Ein Verankerungssystem für schwimmende Solaranlagen, das sich nach der Sonne ausrichtet: Nuno Correia, Carla Gomes und Team als Finalisten für Europäischen Erfinderpreis 2022 nominiert
- Portugiesische Ingenieure Nuno Correia, Carla Gomes und Team für Preis des Europäischen Patentamts (EPA) nominiert
- Bahnbrechende Entwicklung eines beweglichen Verankerungssystems für schwimmende Solarparks, das sich nach dem Sonnenstand ausrichtet
- Mit dem System können Inseln mit Photovoltaik-Paneelen gedreht und die Paneele selbst gekippt werden, um die eingefangene Sonnenenergie zu maximieren
- Das schwimmende Photovoltaiksystem bietet weitere Umweltvorteile wie eine geringere Wasserverdunstung und die Vermeidung von Algenwachstum an der Oberfläche
München, 17. Mai 2022 - Das Europäische Patentamt (EPA) gibt bekannt, dass die portugiesischen Ingenieure Nuno Correia und Carla Gomes mit ihrem Team für den Europäischen Erfinderpreis 2022 nominiert worden sind. Sie haben ein Verankerungssystem für schwimmende Solaranlagen entwickelt, das sich nach der Sonne ausrichtet, indem die Insel gedreht und die Photovoltaik-Paneele gekippt werden.
Die Beweglichkeit ihres schwimmenden Solarparksystems ermöglicht es, die Absorption der vorhandenen Sonnenenergie zu maximieren und den Wirkungsgrad der Module im Vergleich zu stationären Lösungen um bis zu 40 % zu steigern. Vor dem Hintergrund globaler Bemühungen um Kohlenstoffneutralität wächst das Interesse an schwimmenden Solarparks, da sie keine Flächen beanspruchen, die für den Anbau von Pflanzen genutzt werden könnten und die aufgrund der Umweltverschmutzung und Erosion weltweit immer knapper werden.
„Nuno Correia und Cara Gomes haben einen Weg gefunden, die Erzeugung von Solarenergie deutlich zu verbessern", sagte EPA-Präsident António Campinos bei der Bekanntgabe der Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2022. „ Ihre Erfindung ist ein hervorragendes Beispiel für Technologien, die dazu beitragen können, unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, die nachhaltige Nutzung von Bodenressourcen zu verbessern und Investitionen in erneuerbare Energien in größerem Maßstab zu stärken."
Correia und Gomes haben ihre Erfindung am Institut für Wissenschaft und Innovation in Maschinenbau und Industrietechnik (INEGI) in Porto entwickelt und sind zusammen als eines von vier Finalisten-Teams in der Kategorie „KMU" nominiert, in der außergewöhnliche Erfinder in kleineren Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von weniger als 50 Mio. Euro ausgezeichnet werden. Die Gewinner der diesjährigen Ausgabe des Europäischen Erfinderpreises des EPA werden am 21. Juni im Rahmen einer virtuellen Preisverleihung bekannt gegeben.
Entwicklung eines schwimmenden, sich nach der Sonne ausrichtenden Solarparks
Correia und Gomes wurden mit ihrem INEGI-Team von dem portugiesischen Unternehmen SolarisFloat beauftragt, ein schwimmendes System von Photovoltaik-Paneelen zu entwickeln, das sich nach der Sonne ausrichtet, um mehr Solarstrom zu erzeugen. An Land können Solarpaneele auf Systeme montiert werden, die es ermöglichen, die Paneele nach der Sonne auszurichten. Auf dem Wasser ist diese Methode allerdings schwieriger umzusetzen und wurde daher bislang nur bei wenigen schwimmenden Konstruktionen versucht.
Das von Correia und Gomes entwickelte System namens PROTEVS funktioniert autonom mit Hilfe einer bordeigenen Steuerung. Es enthält 180 Photovoltaikmodule in einer kreisförmigen „Insel" von etwa 38 Metern Durchmesser, die sich langsam um einen von Elektromotoren angetriebenen zentralen Punkt drehen. Das System neigt sich tagsüber in Richtung Sonne, und nachts in die entgegengesetzte Richtung, um in seine ursprüngliche Position zurückzukehren. Auch die Paneele an sich können je nach Sonnenstand geneigt werden.
Das System ist für den Einsatz in eher ruhigen Gewässern wie Seen und Stauseen konzipiert. Um Änderungen des Wasserstandes auszugleichen, wird die Paneel-Insel mit einem äußeren Ring fixiert, welcher mit Kabeln und Ankern in flexibler Länge befestigt ist, so dass die Insel sich um bis zu 20 oder 30 Meter auf und ab bewegen kann. Sie ist außerdem auf Langlebigkeit ausgelegt und trotzt einer Vielzahl von Umweltbedingungen, wie beispielsweise Salzwasser und Wellen bis zu einem Meter Höhe. Die Insel besteht zu 100 % aus recycelten Materialien und kann nach Gebrauch wiederverwertet werden.
Die Installation von PV-Anlagen auf dem Wasser kann den Wirkungsgrad um bis zu 15 % im Vergleich zur Installation auf dem Land verbessern, da die wassergekühlte Luft die Paneele auf einer niedrigeren Temperatur hält und für einen effizienten Betrieb sorgt. „Die Installation dieser Systeme auf dem Wasser bedeutet, dass wir kein Ackerland für die Produktion von photovoltaischer Energie benötigen", sagt Correia. „Das ist wichtig, wenn wir eine große Menge an Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen möchten."
Bei der Entwicklung des Systems führte das Team auch eine Umweltanalyse durch, die zusätzliche Vorteile ergab: Da die Plattform einen Schatten wirft und als Windschutz dient, senkt sie die Wassertemperatur und verringert die Wasserverdunstung um bis zu 60 %. Kälteres Wasser kann mehr gelösten Sauerstoff speichern als wärmeres Wasser, was das Gedeihen von Wasserorganismen fördert und das Algenwachstum an der Oberfläche verringert. Eine geringere Verdunstung kann sich auch positiv auf Wasserknappheit auswirken, die in vielen Ländern, wie auch Portugal, wo es aufgrund der globalen Erwärmung zu weniger Niederschlägen kommt, zur Herausforderung wird.
Die Auswirkungen von PROTEVS auf lokale Ökosysteme werden nun in einem Pilotprojekt mit einem Konsortium unter der Leitung der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung (TNO) weiter untersucht.
Vorbereitung auf die kommerzielle Nutzung
Zur Beschleunigung von Forschung und Entwicklung hat SolarisFloat die Entwicklung von PROTEVS an INEGI ausgelagert. Obwohl Correia und Gomes mit ihrem Team auf dem Patent als Erfinder genannt werden, bleibt es im Besitz von SolarisFloat und das Unternehmen wird das Produkt vermarkten. Für Correia war das Patent entscheidend für die Realisierung des Systems: „Ich glaube nicht, dass jemand in diesem Bereich ohne ein Patent so viel Geld investiert hätte."
Europa ist der größte Markt für das System, aber auch in Indien gibt es Bedarf ebenso wie potenziell in Südamerika. So finden sich in Brasilien einige der größten Stauseen der Welt, die derzeit für Wasserkraft genutzt werden. Schwimmende Solarkraftwerke könnten jedoch80 % der Energie des Landes liefern, wenn sie 8 % der Fläche von 165 großen Stauseen abdecken würden. SolarisFloat erwägt für die nahe Zukunft auch die Entwicklung einer Offshore-Lösung. Es wird erwartet, dass der Markt für schwimmende Solaranlagen zwischen 2022 und 2030 um mehr als 24 % wächst.
Hinweis für die Redaktionen
Informationen zu den Erfindern
Nuno Correia stammt aus Vila Nova de Gaia in Portugal. Er hat einen Masterabschluss in Maschinenbau von der Universität Porto (2000) und einen Doktortitel in Maschinenbau von der Universität Nottingham (2004). Nach seinem Studium absolvierte Correia eine Postdoc-Phase am Institut für Wissenschaft und Innovation in Maschinenbau und Industrietechnik (INEGI) in Porto. Im Jahr 2006 wurde er Direktor der Abteilung für Materialien und Verbundwerkstoffe am INEGI.
Carla Gomes verfügt über einen Master-Abschluss in Polymertechnik von der Universität Minho in Braga (2008) und promoviert derzeit in Maschinenbau an der Universität Porto. 2008 arbeitete Gomes für ein Jahr als technische Konstrukteurin bei Reopoly, einem auf thermoplastische Verfahren spezialisierten Ingenieurbüro mit Sitz in Leiria, Portugal. 2010 kam sie zu INEGI, um an Projekten im Bereich Polymertechnik zu arbeiten, und wurde 2013 zur Projektmanagerin befördert. Im Februar 2022 trat Gomes eine neue Stelle als Projektmanagerin bei CorPower Ocean an, einem führenden Entwickler von Wellenenergietechnologien.
Nuno Correia und Carla Comes werden als Erfinder in den europäischen Patenten EP3571762B1 und EP3515802B1 (jeweils 2020 erteilt) genannt.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und ehrt Einzelpersonen und Teams, die Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt, die sich aus früheren Finalisten des Preises zusammensetzt. Gemeinsam prüfen sie die Vorschläge hinsichtlich ihres Beitrags zum technischen Fortschritt, zur sozialen und nachhaltigen Entwicklung und zum wirtschaftlichen Wohlstand. Das EPA verleiht den Preis in vier Kategorien (Industrie, Forschung, KMU und Nicht-EPO-Staaten) und wird darüber hinaus am 21. Juni im Rahmen einer virtuellen Zeremonie einen Preis für das Lebenswerk ausloben. Der Gewinner des Publikumspreises wird von der Öffentlichkeit aus den 13 Finalisten über ein Online-Voting auf der Webseite es EPA ermittelt. Die Stimmenabgabe ist bis zum 21. Juni 2022 möglich. Lesen Sie mehr über die Teilnahmebedingungen und Auswahlkriterien für den Europäischen Erfinderpreis.
In diesem Jahr wird das EPA zum ersten Mal auch den Young Inventors prize vergeben. Der neue Preis für junge Menschen unter 30 ist mit einer Geldprämie für die drei Finalisten dotiert, um sie weiter zu ermutigen, kreative Lösungen für drängende Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung zu finden.
Über das EPA
Mit 6 400 Mitarbeitern ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Außerdem ist das EPA weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
Pressekontakte Europäisches Patentamt
Luis
Berenguer Giménez
Leiter
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