Arminas Ragauskas
Ultrasound to safely measure brain pressure
Finalist für den Europäischen Erfinderpreis 2016
Bei einer Hirnverletzung ist schnelles Handeln angesagt, vor allem, wenn sich der Druck auf das Gehirn durch Hirntrauma oder einen Tumor auf ein potenziell tödliches Maß erhöht. Dank der beiden von Ragauskas und einem Team weiterer litauischer Wissenschaftler entwickelten und 2015 auf den Markt gebrachten Geräte verfügen Neurologen und andere Ärzte nun über kostbare zusätzliche Zeit bei der Feststellung und Bewertung eines erhöhten Hirndrucks. Damit entfallen kostspielige und zeitaufwendige chirurgische Eingriffe, die ihrerseits mit Risiken verbunden sind.
Ragauskas und seinen Kollegen Gediminas Daubaris und Algis Dziugys vom Health Telematics Science Institute an der Kaunas University of Technology, Litauen, gelang der Durchbruch mit der Anwendung des Doppler-Effekts zur Änderung der Wellenlänge, wodurch mithilfe einer einfachen Formel genaue Hirndruckwerte erzielt werden. Die vom Team entwickelten Geräte berechnen die Differenz zwischen dem intrakraniellen und dem extrakraniellen Druck auf der Grundlage eines schnellen und einfachen Messwerts eines Sensors, der auf dem Auge des Patienten platziert wird.
Gesellschaftlicher Nutzen
Schädel-Hirn-Traumata (SHT) und Tumoren des zentralen Nervensystems gehören zu den weltweit häufigsten Todesursachen. 30 % aller verletzungsbedingten Todesfälle in den USA gehen auf das Konto von SHT, und rund 140 Menschen sterben täglich laut dem amerikanischen Center for Disease Control an den Folgen von SHT. In Europa erleiden jedes Jahr rund 2,5 Millionen Menschen ein Schädel-Hirn-Trauma, an dessen Folgen etwa 75 000 sterben (CENTER-TBI).
Mit den entwickelten Geräten kann ein erhöhter Hirndruck schnell und zuverlässig festgestellt werden, was bei Befunden wie SHT und Hirntumoren entscheidend ist. Die Geräte sind ein großer Fortschritt gegenüber chirurgischen Eingriffen, die nur unter Narkose erfolgen können. Anders als viele andere Diagnoseinstrumente in der Neurologie erfordern die Geräte keine individuelle, patientenspezifische Kalibrierung und bieten Neurochirurgen, Neurologen und Augenärzten eine schnelle, genaue und vor allem sichere Methode zur Diagnose zahlreicher neurologischer Erkrankungen und Glaukome.
Wirtschaftlicher Nutzen
Die Geräte wurden vom Start-up-Unternehmen Vittamed des Erfinders unter dem Namen Vittamed 205 zur nichtinvasiven Messung des Hirndrucks und als Vittamed 505 zur nichtinvasiven Überwachung der zerebrovaskulären Autoregulation vermarktet und erhielten 2014 die CE-Kennzeichnung. Das Unternehmen mit Sitz in Kaunas, Litauen, und in Lexington, USA, vermarktet die Produkte zurzeit in Europa, Australien und den USA und erhielt kürzlich eine Serie-A-Finanzierung in Höhe von 8.79 Mio. EUR (10 Mio. USD) von Xeraya Capital Labuan Ltd.
Die robusten und präzisen Geräte finden auf dem internationalen Markt für Instrumente zur Überwachung des Gehirns Beachtung, zu denen auch Diagnoseinstrumente für SHT, Schlaganfälle und Tumoren gehören. Im Jahr 2015 betrug der Weltmarktwert 6,6 Mrd. EUR (7,5 Mrd. USD) (MarketsandMarkets). Den Prognosen zufolge wird er bis zum Jahr 2020 mit einer jährlichen Wachstumsrate von 7 % auf 10,1 Mrd. EUR (11,5 Mrd. USD) ansteigen.
Funktionsweise
Das entwickelte Gerät misst den Hirndruck über einen Sensor, der sicher und schmerzfrei auf dem Auge des Patienten platziert wird. Ähnlich wie bei der aufgeblasenen Manschette zur Messung des Blutdrucks wird ein geringer Druck auf das Auge ausgeübt, der dem Druck der Augenarterie entspricht, die unmittelbar hinter dem Auge liegt und zum Gehirn führt.
Dieser von außen ausgeübte Druck wird dann mit dem intrakraniellen Druck (ICP) verglichen. Bei einem gesunden Erwachsenen liegt der ICP normalerweise im Bereich von 0 bis 10 mmHg (das sind rund 10 % des Drucks, mit dem das menschliche Herz Blut durch das Gefäßsystem pumpt). Ein ICP über 20 mmHg gilt als anomal. Ein ICP über 40 mmHg ist fast immer mit einer neurologischen Funktionsstörung verbunden (Bewusstseinsstörungen, Atembeschwerden), während ein ICP über 60 mmHg tödlich sein kann.
Der Erfinder
Bereits als junger Wissenschaftler interessierte sich Ragauskas für die Metrologie und richtete 1993 das Wissenschaftslabor für Telematik an der Kaunas University of Technology ein, um seine Forschungen zu intensivieren. Im Jahr 2013 war er Mitbegründer des Start-up-Unternehmens Vittamed, dessen FuE-Abteilung er bis heute leitet, um die Diagnoseinstrumente zu vermarkten.
Während seiner 50-jährigen Laufbahn im Bereich der Metrologie hat Ragauskas 91 von Experten begutachtete wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht und Anmeldungen für über 90 bereits erteilte oder anhängige Patentfamilien eingereicht. Derzeit ist Ragauskas Direktor des Health Telematics Science Institute in Kaunas und nationaler Koordinator des Projekts CENTER-TBI mit einem Budget von 30 Mio. EUR und 216 Projektbeteiligten in der EU. Dieses Projekt wird im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms der EU finanziert.
Für seine Forschung im Bereich der Gesundheitstelematik wurde Ragauskas 1981 und 1983 in Litauen als "Erfinder des Jahres" ausgezeichnet. Ragauskas sicherte die Finanzierung durch mehr als 40 litauische und internationale Fördermittel im Bereich FuE, die er u. a. von der Europäischen Kommission, dem US-amerikanischen Verteidigungsministerium, den US-amerikanischen Streitkräften und der NASA erhielt.
Wussten Sie das?
Die Messgeräte des Erfinders werden zurzeit vom US-Institut NSBRI (National Space Biomedical Research Institute) im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln eingesetzt, um die Auswirkungen simulierter Raumflugbedingungen auf die Gehirnphysiologie zu untersuchen.
Alle Augen richten sich nun auf die NASA-Astronauten und eineiigen Zwillinge Scott und Mark Kelly. In einer einzigartigen Zwillingsstudie sollen die Folgen langer Weltraumreisen auf den Menschen erforscht werden. Wissenschaftler haben bereits herausgefunden, dass sich lange Aufenthalte im All in der Schwerelosigkeit erheblich auf den menschlichen Körper auswirken. Das Herz beispielsweise wird "runder" und verliert aufgrund der fehlenden Schwerkraft an Muskelmasse, was bei der Rückkehr auf die Erde zu Problemen führen kann.
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