Mehrdad Mahdjoubi
Kreislaufdusche für Wasser- und Energieeinsparung
Finalist für den Europäischen Erfinderpreis 2018
Mehrdad Mahdjoubis Weltraumdusche führt zu einem Umdenken beim Wasserverbrauch im Haushalt, insbesondere im Badezimmer. Das Duschsystem "Oas", das mit einem geschlossenen Wasserkreislauf arbeitet, hat Mahdjoubi sich ausgedacht, als er am Projekt der NASA zur bemannten Marsmission mitarbeitete. Das System filtert das Wasser und verwendet es wieder, und verbraucht auf diese Weise 90 % weniger Wasser und 80 % weniger Energie als eine herkömmliche Dusche.
Mit einer konventionellen Dusche in Europa verbrauchen wir im Schnitt rund 10 Liter Wasser pro Minute. Das bedeutet bei einem zehnminütigen Duschvorgang bis zu 100 Liter, also etwa ein Drittel unseres täglichen Wasserverbrauchs zu Hause. Wenn wir häufig duschen, ist dieser Anteil natürlich noch höher.
Bei einem Duschgang bringen wir nur wenige Minuten damit zu, Seife und Shampoo von unserem Körper abzuspülen. Der größte Teil des Wassers fließt also mehr oder weniger sauber in den Abfluss. Anstatt dieses ansonsten saubere Wasser einfach zu verschwenden, wird bei Mahdjoubis Dusche digitale Technologie dazu eingesetzt, während eines Duschvorgangs nur fünf Liter Wasser umlaufen zu lassen. Der Name "Oas" leitet sich übrigens von dem schwedischen Wort für "Oase" ab und wurde in seinem Unternehmen Orbital Systems kreiert.
Gesellschaftlicher Nutzen
Rückführung und Reinigung von Wasser - das ist die neue Art des Wassersparens. Das Oas-System ist derzeit das einzige auf dem Markt befindliche Produkt seiner Art, und im Hinblick auf Wasser- und Energieeinsparung ist es das effizienteste Duschsystem der Welt.
Die Idee für das Oas kam dem 28-jährigen Mahdjoubi, der an der Universität Lund in Schweden Industriedesign studiert und einen "Master of Fine Arts"-Abschluss erworben hat, als er 2012 noch als Student im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen der Universität und der NASA an deren Projekt "Journey to Mars" mitwirkte. Mahdjoubi und die anderen Projektmitglieder dachten darüber nach, ob es wohl möglich wäre, auf dem Mars denselben Lebensstandard wie auf der Erde zu erreichen. "Es war mir ganz klar, dass wir unsere Ressourcen so klug wie nur irgend möglich einsetzen müssten. Und genau das tun wir hier", erklärt Mahdjoubi.
Die Vorzüge von Mahdjoubis Dusche liegen auf der Hand - man denke beispielsweise an Regionen, in denen Wassermangel herrscht, weil sie häufig von Dürre geplagt werden, oder auch an Orte, an denen viele Menschen duschen, wie z. B. Fitnessstudios, Krankenhäuser oder öffentliche Schulen. Nach Angaben der UN sind gegenwärtig mehr als zwei Milliarden Menschen von Wasserknappheit betroffen. Das ist nahezu ein Viertel der gesamten Weltbevölkerung.
Untersuchungen des schwedischen Instituts zur Kontrolle übertragbarer Krankheiten haben gezeigt, dass das von Oas gefilterte Wasser sogar noch sauberer ist als das Wasser, das aus der Leitung kommt. Ganz klar, dass ein Duschsystem, dessen Wasser frei von Krankheitserregern ist, auch für Pflegeheime und Krankenhäuser sehr interessant ist.
Hinzukommt, dass das Duscherlebnis auch noch besser ist als mit einer normalen Dusche. Bei einer herkömmlichen Dusche kann es zu Druck- und Temperaturschwankungen kommen, wenn an anderer Stelle im Haus noch jemand duscht. Da es sich bei der Oas-Dusche um einen geschlossenen Wasserkreislauf mit Comfort-Korrekturfunktion handelt, unterliegt sie solchen Schwankungen nicht. In Haushalten, in denen der Wasserfluss begrenzt oder reduziert ist, kann Oas einen mehr als doppelt so großen Wasserstrahl liefern.
Schätzungen von Orbital Systems zufolge wurden mit dem System seit seiner Markteinführung bereits etwa 13 Millionen Liter Wasser eingespart.
Wirtschaftlicher Nutzen
Das 2012 gegründete Unternehmen Orbital Systems verfolgt eine rigorose Strategie zum Schutz seiner geistigen Eigentumsrechte, um seine Position als Innovator auf dem globalen Markt für Duschköpfe und Duschpaneele zu halten - ein Markt, dem bis zum Jahr 2024 ein Wachstum auf rund 3,3 Mrd. EUR prophezeit wird. Im Zusammenspiel mit dieser Strategie hat das Unternehmen bereits ein Investitionsvolumen von 25 Mio. EUR aufgebracht. Finanzielle Unterstützung kam unter anderem von Karl-Johan Persson, CEO von H&M (Hennes & Mauritz AB), und von Niklas Zennström, Mitbegründer von Skype Technologies S.A.R.L.
Orbital Systems ist ein kleines Unternehmen mit Sitz in Malmö in Schweden und Zweigstellen in den USA. Es beschäftigt etwas mehr als 50 Mitarbeiter und produziert jährlich weniger als 1 000 Oas-Systeme. Angesichts der geringen Stückzahlen kostet eine Oas-Dusche noch über 3 000 EUR. Mahdjoubi geht aber davon aus, dass die Kosten für die Duschen und die Filter (50 EUR) mit steigenden Produktionszahlen sinken werden. Kostete der erste Prototyp im Jahr 2014 noch 9 000 EUR pro Stück, so ist dieser Preis bis 2017 bereits um zwei Drittel gefallen. Über die nächsten Jahre, so vermutet Mahdjoubi, sollte der Preis so weit sinken, dass ein solches System dann nur noch etwa doppelt so viel kostet wie eine Spülmaschine, vielleicht nicht mehr als 500 EUR.
Da sich das Unternehmen nach wie vor auf die Kernelemente der Technologie konzentriert und weniger Wert auf Stil und Design legt, hält Mahdjoubi es sogar für möglich, dass der Preis noch weiter zurückgeht. Damit könnten dann auch Entwicklungsländer von seiner Dusche profitieren.
Diese Konzentration auf die Kerntechnologie wird es in Zukunft aber auch ermöglichen, herkömmliche Duschköpfe und Sanitäreinrichtungen mit dem System auszustatten, so dass je nach Budget und Geschmack eine größere Bandbreite an Möglichkeiten zur Verfügung steht.
Funktionsweise
Die Sensoren des Oas-Systems analysieren die Qualität des Wassers auf dieselbe Weise, wie Atomkraftwerke dies tun, nämlich durch Messung seiner elektrischen Leitfähigkeit (Schmutzstoffe machen das Wasser leitfähiger). Das ist der Referenzpunkt, auf den sich das System bezieht. Pro Sekunde wird das Wasser im System 20-mal gemessen und die Werte werden mit diesem Referenzpunkt verglichen. Wasser, das so verschmutzt ist, dass es nicht mehr gereinigt werden kann, wird automatisch ausgeleitet.
Das restliche Wasser wird gereinigt, indem es durch zwei Filter gepumpt wird, einen Mikrofilter, der größere Partikel wie Haare und Schmutz ausfiltert, und einen UV-Filter, der im Wasser befindliche Mikroorganismen wie Bakterien und Viren oder auch Blut neutralisiert.
Bevor das gereinigte Wasser zum Duschkopf zurückgeleitet wird, fließt es durch einen Erhitzer. Da die Wassertemperatur zwischen Duschkopf und Abfluss nur um wenige Grade abfällt, wird nur sehr wenig Energie benötigt, um es wieder aufzuheizen. Bevor das Wasser den Duschkopf verlässt, wird es immer sterilisiert.
Wasser, das vom System ausgeleitet oder von der Dusche verspritzt wird, wird automatisch ersetzt. Wenn der Duschvorgang beendet ist, wird das Wasser abgespült und das System füllt sich gleich mit einer weiteren Wasserladung für die nächste Person. Mittels einer App kann der Anwender den Verbrauch verfolgen und sich benachrichtigen lassen, wenn die Filter gewechselt und zum Recycling zurückgeschickt werden müssen.
Der Erfinder
Mahdhjoubis Eltern, die aus dem Iran stammen, waren Architekten, und die Kunst der Baugestaltung faszinierte ihn von klein auf. Er selbst entschied sich dann für das Industriedesign, nachdem er erkannt hatte, welche vielfältigen Möglichkeiten in dieser Disziplin steckten.
Als Gründer und CEO von Orbital Systems wurde Mahdjoubi 2016 vom Wirtschaftsmagazin Forbes in die Liste "30 under 30" aufgenommen. Die Liste würdigt die vielversprechendsten jungen Menschen aus Wirtschaft und Geschäftsleben auf der ganzen Welt. Die Entwicklung seines Duschsystems brachte Mahdjoubi auch eine Reihe anderer Auszeichnungen ein, beispielsweise den hochkarätigen schwedischen Erfinderpreis, den "SKAPA Development Award" 2014. Im selben Jahr wurde er von der schwedischen Handelskammer zum "Technologist of the Year" gekürt.
Mahdjoubi ist auch ein begeisterter Fußballspeiler, der in seiner Jugend in der schwedischen Liga der unter 21-Jährigen spielte. Sein ehemaliger Verein Malmö hat seine Duschen in den Umkleideräumen installiert.
Wussten Sie das?
Bevor Mahdjoubis bahnbrechende Erfindung kam, hatte sich beim Wasserverbrauch im Badezimmer 50 Jahre lang hat sich kaum etwas getan. Viele Menschen in städtischen Regionen rund um den Erdball müssen nur den Wasserhahn aufdrehen, und schon stehen ihnen riesige Wassermengen zur Verfügung.
Schätzungen zufolge verbraucht in Mahdjoubis Heimatland Schweden jeder Einwohner durchschnittlich 200 Liter Wasser am Tag, davon rund ein Drittel im Badezimmer. In anderen hoch entwickelten Industrienationen ist der Verbrauch möglicherweise noch höher.
Dank des cleveren Einsatzes digitaler Technologie trägt Mahdjoubi mit seinem Unternehmen dazu bei, dass wir uns mehr Gedanken um den Wasserverbrauch im Badezimmer und unseren Umgang mit der zunehmend kostbareren Ressource Wasser machen. Die Zukunft gehört der digitalen Vernetzung, sogar, wenn es ums Duschen geht: Mahdjoubi hat festgestellt, dass man sie dazu einsetzen kann, die Menschen zu motivieren, indem man ihnen zeigt, wie viel Wasser sie sparen; eine App erinnert sie außerdem daran, den Filter zu wechseln.
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