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Hugh Herr

Biomechatronic leg joints

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Preiskategorie
Nicht-EPO-Staaten
Technisches Gebiet
Medizintechnik
Firma
BionX Medical Technologies, Inc.
Dank der Erfindung bionischer Knie- und Fußgelenkprothesen des US-amerikanischen Biophysikers Hugh Herr vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) können Menschen mit amputierten Gliedmaßen ohne Mobilitätseinschränkungen leben und sogar als Weltklasse-Athleten antreten.

Finalist für den Europäischen Erfinderpreis 2016

Hugh Herrs bionisches Knie, das 2007 vorgestellt wurde, ermöglicht Beinamputierten einen flüssigen, natürlichen Gang. Erreicht wird dies durch eine Kombination aus Mikroprozessoren und einem Dämpfungsmechanismus, der sich an die Körperhaltung und die Gewichtsverteilung dynamisch anpasst. Die Entwicklung intelligenter Prothesen gilt als Meilenstein gegenüber den statischen Prothesen wie dem Jaipur-Fuß aus dem Jahr 1971 und hat weltweit das Leben Tausender Menschen mit amputierten Gliedmaßen verändert.

Herr und seinem Team der Biomechatronik-Forschungsgruppe am MIT gelang der Durchbruch, indem sie die dynamische Reaktion des Knies auf Druck und Gewicht mithilfe einer dämpfenden magnetischen Flüssigkeit nachahmten, die durch Sensoren in der Prothese gesteuert wird. Der produktive Erfinder entwickelte auch die BiOM T2, die erste batteriebetriebene Fuß- und Fußgelenkprothese der Welt, die die Funktion des Fußes mit einem komplexen Netz aus Mikroprozessoren nachahmt. Sie kam 2010 auf den Markt. 

Gesellschaftlicher Nutzen

Jedes Jahr unterziehen sich weltweit etwa drei bis vier Millionen Menschen schwerwiegenden Amputationen und erfahren dadurch starke Einschränkungen in ihrer Mobilität und ihrer Lebensweise. Allein in den USA werden jährlich etwa 185 000 Amputationen vorgenommen. Etwa 1,5 von 1 000 Personen sind in der Zivilbevölkerung von Amputationen betroffen, bei Angehörigen der Streitkräfte ist der Anteil höher.

Die Erfindungen von Hugh Herr haben bereits das Leben Hunderter Menschen mit amputierten Gliedmaßen verändert. Bis April 2014 wurden mehr als 1 000 BiOM-T2-Fußgelenkprothesen für Patienten angepasst, von denen fast die Hälfte US-Veteranen waren. Im Moment kostet die Fußgelenkprothese etwa 35 000 EUR (40 000 USD) pro Stück, aber der gesellschaftliche Nutzen ist in Bezug auf eine eigenständige Lebensweise und mögliche Erwerbstätigkeit von unschätzbarem Wert.

Wirtschaftlicher Nutzen

Als Mitbegründer der Ablegerfirma iWalk investierte Herr im Jahr 2007 zunächst 20 Mio. EUR (25 Mio. USD) in die Perfektionierung bionischer Prothesen. Das privat geführte Unternehmen heißt inzwischen BionX Medical Technologies, es beschäftigt 45 Angestellte und hat zwischen 2011 und 2014 Erträge von 30,8 Mio. EUR (35 Mio. USD) erwirtschaftet. Das isländische Unternehmen Össur, aktuell zweitgrößter Prothesenhersteller der Welt, fertigt Herrs Knieprothese in Lizenz. Die Knieprothese mit dem Markennamen RHEO KNEE ist in der neuen, dritten Generation jetzt wetterfest. Össur verzeichnete 2015 Umsätze in Höhe von 434 Mio. EUR (483 Mio. USD), wobei der Anteil an bionischen Produkten 16 % der Verkäufe von Prothesen ausmachte.

Das Wachstumssegment, zu dem die bionischen Prothesen von Hugh Herr gehören, entwickelt sich extrem schnell: Laut SA-Business Research & Consulting erreichte der Markt für mikroprozessorgesteuerte Prothesen im Jahr 2015 weltweit einen Wert von 393,4 Mio. EUR (434,4 Mio. USD). Langfristig schätzen die Marktforscher von Global Industry Analysts, dass der weltweite Markt für Prothesen bis 2017 auf einen Wert von 19,2 Mrd. EUR ansteigen könnte.

Funktionsweise

Mit den Erfindungen von Herr hat die Rehabilitationstechnologie Einzug in das Reich der Bionik gehalten, die den Schnittpunkt zwischen Medizin und Informationstechnologie darstellt. Das RHEO KNEE ist mit Computertechnologie ausgestattet und kann mithilfe von Sensoren die Körperhaltung und Position des Trägers in seiner Umgebung bestimmen. Dann passt das künstliche Gelenk den Widerstand an und ahmt so die natürliche Bewegung des Knies nach. Dies geschieht durch eine magnetorheologische Flüssigkeit, die von einem Elektromagneten gesteuert wird und Stöße abfängt.

In die BiOM-T2-Fußgelenkprothese wurde eine Reihe von Mikroprozessoren und Umgebungssensoren eingebaut, die ständig die Daten zur Gewichtsverteilung und Oberflächenneigung auswerten, während batteriebetriebene Federn die Vorwärtsbewegung des Trägers flüssig und zielgerichtet steuern.

Der Erfinder

Als Teenager war Hugh Herr ein begeisterter Kletterer, bis er bei einer Bergexpedition im Alter von 17 Jahren auf tragische Weise beide Beine unterhalb der Knie verlor. Seitdem verfolgt er seinen Lebenstraum vom Bergsteigen auf höchstem Niveau. Möglich machen dies seine bahnbrechenden Entwicklungen intelligenter Prothesen.

Hugh Herr blickt bereits auf eine über 30-jährige und sehr erfolgreiche Karriere im Bereich biomedizinischer Geräte zurück. Er hat über 60 Forschungsberichte veröffentlicht und kann mehr als 30 veröffentlichte Patente für Prothesen und Hilfsgeräte vorweisen. Seit dem Jahr 2000 leitet er die 35-köpfige Biomechatronik-Forschungsgruppe am MIT Media Lab in Boston. 2007 gründete er die MIT-Ablegerfirma iWalk (heute BionX Medical Technologies, Inc.), um seine Erfindungen auf den Markt zu bringen.

Herr gilt als einer der weltweiten Spitzenforscher auf dem Gebiet der Biomechatronik und hat wichtige Auszeichnungen erhalten, zum Beispiel den Popular Mechanics Breakthrough Leadership Award (2005), den Heinz Award for Technology, the Economy and Employment (2007) und den 14. Innovator of the Year Award des R&D Magazine (2014). Das Time Magazine zählte seine Erfindungen zweimal zu den zehn besten Erfindungen des Jahres (2004 und 2007).

Wussten Sie das?

Dank bionischer Prothesen können Prothesenträger ebenso gute Leistungen bringen wie andere Sportler - wenn nicht sogar noch bessere. 2008 untersagte der Leichtathletik-Weltverband IAAF Trägern der Karbonprothese "Cheetah" die Teilnahme an den Olympischen Spielen, weil diese den Sportlern einen "mechanischen Vorteil" gegenüber den übrigen Teilnehmern verschaffe.

Bei den Athletics World Championships des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) 2015 in Katar gewann das Athletenteam des isländischen Prothesenherstellers Össur, der Herrs Erfindung in Lizenz fertigt, als bestes Team 17 Medaillen (7-mal Gold, 6-mal Silber und 4-mal Bronze). Das Team stellte außerdem sechs neue Weltrekorde auf: So schaffte beispielsweise der US-amerikanische Sprinter Richard Browne jr. den 100-Meter-Sprint in 10,61 Sekunden.

 

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