T 0930/92 (Ionenstrahl-Bearbeitung) 29-05-1995
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1. Jeder Beteiligte, der zu einer mündlichen Verhandlung geladen ist, ist aus Gründen der Billigkeit verpflichtet, das EPA zu benachrichtigen, sobald er weiß, daß er zur Verhandlung nicht erscheinen wird. Dies gilt unabhängig davon, ob er selbst die mündliche Verhandlung beantragt hat und ob der Ladung zur mündlichen Verhandlung eine Mitteilung beigefügt war.
2. Bleibt ein Beteiligter einer mündlichen Verhandlung fern, zu der er geladen ist, ohne das EPA im voraus davon zu benachrichtigen, so kann eine Kostenverteilung zugunsten des anderen Beteiligten, der der Ladung gefolgt ist, angeordnet werden, wenn und soweit dies nach Artikel 104 (1) EPÜ der Billigkeit entspricht.
3. Bei der Festsetzung des Betrags der einem Beteiligten zu erstattenden Kosten können nach Regel 63 (1) EPÜ zusätzlich zur Vergütung für dessen zugelassenen Vertreter die Ausgaben berücksichtigt werden, die einem Angestellten dieses Beteiligten für die Unterweisung des zugelassenen Vertreters vor und während der mündlichen Verhandlung erwachsen, sofern diese Unterweisung "zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte notwendig" war.
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Mündliche Verhandlung aufgrund von Hilfsanträgen beider Beteiligter
Keine Mitteilung nach Artikel 11 (2) VOBK
Beschwerdeführer trotz Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen
Kostenverteilung zugunsten des Beschwerdegegners
Fester Betrag angeordnet
Angemessene Höhe der Kosten
I. Das europäische Patent Nr. 0 075 949 wurde dem Beschwerdegegner auf der Grundlage von 11 Ansprüchen erteilt.
Anspruch 1 dieses Patents lautet:
II. Der Beschwerdeführer legte gegen das obengenannte europäische Patent Einspruch ein, wobei er folgende Dokumente heranzog:
III. Die Einspruchsabteilung wies den Einspruch im wesentlichen mit folgender Begründung zurück:
Anspruch 1 weist demnach erfinderische Tätigkeit auf; dasselbe gilt aus denselben Gründen auch für Anspruch 11.
IV. Der Einsprechende legte gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde ein und beantragte die Aufhebung dieser Entscheidung, den Widerruf des europäischen Patents und hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, falls die Kammer beabsichtige, die angefochtene Entscheidung aufrechtzuerhalten.
Zur Stützung dieser Anträge brachte der Beschwerdeführer in der Sache folgende Argumente vor:
V. Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, die Aufrechterhaltung des Streitpatents und hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
Die Argumente des Beschwerdegegners lassen sich wie folgt zusammenfassen, sofern sie nicht die der Einspruchsabteilung wiederholen:
VI. Die Kammer lud die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung am 19. Oktober 1994, ohne eine Mitteilung nach Artikel 11 (2) VOBK beizufügen.
VII. Der Vertreter des Beschwerdegegners erschien zu dem für die mündliche Verhandlung anberaumten Termin in Begleitung von zwei Angestellten der Firma des Beschwerdegegners, von denen der eine ein Erfinder und der andere ein Mitglied der Patentabteilung des Beschwerdegegners war.
Der Vertreter des Beschwerdeführers erschien nicht, sondern erklärte dem Geschäftsstellenbeamten gegenüber, der vor Beginn der Verhandlung bei ihm angerufen hatte, er werde an der Verhandlung nicht teilnehmen.
Der Vorsitzende eröffnete die mündliche Verhandlung und gab bekannt, daß die Kammer beabsichtige, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten; weiteres Vorbringen der Beteiligten zur Frage der Patentierbarkeit sei nicht zulässig.
Der Vertreter des Beschwerdegegners erklärte, daß ein Antrag auf Kostenverteilung schriftlich eingereicht werde.
Der Vorsitzende verkündete, daß das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Kostenverteilung schriftlich fortgesetzt werde, und schloß die mündliche Verhandlung.
VIII. Der Beschwerdegegner stellte am 21. November 1994 schriftlich einen Antrag auf Kostenverteilung; danach sollten die folgenden ihm entstandenen Kosten dem Beschwerdeführer auferlegt werden:
Flugtickets für die beiden Angestellten der Firma des Beschwerdegegners, Tokyo - München - Tokyo (Kopien beigefügt): 20927,20 DEM
Hotelkosten für die beiden Angestellten (Kopie der Rechnung beigefügt) 2812,20 DEM
Reisekosten für die beiden Angestellten Yokohama - Tokyo - Yokohama (geschätzt) 300,-- DEM
Zusätzliche Verpflegungskosten für die beiden Angestellten während ihres Aufenthalts (geschätzt) 1400,-- DEM
Öffentliche Verkehrsmittel für die beiden Angestellten in München und Hin- und Rückfahrt zum Flughafen (geschätzt) 50,-- DEM
Anmietung einer Videoausrüstung 57,50 DEM
Vergütung des zugelassenen Vertreters (1 Anwalt, 3 1/2 Tage) 8750,-- DEM
Insgesamt: 34296,90 DEM
Zur Stützung seines Antrags brachte der Beschwerdegegner im wesentlichen folgendes vor:
Da die Kammer anhand der Schriftsätze zu der vorläufigen Auffassung gelangt sei, daß die Beschwerde zurückgewiesen werden solle, sei seitens des Beschwerdegegners keine mündliche Verhandlung erforderlich gewesen. Ein Beteiligter sei verpflichtet, die anderen Beteiligten und die Kammer zu benachrichtigen, wenn er nicht zu erscheinen beabsichtige, um unnötige Kosten zu vermeiden.
Dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom 29. Juli 1994 im Zusammenhang mit der Festsetzung des Termins für die mündliche Verhandlung mitgeteilt worden, daß Vertreter der Firma des Patentinhabers zur mündlichen Verhandlung erscheinen würden; in seiner Antwort an den Beschwerdegegner (aber nicht an die Kammer) habe er darauf hingewiesen, daß er den Verhandlungstermin voraussichtlich nicht wahrnehmen werde. Diese Angabe sei aber natürlich zu unsicher gewesen, als daß der Beschwerdegegner daraufhin die Vorbereitungen für die mündliche Verhandlung hätte einstellen können.
Dem Beschwerdeführer sei also bekannt gewesen, daß die Vorbereitungen des Beschwerdegegners für die mündliche Verhandlung im Oktober 1994 hohe Kosten verursachen würden, und er habe ausreichend Zeit gehabt, sich zu entscheiden, ob er zu dieser Verhandlung erscheinen werde, und den Beschwerdegegner und die Kammer rechtzeitig vor dem 19. Oktober 1994 zu benachrichtigen, falls er dies nicht zu tun gedenke.
IX. Die Kammer forderte den Beschwerdeführer auf, innerhalb von zwei Monaten zu diesem Kostenantrag Stellung zu nehmen. Seine Antwort ging am 26. Januar 1995 ein.
(1) Der Beschwerdeführer brachte vor, daß der Antrag des Beschwerdegegners auf Kostenfestsetzung im wesentlichen aus den folgenden Gründen zurückgewiesen werden sollte:
a) Nach Artikel 104 (1) EPÜ trage im Einspruchsverfahren jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst, soweit nicht aus Gründen der Billigkeit eine andere Kostenverteilung angeordnet werde. Derartige Gründe seien hier aber nicht gegeben.
Grundsätzlich stehe es im Einspruchsverfahren einem Beteiligten frei zu entscheiden, ob er an der mündlichen Verhandlung teilnehmen wolle, die von einer Einspruchsabteilung oder einer Beschwerdekammer anberaumt worden sei; dies gelte jedoch nicht für die folgenden Ausnahmefälle:
1. Die erste Ausnahme liege vor, wenn die Beteiligten erkennen könnten, daß die mündliche Verhandlung als Folge eines Hilfsantrags nur einer Partei anberaumt worden sei. In diesem Fall sei der Beteiligte, auf dessen Antrag hin die mündliche Verhandlung anberaumt worden sei, verpflichtet, entweder an der mündliche Verhandlung teilzunehmen oder dem EPA im voraus mitzuteilen, daß er nicht teilnehmen werde.
Dies treffe auf den vorliegenden Fall nicht zu, da hier beide Beteiligte hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt hätten, so daß die mündliche Verhandlung nicht speziell für einen von ihnen anberaumt worden sei. Aus der Sicht des Beschwerdeführers sei die mündliche Verhandlung nicht speziell aufgrund seines Hilfsantrags angesetzt worden.
2. Die zweite Ausnahme liege vor, wenn die Einspruchsabteilung oder die Beschwerdekammer der Ladung zur mündlichen Verhandlung eine Mitteilung beigefügt habe, die eine Zwischenverfügung zu ungunsten eines bestimmten Beteiligten enthalte. In einem solchen Fall sei dieser Beteiligte ebenfalls verpflichtet, rechtzeitig vor dem Termin mitzuteilen, daß er an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen wolle.
Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdekammer keine solche Mitteilung versandt.
Darüber hinaus sei folgendes angemerkt:
3. Seit etwa Juli 1993 werde den Ladungen des EPA zur mündlichen Verhandlung ein Formblatt mit dem Titel "Wichtige Hinweise zur mündlichen Verhandlung" (Form 2043.2.07.93) beigefügt, in dem u. a. darauf hingewiesen werde, daß ein Beteiligter, der zum anberaumten Verhandlungstermin nicht erscheinen wolle, gebeten werde, das Amt unverzüglich davon zu benachrichtigen und in dringenden Fällen auch die anderen Verfahrensbeteiligten zu unterrichten. In diesem Formblatt werde weiter darauf hingewiesen, daß die den anderen Beteiligten verursachten Kosten einem Verfahrensbeteiligten auferlegt werden könnten, der eine nicht rechtzeitige oder unterbliebene Benachrichtigung der anderen Parteien zu verantworten habe.
Im vorliegenden Fall sei der Ladung zur mündlichen Verhandlung kein solches Formblatt beigefügt worden.
b) Der Beschwerdeführer focht auch die Höhe der vom Beschwerdegegner geltend gemachten Kosten an, da sie aus folgenden Gründen nicht gerechtfertigt seien:
1. Der in Japan ansässige Beschwerdegegner werde durch einen Patentanwalt vertreten, der seinen Geschäftssitz in München habe und zu der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung allein erschienen sei. Es habe für den Patentinhaber keine Veranlassung bestanden, zur mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer zusätzlich zu dem Patentanwalt auch Firmenvertreter zu entsenden; es entspräche nicht der Billigkeit, die Kosten für die Anwesenheit von zwei Firmenvertretern aus Japan dem anderen Beteiligten aufzuerlegen.
2. Außerdem überstiegen die Flugkosten von zwei Firmenvertretern aus Japan den in Artikel 104 EPÜ vorgesehenen Rahmen.
3. Ferner übersteige die Aufenthaltsdauer der beiden Firmenvertreter in München bei weitem das zur Verhandlungsvorbereitung erforderliche Maß.
4. Auch die dreieinhalbtägigen Vorbereitungen des Patentanwalts seien viel zu lang.
X. Der Beschwerdegegner antwortete auf diese Behauptungen mit Schreiben vom 21. Februar 1995.
1. Erfinderische Tätigkeit
1.4 Das Vorbringen des Beschwerdeführers entkräftet somit nicht die Schlußfolgerungen der Einspruchsabteilung, denen sich die Kammer anschließt.
2. Infolgedessen stehen die in Artikel 100 a) EPÜ aufgeführten Gründe der Aufrechterhaltung des Streitpatents in der dem Beschwerdegegner erteilten Fassung nicht entgegen. Die Beschwerde wird daher zurückgewiesen.
3. Kostenverteilung: Grundsätze
3.1 Artikel 104 (1) EPÜ sieht vor, daß eine Einspruchsabteilung oder eine Beschwerdekammer nach Maßgabe der Ausführungsordnung über eine Verteilung der Kosten entscheiden kann, "wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht".
3.2 In Artikel 116 (1) EPÜ heißt es: "Eine mündliche Verhandlung findet ... auf Antrag eines Beteiligten statt"; Regel 71 (1) EPÜ besagt, daß "zur mündlichen Verhandlung nach Artikel 116 EPÜ ... die Beteiligten ... geladen" werden. Eine Ladung ist eine verbindliche Aufforderung, zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort zu einem konkreten Zweck, nämlich einer mündlichen Verhandlung, zu erscheinen. Durch eine solche Ladung verpflichtet sich die Beschwerdekammer selbst, zu dem bestimmten Zeitpunkt und an dem bestimmten Ort eine mündliche Verhandlung als Teil des diesbezüglichen Beschwerdeverfahrens abzuhalten. Als Beteiligter am Beschwerdeverfahren ist eine Partei, die eine solche Ladung erhält (unabhängig davon, ob sie die mündliche Verhandlung nach Art. 116 EPÜ beantragt hat) aus Gründen der Billigkeit verpflichtet, entweder zu dem bestimmten Zeitpunkt und an dem bestimmten Ort an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen oder die Kammer zu benachrichtigen, sobald ihr bekannt ist, daß sie dieser mündlichen Verhandlung fernbleiben wird. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beteiligte selbst die mündliche Verhandlung beantragt hat und ob der Ladung zur mündlichen Verhandlung eine Mitteilung beigefügt war.
Weiß ein Beteiligter erst kurz vor dem für die mündliche Verhandlung anberaumten Termin, daß er nicht daran teilnehmen wird, so erstreckt sich diese Verpflichtung auch auf die Unterrichtung aller übrigen Beteiligten am Beschwerdeverfahren. Aber auch dann muß ein Beteiligter, der erst in so einer späten Phase beschließt, der mündlichen Verhandlung fernzubleiben, mit einer Kostenverteilung rechnen, weil er den anderen Beteiligten unnötige Kosten verursacht hat.
Die Kammer kann daher aus grundsätzlichen rechtlichen Erwägungen das unter Nummer IX dargelegte Vorbringen des Beschwerdeführers nicht gelten lassen, wonach es einem Beteiligten abgesehen von den dort beschriebenen Ausnahmen freistehe, zu der mündlichen Verhandlung, zu der er geladen sei, zu erscheinen, und er die Kammer und die anderen Beteiligten nicht zu benachrichtigen brauche, wenn er nicht zu erscheinen beabsichtige. Wie vorstehend dargelegt, besteht im Gegenteil für jeden zu einer mündlichen Verhandlung Geladenen die Verpflichtung, zumindest die Kammer zu benachrichtigen, sobald er weiß, daß er der Ladung nicht Folge leisten wird, damit die Kammer dann über den jeweils angemessenen weiteren Verfahrensablauf entscheiden kann.
Die Kammer akzeptiert auch nicht die Behauptung des Beschwerdeführers, ein Beteiligter sei nur dann verpflichtet, die Kammer über sein Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung zu unterrichten, wenn er dem Verfahrensablauf entnehmen könne, daß die mündliche Verhandlung aufgrund seines eigenen Antrags anberaumt worden sei. Die Führung des Beschwerdeverfahrens liegt bei der Beschwerdekammer, nicht bei den Verfahrensbeteiligten. Daher sollte die Beschwerdekammer immer unterrichtet werden, wenn ein Beteiligter nicht zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen beabsichtigt.
3.3 Benachrichtigt ein Beteiligter die Kammer ordnungsgemäß, daß er der Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht folgen werde, so hat dies verschiedene verfahrensrechtliche Folgen, die insbesondere davon abhängen, welcher Verfahrensbeteiligte die mündliche Verhandlung nach Artikel 116 EPÜ beantragt hat und wie der Einzelfall gelagert ist.
In einem Fall wie dem vorliegenden, nämlich einem Einspruchsbeschwerdeverfahren mit zwei Beteiligten, dem Patentinhaber (Beschwerdegegner) und dem Einsprechenden (Beschwerdeführer), bei dem beide Beteiligte hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt haben, liegt es auf der Hand, daß die Kammer den Fall nicht zugunsten eines Beteiligten entscheiden kann, ohne vorher eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Wenn die Kammer in einem solchen Fall gemäß Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (ABl. EPA 1983, 7) eine Ladung zur mündlichen Verhandlung ergehen läßt, kann sie dieser eine Mitteilung beifügen (oder auch nicht) und nach Artikel 12 VOBK ihre Ansicht über die Beurteilung der in dem betreffenden Fall aufgetretenen sachlichen oder rechtlichen Fragen in diese Mitteilung aufnehmen.
Unabhängig davon, ob eine Mitteilung nach Artikel 11 (2) VOBK ergangen ist, gilt folgendes: Zieht einer der Beteiligten anschließend (aber noch vor dem für die mündliche Verhandlung anberaumten Termin) seinen Antrag auf mündliche Verhandlung zurück (oder erklärt er, daß er zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen werde, was in der Regel als Rücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung angesehen wird, s. Entscheidung T 3/90, ABl. EPA 1992, 737), so ist es aus der Sicht der Beschwerdekammer dann verfahrensrechtlich angemessen, die Verfahrenslage zu überprüfen und zu entscheiden, ob die mündliche Verhandlung noch durchgeführt werden soll. Beabsichtigt die Kammer in dieser Verfahrensphase und zu diesem Zeitpunkt, den Fall aufgrund der Schriftsätze der beiden Beteiligten zugunsten desjenigen Beteiligten zu entscheiden, der seinen Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen hat, so muß die mündliche Verhandlung dennoch durchgeführt werden, weil ja der Hilfsantrag des anderen Beteiligten noch vorliegt. Beabsichtigt die Kammer hingegen zu diesem Zeitpunkt, den Fall zugunsten desjenigen Beteiligten zu entscheiden, dessen Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung noch besteht, so wäre es aus verfahrensrechtlicher Sicht angemessen, wenn die Kammer zugunsten dieses Beteiligten entscheidet, ohne eine mündliche Verhandlung abzuhalten.
3.4 Im vorliegenden Fall, in dem der Beschwerdeführer die Kammer nicht rechtzeitig vor dem Verhandlungstermin davon benachrichtigt hat, daß er der Verhandlung fernbleiben werde, konnte die Kammer keine solche Überprüfung der Verfahrenslage vornehmen. Hätte der Beschwerdeführer die Kammer rechtzeitig vor dem Verhandlungstermin davon benachrichtigt, daß er an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehme, so hätte die Kammer den Fall unter Berücksichtigung der veränderten Verfahrenslage überprüfen können und wäre dann zu dem Schluß gelangt, den sie letztlich in der mündlichen Verhandlung gezogen hat, nämlich, dem Antrag des Beschwerdegegners stattzugeben und die Zurückweisung der Beschwerde zu beschließen. Da der Beschwerdegegner eine mündliche Verhandlung nur für den Fall beantragt hatte, daß die Beschwerde nicht aufgrund der Schriftsätze der Beteiligten zurückgewiesen werden könne, wäre die Kammer dann in der Lage gewesen, die mündliche Verhandlung abzusagen.
Dadurch, daß der Beschwerdeführer die Kammer nicht rechtzeitig vor der Verhandlung über sein Nichterscheinen informiert hat, war er unmittelbar dafür verantwortlich, daß dem Beschwerdegegner für die Vorbereitung und Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung unnötige Kosten entstanden sind.
Die Kammer hält es in Anbetracht der Sachlage gemäß Artikel 104 (1) EPÜ für billig, eine Kostenverteilung zugunsten des Beschwerdegegners anzuordnen.
3.5 Dadurch, daß der Beschwerdeführer nicht alle Betroffenen über sein beabsichtigtes Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung informiert hat, sind nicht nur dem Beschwerdegegner unnötige Kosten, sondern auch der Kammer Unannehmlichkeiten und ein Zeitverlust entstanden. Erscheint ein ordnungsgemäß zu einer mündlichen Verhandlung geladener Beteiligter nicht und ist keine rechtzeitige Benachrichtigung erfolgt, so wird sich eine Kammer in der Regel moralisch verpflichtet fühlen, vor Eröffnung der Verhandlung telefonisch nachzufragen, ob der nicht erschienene Beteiligte unterwegs ist und möglicherweise aufgehalten worden ist. Im vorliegenden Fall wurden solche Nachforschungen angestellt.
3.6 Für die Beurteilung der Frage, ob angesichts der vorstehend dargelegten Grundsätze der Billigkeit eine Kostenverteilung angeordnet werden sollte, ist es nach Auffassung der Kammer unerheblich, ob der Ladung zur mündlichen Verhandlung ein Formblatt wie Form 2043.2.07.93 beigefügt war (s. Nr. IX a) (3)). Diese Grundsätze sind unabhängig davon anwendbar, ob ein solches Formblatt versandt worden ist oder nicht. Das Versenden eines solchen Formblatts ist eine reine "Serviceleistung", die im EPÜ nicht vorgeschrieben ist.
3.7 Diese Rechtsgrundsätze sind zwar hier im Rahmen des Beschwerdeverfahrens herangezogen worden, finden jedoch selbstverständlich auch auf Verfahren vor den Einspruchsabteilungen entsprechend Anwendung.
4. Kostenverteilung: Festsetzung des Betrags
4.1 Obwohl Artikel 104 (2) EPÜ vorsieht, daß "die Geschäftsstelle der Einspruchsabteilung auf Antrag den Betrag der Kosten festsetzt ...", ist diese Regelung nach Auffassung der Kammer in einem Fall wie dem vorliegenden eindeutig nicht angemessen.
Regel 63 (1) EPÜ sieht vor, daß bei einer Kostenverteilung "nur die Kosten berücksichtigt werden [können], die zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte notwendig waren." Ferner "gehört die Vergütung für die Vertreter der Beteiligten" zu den Kosten.
4.2 In Nummer 22 einer Mitteilung mit dem Titel "Einspruchsverfahren im EPA" (ABl. EPA 1989, 417), die vom EPA im Zusammenhang mit Verfahren vor den Einspruchsabteilungen erlassen wurde, wird folgendes festgestellt: "Findet die mündliche Verhandlung auf Antrag eines Beteiligten statt und erscheint dieser ohne ausreichende Entschuldigung nicht, so werden ihm die den anderen Beteiligten entstandenen Kosten in voller Höhe auferlegt, soweit diese den Umständen nach angemessen waren." Die Kammer bestätigt die Gültigkeit dieser Feststellung auch für das Beschwerdeverfahren und vertritt die Auffassung, daß die ihr zugrunde liegenden Prinzipien auf einen Fall wie den vorliegenden zutreffen, in dem die mündliche Verhandlung auf Antrag beider Beteiligter anberaumt worden ist, aber nicht erforderlich gewesen wäre, wenn der letztlich nicht erschienene Beteiligte seinen Antrag auf mündliche Verhandlung rechtzeitig vor dem Verhandlungstermin zurückgezogen hätte.
4.3 Des weiteren ist von der Kammer daher die Frage zu prüfen, ob die vom Beschwerdegegner geltend gemachten Ausgaben "zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte notwendig" und den Umständen nach angemessen waren. Zur Unterstützung dieser Forderung hat der Beschwerdegegner dargelegt, warum der streitige Gegenstand für ihn eine beträchtliche kommerzielle Bedeutung hat. Dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht in Zweifel gezogen, obwohl er behauptet, daß die Forderungen des Beschwerdegegners übertrieben hoch seien.
Da die Firma des Beschwerdegegners weder Wohnsitz noch Sitz in einem Vertragsstaat hat, ist sie nach Artikel 133 (2) EPÜ verpflichtet, in Verfahren nach dem EPÜ durch einen zugelassenen Vertreter vertreten zu sein.
Nach Auffassung der Kammer waren die Kosten für die Vergütung des zugelassenen Vertreters des Beschwerdegegners für die Vorbereitung und die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung während dreieinhalb Tagen, nämlich 8 750 DEM, zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte eindeutig erforderlich und angesichts der Art des streitigen Gegenstands auch angemessen.
Darüber hinaus war es nach Auffassung der Kammer zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte des Beschwerdegegners auch notwendig, daß während der Vorbereitung und der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zumindest ein Vertreter der Firma des Beschwerdegegners anwesend war, um dem zugelassenen Vertreter sowohl vor als auch während der mündlichen Verhandlung Anweisungen zu geben. Dementsprechend waren nach Ansicht der Kammer die für die Reise von Yokohama nach München und zurück geltend gemachten Kosten für eine Person unter diesen Umständen auch angemessen (d. h. 10 500 DEM). Ebenso waren die für eine Person beanspruchten Hotelkosten in München (1 400 DEM) und einige Nebenausgaben (100 DEM) angemessen.
Die Kammer ist allerdings nicht der Ansicht, daß auch die übrigen geltend gemachten Kosten "zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte notwendig waren."
4.4 Regel 63 (2) EPÜ letzter Satz lautet wie folgt: "Zur Festsetzung der Kosten genügt es, daß sie glaubhaft gemacht werden." Die Kammer erkennt die vom Beschwerdegegner geltend gemachten Kosten als glaubhaft an. Die Kosten wurden durch entsprechende Belege nachgewiesen. Der Beschwerdegegner hat bestätigt, daß während der dreieinhalb Tage, die Gegenstand der Forderung sind, nur dieser Fall mit dem zugelassenen Vertreter erörtert wurde.
Nach Auffassung der Kammer hat der Beschwerdeführer daher aus Gründen der Billigkeit an den Beschwerdegegner im Wege der Kostenfestsetzung den Betrag von (8 750 + 10 500 + 1 400 + 100) = 20 750 DEM zu zahlen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer zahlt an den Beschwerdegegner im Wege der Kostenverteilung den Betrag von 20 750 DEM.