Flüssigmetallbatterien zur Speicherung erneuerbarer Energie: Donald Sadoway als Finalist für Europäischen Erfinderpreis 2022 nominiert
- Flüssigmetallbatterien mit längerer Lebensdauer: Der kanadisch-amerikanische Elektrochemiker Donald Sadoway ist für den Preis des Europäischen Patentamts (EPA) nominiert
- Die Erfindung speichert Energie in geschmolzenem Metall und kann dazu beitragen, mehr Wind- und Sonnenenergie in das Stromnetz einzuspeisen
- Ambri, ein von Sadoway 2010 gegründetes akademisches Spin-off, hat 180 Millionen Euro für die Vermarktung der patentierten Technologie aufgebracht
München, 17. Mai 2022 - Das Europäische Patentamt (EPA) hat heute bekannt gegeben, dass Donald Sadoway, Professor für Materialchemie am Massachusetts Institute of Technology (MIT), für die Erfindung einer Flüssigmetallbatterie, die mehr erneuerbare Energien ins Stromnetz einspeisen kann, als Finalist für den Europäischen Erfinderpreis 2022 nominiert worden ist.
Die Speicherung von Solar- und Windenergie in großem Maßstab ermöglicht es, den tagsüber erzeugten sauberen Strom auch zu Spitzenlastzeiten am Abend oder am Morgen zu nutzen, was die Zuverlässigkeit der erneuerbaren Energien erhöht und die gesellschaftliche Abkehr von fossilen Brennstoffen fördert. Die wiederaufladbare Batterie von Sadoway verringert den Wirkungsgrad weit weniger als herkömmliche Energiespeicherlösungen und kann mit lokal gewonnenen Rohstoffen hergestellt werden.
„Sadoways Erfindung ermöglicht die Langzeitspeicherung erneuerbarer Energien und könnte damit zur Lösung eines Problems beitragen, für dessen Bewältigung viele seit Jahren kämpfen", sagt EPA-Präsident António Campinos bei der Bekanntgabe der Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2022. „Seine Erfindung könnte die Kosten für die Speicherung von Solar- und Windenergie senken und den Verbrauchern erschwinglichere und saubere Energie zur Verfügung stellen, die das Potenzial hat, den Klimawandel auf nachhaltige Weise abzuschwächen."
Sadoway ist einer der drei Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis in der Kategorie „Nicht-EPO-Staaten", mit dem Erfindungen ausgezeichnet werden, die außerhalb der EPO-Mitgliedstaaten entwickelt wurden. Die Gewinner des Europäischen Erfinderpreises 2022 werden am 21. Juni im Rahmen einer virtuellen Preisverleihung bekannt gegeben.
Extreme Elektrochemie
Sadoway wurde 1950 in einer Familie ukrainischer Einwanderer in Kanada geboren. Er studierte chemische Metallurgie und spezialisierte sich auf das, was er „extreme Elektrochemie" nennt - chemische Reaktionen in geschmolzenen Salzen und flüssigen Metallen, die auf über 500 °C erhitzt werden. Nach Abschluss seiner Promotion trat er 1978 in die Fakultät des MIT ein und begann mit der Erforschung neuer chemischer Verfahren, um Metalle aus Bergbauerzen zu gewinnen. Er patentierte eine alternative Methode zur Herstellung von Stahl, eine Erfindung, die ihm nach eigenen Angaben die Augen für die vielfältigen praktischen Auswirkungen seiner Forschung öffnete.
Anfang der 2000er Jahre arbeitete Sadoway an der Verbesserung von Batterien auf Lithiumbasis, die inzwischen günstig und kompakt genug waren, um bei Verbraucherprodukten zum Einsatz zu kommen. Aufgrund ihrer kürzeren Lebensdauer waren sie jedoch nicht für die langfristige Speicherung erneuerbarer Energie geeignet. Sadoway erkannte, dass er sein früheres Wissen über geschmolzene Salze und flüssige Metalle mit seinen Forschungen über Batterien verknüpfen konnte, um eine haltbarere Batterie zu entwickeln, die Energie in dem für das Stromnetz erforderlichen Ausmaß speichern konnte. Mithilfe eines staatlichen Zuschusses begann Sadoway 2009 zusammen mit einem Team junger Forscher, die erste wiederaufladbare Batterie zu entwickeln. Diese speichert Strom in Schichten aus flüssigem Metall, die durch geschmolzenes Salz getrennt sind.
„Unsere Flüssigmetallbatterien funktionieren genauso wie herkömmliche Batterien, nur dass ihre Bestandteile alle flüssig sind", sagt er. „Ich verwende oben ein flüssiges Metall mit geringer Dichte, unten ein flüssiges Metall mit hoher Dichte und dazwischen geschmolzenes Salz. Man hat also zwei Elektroden, die durch einen Elektrolyten getrennt sind, genau wie bei einer herkömmlichen Batterie."
Flüssigmetallbatterien bieten entscheidende Wettbewerbsvorteile gegenüber herkömmlichen Batterien. Erstens können sie ohne Lithium, Kobalt oder andere Metalle hergestellt werden, die geopolitischen Beschränkungen oder ausbeuterischen Praktiken unterliegen, und sie können sogar aus lokal gewonnenen Mineralien produziert werden. Außerdem bauen sie sich viel langsamer ab, was eine lange Lebensdauer bedeutet. Zudem enthalten sie keine brennbaren Stoffe, sind also feuerfest.
Galvanisierung grüner Investitionen
Parallel zu seiner Laborforschung entwickelte Sadoway, der leidenschaftlich gerne unterrichtet, eine Reihe von Chemie-Einführungsvorlesungen, die online veröffentlicht wurden und seine Arbeit einem breiteren Publikum zugänglich machten. Ein namhafter Zuhörer war Bill Gates, der Sadoway besuchte und ihm anbot, seine Arbeit an der Energiespeichertechnologie zu unterstützen.
Als Sadoway feststellte, dass eine Flüssigmetallbatteriezelle im Labor funktionieren könnte, beantragte er sofort beim MIT ein Patent und machte sich daran, seine Erfindung zu vermarkten. Im Jahr 2010 war er Mitbegründer von Ambri, ein akademisches Spin-off, die Flüssigmetallbatterien von einem Laborprototyp zu einem kommerziellen Produkt weiterentwickeln sollte. Dabei wurde er von Bill Gates und dem französischen Ölkonzern Total als frühe Investoren unterstützt. In den folgenden fünf Jahren sammelte das Unternehmen weitere 45 Mio. Euro von Risikokapitalfonds ein und baute das Unternehmen auf ein Team von 37 Mitarbeitern aus - ein Prozess, für den das Patent entscheidend war.
„Die wichtigste Frage eines potenziellen Investors ist, ob Sie Ihr geistiges Eigentum schützen lassen können", sagt Sadoway. „Ohne diesen Schutz ist die Investition nicht abgesichert."
Im Jahr 2015 baute Ambri seine erste raumgroße Flüssigmetallbatterie, die durch ihren eigenen Betrieb genügend Wärme erzeugt, um ihre hohe Betriebstemperatur von über 500 °C selbst zu halten. Insgesamt hat Ambri 180 Mio. Euro für die Kommerzialisierung seiner patentierten Technologie aufgebracht und wird eine Batterie auf einem 3.700 Hektar großen Gelände für ein Rechenzentrum in der Nähe von Reno/Nevada in der westlichen Wüste der USA installieren. Diese Batterie hat das Potenzial, die Energie von 500 Megawatt erneuerbarer Energieerzeugung vor Ort zu speichern, was der Leistung eines Erdgaskraftwerks entspricht.
Sadoway ist nach wie vor bei Ambri aktiv, vor allem um die Reichweite von Flüssigmetallbatterien durch Grundlagenforschung zu vergrößern. Während die ersten Produkte des Unternehmens Kalzium, Antimon und Kalziumchlorid (Streusalz) verwenden, weist Sadoway darauf hin, dass in Zukunft eine Vielzahl von Flüssigmetallen zur Energiespeicherung kombiniert werden könnte. Er sagt, seine Forschung biete den Kunden die Möglichkeit, jede Batterie an lokal verfügbare Rohstoffe anzupassen. „Batterien in Europa werden künftig von lokalen Arbeitern mit lokalen Ressourcen gebaut", sagt Sadoway. „Das Gleiche gilt für Afrika und Amerika."
Hinweis für die Redaktionen
Über den Erfinder
Donald Sadoway promovierte 1977 an der Universität von Toronto in chemischer Metallurgie und wechselte im Jahr darauf an das MIT, wo er derzeit die John F. Elliot Professur für Materialchemie innehat. Als Spezialist für nicht wässrige Chemie patentierte Sadoway Mitte der 1980er Jahre seine ersten Erfindungen im Bereich der Aluminium- und Stahlproduktion, bevor er sich mit der Energiespeichertechnologie beschäftigte. Er erhielt die Ehrendoktorwürde der Universität von Toronto und der norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie in Trondheim sowie Auszeichnungen für seine Lehrtätigkeit am MIT. Sein TED-Vortrag über Flüssigmetallbatterien wurde 2,4 Millionen Mal angesehen, was das Time Magazine veranlasste, Sadoway zu einem der 100 einflussreichsten Menschen des Jahres 2012 zu ernennen.
Sadoway wird im europäischen Patent EP2973837B1 (2019 erteilt) als Erfinder genannt.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und ehrt Einzelpersonen und Teams, die Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt, die sich aus früheren Finalisten des Preises zusammensetzt. Gemeinsam prüfen sie die Vorschläge hinsichtlich ihres Beitrags zum technischen Fortschritt, zur sozialen und nachhaltigen Entwicklung und zum wirtschaftlichen Wohlstand. Das EPA verleiht den Preis in vier Kategorien (Industrie, Forschung, KMU und Nicht-EPO-Staaten) und wird darüber hinaus am 21. Juni im Rahmen einer virtuellen Zeremonie einen Preis für das Lebenswerk ausloben. Der Gewinner des Publikumspreises wird von der Öffentlichkeit aus den 13 Finalisten über ein Online-Voting auf der Webseite es EPA ermittelt. Die Stimmenabgabe ist bis zum 21. Juni 2022 möglich. Lesen Sie mehr über die Teilnahmebedingungen und Auswahlkriterien für den Europäischen Erfinderpreis.
In diesem Jahr wird das EPA zum ersten Mal auch den Young Inventors prize vergeben. Der neue Preis für junge Menschen unter 30 ist mit einer Geldprämie für die drei Finalisten dotiert, um sie weiter zu ermutigen, kreative Lösungen für drängende Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung zu finden.
Über das EPA
Mit 6 400 Mitarbeitern ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Außerdem ist das EPA weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
Pressekontakte Europäisches Patentamt
Luis
Berenguer Giménez
Leiter
Kommunikation
Pressestelle
des Europäischen Patentamts
Tel.
+49 89 2399 1833
press@epo.org