Mit Spielzeug programmieren lernen: Gaute Munch, Erik Hansen und Team als Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2018 nominiert
- Dänisches Erfinderteam entwickelt programmierbare Spielzeugbausätze - Nominierung für Preis des Europäischen Patentamts (EPA)
- Mit LEGO-Minicomputern haben Millionen Schülern in Bildungsprogrammen die Grundlagen des Programmierens erlernt
- EPA-Präsident Battistelli: „Die Erfindung des Teams fördert das Verständnis von Technik und inspiriert die nächste Generation von IT-Talenten innerhalb und außerhalb Europas."
München, 24. April 2018 - Die dänischen Erfinder Gaute Munch, Erik Hansen und ihr Team haben eine Technologie entwickelt, welche die Grundlagen von Programmierung und Robotik an Kinder und Jugendliche vermittelt. Die preisgekrönte Produktreihe „MINDSTORMS® Robotics Invention System" wurde erstmals 1998 von der dänischen Firma LEGO® auf den Markt gebracht und ermöglicht die Konstruktion von Spielzeugrobotern mit digital erweiterten Komponenten, die sogar Verhaltensweisen über eine Programmierschnittstelle „erlernen". Die Produktlinie macht aus Technologien, die bisher nur für Menschen mit naturwissenschaftlichen Abschlüssen zugänglich waren, kreative Werkzeuge für Kinder und spielbegeisterte Erwachsene.
Für diese Leistung wurden Gaute Munch, Erik Hansen und ihr Team als Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2018 in der Kategorie „Industrie" nominiert. Die Auszeichnung wird am 7. Juni 2018 in Paris, Saint-Germain-en-Laye, verliehen.
„Die Erfindung des dänischen Teams fördert das Verständnis von Technik und könnte die nächste Generation von IT-Talenten in Europa inspirieren", sagte EPA-Präsident Benoît Battistelli, der die Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2018 bekannt gab. „Früher war die Robotik ausschließlich IT-Experten und Wissenschaftlern vorbehalten. Heute laden diese programmierbaren Spielzeuge junge Nutzer und andere kreative Köpfe ein, eigene Erfindungen zu entwickeln."
Einen Klassiker ins Computerzeitalter überführen
Die dänischen Erfinder sind Teil eines internationalen Teams, das programmierbare Roboter als Weiterentwicklung für eines der klassischsten Kinderspielzeuge der Welt konzipiert hat. Bereits 1949 begann LEGO mit der Herstellung modularer Bausteine. Die Steine wurden 1958 durch ein Patent geschützt, das dem europäischen Unternehmen den Weg zu einem der drei größten Spielwarenhersteller der Welt ebnete. Die Aufgabe von Munch, Hansen und ihrem Team bestand darin, den klassischen LEGO-Stein in das Informationszeitalter zu überführen, indem sie ihn mit Computertechnologie kombinierten.
Das Team ließ hierfür eine frühere Partnerschaft zwischen LEGO und dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston aufleben, die 1994 einen Minicomputer mit dem Namen „MIT Programmable Brick" hervorgebracht hatte. Er maß zehn LEGO-Einheiten in der Länge - gezählt als „Punkte" auf den Bausteinen - und sieben Einheiten in der Breite. Der Minicomputer war in der Lage, auf acht Sensoren zu reagieren und gleichzeitig vier Zusätze, wie Motoren und Schalter, zu steuern, um die Arme des Roboters zu bewegen. Um den Mini-PC zu programmieren, verwendeten die Wissenschaftler eine textbasierte Programmiersprache namens „Brick Logo".
Der programmierbare Baustein blieb jedoch Informatik-Experten vorbehalten, weil er das Erlernen einer Programmiersprache und Zugang zu professioneller Computertechnik voraussetzte. Deshalb beauftragte LEGO 1997 ein 15-köpfiges Entwicklungsteam mit der Umwandlung des Minicomputers in ein marktreifes Produkt, das sogar Kinder programmieren können. Hierzu tat sich Gaute Munch, der sich seit frühester Kindheit für Eletronik begeistert, mit Erik Hansen zusammen, der zuvor während seiner Zeit am MIT in Boston eine Reihe von Computererfindungen perfektioniert hatte.
In Zusammenarbeit mit Kollegen aus den USA brachte das dänische Team die entscheidenden Schritte zur Umsetzung des Vorhabens auf den Weg, für welche sie während des Entwicklungsprozesses auch mehrere Patente anmeldeten. Zunächst ersetzten sie die komplizierte textbasierte Programmierung durch eine kinderfreundliche grafische Oberfläche auf dem Computer. In einem weiteren Schritt erstellten sie einen Minicomputer namens RCX, den sie in Steine mit LEGO-Optik einbetteten.
Das „Hirn" der Roboter-Kreation ist die Verbindung des RCX mit dem PC über eine Infrarotschnittstelle. Diese Verbindung ermöglicht es dem RCX, in der Software erzeugte Verhaltensweisen zu lernen und sie in der realen Welt umzusetzen. Um die Funktionalität auch ohne PC zu steuern, fügten die Erfinder die Möglichkeit hinzu, Funktionen unter Verwendung von Lichtimpulsen zu programmieren. Diese Funktionen vermitteln dem Nutzer die Grundlagen der Computerprogrammierung, einschließlich sogenannter „Wenn / Dann" -Routinen: Wenn ein Berührungssensor ausgelöst wird, dann veranlasst der RCX, dass ein Motor den Arm des Roboters bewegt. Als das LEGO MINDSTORMS RCX System 1998 auf den Markt gebracht wurde, bestand es aus dem Minicomputer, einem Motor und vier Sensoren - und wurde sofort zum Erfolg.
Die Programmierer von morgen unterrichten
Vor der Entwicklung von LEGO MINDSTORMS war Robotikunterricht an Schulen die Ausnahme. Bereits ein Jahr nach der Lancierung fing LEGO an, mit weiterführenden Schulen zusammenzuarbeiten, um Roboterspielzeuge in naturwissenschaftliche Bildungsprogramme aufzunehmen. So konnten sich Kinder wichtige Kenntnisse aneignen, indem sie ihre eigenen Roboter „unterrichteten". 1998 ging das Unternehmen eine bis heute andauernde Partnerschaft mit der US-amerikanischen Wohltätigkeitsorganisation „For Inspiration and Recognition of Science and Technology" (FIRST) ein, um Robotorsets an 200 teilnehmende Schulen zu vermitteln. Das Programm wurde als First LEGO League (FLL) schnell auf eine internationale Ebene gehoben. Dort lernen Teams naturwissenschaftliche, technische, konstruktionsrelevante und mathematische Konzepte anzuwenden, um Lösungen für reale Probleme wie Lebensmittelsicherheit, Recycling und Energie zu entwickeln. 2017 haben weltweit mehr als 200.000 Teilnehmer in 30.000 Teams ihre kreativen Roboterkonzepte eingereicht.
Mit Blick auf die Zukunft sind kreative Programmierer stark gesucht. Die Neugier von Kindern mit computergestützem Spielzeug zu wecken könnte in Europa zudem dringend benötigte Kapazitäten aufbauen: Laut einem aktuellen Bericht haben 40 Prozent der Menschen in der EU „unzureichende" digitale Kompetenzen, 22 Prozent sogar keine. Obwohl der Sektor der Informations- und Computertechnologie (ICT) jährlich 120.000 neue Arbeitsplätze schafft, könnten in Europa bis 2020 mehr als 756.000 ICT-Fachkräfte fehlen. Laut den Erfindern zeigt das LEGO-Robotikprogramm bereits Wirkung: Sie treffen oft neue Studenten an technischen Universitäten, die ihre Spielzeugerfindung als Grund für den Beginn ihrer technischen Ausbildung bezeichnen.
Globales Phänomen
Die LEGO Group gehört heute zu den drei führenden Unternehmen auf dem globalen Spielzeugmarkt, der 70 Milliarden Euro pro Jahr umsetzt. Im Jahr 2017 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 4,7 Milliarden Euro und beschäftigte weltweit 17.534 Mitarbeiter. Mit Hauptsitz in Billund, Dänemark, hat LEGO bisher mehr als 200 Milliarden Steine in über 120 Ländern verkauft. Laut Hansen spielt Robotik-Spielzeug eine Schlüsselrolle für diesen Erfolg.
Die LEGO MINDSTORMS-Serie wurde im Laufe der Jahre ständig weiterentwickelt und befindet sich derzeit in der dritten Generation. Sie hat zahlreiche Preise erhalten, darunter die Auszeichnung „Pädagogisches Spielzeug des Jahres" der New Yorker Spielzeugmesse. Die patentierten Schlüsselerfindungen von Munch, Hansen und ihrem Team sind grundlegend für den anhaltenden Erfolg dieser ausgereiften Technologieplattform. Die Patente gelten auch für anderes erfolgreiches LEGO-Programmierspielzeug, das immer noch nach dem Prinzip funktioniert, mit benutzerdefiniertem Verhalten auf sensorische Auslöser zu reagieren.
Die jugendliche Neugier aufrechterhalten
Gaute Munch war schon vor der Entwicklung von Lernspielzeug bei LEGO von der Arbeit mit jungen Menschen fasziniert. Als passionierter Segler überquerte er zwischen 1984 und 1989 den Atlantik von Dänemark bis zu den karibischen Inseln und arbeitete nach seiner Rückkehr mit Jugendlichen in Segelprojekten in seiner Heimat. Der Elektroingenieur mit einem Abschluss der Universität Aarhus tritt in seiner aktuellen Position als Technology Frontend Director bei LEGO System A/S häufig auf LEGO MINDSTORMS Bildungs- und Ligaveranstaltungen auf und nimmt an F&E-Fokusgruppen mit jungen Anwendern teil. „Es ist einfach toll, all die Kinder und anderen spielbegeisterten Erfinder zu sehen, die großartige Dinge erschaffen", sagt er.
Erik Hansen machte seine erste Erfindung als kleiner Junge: Ein Keksausstecher, der auf einem ausrangierten Ölfilter eines 1952er Ferguson Traktors basiert, und den seine Mutter noch heute benutzt. In seiner Rolle im LEGO Creative Play Lab arbeitet er mit führenden Universitäten und Unternehmen an neuen Generationen von wissenschaftsbasiertem Spielzeug. Als leidenschaftlicher Tüftler baute der studierte Elektroingenieur mit einem Abschluss in Unternehmensinnovation ein nachhaltiges Heizsystem für sein Bauernhaus auf - gesteuert von einem LEGO MINDSTORMS Roboter. Er beschreibt seine Arbeit als „eine Leidenschaft und ein fantastisches Privileg, an der Innovation von Produkten mitzuwirken, die Millionen von Kindern helfen, besser zu spielen und zu lernen und ihr Potenzial im Leben zu erreichen."
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Der
Blick auf die Patente:
EP1146941
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EP1148921
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EP2217341
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EP2032227
Vom Forschungslabor zum Spielzeugladen
Die LEGO MINDSTORMS-Produktlinie wurde am Media Lab des Massachusetts Institute of Technology (MIT) gegründet und bildet eine Brücke zwischen Universitätslaboren und dem Spielzeugmarkt - aus modularen LEGO-Bausteinen. Andere beliebte Spielzeuge, die als wissenschaftliche Experimente begonnen haben, sind die Super Soaker Wasserpistole, Play-Doh Knete und der Zauberwürfel. Das Patent für den Zauberwürfel erhielt der ungarische Erfinder Ernő Rubik, der bei einem früheren Europäischen Erfinderpreis als Jurymitglied fungierte. Der Zauberwürfel wurde als Rätsel konzipiert, um Schülern 3D-Geometrie zu vermitteln.
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