Weltweit erstes anpassungsfähiges Roboter-Exoskelett für Kinder: Elena García Armada als Finalistin für Europäischen Erfinderpreis 2022 nominiert
- Ein Exoskelett, das gelähmten Kindern beim Laufen hilft: Spanische Wissenschaftlerin Elena García Armada für Preis des Europäischen Patentamts (EPA) nominiert
- Roboter-Exoskelett reagiert auf minimale Bewegungen und federt plötzliche Stöße ab, wodurch sich für Millionen junger Menschen neue Behandlungsmöglichkeiten ergeben
- Seit der medizinischen Zulassung 2021 wurden die Exoskelette in Krankenhäusern in Spanien und Mexiko eingesetzt
München, 17. Mai 2022 - Das Europäische Patentamt (EPA) gibt bekannt, dass die spanische Wissenschaftlerin Elena García Armada für ihre bahnbrechende Arbeit an pädiatrischen Exoskeletten als Finalistin für den Europäischen Erfinderpreis 2022 nominiert worden ist. Ihre Erfindung ermöglicht es Kindern, die im Rollstuhl sitzen, während der Rehabilitationsmaßnahmen zu gehen, um den Muskelabbau und medizinische Komplikationen zu verringern. Inspiriert wurde die Wissenschaftlerin durch die Begegnung mit Daniela, einem jungen Mädchen, das nach einem Verkehrsunfall gelähmt war.
García ist eine führende Professorin für Ingenieurwissenschaften am spanischen Obersten Rat für Wissenschaftliche Forschung (CSIC). Ihre Forschungsarbeiten zur Robotik wurden in über 2600 Veröffentlichungen zitiert. Sie begann mit der Entwicklung des weltweit ersten verstellbaren Exoskeletts für Kinder, nachdem ihr klar geworden war, dass hierfür keine Lösung existierte - eine Entscheidung, die das Potenzial hat, Lebenserwartung und psychisches Wohlbefinden von Millionen junger Patienten zu verbessern.
„Auf Basis ihres umfangreichen Fachwissens in der Robotik und bei verstellbaren Gelenken hat García ein einzigartiges Exoskelett für Kinder entwickelt und so ein Problem im Bereich der Medizintechnik gelöst", so EPA-Präsident António Campinos. „Ihre Erfindung verbessert nicht nur die Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern in Rollstühlen, indem sie ihnen zu gehen hilft. Sie bietet auch neue Hoffnung für Familien und Betreuer, die schon seit vielen Jahren auf ein solches Gerät warten."
Für ihre inspirierende Arbeit wurde die Spanierin als eine von drei Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis in der Kategorie „Forschung" nominiert, in der Erfindungen ausgezeichnet werden, die auf bahnbrechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen.
Die Gewinner der diesjährigen Ausgabe des Europäischen Erfinderpreises des EPA werden am 21. Juni im Rahmen einer virtuellen Preisverleihung bekannt gegeben.
Pionierarbeit in der Kinderheilkunde
Bis 2009 lag der Schwerpunkt von Garcías Forschung auf Exoskeletten für Arbeiter in der Schwerindustrie. Nachdem sie Daniela kennengelernt hatte, verlagerte sie ihren Schwerpunkt auf die Pädiatrie. Sie war überrascht festzustellen, dass es keine anpassungsfähigen Exoskelette für Kinder gab, obwohl diese Technologie Erwachsenen seit den 1960er-Jahren beim Gehen hilft. Die spanische Robotikexpertin wollte dies unbedingt ändern, denn für junge Rollstuhlfahrer besteht ein höheres Risiko, dass sich ihre Muskeln frühzeitig abbauen und ihre Wirbelsäule deformiert wird. Das hat wiederum Auswirkungen auf ihre Lungen und ihr Herz und verkürzt die Lebenserwartung.
„Als ich mich mit den Zahlen beschäftigte und sah, dass 17 Millionen Familien mit solch düsteren Aussichten ohne Aussicht auf Verbesserung konfrontiert waren, entschloss ich mich, das Problem selbst zu lösen", so García.
Die Erfinderin begann mit der Entwicklung pädiatrischer Exoskelette und arbeitete in den folgenden Jahren an einem verstellbareren Anzug aus Titan, der mit einer Batterie und einem Netz kleiner Motoren mit Sensoren, Software und Maschinen verbunden ist. Diese Komponenten wirken zusammen wie mechanische Gelenke, die sich nach dem Körper richten und leichte Bewegungen verstärken, sich im Laufe der Rehabilitation aber auch an die Bewegungen jedes einzelnen Kindes anpassen. So wird eine individuelle Behandlung ermöglicht. Das Exoskelett kann für Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren in weniger als acht Minuten so eingestellt werden, dass sie während der Muskelrehabilitation laufen können.
Als García 2013 ihre Versuche mit Daniela begann, brachten die ersten Schritte mit dem Exoskelett die Augen des Mädchens zum Leuchten. Auch andere Kinder konnten dank der Erfindung zum ersten Mal in ihrem Leben gehen, und einige Eltern berichteten von einer Verbesserung des psychischen Wohlbefindens ihrer Kinder. Bei anderen verbesserten sich schulische Leistungen und ihre sozialen Kontakte nahmen zu. „Meine Erfindung ist mehr als nur ein medizinisches Gerät", so García.
Nachdem die Aufnahmen von Daniela beim Gehen im Internet viral gegangen waren, wurde García mit Anfragen von Familien aus aller Welt geradezu überhäuft. Sie gründete Marsi Bionics und startete mit der industriellen Herstellung von Prototypen gemäß der internationalen Richtlinie für Medizinprodukte sowie mit weiteren klinischen Versuchen. 2013 meldete sie ihr erstes Patent für elastische Aktuatoren an - Gelenke mit einstellbarer Festigkeit, die auf kleinste Muskelbewegungen reagieren. 2014 meldete sie ein zweites Patent für ein Exoskelett an, das sich je nach körperlicher Verfassung, physischen Eigenschaften und Gesundheit anpassen lässt.
García beschloss, ihre Erfindung an einen Hersteller zu lizenzieren, um breiteren Zugriff darauf zu ermöglichen. Während der Entwicklung wurde ihr allerdings klar, dass die eigene Vermarktung des Exoskeletts der schnellere Weg war. „Nachdem wir die Erfindung industrialisiert und klinisch getestet hatten, war keine Lizenzierung mehr nötig", erläutert García. „Wir konnten sie selbst verkaufen."
In den Folgejahren kommerzialisierte García zwei ihrer patentierten Erfindungen. „Patente erwiesen sich als entscheidend, um Investitionsgelder zu bekommen", sagt García und fügt hinzu, dass es ohne die Patente nicht möglich gewesen wäre, die für die Markteinführung der Erfindung erforderlichen Mitarbeitenden einzustellen.
Marsi Bionics hat inzwischen 25 Angestellte und Garcías pädiatrisches Exoskelett ist für den Einsatz in Rehabilitationskliniken und Krankenhäusern in der gesamten EU und Mexiko zugelassen. Dadurch konnte Marsi Bionics seine ersten Exoskelette an medizinische Zentren in Spanien und Mexiko ausliefern. García rechnet mit einer Steigerung des Absatzes in der EU, im Vereinigten Königreich und auf dem amerikanischen Kontinent. Analysten schätzten den Markt für Exoskelette im Jahr 2021 auf 430 Millionen Euro und prognostizieren bis 2026 ein Wachstum auf 2,8 Mrd. Euro.
Hinweis für die Redaktionen
Informationen zur Erfinderin
Elena García Armada studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Polytechnischen Universität Madrid, wo sie 2002 in Robotik promovierte. Sie forschte zunächst am Leg Lab des Massachusetts Institute of Technology und arbeitet seitdem am Zentrum für Automatisierung und Robotik (CAR) des Obersten Rats für Wissenschaftliche Forschung (CSIC) in Spanien. García wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Innova Award 2014, der CEPY-Preis 2015 für unternehmerische Projekte, der ABC Health Award für die beste Gesundheitstechnologie 2016, die Goldmedaille der Stadt Madrid 2018, der Fermina Orduña Technology Innovation Award 2021 und der European Innovation Council Woman Innovator Award 2021.
Elena García Armada wird als Erfinderin in den europäischen Patenten EP3225363B1 und EP3009240B1 genannt.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und ehrt Einzelpersonen und Teams, die Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt, die sich aus früheren Finalisten des Preises zusammensetzt. Gemeinsam prüfen sie die Vorschläge hinsichtlich ihres Beitrags zum technischen Fortschritt, zur sozialen und nachhaltigen Entwicklung und zum wirtschaftlichen Wohlstand. Das EPA verleiht den Preis in vier Kategorien (Industrie, Forschung, KMU und Nicht-EPO-Staaten) und wird darüber hinaus am 21. Juni im Rahmen einer virtuellen Zeremonie einen Preis für das Lebenswerk ausloben. Der Gewinner des Publikumspreises wird von der Öffentlichkeit aus den 13 Finalisten über ein Online-Voting auf der Webseite es EPA ermittelt. Die Stimmenabgabe ist bis zum 21. Juni 2022 möglich. Lesen Sie mehr über die Teilnahmebedingungen und Auswahlkriterien für den Europäischen Erfinderpreis.
In diesem Jahr wird das EPA zum ersten Mal auch den Young Inventors prize vergeben. Der neue Preis für junge Menschen unter 30 ist mit einer Geldprämie für die drei Finalisten dotiert, um sie weiter zu ermutigen, kreative Lösungen für drängende Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung zu finden.
Über das EPA
Mit 6 400 Mitarbeitern ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Außerdem ist das EPA weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
Pressekontakte Europäisches Patentamt
Luis
Berenguer Giménez
Leiter
Kommunikation
Pressestelle
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