T 0788/92 (Weichlötverfahren/KERNER) 09-05-1996
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Verfahren zur Herstellung von elektronischen Komponenten unter Verwendung eines Weichlötflußmittels auf Carbonsäurebasis
Litton Precision Products International, Inc.
Zweigniederlassung für die Bundesrepublik Deutschland
Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja) - nicht naheliegende Alternative - Warnung im Stand der Technik
Entscheidung in mündlicher Verhandlung auf Basis neuer Ansprüche in Abwesenheit einer Partei - rechtliches Gehör (ja)
I. Der Beschwerdeführer (Einsprechende) hat gegen die am 23. Juni 1992 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Fassung, in der das Patent Nr. 215 773, das auf die aus der internationalen Anmeldung PCT/EP84/00143 hervorgegangene europäische Patentanmeldung 84 901 992.2 erteilt worden war, in geändertem Umfang aufrechterhalten werden kann, Beschwerde eingelegt.
Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100(a) EPÜ angegriffen worden. Der Einspruch war u.a. auf folgende Dokumente gestützt:
(1) DE-A-2 126 486,
(2) DE-B-2 137 329 und
(3) DE-A-2 820 656.
II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die in Artikel 100(a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang mit den in der mündlichen Verhandlung vom 30. April 1992 überreichten Ansprüchen 1 bis 5 nicht entgegenstünden. Anspruch 1 lautete:
"Verfahren zur Herstellung von elektrischen und elektronischen Komponenten, insbesondere von mit Bauelementen bestückten gedruckten Schaltungen durch Weichlöten mittels Lötmaschinen unter Verwendung eines Weichlötflußmittels auf der Basis von organischen Carbonsäuren, dadurch gekennzeichnet, daß das Weichlötflußmittel im Prinzip aus drei Bestandteilen besteht und zwar aus einem a) Aktivator-, b) Träger- und c) Lösemittelsystem, wobei das Aktivatorsystem aus jeweils 0,01-25 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtzusammensetzung,
a) mindestens einer alicyclischen Mono-, Di- oder Polycarbonsäure mit mindestens einem Kohlenstoffring,
b) mindestens einer gesättigten aliphatischen Monocarbonsäure mit 12-22 C-Atomen,
c) mindestens einer gesättigten aliphatischen Dicarbonsäure,
d) mindestens einer aliphatischen Ketocarbonsäure mit 3. -5 C-Atomen,
e) mindestens einem quartären Ammoniumsalz mit 4-19 C-Atomen
besteht, wobei die Mengen von b), d) und e) auch 0 sein können."
Anspruch 2 lautete - soweit hier relevant:
"2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß ..... das Trägersystem entweder aus
a) 0,01 - 35% einem natürlichen oder einem veresterten natürlichen Baumharz oder .....
besteht."
III. Zur Begründung der Beschwerde hat der Beschwerdeführer vorgetragen,
- daß der Anspruch 1, wegen der Verwendung der Worte "im Prinzip" unklar sei;
- daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber Dokument (1) nicht mehr neu sei;
- daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents in geänderter Form im Hinblick auf Dokument (1) nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, die auch nicht durch die vom Beschwerdegegner mit Schreiben vom 9. Juli 1993 vorgelegten Versuchsergebnisse gestützt werde; und
- daß es für den Fachmann im Hinblick auf Dokument (1) nahegelegen habe, die beanspruchte Kombination einer alicyclischen Carbonsäure mit einer organischen Dicarbonsäure als Aktivator zu verwenden.
IV. Auf eine Mitteilung nach Regel 71a EPÜ, in dem die Kammer darauf hingewiesen hatte, daß der im Einspruchsverfahren geänderte Anspruch 1 möglicherweise gegen die Vorschriften der Artikel 84 und 123 (2) EPÜ verstoße und dies in der mündlichen Verhandlung zu erörtern sei, hat der Beschwerdegegner (Patentinhaber) am 3. April 1996 neue Ansprüche 1 bis 5 eingereicht.
In der mündlichen Verhandlung, die am 09. Mai 1996 stattgefunden hat, wurden von der Kammer gegen diese Ansprüche weitere Einwände unter Artikel 123 (2) EPÜ erhoben. Der Beschwerdegegner hat daraufhin in der mündlichen Verhandlung einen erneut geänderten Anspruchssatz (Ansprüche 1 bis 5) vorgelegt, dessen Anspruch 1 lautet:
"Verfahren zur Herstellung von mit Bauelementen bestückten gedruckten Schaltungen durch Weichlöten mittels Lötmaschinen unter Verwendung eines Weichlötflußmittels auf der Basis von organischen Carbonsäuren, dadurch gekennzeichnet, daß das Weichlötflußmittel aus einem Aktivator-, Träger- und Lösemittelsystem besteht, wobei das Aktivatorsystem aus, jeweils bezogen auf die Gesamtzusammensetzung,
a) 0,01 bis 20 Gew.-% mindestens einer alicyclischen Mono-, Di- oder Polycarbonsäure mit mindestens einem Kohlenstoffring
b) 0,01 bis 25 Gew.-% mindestens einer gesättigten aliphatischen Monocarbonsäure mit 12 bis 22 C-Atomen,
c) 0,01 bis 10 Gew.-% mindestens einer gesättigten aliphatischen Dicarbonsäure mit 2 bis 10 C-Atomen,
d) 0,01 bis 10 Gew.-% mindestens einer aliphatischen Ketocarbonsäure mit 3 bis 5 C-Atomen,
e) 0,01 bis 5 Gew.-% mindestens einem quartären Ammoniumsalz mit 4 bis 19 C-Atomen, besteht,
wobei die Menge von e) auch 0 sein kann."
Aus dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden, abhängigen Anspruch 2 wurde der geltende Anspruch 2 - abgesehen von lediglich redaktionellen Änderungen - durch Streichung von "oder einem veresterten natürlichen" erhalten. Die abhängigen Ansprüche 3 bis 5 sind unverändert.
V. Der Beschwerdegegner hat zur Begründung der Patentfähigkeit der nun geltenden Patentansprüche im wesentlichen vorgetragen,
- daß Dokument (1) die Verwendung einer aliphatischen Ketocarbonsäure mit 3 bis 5 C-Atomen (als Bestandteil eines aus mindestens vier freien Säuren bestehenden Aktivatorsystems) nicht offenbare und der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 daher neu sei;
- daß die zu lösende technische Aufgabe in der Suche nach einem verbesserten Verfahren zur Herstellung elektrischer und elektronischer Komponenten mit einer verbesserten Stabilität des verwendeten Weichlötflußmittels zu sehen sei und daß die von ihm im Beschwerdeverfahren vorgelegten Meßergebnisse die Lösung dieser Aufgabe durch das Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents beweisen;
- daß das als Lösung beanspruchte Verfahren auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, da die erfindungsgemäße Verwendung einer Kombination von vier Säuren als Aktivatoren durch keines der Dokument (1), (2) oder (3) nahegelegt werde.
VI. Der Beschwerdeführer hat in der Sache zu dem am 3. April 1996 vom Beschwerdegegner eingereichten Anspruchssatz nicht Stellung genommen. Er hat aber in seinem am 19. April 1996 eingegangenen Schreiben, in dem er sein Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung ankündigte, den Antrag aufrechtgehalten, das Streitpatent zu widerrufen.
Der Beschwerdegegner beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
a) Ansprüche 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung;
b) Beschreibung, Spalten 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung.
VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, bei der der Beschwerdeführer nicht vertreten war, verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer, dem Antrag des Beschwerdegegners stattzugeben.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
2.1. Der geltende Anspruch 1 des Streitpatents unterscheidet sich von Anspruch 1, der in der angefochtenen Entscheidung als zulässig angesehen wurde, im wesentlichen einerseits durch die Beschränkung auf ein "Verfahren zur Herstellung von mit Bauelementen bestückten gedruckten Schaltungen ..." (durch Streichung von "elektrischen und elektronischen Komponente, insbesondere von") und andererseits durch die Mengenangaben für die Komponenten a), c), d) und e) des Aktivatorsystems, insbesondere dadurch, daß nur die Komponente e) fakultativ ist, während die vier Komponenten a), b), c) und d) des Aktivatorsystems nun zwingend als Bestandteile des anspruchsgemäß zu verwendenden Weichlötflußmittels vorgeschrieben sind. Da der so geänderte Anspruch 1 durch die ursprünglich eingereichte Fassung der internationalen Anmeldung PCT/EP84/00143 gestützt ist (vgl. Anspruch 1, Seite 10 und Seite 4, Zeile 21 bis Seite 5, Zeile 7, in Verbindung mit Seite 7, Zeilen 11 bis 17), ist er im Hinblick auf Artikel 123(2) EPÜ nicht zu beanstanden. Ebensowenig ist die Streichung einer in den ursprünglichen Unterlagen nicht offenbarten Alternative aus Anspruch 2, nämlich der Verwendung veresterter Baumharze als Trägersystem des Weichlötflußmittels, zu beanstanden.
2.2. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß durch die genannten Änderungen der Schutzbereich der neuen Ansprüche gegenüber dem erteilten Patent nicht erweitert wurde. Die geltenden Ansprüche 1 bis 5 entsprechen daher auch den Erfordernissen des Artikels 123 (3) EPÜ. Da dies nicht bestritten wurde, erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.
3. Neuheit
In keinem der im Verfahren befindlichen Dokumente ist ein Weichlötverfahren beschrieben, bei dem ein Flußmittel verwendet wird, das mindestens vier verschiedene Carbonsäurearten enthält (d. h. die im geltenden Anspruch 1 genannten Komponenten a) bis d)). Der Gegenstand dieses Anspruchs ist daher neu.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Im Streitpatent wird festgestellt, es sei gemäß den Forderungen der DIN-Vorschriften DIN 8516 und DIN 8527 wünschenswert, daß Flußmittelrückstände auf den gedruckten Schaltungen verbleiben könnten (vgl. Spalte 2, Zeilen 52 bis 57, entsprechend Seite 4, Zeilen 1 bis 5 der ursprünglichen Unterlagen), d. h. ohne daß dabei stärkere Korrosionserscheinungen auftreten.
4.2. Die Vorinstanz und die Parteien sind zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Dokument (1) als von jenem Dokument ausgegangen, das den nächstkommenden Stand der Technik beschreibt. Die Kammer hat keine Veranlassung, hiervon abzuweichen.
4.3. Aus diesem Dokument sind nichtkorrodierende Lötmittel und deren Verwendung beim Löten von Leiterplatten bereits bekannt. Dokument (1) beschreibt ein "... Flußmittel zur Verwendung beim Weichlöten bestehend aus Kolophonium und einen Zusatz aus einem metalloxidlösenden Aktivator, ... der eine oder mehrere Säuren oder Säureanhydride umfaßt ..." (vgl. Anspruch 1), bei dessen Verwendung eine Korrosion der Werkstücke nach dem Lötvorgang weitestgehend vermieden wird und keine Vergrünungserscheinungen zu befürchten sind (vgl. Seite 1, vorletzter Absatz und Seite 3, zweiter Absatz). Konkret offenbart werden u.a. Zusätze bestehend aus Phthalsäure oder Phthalsäureanhydrid (vgl. Anspruch 2 und Seite 2, Zeilen 4 bis 6), vorteilhafterweise in Gegenwart eines oder mehrerer mehrwertiger Alkohole (vgl. Anspruch 3. und Seite 2, Zeilen 12 bis 14) sowie Zusätze enthaltend Glutarsäureanhydrid, Bernsteinsäureanhydrid oder "Cyclo- 1,2-Dicarbonsäureanhydrid" (vgl. Anspruch 5; unter der letzten Verbindung muß - auch nach Auffassung der Parteien - im Hinblick auf Seite 2, Zeilen 20 und 21 und auf das zweite Ausführungsbeispiel Cyclohexan-1,2- dicarbonsäureanhydrid verstanden werden).
4.4. Somit kann die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe, im Hinblick auf Dokument (1), im Auffinden weiterer Weichlötverfahren gesehen werden, die keine Korrosion bewirken. Zur Lösung dieser Aufgabe werden die im geltenden Anspruch 1 beschriebenen Verfahren (vgl. oben, Punkt IV) vorgeschlagen.
4.5. Das Beispiel 1 des Streitpatents beschreibt ein Lötmittel nach dem geltenden Anspruch 1, das ein Gemisch aus Cyclohexan-dicarbonsäure, Bernsteinsäure, Stearinsäure und Lävulinsäure enthält. Die Feststellung im Streitpatent, daß die im beanspruchten Lötverfahren verwendeten Weichlötflußmittel hinsichtlich Korrosion und Oberflächenwiderstand den DIN-Vorschriften 8516 und 8527 entsprechen (vgl. Spalte 5, Zeilen 52 bis 55, entsprechend Seite 9, Zeilen 21 bis 24 der ursprünglichen Unterlagen) bezieht sich auch auf dieses Beispiel 1. Sie wurde vom Beschwerdeführer, jedenfalls für die Verfahren des geltenden Anspruchs 1, weder widerlegt noch in Frage gestellt. Die Kammer hat daher keine Veranlassung zu bezweifeln, daß die Verfahren des Anspruchs 1 die genannte, bestehende Aufgabe (vgl. Punkt 4.4) tatsächlich lösen.
4.6. Es bleibt zu prüfen, ob die nach Anspruch 1 vorgeschlagene Lösung auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
4.6.1. In Dokument (1) wird vor einem Zusatz organischer "Dicarbonsäuren wie Adipinsäure, Sebazinsäure usw." zum Weichlötmittel gewarnt, da dies beim Löten kupferhaltigen Materials zum Vergrünen, d. h. zu Korrosion, führe (vgl. Seite 1, Zeilen 14 bis 15 und 19 bis 21 in Verbindung mit Seite 3, Zeilen 6 bis 7). Nach Überzeugung der Kammer hätte diese Warnung den Fachmann davon abgehalten, bei der Suche nach Lösungen der bestehenden Aufgabe, Lötflußmittel in Erwägung zu ziehen, die gesättigte aliphatische Dicarbonsäuren mit 2 bis 10. C-Atomen (Komponente c) des Anspruchs 1) enthalten.
4.6.2. Dokument (2) beschreibt Lötflußmittel, die Fluoralkansäuren als einzige saure Komponente neben Kolophonium enthalten (vgl. Anspruch 1). Eine Anregung, in den Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents ein Lötflußmittel zu verwenden, das eine Kombination aus vier verschiedenen Carbonsäuren enthält, konnte der Fachmann dieser Druckschrift nicht entnehmen.
4.6.3. In Dokument (3) werden Lötflußmittel offenbart, die zwar u. a. auch Dicarbonsäuren und/oder Ketocarbonsäuren als oberflächenaktives Löthilfsmittel enthalten können (vgl. Seite 11, Zeilen 5 bis 11, in Verbindung mit Seite 16, Zeilen 14 bis 18), diese Lötmittel müssen aber als Aktivatoren zwingend auch eine Halogenverbindung mit einem destabilisierenden Substituenten enthalten. Solche Verbindungen sind als Bestandteile des Aktivatorsystems nach dem Streitpatent nicht vorgesehen.
4.7. Es folgt, daß keine der Entgegenhaltungen (1), (2) oder (3), allein oder in Kombination, dem Fachmann einen Hinweis gab, daß die bestehende Aufgabe durch ein Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents gelöst werden könne. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 betreffen besondere Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.
4.8. Bei dieser Sachlage kann es dahingestellt bleiben, ob, wie der Beschwerdegegner ausgeführt hat, mit dem Streitpatent ein gegenüber Dokument (1) verbessertes Weichlötverfahren bereitgestellt wurde (vgl. Seite 3, dritter Absatz des am 3. April 1996 eingegangen Schriftsatzes vom 2. April 1996). Die zwecks Glaubhaftmachung eines Vorteils mit dem vorstehend genannten Schriftsatz eingereichten Ergebnisse von Oberflächenwiderstandsmessungen (vgl. Anlage; Figur 3) sind nicht nachprüfbar, da die Zusammensetzung der für die Messungen eingesetzten Flußmittel nicht im einzelnen angegeben wurde. Außerdem liegt kein direkter Vergleich mit einem Flußmittel nach Dokument (1) vor. Daher hat die Kammer die in diesem Versuchsbericht wiedergegeben Meßergebnisse bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt.
5. Schließlich ist festzustellen, daß die Kammer am Ende der mündlichen Verhandlung auch in Abwesenheit des Beschwerdeführers auf der Grundlage der erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, geltenden Ansprüche eine Entscheidung treffen konnte. Dies steht nicht in Widerspruch zur Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 4/92 (vgl. Amtsblatt EPA 1994, 149), nach der es einer Partei, die bei einer mündlichen Verhandlung nicht vertreten ist, ermöglicht werden muß zu neuen Tatsachen und Beweismitteln Stellung zu nehmen (vgl. Art. 113 (1) EPÜ). Im vorliegenden Fall konnte der Beschwerdeführer als abwesende Partei von den neuen, eingeschränkten Ansprüchen nicht überrascht werden, da sich die zur Anspruchsänderung führenden Einwände allein aus einem Vergleich der am 3. April 1996 eingegangenen Anspruchsfassung mit den ursprünglichen Unterlagen der zum Streitpatent führenden internationalen Anmeldung ergaben, einem Sachverhalt also, der nicht erst in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführt worden ist (vgl. auch T 341/92, insbesondere Punkt 2.3.2 der Entscheidungsgründe, Amtsblatt EPA, 1995, 373).
Überdies war den Parteien von der Kammer eine Erörterung von Fragen des Artikels 123 (2) EPÜ in der Anlage zur Ladung angekündigt worden (vgl. oben, Punkt IV). Da mithin für den ordnungsgemäß geladenen, aber abwesenden Beschwerdeführer nach dem Verfahrensstand diese Erörterung in der mündlichen Verhandlung zu erwarten war und ihm die entsprechenden relevanten Tatsachen bekannt waren, konnte die Kammer am Ende der mündlichen Verhandlung ihre Entscheidung treffen, ohne gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs nach Artikel 113 (1) EPÜ zu verstoßen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit den folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Ansprüche 1 bis 5 sowie Beschreibung, Spalten 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung.