Koen Andries, Jérôme Guillemont, Imre Csoka, Laurence F.F. Marconnet-Decrane, Frank C. Odds, Jozef F.E. Van Gestel, Marc Venet, Daniel Vernier
Medikament gegen multiresistente Tuberkulose
Gewinner des Europäischen Erfinderpreises 2014 in der Kategorie Industrie
Bei der Erfindung handelt es sich um eine chemische Zusammensetzung mit der Bezeichnung "R207910", die später "Bedaquilin" getauft wurde. Als sogenannte Erstlinientherapie für Tuberkulose hemmt das Molekül wirksam das mykobakterielle Wachstum der Krankheitserreger. Bedaquilin wirkt ferner gegen multiresistente Tuberkulose, an der 2012 weltweit 500 000 Menschen erkrankt sind.
Alle früheren Tuberkulosemedikamente zielten darauf ab, die Reproduktion des TB-Bakteriums zu verlangsamen und so die Infektion mit der Zeit zu stoppen. Als erstes wirklich neues TB-Medikament seit 40 Jahren lähmt Bedaquilin die Energiezufuhr in der Bakterienzelle, die daraufhin abstirbt. Dank dieser neuen, zudem schnellwirkenden Funktionsweise ist Bedaquilin eine mächtige Waffe zur Bekämpfung der multiresistenten Tuberkulose.
Gesellschaftlicher Nutzen
Mit 8,6 Millionen Neuerkrankungen und 1,3 Millionen Todesfällen im Jahr 2012 - rund 95 % davon in Entwicklungsländern - ist die Tuberkulose weiter auf dem Vormarsch. Obwohl konventionelle Arzneimittel verfügbar sind und eine langfristige Einnahme der Medikamente von entscheidender Bedeutung ist, brechen viele Patienten die Behandlung bereits nach dem Abebben der ersten Symptome ab. Die Folge sind Resistenzen und Rückfälle. Mit dem neuen Medikament verkürzt sich die Behandlungszeit um rund 40 Tage, wodurch es wahrscheinlicher wird, dass die Patienten die Behandlung auch zu Ende führen.
Wirtschaftlicher Nutzen
Neben dem direkten Effekt der tuberkulosebedingten Todesfälle kann sich die Krankheit auch lähmend auf die Wirtschaft ganzer Regionen auswirken. Insbesondere in Gebieten mit hoher TB-Rate - vor allem in ärmeren Ländern - hat sie verheerende Folgen für die Wirtschaftsleistung, weil die Erkrankten nur noch eingeschränkt arbeitsfähig sind oder bei einem schlimmen Krankeitsverlauf überhaupt nicht mehr arbeiten können.
Laut der "Global Alliance for TB Drug Development" könnte sich der Produktivitätsverlust für die Entwicklungsländer in den nächsten zehn Jahren auf mehr als 3 Billionen US-Dollar belaufen. Mit den derzeit vorhandenen Medikamenten können einfache Formen der Krankheit innerhalb von etwa 6 Monaten behandelt werden. Bei schweren Krankheitsverläufen dauert die Behandlung dagegen unter Umständen bis zu 20 Monate. Das von Koen Andries und seinem Team entwickelte neue Arzneimittel, das unter dem Handelsnamen Sirturo vermarktet wird, ist nahezu zweimal so effektiv wie die traditionellen Behandlungsmethoden und kann Tuberkulosekranke innerhalb von nur 8 Wochen heilen.
Funktionsweise
Indem er den Energiezyklus im TB-Bakterium unterbricht, kann dieser "ATP-Synthase-Inhibitor" den Krankheitserreger schneller zerstören. Und weil Bedaquilin anders funktioniert als die Medikamente, gegen die die Tuberkulose Resistenzen entwickelt, ist das Arzneimittel auch wirksamer bei der Behandlung der multiresistenten Form der Krankheit.
Der Erfinder
Koen Andries ist Mikrobiologe und Doktor der Veterinärmedizin. Er begann seine Laufbahn mit der Erforschung von Viruserkrankungen bei Tieren. Nachdem er 2001 in einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über die fortschreitende Ausbreitung der Tuberkulose und ihre zunehmende Unvorhersehbarkeit gelesen hatte, beschloss er, sich auf die Humanmedizin zu konzentrieren, und begann, zusammen mit dem französischen Chemiker Jérôme Guillemont nach einem Heilmittel für Tuberkulose zu suchen.
Als emeritierter Professor der Universität Antwerpen durchforstete Andries mit seinem Team die Substanzbibliothek seines Arbeitgebers Janssen Pharmaceutica in Beerse im flämischen Teil Belgiens. Sie untersuchten Tausende von chemischen Substanzen durch immer neues Kombinieren und Testen, bis sie schließlich auf das Quinolin-Molekül stießen, aus dem sie ihre neue Arznei entwickelten.
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