J 0002/06 (Beschwerdefähige Entscheidung/BEHR) 20-11-2006
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I. Am 25. März 2003 wurde die internationale Anmeldung Nr. PCT/EP03/03100 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 25. März 2002 beim Europäischen Patentamt als Anmeldeamt eingereicht.
II. Auf dem miteingereichten Formblatt PCT/RO/101 in der Version Juli 2002 war im Feld V "Bestimmung von Staaten" das Feld "EP Europäisches Patent" nicht angekreuzt; un ter "Nationales Patent" waren sämtliche dort aufgeführ ten Staaten einzeln angekreuzt, mit Ausnahme von Deutschland und einschließlich (des in dieser Version des Formblattes noch angegebenen Staates) "SI Slowenien".
III. Die internationale Anmeldung wurde mit der Nr. WO 03/080375 am 2. Oktober 2003 veröffentlicht; als Bestimmungsstaaten (national) waren mit Ausnahme von Slowenien (SI) unter "(81)" die im Feld V des Formblattes PCT/RO/1 01 (einzeln) angekreuzten Staaten angegeben.
IV. Am 3. August 2004 beantragte die Anmelderin den Eintritt in die regionale Phase vor dem EPA, indem sie das Formblatt EPA Form 1200, enthaltend u.a. den Prüfungsantrag und einen die Prüfungsgebühr und die Benennungsgebühren abdeckenden automatischen Abbuchungsauftrag, einreichte.
V. Mit Eingabe vom 19. Mai 2005 wies die Anmelderin darauf hin, dass ihr bisher weder die europäische Anmeldenummer mitgeteilt, noch die Gebühren abgebucht worden seien und bat um Überprüfung und Weiterbehandlung der Akte. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben wies die Anmelderin in ihrer weiteren Eingabe vom 3. Juni 2005 darauf hin, dass mit Beantragung eines nationalen Patentes für SI sehr wohl eine Bestimmung des EPA erfolgt sei, auch wenn im am 24. März 2003 eingereichten PCT-Antragsformular kein Kreuz bei "Regionales Patent: EP" gemacht worden sei. Das am 1. Dezember 2002 dem EPÜ beigetretene Slowenien habe nämlich gemäß Artikel 45 (2) PCT von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach seinem nationalen Recht vorzusehen, dass seine Bestimmung in einer internationalen Anmeldung als Hinweis auf den Wunsch anzusehen sei, ein regionales Patent nach einem regionalen Patentvertrag zu erhalten. Mithin sei durch Ankreuzen von Slowenien im PCT-Antragsformular eine Bestimmung des EPA erfolgt.
VI. Daraufhin teilte die Eingangsstelle der Anmelderin mit Schreiben vom 29. September 2005 mit, sie sei zu dem Schluss gelangt, dass gemäß Artikel 32 (6) Slowenisches Patentgesetz, Artikel 4 (1) (ii) und 45 (2) PCT, sowie 153 (1) EPÜ SI in der vorliegenden Anmeldung als für ein europäisches Patent bestimmt gelte, so dass das EPA für als Bestimmungsamt für SI tätig werden könne.
"Ergänzend" wurde in dem Schreiben "hervorgehoben", dass nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA (J 19/93) die Benennung von SI nur für diesen Staat gültig sei; ohne EP-Bestimmung durch Ankreuzen des "EP-Kästchens" [im Formblatt PCT/RO/101] könne das EPA nicht für die anderen EP-Staaten tätig werden, weil die vorsorgliche Bestimmung aller EP-Staaten mangels Erfüllung der einschlägigen Erfordernisse hierfür - etwa die schriftliche Bestätigung binnen der in Regel 4.9 b) ii) vorgesehenen Frist - als zurückgenommen gelte.
Das mit "EINGANGSSTELLE" unterzeichnete Schreiben weist den allgemeinen Briefkopf der Generaldirektion 1 auf, jedoch keine Bezeichnung (etwa Mitteilung, Kurzmittei lung, Hinweis, Entscheidung); der Text beginnt mit "Betreffend Ihren Antrag vom 03.06.2005 ist die Eingangsstelle zu der Schluss gelangen, dass ..." und endet mit dem Satz: "Eine Unterrichtung des Internationalen Büros durch das EPA über die Umstände des vorliegenden Falles und insbesondere über die Tatsache, dass das EPA für Slowenien wirksam bestimmt worden ist, erfolgt".
VII. Entsprechend dieser Unterrichtung wurde eine berichtigte Fassung der internationalen Anmeldung veröffentlicht, in der unter "(81) Bestimmungsstaaten (national)" SI nicht mehr angegeben war, jedoch mit der zusätzlichen Angabe "(84) Bestimmungsstaat (regional): europäisches Patent (SI)".
VIII. Am 21. November 2005 reichte die Anmelderin Beschwerde gegen den "Beschluss der Eingangsstelle des Europäischen Patentamts vom 29.09.2005" samt ausführlicher Begründung ein und entrichtete die Beschwerdegebühr mittels Abbuchungsauftrag.
Unter anderem beantragte sie, den Beschluss der Eingangsstelle in dem Umfang aufzuheben, in dem der ursprüngliche Antrag der Anmelderin zurückgewiesen wurde, und zu beschließen, dass die Anmeldung im Verfahren vor dem EPA für sämtliche Vertragsstaaten des EPÜ fortzuführen sei, ferner gemäß Regel 67 EPÜ die Rückerstattung der Beschwerdegebühr - dies wegen Verstoßes gegen Artikel 113 EPÜ, da der Anmelderin keine Gelegenheit gegeben worden sei, zu der erstmals im angefochtenen Beschluss herangezogenen Entscheidung J 19/93 Stellung zu nehmen.
IX. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde wurde von der Beschwerdeführerin ausgeführt, dem Gesamtgehalt des angefochtenen Schreibens sei zu entnehmen, dass es sich um eine abschließende Feststellung der Eingangsstelle handle, insbesondere enthalte es keine Aufforderung, eine etwaige von der Auffassung der Eingangsstelle abweichende Stellungnahme einzureichen. Mithin liege eine beschwerdefähige Entscheidung vor (J 8/81).
X. In ihrem der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 12. September 2006 beigefügten Bescheid teilte die Kammer ihre vorläufige Auffassung und die Gründe dafür mit, dass es sich bei dem der Beschwerde zugrunde liegenden Schreiben nicht (schon) um eine beschwerdefähige Entscheidung handle.
XI. In der mündlichen Verhandlung am 20. November 2006 - die die nachdem zum Zweck der gemeinsamen Durchführung der mündlichen Verhandlung verbundenen Beschwerdeverfahren J 1/06 und J 2/06 betraf - wurde vom Vertreter der Beschwerdeführerin zusätzlich argumentiert, die Erklärungen der Anmelderin gemäß den fest angekreuzten Punkten 10.1 und 10.3 in EPA Form 1200 machten bei Benennung nur eines Vertragsstaates keinen Sinn. Nachdem er darauf hingewiesen worden war, dass gemäß Punkt 10.1 die Absicht der Entrichtung der Benennungsgebühren für alle Vertragsstaaten nur gelten soll, "soweit sie in der internationalen Anmeldung bestimmt sind", erklärte der Vertreter der Beschwerdeführerin, auf das Formblatt komme es letztlich nicht an. Jedenfalls finde sich nirgends in der Anmeldungsakte eine Einschränkung allein auf den Vertragsstaat Slowenien.
Die Rückerstattung der Beschwerdegebühr sei zusätzlich zu dem schriftlich vorgebrachten Grund auch deshalb gerechtfertigt, weil das Amt in dem der Beschwerde zugrunde liegenden Schreiben hätte deutlich machen müssen, dass es sich darauf eine Äußerung der Anmelderin erwarte.
Die Beschwerdeführerin hielt schließlich nur ihre beiden in Punkt VIII, oben, wiedergegebenen Anträge aufrecht. Darauf hin wurde die Entscheidung der Beschwerdekammer verkündet.
Zulässigkeit der Beschwerde
1.1 Seiner äußeren Form nach ist das Schreiben der Eingangs stelle vom 29. September 2005 ein Schreiben an die Anmelderin und nunmehrige Beschwerdeführerin. Es ist weder als Entscheidung bezeichnet, noch wie eine solche gegliedert; weder enthält es einen Entscheidungstenor, noch eine Rechtsmittelbelehrung nach den Vorgaben der Regel 68 (2) EPÜ.
1.2 Für die Beurteilung, ob dieses Schreiben eine mit Beschwerde anfechtbare Entscheidung darstellt, ist jedoch nicht allein dessen Form maßgeblich, sondern letztlich, worum es sich dabei in der Sache handelte (J 8/81, ABl. EPA 1982,10, Leitsatz, auf welche sich die Beschwerdeführerin beruft; T 1062/99 vom 4. Mai 2000, Pkt. 1.1). Zu prüfen ist daher, ob im vorliegenden Fall konkrete Umstände vorlagen, die dazu geführt haben könnten, dass durch das Schreiben der Eingangsstelle, obwohl seiner Form nach ein bloßes Informationsschreiben, dennoch eine einer (beschwerenden) Entscheidung gleichzusetzende Verfahrenslage herbeigeführt wurde.
1.2.1 Das Schreiben erfolgte als Reaktion der Eingangsstelle auf die beiden Eingaben der Anmelderin vom 19. Mai und vom 3. Juni 2005 (Pkt. V, oben), sachlich als deren vollständige und positive Erledigung: Nachdem das Amt bis dahin - offenbar, weil es sich nicht wirksam bestimmt erachtete - die Anmeldung nicht als in die regionale Phase eingetreten behandelt hatte, wurde der Anmelderin nunmehr mitgeteilt, dass ihre Auffassung geteilt werde, dass Slowenien in der internationalen Anmeldung als für ein europäisches Patent bestimmt gelte und das EPA somit für Slowenien als Bestimmungsamt tätig werden könne. Das Internationale Büro werde zur Vornahme der in seiner Zuständigkeit liegenden Folgemaßnahmen (insbesondere die Veröffentlichung der entsprechend berichtigten Angaben - die dann auch erfolgte, siehe Pkt. VII, oben) entsprechend unterrichtet.
1.2.2 Der Einschränkung auf SI als einzigen Staat, für welche das EPA als Bestimmungsamt tätig werden könne und der mit "Ergänzend ist hervorzuheben, dass" eingeleiteten Begründung hierfür lag dagegen keine diesbezügliche Äußerung der Anmelderin zugrunde. Diese hatte sich in ihren beiden Eingaben inhaltlich und argumentativ auf die Bestimmung des EPA als solchem bezogen und beschränkt, welche sie mit der Beantragung eines nationalen Patents für SI in der internationalen Anmeldung begründete. Die Frage, ob und ggf. welche weiteren Vertragsstaaten des EPÜ damit als bestimmt gelten könnten, war in den beiden Eingaben überhaupt nicht angesprochen. Somit bezog sich die Eingangsstelle in ihrem Schreiben, im Gegensatz zum der Entscheidung J 8/81 zugrunde liegenden Sachverhalt, ersichtlich auf keinen diese Frage berührenden Antrag der Anmelderin.
1.2.3 Damit kann, jedenfalls in diesem Zusammenhang, auch dahingestellt bleiben, wie die fest angekreuzten Erklärungen unter Punkt 10.1 und 10.3 des Formblattes 1200 zu verstehen sind. Darauf hat sich die Eingangs stelle in ihrem Schreiben nämlich nicht bezogen, sondern allein auf den "Antrag vom 03.06.2005", in welcher Eingabe die Anmelderin "eine Bestimmung des Europäischen Patentamtes" als gegeben ansah, jedoch die Frage, welche Vertragsstaaten des EPÜ (über SI hinaus) als benannt zu gelten haben, nicht angesprochen hatte.
1.2.4 Es besteht weder eine Vorschrift noch die Praxis, grundsätzlich alle Mitteilungen des Amtes mit der Aufforderung zur Stellungnahme zu versehen. Die im Schreiben erwähnte Unterrichtung des Internationalen Büros ebenso wie die davon ausgelöste Veröffentlichung der entsprechenden Berichtigung ist ihrer Natur nach weder für das Amt noch das Internationale Büro verbindlich hinsichtlich ihres Inhalts.
1.2.5 Auch sonst deutet nichts darauf hin, weder in dem Schreiben noch sonst, dass die Eingangsstelle sich mit den Ausführungen zum Umfang der Bestimmung des EPA endgültig festlegen wollte oder sich festgelegt hätte, und zwar entgegen einer von der Anmelderin dezidiert geäußerten Auffassung.
1.2.6. Unter diesen Umständen ist auch auszuschließen, dass dieses Schreiben bei objektiver Betrachtung den Anschein einer beschwerdefähigen Entscheidung hätte herbeiführen können, an dem sich das Amt festhalten lassen musste.
1.3. Folglich handelt es sich bei den von der Beschwerdeführerin angegriffenen Ausführungen des Schreibens der Eingangsstelle sachlich (wie auch der Form nach) um eine bloße Information ohne Bindungswirkung und nicht um eine beschwerdefähige Entscheidung im Sinne des Artikels 106 (1) EPÜ.
Rückzahlung der Beschwerdegebühr
2. Der beantragten Rückzahlung der Beschwerdegebühr steht entgegen, dass der Beschwerde nicht stattgegeben werden konnte.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.