T 0854/99 24-01-2002
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Verfahren zur Herstellung einer Schleifscheibe zum Schleifen von Brillenglasrändern
Zulässigkeit der Beschwerde (bejaht)
Neuheit - offenkundige Vorbenutzung (verneint) - unzureichende Beweisführung
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Änderungen - Erweiterung (verneint)
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 19. Mai 1999, zur Post gegeben am 23. Juni 1999, den auf mangelnde Offenbarung, Neuheit und erfinderische Tätigkeit gestützten Einspruch der Einsprechenden 01 gegen das Patent Nr. 0 445 568 zurückzuweisen. Die Einsprechende 02 hatte ihren ebenfalls auf Artikel 100 a) EPÜ gestützten Einspruch am 19. Februar 1997 zurückgenommen.
II. Mit Schriftsatz vom 17. Juni 1999 teilte die Einsprechende 01 mit, daß der zum Einspruch gehörende Geschäftsbereich "Diamantschleifwerkzeuge für die Glasbearbeitung" an die Beschwerdeführerin übertragen worden sei, die den Einspruch weiterführe. Auf entsprechende Aufforderung des Amtes wurde am 5. August 1999 zum Nachweis der Übertragung des Geschäftsbereichs "glass and mechanical businesses" einschließlich der zugehörigen Schutzrechtsaktivitäten auszugsweise eine Kopie eines Vertrags ("Master Sales Agreement") zwischen der Einsprechenden 01 und der Beschwerdeführerin beim Amt eingereicht, das daraufhin der Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) diesen Wechsel als Änderung des Namens und der Adresse der Einsprechenden 01 mitteilte (Formblatt 2575).
III. Am 14. August 1999 hat die Beschwerdeführerin unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 20. Oktober 1999 eingegangen.
Eine mündliche Verhandlung fand am 24. Januar 2002 statt. In dieser Verhandlung warf die Beschwerdegegnerin die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde auf, da es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um die Einsprechende 01, auch nicht unter anderem Namen, handele und ihr Unterlagen, die eine Rechtsnachfolge belegen könnten, bisher nicht übermittelt worden seien. Von seiten der Kammer wurde der Beschwerdegegnerin daraufhin eine Kopie der in den Akten befindlichen Vertragsunterlagen überlassen, nach deren Lektüre sie keine weiteren Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde erhob.
IV. Das Patent betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Schleifscheibe zum Schleifen von Brillenglasrändern und enthält einen einzigen unabhängige Anspruch 1 mit folgendem Wortlaut:
"1. Verfahren zur Herstellung einer Schleifscheibe zum Schleifen von Brillenglasrändern, bei dem auf einem einteiligen, massiven Ring (2) aus Kupfer oder Bronze mit einer ein Aufsintern des Schleifbelages (1) auf den Ring (2) ermöglichenden Festigkeit der Schleifbelag (1) aus Diamant und Metall unter Druck und Wärme auf den Umfang des Ringes (2) aufgesintert wird und die Baugruppe aus Ring (2) und Schleifbelag (1) auf den Umfang eines kreisförmigen Grundkörpers (3) aus Kunststoffmaterial aufgebracht wird."
V. Zur Frage der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit wurden unter anderem die folgenden Beweismittel berücksichtigt:
a) Beweismittel zum Nachweis einer behaupteten offenkundigen Vorbenutzung:
A1: Fertigungszeichnung der Firma Diamant Boart mit dem Titel "Meule pour client WECO avec moyeu résine" Nr. 3/36053 vom 22.06.89 ("Anlage 1")
A2: 3 Bestellungen von Diamantscheiben der Firma WECO an Diamantboart Deutschland vom 20.01.90 ("Anlage 2")
A3: Auftragsbestätigung der Firma Diamantboart an WECO vom 26.01.90 ("Anlage 3")
A4: Lieferschein von Diamantboart mit Datum 21.02.90 ("Anlage 4")
A5: Rechnung und Auftragsbestätigung von Diamantboart mit Datum 23.02.90 ("Anlage 5")
A6: Muster einer Schleifscheibe
A7: Eidestattliche Versicherung von Dr. J. P. Gallemaers
A8: Erklärung von Dr. L. Gottschald
A9: Eidesstattliche Versicherung von P. Ammel
A10: Kopie der Seite 3 eines Kooperationsvertrags zwischen der Patentinhaberin und der Firma WECO
A11: Besuchsbericht der Patentinhaberin bei WECO vom 28.03.89.
b) Druckschriften zum Nachweis des Standes der Technik:
D1: DE-A-35 37 331
D2: US-A-3 290 834
D3: US-A-4 037 367
D7: Auszug aus WECO-Prospekt mit rückseitigem Aufdruck "PÜ D/GB 329/02.85"
D9: Deckblatt und Rückseite eines Prospekts "POMDI" mit Aufdruck "Dep. Legal M. 12997-1980"
D10: Prospekt "P.B.S. Diamond Ophtalmic Tooling" der Firma Abrasive Technology, Inc., (Deckblatt, Seite 9 und Rückseite mit Aufdruck "Printed in the U.S.A. 1/89")
D11: Prospekt "ExpressLine" der Firma Abrasive Technology, Inc. (Deckblatt, Seite 6 und Rückseite mit Aufdruck "Printed in the U.S.A. 3/88")
D12: Farbkopie der Seite 113 sowie Seiten 121 bis 142 eines Katalogs der Firma Wendt aus dem Jahre 1984 (ein Originalkatalog mit diesen Seiten wurde von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegt)
c) zum Nachweis der Kenntnisse des Fachmanns:
C1: Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, 4. Auflage, Band 19, Seiten 568 bis 575.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
VII. Zur Stützung ihres Antrags argumentiert die Beschwerdeführerin im wesentlichen wie folgt:
Das Patent sei auf eine Anmeldung erteilt, in der ursprünglich eine Schleifscheibe und nicht ein Verfahren beansprucht war. Die Patentfähigkeit dieser Schleifscheibe sei Voraussetzung der Patentfähigkeit des Verfahrens innerhalb der ursprünglichen Offenbarung. Diese umfasse nicht die Merkmale des einteiligen, massiven Rings und des Aufsinterns durch Druck und Wärme. Die entsprechenden Offenbarungsstellen auf Seite 3, dritter Absatz und Seite 5, dritter Absatz der ursprünglichen Anmeldung bezögen sich nur auf ein Problem im Stand der Technik, das gemäß Seite 4, vierter und fünfter Absatz, weder für die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabenstellung noch für die Erfindung selbst eine Rolle spiele.
Die offenkundige Vorbenutzung sei in der angegriffenen Entscheidung unzutreffend gewürdigt worden, da die Schleifscheiben an WECO nicht infolge einer gemeinsamen Entwicklung, sondern vorbehaltlos im Rahmen einer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit geliefert worden seien. Dies ergebe sich nicht nur aus der Schilderung der Umstände, insbesondere der beabsichtigten Durchführung der Tests bei Kunden von WECO, in (A9), sondern auch aus der Rechnungsstellung gemäß (A5). Aufgrund der in (A4) vermerkten "Überbringung Herr Zielinski" und dem Vermerk "3 Stück schon geliefert" auf (A2) könne man bei der kurzen Entfernung auch aufgrund der Lebenserfahrung davon ausgehen, daß die Lieferung vor dem Prioritätstag des Patents erfolgt sei. Aus (A1) und (A7) sei ersichtlich, daß die vorbenutzten Schleifscheiben und ihre Herstellung den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorwegnähmen. Insbesondere könne der Fachmann anhand der gelieferten Schleifscheiben gemäß (A6) erkennen, daß der Schleifbelag unter Druck und Wärme aufgesintert sei. Der Widerspruch zwischen (A7) und (A2) hinsichtlich des Materials für den Ring könne nicht mehr aufgeklärt werden.
Zur erfinderischen Tätigkeit könne von (D1), (D3) oder (D10) ausgegangen werden. In (D1) sei ein aus einem Gitter oder Blechstreifen geformter Ring vorgesehen, auf den eine Schicht aus Diamantsplitter und Bronze, also Diamant und Metall, aufgesintert und in den danach ein kreisförmiges Kunststoff-Tragteil eingeführt werde. Der Ring sei einteilig und massiv, da der zu einem Ring geformte Lochblechstreifen einteilig sei und keinen Schichtaufbau oder dergleichen aufweise. Das Sintern beinhalte eine Einwirkung von Wärme, während über einen Druck in der ursprünglichen Anmeldung nichts offenbart sei. Im übrigen ergebe sich aus (C1), daß das Sintern einen vorhergehenden Preßschritt, also eine Einwirkung von Druck, beinhalte. Eine Anwesenheit von temporären Bindern wie bei (D1), die beim Sintern entweichen, sei im Anspruch 1 nicht ausgeschlossen. Das einzig verbleibende Merkmal, nämlich daß der Ring aus Kupfer oder Bronze ist, ergebe sich in naheliegender Weise entweder aus (D1) selbst, da für eine optimale Sinterverbindung das Material des Rings dem Metall im Schleifbelag entsprechen sollte, oder aus (D2), die einen massiven Kupferring als Grundlage für den Schleifbelag beschreibe. In (D3) sei der Schleifbelag auf einen Kupferträger in Ringform aufgebracht, was durch Sintern erfolgen könne und wiederum die Einwirkung von Druck und Wärme beinhalte. Als Beleg hierfür könne außer der (C1) auch (D12) dienen. Die fehlende Maßnahme, den Ring auf einen kreisförmigen Kunststoff-Grundkörper aufzubringen, sei beispielsweise durch (D1), (D10) und (D11) nahegelegt. Die dreischichtige Schleifscheibe nach (D10) sei wegen des galvanisch aufgetragenen Schleifbelags für einige Anwendungen, insbesondere zum Feinschleifen von Glas, nicht geeignet, so daß der Fachmann hierfür nach einem alternativen Schleifbelag Ausschau halten müßte. Eine Lösung finde er in (D3), in der ein auf einen Kunststoff- oder Kupferträger aufgesinterter Schleifbelag aus Diamant und Metall beschrieben sei. Ein Aufsintern des Schleifbelags sei im übrigen auch aus (D7) und (D9) entnehmbar. Für das Aufsintern unter Druck und Wärme bei einem derartigen Schleifbelag finde der Fachmann eine Anregung auf Seite 112 von (D12).
VII. Die wesentlichen Gegenargumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Das Aufsintern des Schleifbelags unter Druck und Wärme sei zwar in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen auf Seite 3, dritter Absatz und Seite 5, zweiter Absatz, nur im Zusammenhang mit einem Problem beim Stand der Technik beschrieben. Die weitere Beschreibung der Erfindung auf Seite 6, dritter Absatz, Seite 7, zweiter Absatz sowie Anspruch 2 beziehe sich jedoch genau auf dieses Verfahren.
Der Nachweis der Vorbenutzung sei unvollständig, da nicht festgestellt werden könne, wann die gelieferten Schleifscheiben bei der Firma WECO eingetroffen seien. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß das vor dem Prioritätstag erfolgt sei, sei nicht ausreichend. Aus den Unterlagen (A1) bis (A5) sei eine zunehmende Verzögerung der Lieferung erkennbar, die auch die Aushändigung an WECO betreffen könne. Alle Umstände der Lieferung, nämlich geringe Stückzahl, Lieferung durch Boten, der Vermerk "Versuch" in (A2) und der Hinweis auf die Funktionsgarantie als Abrechnungsbasis in (A4), deuteten auf eine Lieferung zu Versuchszwecken hin, die üblicherweise unter Geheimhaltungsvorbehalt stehe. Der auch durch (A8) nachgewiesene Vertraulichkeitscharakter einer Lieferung zu Testzwecken werde nicht dadurch aufgehoben, daß die Schleifscheiben Kunden zu Testzwecken überlassen würden. Ferner sei anhand der gelieferten Scheiben (A6) nicht feststellbar, wie diese hergestellt worden seien.
Bei der (D1) werde der Gitter- oder Lochmetallstreifen erst nach dem Auftragen des Schleifmittels zu einem Ring geformt, während beim Verfahren nach dem Anspruch 1 der Schleifbelag auf einen bereits vorher gefertigten massiven Ring aufgesintert werde. Dies sei wegen der mangelnden Festigkeit des Metallstreifens bei der (D1) nicht möglich. Dieser Unterschied sei auch der (D2) nicht zu entnehmen, da dort der Schleifbelag separat als Ringkörper hergestellt und erst anschließend auf den Metallring aus Kupfer aufgebracht werde. Die (D3) betreffe keine Schleifscheibe für Brillenglasränder und weise eine massive Schleifscheibe und damit weder einen separaten Ring als Träger für den Schleifbelag noch einen Kunststoffträger auf. Für das Aufbringen des Schleifbelags auf die Schleifscheibe sei zwar das Sintern erwähnt, aber nur als eine von vielen Möglichkeiten und als nicht bevorzugtes Verfahren. Darüber hinaus sei ein Aufsintern des in Figur 2 gezeigten Schleifbelags nicht möglich. Aus (D10) und (D11) sei ein Kunststoffgrundkörper mit einem separaten Ring als Träger für einen Schleifbelag bekannt. Der Schleifbelag sei galvanisch oder nach dem PBS-Verfahren auf einen Stahlring aufgetragenen. Auch eine Kombination mit (D3) könne daher nicht das beanspruchte Verfahren des Aufsinterns des Schleifbelags unter Druck und Wärme auf einen Ring aus Kupfer oder Bronze mit einer ausreichenden Festigkeit nahelegen. Gegen eine Kombination spreche auch, daß die (D3) erheblich vor der (D10) oder (D11) bekannt war und in letzteren trotzdem nicht aus der (D3) die Anregung dahingehend übernommen wurde, den Stahlring durch einen Kupferring zu ersetzen und statt des galvanischen Auftrags ein Aufsintern des Schleifbelags vorzunehmen. Auf dieses Verfahren könne nicht anhand der Darstellungen der Schleifscheiben in (D7) und (D9) geschlossen werden. In (D12) werde lediglich die Herstellung eines Schleifmaterials durch Drucksintern, nicht aber das Aufsintern auf einen Träger beschrieben.
1. Zulässigkeit der Beschwerde
1.1. Gemäß Artikel 107, Satz 1 EPÜ steht die Beschwerde denjenigen zu, die an dem Verfahren beteiligt waren, das zu der Entscheidung geführt hat, soweit sie durch die Entscheidung beschwert sind. Im vorliegenden Fall besteht keine Personenidentität zwischen der am erstinstanzlichen Verfahren beteiligten Einsprechenden 01. und der Beschwerdeführerin. Die Einsprechende 01 hat jedoch unter Vorlage entsprechender Unterlagen auf die Beschwerdeführerin als ihre Rechtsnachfolgerin in der Einsprechendenstellung hingewiesen.
1.2. Zur Frage einer rechtsgeschäftlichen Übertragung der Beteiligtenstellung hat die Große Beschwerdekammer festgestellt, daß die verfahrensrechtliche Stellung des Einsprechenden, wie mit Regel 60 (2) EPÜ implizit anerkannt, auf die Erben übergehen könne und daß in entsprechender Weise auch der Eintritt des Gesamtrechtsnachfolgers in die Einsprechendenstellung zulässig sei (G 4/88, ABl. EPA 1989, 480, Ziffer 4 der Gründe). Ein beim Europäischen Patentamt anhängiger Einspruch könne "als zum Geschäftsbetrieb des Einsprechenden gehörend zusammen mit jenem Bereich dieses Geschäftsbetriebs an einen Dritten übertragen oder abgetreten werden, auf den sich der Einspruch bezieht" (Entscheidungsformel). Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung der Großen Beschwerdekammer wurde auch das Recht, Beschwerde einzulegen, als mit dem Geschäftsbereich der Einsprechenden übertragbar angesehen (T 563/89, Ziffer 1.1 der Gründe).
1.3. Dieser Rechtsprechung folgend sieht die Kammer im vorliegenden Fall den Übergang der Einsprechendenstellung auf die Beschwerdeführerin auf Grund des auszugsweise in Kopie vorgelegten Übertragungsvertrages als vollzogen an. Aus dem Vertrag geht hervor, daß ein gesamter Geschäftsbereich übertragen wurde, nicht nur einzelne Rechte oder Gegenstände. Somit ist der Bereich des Geschäftsbetriebs, "auf den sich der Einspruch bezieht" (Leitsatz von G 0004/88) automatisch eingeschlossen.
1.4. Damit ist die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Einsprechenden 01 in deren Stellung eingetreten und die Beschwerde ist zulässig, da auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.
1.5. Allerdings sieht sich die Kammer veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß die "Mitteilung der Eintragung von geänderten Angaben" vom 7. September 1999 keine Anerkennung des Wechsels der Einsprechenden betrifft, sondern es sich bei dem verwendeten Formular um ein Formular handelt, das Änderungen bei demselben bisherigen Einsprechenden betrifft, beispielsweise des Namens und der Adresse, der Bescheid somit nicht auf das Begehren der Einsprechenden 01 eingeht. Abgesehen davon fehlte der Einspruchsabteilung zum damaligen Zeitpunkt die Kompetenz, um über den Übergang der Einsprechendenstellung zu entscheiden, da die Entscheidung über den Einspruch bereits ergangen und das Verfahren für die Einspruchsabteilung somit abgeschlossen war.
Schließlich ist auch noch darauf hinzuweisen, daß die Entscheidung über den Übergang der Einsprechendenstellung nicht zu den Geschäften des Formalsachbearbeiters, der in diesem Fall die oben genannte Mitteilung unterzeichnet hat, gehören würde.
2. Ursprüngliche Offenbarung (Artikel 100 c) und 123 (2) EPÜ)
2.1. Zu diesem Einspruchsgrund wurde in der angegriffenen Entscheidung ausgeführt, daß er als verspätet nicht berücksichtigt werde. Allerdings versteht die Kammer die Ausführungen im Punkt 2 der Gründe der Entscheidung so, daß dieser Grund auch in der Sache geprüft wurde. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, daß die Prüfung der Einspruchsgründe unvollständig erfolgt sei, kann daher nicht gefolgt werden.
2.2. Von der Beschwerdeführerin wurde zutreffend festgestellt, daß das Patent ursprünglich auf eine Schleifscheibe und nicht auf ein Verfahren zur Herstellung einer Schleifscheibe gerichtet war. Für die Frage, ob die Erfordernisse der ursprünglichen Offenbarung gemäß Artikel 123 (2) EPÜ erfüllt sind, kommt es jedoch nur darauf an, ob der jetzt beanspruchte Gegenstand, also das Verfahren, über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Der Inhalt umfaßt dabei nicht nur die ursprünglichen Ansprüche, sondern alles das, was der Fachmann aus den gesamten Anmeldungsunterlagen entnimmt.
2.3. Im vorliegenden Fall wurde von der Beschwerdeführerin vorgebracht, daß die Verwendung eines einteiligen massiven Rings und das Aufsintern des Schleifbelags unter Druck und Wärme nicht offenbart waren.
Zum erstgenannten Merkmal ist in der Beschreibung zwar nur von einem "Ring" die Rede, der eine bestimmte Festigkeit aufweisen soll. Allerdings ist dieser Ring in Draufsicht und Schnitt in den Figuren 1 und 2 deutlich ohne Teilungen, Hohlräume oder Löcher, also als einteiliger und massiver Ring dargestellt. Wegen der geforderten Festigkeit hat der Fachmann auch keinen Anlaß zu der Annahme, daß möglicherweise nicht dargestellte Hohlräume oder Löcher vorhanden sein sollten.
Zum zweiten Merkmal ist der Beschwerdeführerin darin zuzustimmen, daß die Begriffe "Druck" und "Wärme" im Zusammenhang mit der Aufsinterung explizit nur bei der Beschreibung des Standes der Technik auf Seite 3, dritter Absatz und Seite 5, zweiter Absatz, erwähnt sind. Allerdings bezieht sich diese Beschreibung auf ein Verfahren für den Auftrag des Schleifbelags, das beim Stand der Technik zu einem Problem führt, welches gemäß Seite 6, dritter Absatz und Seite 7, zweiter Absatz, bei der Erfindung durch entsprechende Ausbildung des Rings und nicht durch ein anderes Verfahren gelöst werden soll. Der Ring soll so ausgebildet sein, daß er die bei einer Aufsinterung auftretenden Kräfte, also die vorher beschriebene Druck- und Wärmeeinwirkung beim Aufsintern, aushält. Daraus entnimmt der Fachmann zweifellos, daß das im Zusammenhang mit dem Stand der Technik beschriebene Verfahren auch bei der Erfindung zur Anwendung kommen soll.
2.4. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß der Einwand mangelnder ursprünglicher Offenbarung nicht gerechtfertigt ist.
3. Neuheit (Artikel 100 a) und 54 EPÜ)
3.1. Die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 wurde von der Beschwerdeführerin nur in Bezug auf eine offenkundige Vorbenutzung beanstandet, nach der eine Zahl von fünfzehn Schleifscheiben, die nach dem beanspruchten Verfahren hergestellt waren, vor dem 3. März 1990 von der Einsprechenden 01 an eine Firma WECO ohne Verpflichtung zur Geheimhaltung geliefert worden sein sollen. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin bestritten.
3.2. Gegenstand der Lieferung
Nach den Angaben der Beschwerdeführerin ergebe sich der Gegenstand der Lieferung aus den Beweismitteln (A1) bis (A7). Die Zeichnung (A1) zeigt einen Schnitt durch eine dreischichtige Schleifscheibe mit einem Kern, einem diesen umgebenden Ring und einem Schleifbelag. Für das Material des Kerns findet sich die Angabe "résine", also Kunststoff. Ferner enthält die Titelleiste die Materialangabe "Inox/RX611", was sich nur auf den Ring beziehen kann. Zum Herstellungsverfahren ist aus (A1) nichts erkennbar. Hierzu ist in (A7) ausgeführt, daß auf einen Bronzering ein Schleifbelag aus Bronze und Diamant unter Druck und Wärme aufgesintert wurde. Danach soll also der Ring nicht aus Inox, also rostfreiem Stahl, sondern aus Bronze bestanden haben. In den Lieferdokumenten (A2) ist dagegen für die Schleifscheiben der angegebenen Bestellnummern 1900-3041, 1900-3241 und 1900-3071 jeweils von einem Kupferring die Rede. (A6) ist eine Schleifscheibe mit der aufgedruckten Bestellnummer 1900-5602. Die vorgelegten Beweismittel stimmen daher hinsichtlich des Materials für den Ring und der Bestellnummern nicht überein, so daß nicht eindeutig feststellbar ist, welcher Gegenstand geliefert und wie dieser hergestellt wurde.
3.3. Zeitpunkt der Lieferung
Auf der Bestellung vom 20. Januar 1990 (A2) ist als Liefertermin Anfang Februar 1990, auf der Auftragsbestätigung vom 26. Januar 1990 (A3) die 6. Kalenderwoche 1990, auf dem Lieferschein vom 21. Februar 1990 (A4) die Übergabe durch "Herrn Zielinski" und auf der Rechnung vom 23. Februar 1990 (A5) eine "Überbringung ME" angegeben. Ferner enthält die Bestellung der Nummer 1900-3071 den maschinengeschriebenen Vermerk "2 Stück schon geliefert", der handschriftlich in "3 schon geliefert" geändert wurde. Ein Beleg für den Eingang der Lieferungen beim Empfänger, der Firma WECO, wurde nicht vorgelegt. Es erscheint damit aufgrund aller Lebenserfahrung als recht wahrscheinlich, daß bei der kurzen Entfernung zwischen dem Lieferanten in Haan bei Düsseldorf und der in Düsseldorf angesiedelten Empfängerfirma WECO zumindest einige der bestellten Schleifscheiben bereits vor dem 3. März 1990, dem Prioritätstag des Patents, bei WECO eingegangen sind. Zweifel bestehen aber nicht nur wegen des fehlenden Belegs, sondern auch wegen der zunehmenden zeitlichen Verschiebung des Liefertermins von (A1) bis (A5), wodurch der Abstand zum Prioritätstag schließlich nur noch wenige Tage betrug. Nach Auffassung der Kammer ist damit ein Liefertermin vor dem Prioritätstag nicht mit ausreichender Sicherheit nachgewiesen.
3.4. Umstände der Lieferung
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei aus (A9) und der Tatsache, daß die gelieferten Schleifscheiben in Rechnung gestellt wurde, eindeutig ersichtlich, daß es sich um eine Lieferung in Rahmen einer normalen Geschäftstätigkeit ohne Geheimhaltungsvereinbarung gehandelt habe. Die Kammer kann auch dieser Argumentation nicht folgen. (A9) bestätigt zwar, daß es keine ausdrückliche Vereinbarung zur Geheimhaltung gegeben habe, erwähnt aber gleichzeitig, daß die Schleifscheiben zur Durchführung von Tests bei einer befreundeten Firma geliefert worden seien. Für die Lieferung zu Testzwecken sprechen auch die geringe Zahl von fünf Schleifscheiben für jeden der drei Typen, der Vermerk "Versuch/1303" in (A2) und die Lieferung durch persönliche Übergabe. Für derartige Tests ist aber üblicherweise eine Geheimhaltung im gegenseitigen Einverständnis zu unterstellen, ohne daß es dazu einer ausdrücklichen Vereinbarung bedürfte. Dies wird auch durch (A8) bestätigt, in der zusätzlich eine vorhergehende Lieferung durch die Beschwerdegegnerin angesprochen ist, die den in (A9) angesprochenen "Vorversuchen" zu entsprechen scheint. Daß diese Lieferung gemäß Punkt 3 von (A11) im Unterschied zur Lieferung durch die Einsprechende 01 nicht berechnet wurde und in diesem Fall auch eine ausdrückliche Vereinbarung zur Geheimhaltung bestand (siehe Punkt 3a von A10), kann in der jeweiligen Geschäftspolitik begründet sein. Für eine Weitergabe an "befreundete Firmen" zu diesen Testzwecken ist in gleicher Weise Vertraulichkeit anzunehmen, da auch diesen Firmen kein Interesse an einer Weitergabe unterstellt werden kann.
3.5. Die Kammer kommt damit ebenso wie die angegriffene Entscheidung zu dem Ergebnis, daß nicht ausreichend nachgewiesen wurde, was wann geliefert wurde und daß mit dieser Lieferung das beanspruchte Verfahren öffentlich zugänglich wurde.
3.6. Eine weitere Vorbenutzung wurde von der Einsprechenden 02. geltend gemacht. Diese Vorbenutzung wurde von der Erstinstanz nach Rücknahme des Einspruchs der Einsprechenden 02 nicht weiter nachgeprüft, da der zugrundeliegende Sachverhalt zwischen den Parteien nicht unstreitig sei und ohne Mitwirkung der Einspechenden 02 nicht weiter aufgeklärt werden könne. Die Kammer sieht keinen Anlaß, von dieser Auffassung abzuweichen.
3.7. Da somit die geltend gemachten Vorbenutzungen nicht als Stand der Technik angesehen werden können und ein weiterer neuheitsschädlicher Stand der Technik weder vorgebracht noch ersichtlich ist, gilt der Gegenstand des Anspruchs 1 als neu.
4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) und 56 EPÜ)
4.1. Nach Auffassung der Kammer kann zur Prüfung auf erfinderische Tätigkeit entweder von (D1), wie in der angegriffenen Entscheidung, oder von (D10) ausgegangen werden, da beide Druckschriften sich auf dreischichtige Schleifscheiben zum Schleifen von Brillenglasrändern beziehen. Für die von der Beschwerdeführerin ebenfalls aus Ausgangsbasis betrachtete (D3) trifft das nicht zu. Auch bei der in Figur 9 der (D3) gezeigten Schleifscheibe zum Edelsteinschleifen ist eine einteilige Scheibe vorgesehen, die nicht durch Aufbringen eines Rings auf einen Grundkörper herstellbar ist.
4.2. Bei der (D1) wird der zunächst aus Alkohol, Diamantsplittern, Bronze und einem temporären Bindemittel bestehende Schleifbelag durch Kalandrieren auf ein Metallgitter oder ein Lochblech aufgebracht und dort mechanisch verdichtet und entweder vor oder nach dem Formen des Gitters oder Lochblechs zu einem Ring durch Wärmezufuhr gesintert. Der Ring ist hier also nicht massiv mit einer ein Aufsintern des Schleifbelags ermöglichenden Festigkeit, sondern ein flexibles und gelöchertes Band, das zu einem Ring gebogen wird. Die mechanische Verdichtung dient dabei nicht nur in üblicher Weise zur Vorbereitung der Sinterung, sondern gemäß Spalte 3, Zeilen 19 bis 24 und Spalte 5, Zeilen 20 bis 29, auch der Verbindung des Schleifmaterials mit dem Gitter oder Lochblech durch Einpressen des Materials in die Löcher, so daß sich dieses nach dem Sintern mit den Löchern "verkrallt", d. h. also formschlüssig verbindet. Durch das Sintern verflüchtigen sich der Alkohol und das temporäre Bindemittel, so daß anzunehmen ist, daß im fertigen Schleifbelag nur noch Diamant und Bronze vorliegen.
Im Unterschied hierzu wird nach Anspruch 1 der Schleif-belag aus Diamant und Metall unter Druck und Wärme, also durch Heißpressen oder Drucksintern, auf den Umfang eines massiven Rings aufgesintert. Die Verbindung von Schleifbelag und Ring erfolgt also nicht wie bei der D1 mechanisch durch Formschluß in Löchern des Rings, sondern durch eine metallurgische Verbindung des Materials des Schleifbelags mit dem Material des Rings bei der Sinterung. Zu diesem Zweck besteht der Ring aus Kupfer oder Bronze, während die D1 zwar an einer Stelle Stahl erwähnt, aber sonst auf das Material des Rings nicht näher eingeht.
4.3. Die (D10) zeigt Schleifscheiben, bei denen die Diamantpartikel im Schleifbelag nach einem besonderen, als "P.B.S" bezeichneten Verfahren auf einen massiven Stahlring aufgelötet werden. Der Schleifbelag besteht also aus Diamant und dem zum Löten verwendeten Metall. Ferner ist in den Abbildungen ein offensichtlich aus Kunststoff bestehender Grundkörper erkennbar, auf den der Stahlring mit dem Schleifbelag aufgebracht ist.
Damit unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von diesem Stand der Technik ebenfalls um das Aufsintern des Schleifbelags unter Druck und Wärme auf den Umfang eines massiven Rings aus Kupfer oder Bronze.
4.4. Zum Verfahren des Aufsinterns unter Druck und Wärme argumentiert die Beschwerdeführerin, daß damit nur eine Selbstverständlichkeit ausgedrückt werde. Dem Fachmann sei es nämlich bekannt, daß zu jedem Sintern eine Anwendung von Druck gehöre. Dies ergebe sich eindeutig aus (C1), einem einschlägigen Fachbuch, wo im Rahmen des Sinterns unter Punkt 2.1 auf Seite 568 eine mechanische Verdichtung beschrieben sei. Diesem Argument kann die Kammer jedoch nicht folgen. Das im genannten Punkt 2.1 der (C1), einem einschlägigen Fachbuch auf dem Gebiet der Verfahrenstechnik, beschriebene "Preß- und Verfestigungsverfahren" geht vielmehr, in gleicher Weise wie das Kalandrieren bei (D1), dem im Punkt 2.2 beschriebenen Sintern voraus, während gemäß Anspruch 1 die Anwendung von Druck Teil des Sintervorgangs ist und zusammen mit Wärme erfolgt.
4.5. Es ist damit zu prüfen, ob es aufgrund des bekannten Standes der Technik nahelag, bei der Herstellung einer Schleifscheibe, wie sie aus (D1) oder (D10) bekannt ist, den Schleifbelag unter Druck und Wärme auf einen massiven Ring aus Kupfer oder Bronze aufzusintern. Wie im Patent auf Seite 2 unten und Seite 3 oben ausgeführt, sollen damit bei einer Schleifscheibe mit Kunststoffgrundkörper und Metallring die Wärmeabführung, die Fügbarkeit und das Dämpfungsverhalten verbessert werden.
4.6. Das bei der (D1) verwendete Verfahren erfordert eine besondere Gestaltung des Rings in Form eines zu einem Ring gebogenen flexiblen Gitters oder Lochblechs, damit sich der Schleifbelag beim Sintern mechanisch verankern kann. Dies schließt ein Aufsintern auf einen massiven Ring aus, da dort keine Hohlräume oder Löcher vorhanden sind, und erfordert auch keine besondere Wahl des Materials für den Trägerring zur Verbindung mit dem Metall des Schleifbelags. Die Beschwerdeführerin argumentiert hierzu, daß die Wahl von Kupfer als Material für den Ring naheliege, da dadurch die Verbindung mit der Bronze im Schleifbelag beim Sintern verbessert werde. Allerdings findet sich in der (D1) selbst weder ein Hinweis auf Kupfer noch allgemein auf die Möglichkeit, durch die Wahl des Ringmaterials die Haftung des Schleifbelags zu beeinflussen.
Bei der (D2) ist als Träger für den Schleifbelag ein massiver Sitzring vorgesehen, der aus Kupfer oder Aluminium bestehen kann und auch der Wärmeableitung dient. Die Herstellung des Schleifbelags wird nicht näher beschrieben. Aus der Montage des als "grinding ring" bezeichneten Schleifbelags am Sitzring beispielsweise gemäß Spalte 2, Zeilen 30 bis 36 und Spalte 3, Zeilen 13 bis 19 ergibt sich, daß der Schleifbelag in Form eines Schleifrings unabhängig vom Sitzring hergestellt und anschließend mit diesem beispielsweise mittels eines Epoxy-Klebstoffes verbunden wird. Ein Aufsintern des Schleifbelags auf einen Ring aus Kupfer oder Bronze ist daher der (D2) nicht entnehmbar.
Die (D3) zeigt in Figur 9 eine Schleifscheibe mit einem auf deren Umfang aufgebrachten Schleifbelag. Für den Auftrag des Schleifbelags und das Material der Scheibe wird grundsätzlich auf verschiedene Möglichkeiten verwiesen, nämlich stromloses oder galvanisches Beschichten, Bedampfen oder Sintern gemäß Spalte 2, Zeilen 60 bis 63 bzw. thermoplastischer oder duroplastischer Kunststoff, Gußeisen, Stahl, Aluminium, Zinkdruckguß und Kupfer gemäß Spalte 3, Zeilen 6 bis 10. Damit ist eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten angesprochen, die theoretisch auch das Aufsintern auf eine Kupferscheibe umfaßt. Die (D3) weist aber selbst von dieser Möglichkeit weg, indem sie gemäß Spalte 2, Zeilen 64 bis 68 und Spalte 3, Zeilen 10 bis 13, das galvanische Auftragen eines Nickel enthaltenden Schleifbelags auf eine Stahlscheibe empfiehlt. Der Fachmann entnimmt daher der (D3), daß zum Auftragen eines Metall und Diamant enthaltenden Schleifbelags ein galvanisches Beschichten einer Stahlgrundkörpers empfehlenswert sei. Da dieses Verfahren auch bei der (D1), in diesem Fall mit entsprechender Änderung des Gitters oder Lochblechs als Träger, und der (D10) angewendet werden kann, besteht kein Anlaß, von der Empfehlung der (D3) wieder abzurücken und aus den weiteren Möglichkeiten gerade die Kombination von Kupfer als Trägermaterial und Aufsintern des Schleifbelags herauszusuchen, zumal da zum Aufsintern unter Druck und Wärme zwar die Scheibe der (D3), aber nicht ohne weiteres ein Ring, wie er bei der (D1) und der (D10) vorhanden ist, ausreichend fest und damit geeignet ist. Damit kann auch die (D3) nicht zur beanspruchten Erfindung führen, wenn sich der Fachmann, wie die Beschwerdeführerin ausführt, auf die Suche nach einem für das Feinschleifen von Gläsern geeigneteren Schleifbelag als bei der (D10) machen sollte.
Die (D7) und die (D9) zeigen unter anderem Abbildungen von Schleifscheiben mit Diamantschleifbelag. Diese Abbildungen sind jedoch zu ungenau, um festzustellen, wie diese Schleifscheiben aufgebaut sind und wie der Schleifbelag aufgetragen wird. Insbesondere sieht die Kammer keine Möglichkeit, mit ausreichender Sicherheit festzustellen, ob der Schleifbelag durch Sintern, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, oder in anderer Weise aufgebracht wurde.
Wie die (D10) zeigt auch die (D11) unter der Bezeichnung "Offhand Grinding" Schleifscheiben mit Kunststoff-Grundkörper und einteiligem, massivem Stahlring. Der Schleifbelag wird galvanisch aufgetragen.
Aus der (D12), insbesondere der Seite 112, von der durch Vorlage des Originalkatalogs nachgewiesen wurde, daß sie Teil des zur Kundeninformation bestimmten Katalogs mit Druckdatum "11.84" war und daher als Stand der Technik zu gelten hat, ist es bekannt, Metallsinterbindungen für Schleifwerkzeuge als Bronzebindungen auszubilden und unter Druck bis 2000 bar und Wärme (Temperatur bis 900 C) zu sintern. Auch aus (C1), insbesondere Seite 571, rechte Spalte, vierter Absatz und Seite 575, Kapitel 3.9, ist entnehmbar, daß dem Fachmann der Einsatz dieses als Heißpressen oder Drucksintern bezeichneten Verfahrens bei der Herstellung von Schleifmaterialien bekannt war. In beiden Fällen betrifft dieses Verfahren aber nur die Herstellung des Schleifwerkstoffes selbst, also das Einsintern des Diamantkorns in die metallische Grundmasse. Beispielsweise könnte auf diese Weise der in (D2) gezeigte separate Schleifring hergestellt werden. Über eine Verbindung dieses Schleifwerkstoffes mit einem Träger, beispielsweise dem Lochblech der (D1), dem Ring der (D10) oder der Scheibe in (D3), wird dagegen nichts ausgesagt.
4.7. Dem weiteren Argument der Beschwerdeführerin, daß die Patentfähigkeit des beanspruchten Verfahrens eine Patentfähigkeit der Schleifscheibe, wie sie ursprünglich beansprucht war, voraussetzt, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil das Verfahren durch weitere Merkmale, insbesondere das Aufsintern der Schleifbelags unter Druck und Wärme auf den massiven Ring aus Kupfer oder Bronze, gekennzeichnet ist, die zwar wie oben ausgeführt ursprünglich offenbart sind, aber nicht beansprucht waren. Grundsätzlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß ein Verfahren zum Herstellen eines Gegenstands nur dann erfinderisch sein kann, wenn auch der Gegenstand selbst erfinderischt ist. Vielmehr kann ein bekannter Gegenstand auch durch ein neues, erfinderisches Verfahren hergestellt werden.
4.8. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß zwar die Merkmale einer dreischichtigen Schleifscheibe mit Kunststoffgrundkörper und massivem Metallring, der Verwendung von Kupfer als Material für den Träger für den Schleifbelag und des Sinterns eines Schleifbelags unter Einwirkung von Druck und Wärme jeweils für sich genommen bekannt waren, daß sich aber im Stand der Technik kein Hinweis auf das Aufsintern eines Schleifbelags aus Diamant und Metall auf einen massiven Ring aus Kupfer oder Bronze unter Druck und Wärme und die Verbindung dieses Merkmals mit den anderen Merkmalen des Anspruchs 1, insbesondere dem Aufbringen der Baugruppe aus Ring und Schleifbelag auf einen Kunststoffgrundkörper, findet, um eine Schleifscheibe herzustellen, die die beim Schleifen von Brillengläsern zu stellenden Anforderungen an die Wärmeabführung, die Fügbarkeit und das Dämpfungsverhalten erfüllt.
5. Damit stehen die Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form, d. h. in der erteilten Fassung, nicht entgegen. Die Beschwerde gegen die entsprechende Entscheidung der Einspruchsabteilung kann daher keinen Erfolg haben. Bei dieser Sachlage sieht die Kammer keine Möglichkeit, bestehende Unklarheiten im Patent wie beispielsweise den Widerspruch zwischen dem Anspruch 1 und dem Hinweis auf Seite 3, Zeile 17, daß die Erfindung in einer Schleifscheibe bestehe, zu beseitigen. Die Kammer erlaubt sich aber den Hinweis, daß derartige Unklarheiten, wie sie bei einem Kategoriewechsel des unabhängigen Anspruchs im Erteilungsverfahren leicht entstehen können, bei der Patenterteilung ausgeräumt werden sollten, um mögliche Probleme bei der Bestimmung des Schutzbereichs im Hinblick auf Artikel 69 EPÜ zu vermeiden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.