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T 0224/00 (APG-Mischung/SASOL) 07-10-2003
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Flüssiges, schäumendes Reinigungsmittel
Zulässigkeit der Beschwerde (ja): Beschwerde ausreichend begründet - Entscheidungsgründe diskutiert
Berichtigung der Beschreibung (unzulässig): Berichtigung nicht unmittelbar aus der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen erkennbar
Erfinderische Tätigkeit der von der Einspruchsabteilung als gewährbar angesehenen Patentansprüche (ja): unerwarteter Effekt von APG-Mischungen
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 0 444 262, betreffend ein flüssiges, schäumendes Reinigungsmittel, in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten.
Der angefochtenen Entscheidung lag neben einer geänderten Beschreibung der Patentschrift ein Satz von 6 Ansprüchen gemäß Hauptantrag zugrunde, dessen unabhängiger Anspruch 1 folgenden Wortlaut hat:
"1. Flüssiges, schäumendes Reinigungsmittel, dadurch gekennzeichnet, dass es aus 3 bis 40 Gew.-% Alkylpolyglykosid I, 3 bis 40 Gew.-% Alkylpolyglykosid II, 0 bis 10 Gew.-% Lösungsvermittler, 0 bis 10 Gew.-% Elektrolyt, 0 bis 3 Gew.-% Additiven und Wasser ad 100 Gew.-% besteht, wobei das Alkylpolyglykosid I der Formel (I)
R1-O-Zn1 (I)
entspricht, in der R1 einen gesättigten oder ungesättigten, verzweigten oder unverzweigten Alkylrest mit 7 bis 10 Kohlenstoffatomen und Zn1 ein Polyglykosylradikal mit 1 bis 3 Hexose-oder Pentoseeinheiten oder Mischungen davon bedeuten, und das Alkylpolyglykosid II der Formel (II)
R2-O-Zn2 (II)
entspricht, in der R2 einen gesättigten oder ungesättigten, verzweigten oder unverzweigten Alkylrest mit 11 bis 18 Kohlenstoffatomen und Zn2 ein Polyglykosylradikal mit 1 bis 3 Hexose-oder Pentoseeinheiten oder Gemische davon bedeuten."
Gegenstand der Ansprüche 2 bis 5 sind weitere Ausgestaltungen des Reinigungsmittels nach Anspruch 1 und Gegenstand des Anspruchs 6 ist seine Verwendung als manuelles Spülmittel.
Die geänderte Beschreibung der Patentschrift unterscheidet sich von ihrer erteilten Fassung insofern, als der letzte Satz auf Seite 5, "Die Beispiele e) bis i) sind erfindungsgemäß.", nicht mehr enthalten ist.
II. In einem Einspruchschriftsatz war der Widerruf des Patents in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ, wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes, beantragt worden.
III. In ihrer Entscheidung befand die Einspruchsabteilung, dass der beanspruchte Gegenstand gemäß Hauptantrag neu und erfinderisch gegenüber dem zitierten Stand der Technik sei, wobei die folgenden von der Beschwerdeführerin (Einsprechende) im Einspruchsverfahren genannten Dokumente berücksichtigt wurden:
(1): J.Falbe, Surfactants in Consumer Products, Springer- Verlag Heidelberg 1987, Seiten 104-106;
(2a): Technische Informationsschrift über "Lutensol GD 70" von BASF AG (1983);
(2b): Technische Informationsschrift über "Lutensol GD Marken" von BASF AG (1986);
(3): Analyse der BASF-Produkte Lutensol GD 50 und Lutensol GD 70 von August 1990.
Insbesondere stellte die Einspruchsabteilung im Bezug auf die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes folgendes fest:
- das beanspruchte Reinigungsmittel, das eine bestimmte Mischung von hydrophilen und hydrophoben Alkylpolyglykosiden (im folgenden APG genannt) enthalte, zeige eine optimierte Reinigungswirkung und Löslichkeitsverhalten gegenüber einem Reinigungsmittel, das einzelne APG enthalte;
- aus den Dokumenten (1) und (2b) sei nicht zu entnehmen, dass eine Mischung von APG in den im Streitpatent definierten Mengen zu einer optimierten Reinigungswirkung und Löslichkeitsverhalten führen könne;
- außerdem sei kein Beweis erbracht worden, dass die Ergebnisse der nach dem Dokument (3) in August 1990 durchgeführten Analyse der kommerziellen Produkte Lutensol GD 50 und Lutensol GD 70 die Zusammensetzung der älteren in den Dokumenten (2a) und (2b) offenbarten kommerziellen APG wiedergeben;
- daher beruhe der beanspruchte Gegenstand auf erfinderischer Tätigkeit.
In Bezug auf die Berichtigung der Beschreibung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass
- die Tabelle 1 des Streitpatents keine erfindungsgemäße Zubereitungen, sondern, wie erläutert im Satz von Seite 4, Zeile 57 bis Seite 5, Zeile 1 der Beschreibung, die Wirkung von Einzeltensiden darstelle;
- der letzte Satz auf Seite 5 der erteilten Beschreibung, "Die Beispiele e) bis i) sind erfindungsgemäß", stelle daher einen offensichtlichen Fehler dar und dürfe gestrichen werden.
IV. Gegen diese Entscheidung legte die Einsprechende Beschwerde ein.
In der am 7 Oktober 2003 vor der Kammer abgehaltenen mündlichen Verhandlung hielt die Beschwerdeführerin nur ihre Einwände gegen die Berichtigung der Seite 5 der Patentschrift und gegen die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes aufrecht.
V. Die von der Beschwerdeführerin sowohl mündlich als auch schriftlich vertretene Auffassung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- die Beispiele g), h) und i) der Tabelle 1 stellen keine erfindungsgemäße Beispiele dar; in Gegensatz können die Beispiele e) und f) wohl erfindungsgemäß sein; es sei daher aus der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen nicht sofort und unmittelbar erkennbar, wie der letzte Satz auf Seite 5 der Patentschrift zu berichtigen sei und daher dürfe die vor der ersten Instanz durchgeführte Berichtigung der Beschreibung nicht zugelassen werden; außerdem diene diese Berichtigung nur der Bereinigung und Verbesserung der in der Patentschrift enthaltenen Offenbarung, nicht aber der Ausräumung eines Einspruchsgrundes;
- die APG der Beispielen e) und f) in der Tabelle 1 seien Mischungen von hydrophilen und hydrophoben APG, die aufgrund ihrer Alkylkettenlänge erfindungsgemäße Zubereitungen darstellen; ein Vergleich der Reinigungswirkung dieser Formulierungen mit der Formulierungen der Tabelle 4 zeige, dass die Aufgabe des Streitpatents, die Reinigungswirkung und Löslichkeit von APG-Zusammensetzungen zu optimieren, nicht im gesamten beanspruchten Bereich gelöst worden sei. Eine verbesserte Löslichkeit sei außerdem für die beanspruchten APG- Mischungen angesichts der Lehre des Dokuments (2b) zu erwarten gewesen;
- die aus den Dokumenten (2a) und (2b) bekannten APG der Marke Lutensol stellen Mischungen von hydrophilen und hydrophoben APG dar, die den Mischungen des Streitpatents sehr ähnlich seien;
- daher sei für den Fachmann naheliegend gewesen, die im Dokument (1) wegen ihrer guten Reinigungswirkung empfohlenen hydrophoben APG mit anderen bekannten reinigenden APG, die einen hydrophileren Charakter aufweisen, z. B. mit den aus den Dokumenten (2a) und (2b) bekannten APG der Marke Lutensol, zu mischen.
VI. Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin hat unter anderem vorgetragen, dass
- die Tabelle 1 auf Seite 5 der Patentschrift nicht die Reinigungswirkung von erfindungsgemäßen Zubereitungen, sondern die Wirkung von Einzeltensiden darstelle; die Streichung des letzten Satzes auf Seite 5 der Beschreibung des erteilten Patents sei daher eine Berichtigung des Textes nach Regel 88 EPÜ; gegen eine Wiedereinführung des gestrichenen Satzes habe sie jedoch keine Einwände;
- aus der Beschwerdebegründung sei es nicht erkennbar, warum die angefochtene Entscheidung nicht Bestand haben solle; die Beschwerde sei daher unzulässig (siehe T 0165/00);
- es sei kein Beweis erbracht worden, dass die nach den Angaben des Dokuments (3) analysierten APG der Marke Lutensol die gleiche Zusammensetzung wie die älteren Produkte der Dokumente (2a) und (2b) besitzen; im Gegenteil zeigen sogar die Dokumente (2a) und (2b) teilweise unterschiedliche physikalische Werte für das gleiche Produkt, das daher eine abweichende Zusammensetzung aufweisen müsse;
- die beanspruchten Mischungen von wenig reinigungsaktiven hydrophilen APG des Typs I mit reinigungsaktiven hydrophoben APG des Typs II zeigen überraschenderweise eine Reinigungswirkung, die vergleichbar sei mit der Wirkung der hydrophoben APG des Typs II bei gleicher Gesamtkonzentration. Außerdem, lege keines der zitierten Dokumente die Verwendung einer der beanspruchten APG-Mischungen nahe.
Daher beruhe der beanspruchte Gegenstand auf erfinderischer Tätigkeit.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragt die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (Hauptantrag), hilfsweise zurückzuweisen (1. Hilfsantrag) oder das Patent auf Basis des mit Schreiben vom 24. August 1999 eingereichten Hilfsantrags aufrechtzuerhalten (2. Hilfsantrag).
VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Laut ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer des EPA ist eine Begründung im Sinne von Artikel 108, Satz 3 EPÜ, als ausreichend anzusehen, wenn sie sich mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt und die Gründe angibt, warum die Entscheidung der ersten Instanz nicht Bestand haben kann (siehe z. B. T 0213/85, ABl EPA 1989, 074, Punkt 4 der Entscheidungsgründe). Ein pauschaler Verweis alleine auf ein vor der ersten Instanz vorgelegtes Vorbringen kann dann grundsätzlich nicht als ausreichende Begründung einer Beschwerde angesehen werden (siehe z. B. die im ABl EPA nicht veröffentlichte T 0165/00, Punkt 3 der Entscheidungsgründe).
Im vorliegenden Fall hat sich die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung mit den Punkten 4.1 und 4.4 der angefochtenen Entscheidung auseinandergesetzt; sie hat dort vorgetragen, dass, im Gegensatz zur Auffassung der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerin, die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe nicht im gesamten beanspruchten Bereich gelöst sei und daher der beanspruchte Gegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe (siehe Seite 5, erste vier Absätze, der Beschwerdebegründung).
Obwohl die Beschwerdebegründung keinen Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit erwähnt und keine vollständige Auseinandersetzung mit dem erfinderischen Wert des beanspruchten Gegenstandes enthält, können nach Auffassung der Kammer, unter den gegebenen Umständen dieses Falls, die in der Entscheidung der ersten Instanz wiedergegebenen Argumenten der Beschwerdeführerin hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes (siehe Sachverhalt und Anträge, Punkt V) als aufrechterhalten und implizit als Teil der Beschwerdebegründung angesehen werden. Dass diese Argumente nicht zum Erfolg führen können, hat mit der Begründung und Zulässigkeit der Beschwerde nichts zu tun.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich von jenem, der in T 0165/00 zu entscheiden war insofern, als sich die Beschwerdebegründung dort nicht mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzte (siehe Punkte 3 und 4 der Entscheidungsgründe).
Die Kammer schließt daher, dass die Beschwerdebegründung als ausreichend anzusehen und die Beschwere zulässig ist.
2. Berichtigung der Beschreibung
Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin, stand der auf Seite 5 der erteilten Patentschrift enthaltene letzte Satz, "Die Beispiele e) bis i) sind erfindungsgemäß", im Widerspruch zum Inhalt der vorangehenden Tabelle 1, da diese Tabelle nicht die Reinigungswirkung von erfindungsgemäßen Zubereitungen, sondern die Wirkung von Einzeltensiden darstelle (siehe Seite 4, Zeile 57 bis Seite 5, Zeile 1 der Patentschrift). Daher stellte dieser Satz einen offensichtlichen Fehler dar und der Text der Patentschrift dürfte durch Streichung dieses Satzes nach Regel 88 EPÜ berichtigt werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer des EPA kann eine Berichtigung nach Regel 88 EPÜ, Satz 2, zugelassen werden, wenn der Fachmann sofort erkennen kann, dass ein Fehler vorliegt und sich für den Fachmann aus der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen ergibt, dass nichts anderes, als das was zur Berichtigung vorgeschlagen wird, hierfür in Frage kommt (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammer des EPA, 4. Auflage 2001, Kapitel III.D.2, Seite 264 und 265).
Im vorliegenden Fall findet die Kammer, dass der Fachmann sofort erkennen würde, dass im Satz, "Die Beispiele e) bis i) sind erfindungsgemäß", ein Fehler vorliegt, da die Beispiele g), h) und i) offensichtlich keine erfindungsgemäßen Formulierungen darstellen, was von beiden Parteien eingeräumt wurde.
Jedoch, findet die Kammer, dass sich im vorliegenden Fall dem Fachmann, bei Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Anmeldungsunterlagen, mehrere Korrekturmöglichkeiten anbieten. Da in Tabelle 1, sowie in den Tabellen 2 und 3a, ausdrücklich die Reinigungswirkung von Einzeltensiden - und nicht von Reinigungsmitteln wie beansprucht - dargestellt werden sollen (siehe Seite 4, Zeile 57 bis Seite 5, Zeile 6) und sogar die geprüften hydrophoben Tensiden als erfindungsgemäße APG angesehen werden (siehe Zeile 4 auf Seite 5), könnte der strittige Satz zum Beispiel so berichtigt werden, dass zum Ausdruck gebracht wird, die Einzeltensiden e) bis i) seien "erfindungsgemäß einsetzbar".
Außerdem stellt nur die Tabelle 4 ausdrücklich erfindungsgemäße Zubereitungen dar (siehe Seite 8, Zeile 43). Daher könnte der strittige Satz auch so berichtigt werden, dass er die Beispiele e) bis i) als "nicht erfindungsgemäß" spezifiziert. Die Beschwerdeführerin hat auch eine weitere Korrekturmöglichkeit vorgeschlagen, wonach nur die Beispiele e) und f) als erfindungsgemäß anzusehen seien. Die von der Beschwerdegegnerin vorgeschlagene Streichung des Satzes stellt auch eine weitere Korrekturmöglichkeit dar.
Daher schließt die Kammer, dass sich dem Fachmann eine korrekte Berichtigung des Textes nicht unmittelbar und zweifelsfrei anbietet und dass daher eine Berichtigung des Textes nach Regel 88, Absatz 2 EPÜ nicht zuzulassen ist.
3. Die von der Einspruchsabteilung als gewährbar angesehenen Patentansprüche
3.1. Artikel 123 (2) und 54 EPÜ
Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass die geänderten Ansprüche und der beanspruchte Gegenstand den Erfordernissen der Artikel 123 (2) und 54 EPÜ entsprechen.
Da diesbezüglich keine Einwände von der Beschwerdeführerin erhoben oder aufrechterhalten wurden, ist eine nähere Begründung nicht erforderlich.
3.2. Erfinderische Tätigkeit
3.2.1. Der Anspruch 1 des Streitpatents bezieht sich auf ein flüssiges, schäumendes Reinigungsmittel, das aus 3 bis 40 Gew.- % eines spezifischen hydrophilen APG des Typs I mit 7 bis 10 Kohlenstoffatomen im Alkylrest, 3 bis 40 Gew.-% eines spezifischen hydrophoben APG des Typs II mit 11 bis 18 Kohlenstoffatomen im Alkylrest, gegebenenfalls Additiven und Wasser besteht (siehe Seite 2, Zeilen 34 bis 42 des Streitpatents).
Nach der Beschreibung des Streitpatents war Ziel der Erfindung ein sehr hautverträgliches Reinigungsmittel mit hervorragender Reinigungswirkung bei mäßigem Schaumvermögen zur Verfügung zu stellen, dessen Reinigungstenside biologisch weitestgehend abbaubar sind (Seite 2, Zeilen 29 bis 31).
Wie in der Beschreibung erläutert wird, war die Verwendung von APG in Wasch- und Reinigungsmitteln in Kombination mit anderen Tensiden, z. B. anionischen Tensiden, im Stand der Technik bereits bekannt (siehe Seite 2, Zeilen 43 bis 56).
Die Beschwerdegegnerin hat daher in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, nach dem Streitpatent sei es die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe gewesen, eine Reinigungsmittelformulierung bereitzustellen, die nur APG als reinigende Tensidmischung enthält, welche Formulierung beim manuellen Spülen eine Reinigungswirkung aufweise, die weitgehend mit jener der bekanntermaßen reinigungsaktiven hydrophoben APG vergleichbar sei und eine bessere Löslichkeit in Wasser sowie einen niedrigeren Klarpunkt aufweise als ein Mittel, das lediglich ein reinigungsaktives hydrophobes APG als Tensid enthält (siehe Seite 3, Zeilen 6 bis 10 und 42 bis 46 der Patentschrift).
3.2.2. Angesichts dieser Aufgabenstellung nimmt die Kammer Dokument (1) als geeigneten Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit; dem haben beide Parteien in der mündlichen Verhandlung zugestimmt.
Dokument (2b), das in der Entscheidung der ersten Instanz als der Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gewählt wurde sowie das ähnliche Dokument (2a) sind dagegen als Ausgangspunkt nicht geeignet, da sie weder die Zusammensetzung der offenbarten APG der Marke Lutensol offenbaren, noch sich mit der Reinigungswirkung beim manuellen Spülen auseinandersetzen.
Die Beschwerdeführerin hatte geltend gemacht, dass die APG-Zusammensetzungen der Lutensol Produkte der Dokumente (2a) und (2b) identisch seien mit denen, die durch eine in August 1990, d. h. nach dem Prioritätsdatum des Streitpatents, durchgeführte Analyse (3) ermittelt wurde.
Die Beschwerdegegnerin beanstandete, dass die Dokumente (2a) bzw. (2b) Handelsprodukte von 1983 bzw. 1986 beschreibe, die nicht zwingend die gleiche Zusammensetzung wie das 1990 analysierte Produkt haben; außerdem zeige ein Vergleich zwischen den Produkten Lutensol GD 70 von 1983 und 1986, dass sie unterschiedliche Viskosität und Oberflächenspannung aufweisen. Daher, könne nicht angenommen werden, dass diese Produkte, die aus APG-Mischungen bestehen, im Laufe der Jahre identisch geblieben seien.
Die Kammer schließt daraus, dass kein Beweis erbracht wurde, dass die Analyse (3) aus dem Jahr 1990 auch für die Produkte der Dokumente (2a) oder (2b) Gültigkeit habe. Daher müssen diese Analyse und alle in der Vorinstanz und in der Beschwerde vorgebrachten auf dieser Analyse basierten Berechnungen unberücksichtigt bleiben.
3.2.3. Wie die in den Tabellen 1 und 2 des Streitpatents enthaltenen Vergleichsversuche zeigen, weisen die hydrophilen APG mit weniger als 11 Kohlenstoffatomen im Alkylrest, im Gegensatz zu den hydrophoben APG, keine gute Reinigungswirkung beim manuellen Spülen auf. Dagegen zeigt Tabelle 4, dass die erfindungsgemäßen Mischungen einen Klarpunkt (Löslichkeit) und eine Reinigungswirkung aufweisen, die vergleichbar mit jener von kommerziellen Mitteln und von Mitteln ist, die als Tensid nur das reinigungsaktive hydrophobe APG enthalten.
Die Beschwerdeführerin hatte beanstandet, dass die Aufgabe des Streitpatents nicht im gesamten beanspruchten Bereich gelöst worden sei, da die anspruchsgemäßen Beispiele e) und f) der Tabelle 1 eine schlechte Reinigungswirkung zeigen.
Die Kammer kann diesem Einwand nicht folgen. Zum einen enthalten die in diesen Beispielen getesteten APG einen Alkylrest mit 9 bis 11 Kohlenstoffatomen, wobei die Alkylresteverteilung in diesen Produkten unbekannt ist, zum anderen zeigt Tabelle 1 laut Patentschrift die Wirkung von Einzeltensiden (siehe Punkt 2 oben) und nicht die Reinigungswirkung von erfindungsgemäßen Zubereitungen (wie Tabelle 4). Daher stellen die Beispiele e) und f) keine APG-Mischungen nach Anspruch 1 dar.
Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe durch den Gegenstand des Anspruchs 1 gelöst worden ist.
3.2.4. Es bleibt noch zu untersuchen, ob die beanspruchte Lösung der bestehenden technischen Aufgabe auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
Dokument (1) offenbart, dass hydrophobe APG mit 12 bis 15. Kohlenstoffatomen im Alkylrest gut biologisch abbaubar sind, eine gute Reinigungswirkung aufweisen und für das Geschirrspülen nützlich sein können (Seite 105, Zeilen 18 bis 23). Dieses Dokument zeigt auch eine Liste kommerziell erhältlicher APG, die Alkylreste mit 8 bis 10. bzw. 9 bis 11 bzw. 12 bis 15 Kohlenstoffatomen aufweisen (siehe Tabelle 10 auf Seite 106). Dort wird auch Lutensol GD 70 aufgelistet, ein Produkt, das in den Dokumenten (2a) und (2b) beschrieben wird und nach der Lehre dieser Dokumente Einsatz in hochalkalischen Reinigungs- und Entfettungsmitteln fand (siehe (2a), Seite 2: Anwendung, zweite und dritte Zeile und (2b), Seite 3: Anwendung, zweite und dritte Zeile).
Weder Dokument (1), noch die Dokumente (2a) und (2b) enthalten jedoch einen Hinweis, hydrophilere APG mit kürzeren Alkylresten in Abmischung mit den hydrophoben reinigungsaktiven C12-15APG zu verwenden.
Da die hydrophilen APG keine oder nur eine schlechte Reinigungswirkung beim manuellen Spülen zeigen (siehe Punkt 3.2.3 oben) hätte der Fachmann auch nicht erwarten können, dass die Reinigungswirkung der hydrophoben APG in Abmischung mit den weniger oder nicht aktiven APG trotzdem weitgehend aufrechterhalten bleibt, wie in der Tabelle 4 des Streitpatents gezeigt (siehe Punkt 3.2.3 oben).
Die übrigen im Beschwerdeverfahren genannten Dokumente sind als weniger relevant zu bewerten und wurden in der mündlichen Verhandlung nicht diskutiert.
Es war daher angesichts des Standes der Technik für den Fachmann nicht zu erwarten, dass die anspruchsgemäßen Mischungen die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe lösen können.
Die Kammer findet daher, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 6 auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche 1 bis 6, wie in der angefochtenen Entscheidung aufrechterhalten und
- Beschreibung der Patentschrift, Seiten 2 bis 8, wie erteilt.