachperson liegen und keine überraschenden Effekte ergeben.
IV. Eine mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung fand am 9. März 1992 ohne Teilnahme der Einsprechenden statt.
Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) wies während der mündlichen Verhandlung darauf hin, daß der in der Akte sich befindende Sonderdruck (D1) dem in Funkschau, Heft 1/1982, erschienenen Artikel von R. Braun nicht entspräche. Dennoch erhob sie gegen die Berücksichtigung des dem besagten Artikel inhaltlich gleichkommenden Dokuments (D1) keine Einwände.
Die Patentinhaberin beantragte im Verfahren vor der Einspruchsabteilung die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung, hilfsweise gemäß einem von zwei Hilfsanträgen, denen während der mündlichen Verhandlung eingereichte Fassungen des geänderten Hauptanspruchs zugrunde liegen.
Anspruch 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag der Patentinhaberin unterscheidet sich vom erteilen Anspruch 1 dadurch, daß am Ende des Satzglieds (a) das Partizip "perforiert" durch "in Form von gestanzten Lochreihen perforiert, wobei der Abstand der einzelnen Lochungen dem genormten Abstand vorhandener Lochungseinrichtungen von Leiterplatten entspricht und derart gewählt ist, daß die verbleibenden Verbindungsstege schmal sind" ersetzt ist. Dem zweiten Hilfsantrag der Patentinhaberin nach ist das genannte Partizip durch "in Form von gestanzten ein- oder mehrfachen Lochreihen perforiert, wozu eine vorhandene Lochungseinrichtung mit für Leiterplatten genormtem Lochabstand benutzt wird, mit der durch Mehrfachstanzen beliebige Lochabstände, beispielsweise auch versetzte Lochreihen erzeugt werden können" ersetzt.
V. Die Einspruchsabteilung widerrief das europäische Patent.
VI. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt und beantragt, die besagte Entscheidung aufzuheben sowie festzustellen, daß die Einsprechende ihren Einspruch vor der mündlichen Verhandlung vom 9. März 1991 zurückgezogen habe.
VII. Die Geschäftsstelle der Kammer teilte der Beschwerdeführerin mit, daß der Akte nicht entnehmbar sei, daß die Einsprechende ihren Einspruch zurückgezogen habe.
VIII. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung läßt sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents unterscheidet sich von dem aus (D1) bekannten Verfahren zum Herstellen von Leiterplatten mit starren und flexiblen Bereichen dadurch, daß die flexible Folie vor dem Aufkleben unkaschiert oder einseitig metallkaschiert ist; daß die Leiterbahnen nach dem Verkleben der flexiblen Folie mit der starren Basisplatte hergestellt werden; daß die Verklebung in den als flexibel vorgesehenen Bereichen nicht erfolgt, und daß Lochung und Konturstanzung zu der Weiterverarbeitung der Leiterplatte gehören. Vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents waren diese Merkmale aus (D2) in Zusammenhang mit einem vergleichbaren Verfahren aber bekannt. Darüber hinaus gibt (D2) mit diesen Merkmalen ausführlichere Anweisungen zur Leiterbahnherstellung und Weiterverarbeitung der Leiterplatte, deren Kombination mit dem aus (D1) bekannten Verfahren lediglich eine Anwendung in einer analogen Situation darstellt. Dabei liegt es im Rahmen des technischen Könnens eines Fachmannes, das Material so zu wählen und die geeigneten Parameter, wie z. B. die Dicke der zu biegenden Schicht, so einzustellen, daß zwischen der Stabilität und der leichten Biegbarkeit eine optimale Einstellung gefunden wird. Schließlich darf das Merkmal einer beliebigen Form der Leiterplatten nicht als einschränkend angesehen werden. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 beruht deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hinsichtlich der Hilfsanträge ist festzustellen, daß das Vorhandensein solcher Merkmale wie "ein Abstand der einzelnen Lochungen ..., der derart gewählt ist, daß die verbleibenden Verbindungsstege schmal sind", "Durchbrüche in Form von gestanzten ... mehrfachen Lochreihen" und "eine Lochungseinrichtung ... mit der durch Mehrfachstanzen beliebige Lochabstände ... erzeugt werden können" den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht entnehmbar sei. Darüber hinaus mache der relative Begriff "schmal" und das Merkmal eines "genormten Lochabstands" keine klare Aussage im Sinne des Artikels 84 EPÜ. Um welche Norm es sich handle, sei dem Streitpatent nämlich nicht entnehmbar. Schließlich würden die in Anspruch 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag der Beschwerdeführerin aufgenommenen Merkmale des erteilten Anspruchs 5 Maßnahmen betreffen, die im Rahmen der geläufigen Überlegungen eines Fachmannes lägen und keine überraschenden Effekte hervorbrächten.
IX. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) trug im Verfahren vor der Einspruchsabteilung im wesentlichen folgendes vor:
Aus (D1) sei ein Verfahren zur Fertigung von starre und flexible Bereiche aufweisenden Leiterplatten bekannt, bei dem eine starre Basisplatte an den Randzonen der vorgesehenen flexiblen Bereiche durch Aneinanderreihen von Durchbrüchen perforiert wird. Somit könne der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen werden. Außerdem seien alle Verfahrensschritte des beanspruchten Verfahrens aus (D2) bekannt. Schließlich könne die Einbeziehung des ursprünglichen Anspruchs 5 in den Anspruch 1 den Mangel an erfinderischer Tätigkiet nicht beheben, denn sie betreffe lediglich eine im Belieben des Fachkundigen gelegene Auswahl.
X. Die Beschwerdeführerin brachte zur Stützung ihrer Anträge die folgenden Argumente vor:
Erheblich für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei der Unterschied der Gestaltung der Konturen einer Leiterplatte zwischen (D1) und dem Anspruch 1 des Hauptantrags. Gemäß letzterem sei an den Randzonen der flexiblen Bereiche eine Perforation vorgesehen, deren optimale Anordnung ermögliche, den Forderungen nach leichtem Bruchtrennen und ausreichender Festigkeit während eines Bestückungsvorgangs gerecht zu werden. Dagegen werde in (D1) auf mögliche Beschädigungen der Leiterbahnen beim Biegen einer Basisplatte entlang einer Aneinanderreihung von Druchbrüchen aufmerksam gemacht und, ähnlich wie in (D2), vorgeschlagen, die Trennlinien aus dem starren Träger herauszufräsen.
Mit Rücksicht auf Spalte 4 des europäischen Patents, Zeilen 5 bis 16, kann die Beschwerdeführerin die Auffassung der Einspruchsabteilung auch nicht teilen, nach der in Anspruch 1 aufgenommene zusätzliche Merkmale der Hilfsanträge in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht offenbart seien. Zwar sei das "Mehrfachstanzen" nicht explizit erwähnt, jedoch sei es beim Einsatz der erwähnten Lochungseinrichtungen allgemein bekannt und üblich. Die Aufnahme des Merkmals "daß die verbleibenden Verbindungsstege schmal sind" sei zulässig, denn die dadurch erzielbare Wirkung, nämlich das Bruchtrennen der Leiterplatte durch leichtes Biegen, ist in der Beschreibung eindeutig herausgestellt. In dieser Hinsicht seien die Entscheidungen T 17/86 (ABl. EPA 1989, 297-301 und 415) und T 37/82 (ABl. EPA 1984, 71-75) aufzuführen. Schließlich handle es sich bei der angeführten Norm um die DIN 40801, Blatt 1, in der sichergestellt werden soll, daß die Leiterplatten und die darauf zu montierenden Bauteile zusammenpassen.
Die Beschwerdeführerin hat die Feststellung der Geschäftsstelle der Kammer hinsichtlich einer mutmaßlichen Zurücknahme des Einspruchs nicht angefochten.
1. Wie von der Geschäftsstelle der Kammer zu Recht festgestellt worden ist, geht aus der Akte nicht hervor, daß die Einsprechende ihren Einspruch zurückgezogen hat. Darüber hinaus stellt die Entscheidung T 197/88 (ABl. EPA 1989, 412) fest, daß die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens nach Zurücknahme eines Einspruchs unter die allgemeine Verpflichtung des Europäischen Patentamts fällt, wenn es dem Verfahrensstand nach voraussichtlich ohne zusätzliche Hilfe der Einsprechenden und ohne aufwendige Ermittlungen der Einspruchsabteilung zu einer Beschränkung oder zum Widerruf des europäischen Patents führen wird - siehe Absatz 3.2 der Entscheidungsgründe. Daraus ergibt sich, daß im vorliegenden Falle der Widerruf des Streitpatents auch noch bei Zurücknahme des Einspruchs rechtmäßig gewesen wäre, und daß die Kammer die Entscheidung der Einspruchsabteilung sachlich überprüfen muß - siehe auch Entscheidung T 629/90 (ABl. EPA 1992, 654), Absatz 2.2 der Entscheidungsgründe, in dem ausgeführt wird, daß die Zurücknahme eines Einspruchs jedenfalls keine unmittelbare verfahrensrechtliche Bedeutung hat, wenn die Einspruchsabteilung das europäische Patent widerrufen hat, und daß die Beschwerdekammer in diesem Falle die Entscheidung der Einspruchsabteilung von Amts wegen sachlich überprüfen muß.
2. Der in der Zeitschrift "Funkschau", Heft 1/1982, erschienene Artikel von R. Braun mit dem Titel "Starr- flexible Leiterplatten" unterscheidet sich von (D1) im wesentlichen nur dadurch, daß die zweite Abbildung des letztgenannten Dokuments fehlt. Die durch die zweite Figur des Dokuments (D1) vermittelte technische Lehre ergibt sich jedoch vollinhaltlich aus den dritten, vierten und fünften Absätzen des besagten, in Heft 1/1982 der Zeitschrift Funkschau erschienenen Artikels von R. Braun.
Somit unterliegt es nach Ansicht der Kammer keinem Zweifel, daß der Inhalt des Dokuments (D1) der Öffentlichkeit vor dem Anmeldetag des europäischen Patents zugänglich gemacht worden ist. Dies wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.
3. Hauptantrag der Beschwerdeführerin
3.1. Das Dokument (D2) bezieht sich auf ein Verfahren zum Herstellen von Leiterplatten mit starren und flexiblen Bereichen - siehe Bezeichnung. Dieses bekannte Verfahren weist die folgenden Schritte auf:
a) eine einseitig mit einer Kupferfolie (8) metallkaschierte starre Außenlage (3) wird an den Randzonen der vorgesehenen flexiblen Bereiche mit Nuten (4) versehen - siehe: Abbildung II; Spalte 4, Zeilen 8 bis 14; Spalte 2, Zeilen 46 bis 51 - und
b) eine einseitig mit einer Kupferfolie (10) metallkaschierte flexible Außenlage (1) wird durch Verpressen einer zwischengelagerten Verbundfolie (2) auf die Außenlage (3) aufgeklebt, wobei die als flexibel vorgesehenen Bereiche der Leiterplatte nicht verklebt werden - siehe: Spalte 4, Zeilen 8 bis 14; Spalte 1, Zeilen 51 bis 54; Spalte 2, Zeilen 52 bis 56.
Die Reihenfolge der beiden Schritte ergibt sich daraus, daß die Trennuten (4) vor dem Verpressen der Einzellagen auf der der flexiblen Lage zugewendeten Seite der starren Außenlage (3) hergestellt werden.
Die Abbildungen III und IV des Dokuments (D2) zeigen die Leiterplatte nach Ausbildung der Leiterbilder und es wird darauf hingewiesen, daß der herauszubrechende starre Teil (6) der Außenlage (3) nach dem Konturenschnitt bis nach dem Lötprozeß als Versteifung auf dem flexiblen Teil verbleiben kann - siehe: Abbildung IV; Spalte 4, Zeilen 14. bis 20; Spalte 3, Zeilen 21 bis 25. Außerdem liest man in (D2), daß bei Leiterplatten die elektrische Verbindung der einzelnen Lagen untereinander in Form von metallisierten Bohrungen hergestellt wird - siehe Spalte 1, Zeilen 61 bis 64. Somit sieht man, daß bei der Durchführung des bekannten Verfahrens
c) die Weiterverarbeitung der Basisplatte mit aufgeklebter flexibler Folie nach den bisher bekannten Verfahren zur Leiterbahnbildung, Lochung, Konturstanzung, Bestückung mit Bauteilen, Verlötung etc. erfolgt.
3.2. Die aus (D2) bekannte Erfindung sieht vor, daß zur Entfernung der starren Außenlagen in den flexiblen Bereichen entlang den Trennlinien auf der Außenseite der Außenlage (3) nach Ausbildung der Leiterbilder Nuten (5) hergestellt werden - siehe: Abbildung IV; Spalte 3, Zeilen 3 bis 7; Anspruch 1. Weiterhin besteht eine vorteilhafte Weiterbildung dieser Erfindung aber auch darin, "daß beim Nuten auf der Außenseite die Außenlage nicht vollständig durchtrennt wird und so der Teil der starren Außenlage über dem flexiblen Teil ... durch die stehengebliebene Schicht des Außenträgers mit dem starren Teil der Schaltung verbunden bleibt - siehe Spalte 3, Zeilen 15 bis 21. Diese Maßnahme stellt eigentlich die zu erfüllende Voraussetzung dar, unter der der besagte Teil der Außenlage als Versteifung während der Bestückung und der Verlötung dienen kann - siehe Spalte 3, Zeilen 21 bis 25. Gemäß dieser Weiterbildung sind deshalb die als Träger eine flexible Folie aufweisenden flexiblen Bereiche bei allen Bearbeitungs- und Bestückungsvorgängen mit den starren Bereichen fest verbunden.
Beim Stehenbleiben einer Schicht des Außenträgers ist es wegen unvermeidlicher Beschädigungen der Leiterbahnen auf der flexiblen Folie außerdem ausgeschlossen, die in den flexibel gewünschten Bereichen gelegenen Teile der starren Außenlage (3) durch Ausübung von parallel zu der Basisplatte orientierten Zugkräften herauszubrechen. Da der Begriff des Brechens im übrigen jeden Eingriff eines schneidenden Werkzeugs sowie jede thermische und/oder chemische Behandlung ausschließt, so folgt, daß bei der Durchführung des bekannten Verfahrens die nicht geklebten starren Bereiche durch Bruchtrennen, das nur durch Biegen entlang der Trennuten erfolgen kann, von den flexiblen Bereichen der komplett aufgebauten Leiterplatte getrennt werden. Darüber hinaus ist das Biegen auch leicht, denn die nach Ausbildung der Nuten (5) auf der Außenseite des Außenträgers verbleibende Schicht ist dünn.
Schließlich stellt das Merkmal, daß die starren und flexiblen Bereiche der herzustellenden Leiterplatten beliebiger geometrischer Form sind, kein wesentliches Merkmal des Patentbegehrens gegenüber dem aus (D1) bekannten Verfahren dar. Die Beschwerdeführerin hat das Gegenteil auch nicht behauptet.
3.3. Die Gegenargumente der Beschwerdeführerin treffen auf die obige Würdigung des Dokuments (D2) nicht zu, denn sie beziehen sich auf eine Ausbildung des dort offenbarten Verfahrens nach der die Außenlage (3) beim Nuten auf ihrer Außenseite vollständig durchtrennt wird.
Gegenüber der von der Einspruchsabteilung herangezogenen Weiterbildung des aus (D2) bekannten Verfahrens besteht deshalb das Neue des Verfahrens gemäß Anspruch 1 des Streitpatents lediglich darin, daß die Sollbruchlinien durch Aneinanderreihung von Durchbrüchen gebildet werden.
3.4. Das Dokument (D1) bezieht sich ebenfalls auf Verfahren zum Herstellen von Leiterplatten mit starren und flexiblen Bereichen. Gemäß einem aus (D1) bekannten Verfahren sind an den Stellen einer starren Basisplatte, wo die flexiblen Teile beginnen sollen, Sollbruchlinien vorgesehen, welche durch Einfräsen von Nuten oder durch Stehenlassen einiger weniger Stege erhalten werden können - siehe dritten Absatz.
Zwar wird in (D1) ausgeführt, daß beim Herausbrechen der zu entfernenden Teile der starren Basisplatte Schädigungen der durch die flexible Folie getragenen Leiterbahnen entstehen können, weswegen Verbesserungen des oben erwähnten Verfahrens vorgeschlagen werden. Dieses Risiko tritt jedoch nur deshalb auf, weil gemäß dem besagten, in (D1) als Stand der Technik gewürdigten Verfahren die einseitig metallkaschierte flexible Folie auch auf jene Teile der starren Basisplatte, die später entfernt werden müssen, aufgeklebt wird und sich beim Herausbrechen dieser starren Teile mit sehr kleinem Radius aufwölbt. Dabei kann es zumindest zu einer schädlichen Biege- oder Zugbeanspruchung der Kupferleiter kommen - siehe vierten und fünften Absatz.
Da in (D1) die Ursache möglicher Beschädigungen der flexiblen Folie bzw. der Leiterbahnen ausdrücklich anerkannt ist, erkennt aber der Fachmann, daß das aus (D2) bekannte Verfahren kein derartiges Risiko einbezieht. Den Ausführungen der Beschwerdeführerin zuwider wird ihm somit keine Anregung gegeben, dieses Verfahren so zu ändern, daß auf das Herausbrechen der nicht benötigten starren Teile verzichtet wird. Dagegen weist das Dokument (D1) ausdrücklich darauf hin, daß Bruchlinien sowohl durch eingefräste Nuten als auch durch Aneinanderreihungen von Durchbrüchen gebildet werden können, so daß dem sich gegenüber der Offenbarung in (D2) lediglich durch die Wahl der Durchbrüche unterscheidenden Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents keine erfinderische Tätigkeit zugrunde liegt - Artikel 56 EPÜ.
3.5. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag der Beschwerdeführerin ist deshalb nicht gewährbar.
3.6. Im übrigen stimmt die Kammer der Beschwerdegegnerin zu, daß die Offenbarung im Dokument (D2) das im Streitpatent beanspruchte Verfahren neuheitsschädlich trifft. In diesem Dokument wird nämlich aufgeführt, daß bei nicht vollständigem Durchtrennen der Außenlage (3) der starre Teil über den flexiblen Teil auch durch Stege mit dem starren Teil der Schaltung verbunden bleiben kann - siehe Spalte 3, Zeilen 15 bis 21. Da es zwischen Stegen zwangsläufig Durchbrüche gibt, so erweist sich, daß gemäß dieser alternativen Weiterbildung des aus (D2) bekannten Verfahrens die starre Basisplatte an den Randzonen der vorgesehenen flexiblen Bereiche durch Aneinanderreihen von Durchbrüchen perforiert wird.
4. Erster Hilfsantrag der Beschwerdeführerin
4.1. Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdegegnerin, daß die Aufnahme der Merkmale des Anspruchs 5 in den Anspruch 1 eine im Belieben des Fachmannes gelegene Auswahl darstellt. Es ist für den Fachmann nämlich naheliegend, sich "vorhandener - also: normgerechter - Lochungseinrichtungen" zu bedienen, um Sollbruchlinien in Form von Lochreihen herzustellen sowie die dabei übrigbleibenden Stege zwischen den Durchbrüchen schmal zu halten, wenn er der Forderung nach leichtem Bruchtrennen gerecht werden will. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag der Beschwerdeführerin beruht deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
Bereits aus diesem Grund kann dem ersten Hilfsantrag der Beschwerdeführerin nicht stattgegeben werden.
4.2. Darüber hinaus ist die Kammer ebenfalls der Meinung, daß Anspruch 1 unklar ist, denn das Streitpatent stellt keineswegs fest, um welche Norm es sich handeln soll - man bemerke, daß neben Deutschland auch andere Vertragsstaaten benannt worden sind, die ihre eigenen Normen haben. Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob der Gegenstand des ersten Hilfsantrags der Beschwerdeführerin über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.
5. Zweiter Hilfsantrag der Beschwerdeführerin
5.1. Das Merkmal, daß beim Herstellen einer Leiterplatte mit starren und flexiblen Bereichen die Perforierung der Basisplatte in Form von gestanzten Lochreihen erfolgen kann, wird in der ursprünglichen Anmeldung ausschließlich durch Anspruch 2 gestützt, welcher das "Mehrfachstanzen" nicht erwähnt.
Die Beschwerdeführerin hat diesen Sachverhalt in ihrer Beschwerdebegründung eingeräumt. Gestützt auf die Entscheidungen T 37/82 und T 17/86 hat sie zur Rechtfertigung der in Anspruch 1 ihres zweiten Hilfsantrags trotzdem vorgenommenen Änderungen entsprechend vorgebracht, daß das Mehrfachstanzen beim Einsatz der im Streitpatent erwähnten (vorhandenen) Lochungseinrichtungen allgemein bekannt und üblich sei.
5.1. Hinsichtlich der Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ wird in der Entscheidung T 37/82 im wesentlichen festgestellt, daß kein Verstoß gegen diesen Artikel vorliegt, wenn die in der ursprünglichen Anmeldung nicht erwähnte, vom Fachmann jedoch mühelos entnehmbare Wirkung einer in der besagten ursprünglichen Anmeldung eindeutig offenbarten Maßnahme entsprechend Regel 27 (1) d) EPÜ in der Beschreibung ausdrücklich hervorgehoben wird - cf. Abschnitt 2 der Entscheidungsgründe.
Mutatis mutandis ist eine ähnliche Voraussetzung im vorliegenden Falle jedoch nicht erfüllt, denn man kann der Eignung zum "Mehrfachstanzen" einer vorhandenen Lochungseinrichtung auch nicht mit viel Mühe entnehmen, daß mit dieser Einrichtung zwangsläufig "mehrfachgestanzt" wird, wenn mit ihr auch anders gestanzt werden kann.
5.3. Der Entscheidung T 17/86 entnimmt man, daß ein in der ursprünglichen Anmeldung nur in Verbindung mit anderen Merkmalen beschriebenes Merkmal nur dann in einem geänderten Anspruch für sich allein beansprucht werden kann, wenn für den Fachmann zweifelsfrei ersichtlich ist, daß dieses Merkmal auch einzeln zu dem gewünschten Ergebnis führt - cf. Abschnitt 2.3 der Entscheidungsgründe. Dies trifft auf den vorliegenden Fall jedoch nicht zu, denn das "Mehrfachstanzen" ermöglicht kein Bruchtrennen der Leiterplatte durch leichtes Biegen, wenn die übrigbleibenden Stege nicht zusätzlich hinreichend schmal sind.
5.4. Die Kammer stimmt deshalb der Einspruchsabteilung zu, daß der Gegenstand des zweiten Hilfsantrags der Beschwerdeführerin über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Somit ist dieser zweite Hilfsantrag im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ nicht gewährbar.
6. Es besteht deshalb kein Grund, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben. Im übrigen ist in der ursprünglichen Anmeldung nach Ansicht der Kammer nichts offenbart, das als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen werden könnte. Bei dieser Sachlage war es deshalb sachdienlich, eine sofortige Entscheidung zu erlassen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.