T 2454/11 19-07-2012
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Trennmittel und seine Verwendung bei der Herstellung von Polyurethan-Formkörpern
Versäumung der Beschwerdefrist - ja
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - nein
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - ja
Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr - nein
I. Mit ihrer Entscheidung vom 27. Juni 2011 hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts den Einspruch der Beschwerdeführerin gegen das europäische Patent Nr. 1 864 778 zurückgewiesen.
II. Am 8. September 2011 hat die Beschwerdeführerin dem Europäischen Patentamt mitgeteilt, ihr anwaltlicher Vertreter habe durch eine Online-Akteneinsicht festgestellt, dass in der amtlichen Akte ihre dem EPA am 23. August 2011 zugestellte Beschwerde gegen die Zurückweisung ihres Einspruchs nicht angezeigt werde. Seine telefonische Nachfrage beim EPA habe ergeben, dass sich tatsächlich keine Beschwerdeschrift in der Akte befinde.
III. Die Beschwerdeschrift müsse jedoch aufgrund der im Büro ihres Vertreters getroffenen organisatorischen Vorkehrungen beim EPA eingegangen sein. Denn in dessen Kanzlei werde die Amtspost tageweise gesammelt, in einem internen Versandbericht festgehalten, versandfertig gemacht und gegen 16.00 Uhr von UPS abgeholt. So sei es auch am 22. August 2011 abgelaufen, als die Beschwerdeschrift zusammen mit zwei weiteren Schriftsätzen vom selben Tage in einem Umschlag der Firma UPS zur Zustellung an das EPA übergeben worden sei. Gleichwohl habe ihr Vertreter bei der erwähnten Online-Akteneinsicht feststellen müssen, dass zwar die beiden anderen am 22. August 2011 versandten Schriftsätze am 23. August 2011 dem EPA zugestellt und dort zu den Akten genommen worden seien, die Beschwerdeschrift vom selben Tage aber in den Akten fehle. Dies sei angesichts der in seinem Büro waltenden Vorsicht bei der Versendung der Amtspost verwunderlich.
IV. Zum Beweis ihres Vortrags hat die Beschwerdeführerin folgende Dokumente vorgelegt:
D1 Auszug Kopie aus dem Übermittlungsbuch von Forrester & Boehmert für die Amtspost vom 22. August 2011 an das EPA;
D2 Detaillierter Tagesversandbericht vom 22. August 2011;
D3 Zustellnachweis von UPS betreffend den übersandten Umschlag mit den Vermerk: "Zugestellt am 23.08.2011 9:36" und "Ausgehändigt an: Muenchen DE".
Die Beschwerdeschrift vom 22. August 2011 mit dem Antrag auf Widerruf des angegriffenen Patents sowie eine Vollmacht für die Abbuchung der Beschwerdegebühr sind mit dem Schreiben vom 8. September 2011 nochmals eingereicht worden. Die Beschwerdegebühr ist am 9. September 2011 abgebucht worden.
V. Am 8. November 2011 hat die Beschwerdeführerin unter Einzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr vorsorglich nach Artikel 122 EPÜ die Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist beantragt, als Beleg für die sorgfältige Organisation der Versendung der Amtspost im Allgemeinen und speziell am 22. August 2011 auf die Dokumente D1 bis D3 verwiesen sowie zusätzlich folgende Dokumente zu den Akten gegeben:
D6 Eidesstattliche Versicherung von Frau Petra Fink, tätig in der Kanzlei Forrester & Boehmert, Büro Bremen, datiert 8. November 2011;
D7 Eidesstattliche Versicherung von Frau Birgit Milkereit, tätig in der Kanzlei Forrester & Boehmert, Büro Bremen, datiert 8. November 2011.
VI. In einem Zusatz zur Ladung vom 29. März 2012 zur mündlichen Verhandlung hat die Kammer den Parteien mitgeteilt, dass nach vorläufiger, unverbindlicher Einschätzung des Falles die Beweislast für den rechtzeitigen Zugang eines fristgebundenen Schriftsatzes bei dessen Absender liege, so wie das EPA den Zugang der von ihm versandten Schriftstücke zu beweisen habe (siehe Regel 125 ff., insb. Regel 126 EPÜ). Andernfalls müsste das EPA den Beweis dafür erbringen, dass ein Schriftsatz bei ihm nicht eingegangen sei. Das aber liege nicht in seiner Macht.
Um den Beweis des Zugangs problemlos zu erbringen, könne der Absender unter verschiedenen Zustellungsformen wählen, die ihm einen zweifelsfreien Nachweis ermöglichten. Dies sei beispielsweise möglich durch die Übersendung eines Schriftsatzes per Fax, durch elektronischen Versand oder durch die körperliche Übergabe bzw. postalische Zustellung mit Eingangsbeleg. Einen solchen Zustellungsbeleg könne die Beschwerdeführerin hier jedoch nicht vorlegen. Der Zustellungsnachweis von UPS vermöge den Zugangsnachweis für jeden einzelnen Schriftsatz nicht zu ersetzen.
Im Hinblick auf die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags hat die Kammer auf die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer in der Sache G 1/86 hingewiesen.
VII. Am 19. Juli 2012 hat die Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin hat die Aufhebung der angefochtene Entscheidung und den Widerruf des Patents beantragt, hilfsweise Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist und weiter hilfsweise die Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat die Verwerfung der Beschwerde als unzulässig beantragt.
VIII. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der Beweismaßstab bei der Prüfung der rechtzeitigen Zustellung eines Schreibens an das EPA richte sich nach gängiger Rechtsprechung nach der Wahrscheinlichkeit seines Zugangs. Dies sei die einzige praktikable Möglichkeit, die Rechtzeitigkeit festzustellen, weil nur selten absolute Gewissheit erlangt werden könne, vgl. T 1200/01 vom 6. Juni 2002.
Deshalb dürfe auch hier absolute Gewissheit nicht gefordert werden. Es spreche eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Zugang der Beschwerdeschrift, weil sie in der Kanzlei ihres Vertreters in den dem EPA am 23. August 2011 nachweislich zugegangenen Umschlag der Firma UPS gelangt sei. Zudem habe ihr Vertreter erfolglose Nachforschungen über den Verbleib der Beschwerdeschrift in seiner Kanzlei angestellt und bei allen weiteren im Dokument D2 aufgeführten Empfängern nachgefragt, ob die Beschwerdeschrift versehentlich in ihre Postsendung gelangt sei. Die Antworten seien negativ gewesen (vgl. Dokument D7).
Ferner stehe fest, dass zwei der drei in der Liste "Amtspost vom 22. August 2011" aufgeführten Schriftsätze (Dokument D1) sich sogar unbestreitbar in dem dem EPA am 23. August 2011 übergebenen Umschlag der Firma UPS befunden hätten.
Diese Umstände ließen nur die Schlussfolgerung zu, dass nach höchster Wahrscheinlichkeit auch die fragliche Beschwerdeschrift sich in dem zugegangenen Umschlag befunden habe. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerdeschrift beim EPA verlorengegangen sei, sei demgegenüber höher einzustufen als die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich nicht im Umschlag der Firma UPS befunden habe, und zwar aus folgenden Gründen:
Das Absendedatum des Umschlags (22. August 2011) liege in den bayerischen Sommerferien. Nach Aussage eines Mitarbeiters des EPA seien bei dessen Poststelle in den Sommerferien regelmäßig ungelernte Aushilfekräfte beschäftigt, denen offenbar, wie Kollegen der Kanzlei des Vertreters bestätigten, mitunter Fehler unterliefen. Zudem habe sich in dem UPS-Umschlag neben den drei Schriftsätzen die als Dokument D1 vorgelegte Liste mit allen am 22. August 2011 dem EPA zugestellten Schriftstücken befunden. Eine solche Liste werde normalerweise vom EPA abgestempelt und als Empfangsbekenntnis retourniert. Im vorliegenden Fall sei eine Rücksendung jedoch nicht erfolgt. Aufgrund dieser Erfahrung habe die Kanzlei Forrester & Boehmert ihr Überwachungssystem der Amtspost für das EPA geändert.
Sollte die Kammer den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist als unzulässig verwerfen, weil nach der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 1/86 (ABl. EPA 1987, 447 - Wiedereinsetzung des Einsprechenden/VOEST ALPINE) der Einsprechende von einer Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist ausgeschlossen sei, wäre die Wiedereinsetzungsgebühr zurückzuerstatten, da in diesem Fall kein rechtswirksamer Wiedereinsetzungsantrag gestellt worden sei.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen vorgetragen, die Beschwerde sei als unzulässig zu verwerfen, da die Beschwerdeschrift nicht innerhalb der am 7. September 2011 abgelaufenen Beschwerdefrist beim EPA eingegangen sei. Auch dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist fehle die Zulässigkeit, weil die Beschwerdeführerin als Einsprechende von der Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist ausgeschlossen sei, vgl. G 1/86 (loc. cit).
1. Die am 8. September 2011 beim Europäischen Patentamt unstreitig eingegangene Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 27. Juni 2011 ist verspätet, weil die Beschwerdefrist bereits am 7. September 2011 abgelaufen ist. Gleichwohl könnte die Beschwerde nach Artikel 108 EPÜ rechtzeitig eingelegt worden sein, wenn die auf den 22. August 2011 datierte Beschwerdeschrift tatsächlich, wie die Beschwerdeführerin vorträgt, bereits am 23. August 2011 dem EPA zugestellt worden ist.
2. Einhaltung der Beschwerdefrist
2.1 Für den Zugang der Beschwerdeschrift ist die Beschwerdeführerin verantwortlich. Sie trägt die Beweislast dafür, dass die Einreichung tatsächlich erfolgt ist. Andernfalls müsste das Amt beweisen, dass ihm ein Schriftstück nicht zugegangen ist. Das aber kann vom EPA nicht verlangt werden, weil sich ein Vorgang, der sich nicht ereignet hat, nur schwer beweisen lässt. Aus demselben Grund hat umgekehrt das EPA im Bestreitensfalle den Zugang seiner Schreiben bei den Adressaten unter Beweis zu stellen.
2.2 Das Amt sichert den Beweis des Zugangs, indem es fristbezogene Schreiben per Einschreiben/Rückschein zustellen lässt. Dabei gehen beweiserhebliche Defizite bei Versand und Übergabe eines Schriftstücks zu seinen Lasten. Anders als das EPA hat der Absender einer an das EPA gerichteten Post mehrere zusätzliche Möglichkeiten der Versendung, die ihm den Zugangsnachweis problemlos gestatten.
2.3 Dies gilt für die Zustellung eines Schriftsatzes in körperlicher wie in unkörperlicher Form.
In körperlicher Form ist die traditionelle postalische Versendung eines Schriftsatzes per Einschreiben/Rückschein und/oder unter Beifügung einer zu retournierenden Empfangsbestätigung möglich. Daneben kann der Absender auch die persönliche Übergabe eines Schreibens wählen und dabei eine Bestätigung seines Zugangs bei der Poststelle des Amtes erhalten.
Weit einfacherer, sicherer und schneller lässt sich ein Schriftstück in unkörperlicher Form elektronisch per Fax oder per E-Mail übermitteln. Dabei erhält der Absender jeweils eine elektronische oder automatisch ausgedruckte Zugangsbestätigung, die er zu seinen Akten nehmen und im Zweifelsfalle als Beweismittel vorlegen kann. Diese Versandtechniken stellen mittlerweile die gebräuchlichsten Arten der Übermittlung von Schriftsätzen an das EPA dar.
Nach dem Eingang einer Beschwerdeschrift beim EPA bekommt der Absender in der Regel außerdem alsbald eine Bestätigung der zuständigen Geschäftsstelle und die Mitteilung des Aktenzeichens. Daran vermag er ebenfalls zu erkennen, ob seine Beschwerde eingegangen ist, wenngleich das nicht unbedingt noch innerhalb der gesetzlichen Frist der Fall sein muss. Dieselbe, ebenfalls nicht unbedingt fristgerechte Information kann er wie im vorliegenden Fall - durch die elektronische Akteneinsicht erhalten.
2.4 Die vielfältigen, grundsätzlich gleichwertigen Möglichkeiten der Zustellung von Schriftstücken an das EPA ändern nichts an der Verpflichtung des Absenders, im Zweifel den Zugang seines Schreibens beweisen zu müssen. Eine andere Beurteilung ist nicht etwa dadurch veranlasst, dass ein Schriftstück beim EPA durch eine Nachlässigkeit des Personals verloren gegangen ist oder verloren gegangen sein könnte. Angesichts dessen muss er sich für diejenige Zustellungsart entscheiden, die ihm im Ernstfall die wenigsten Probleme bei der Beweisführung bereitet. Stellt er auf eine Art zu, bei der sich der Beweis des Zugangs als schwierig erweist, geht dies zu seinen Lasten. Dabei trägt eine beschwerdeführende Einsprechende ein besonderes Risiko, weil sie von der "Reparaturmöglichkeit" einer Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist nach Artikel 122 EPÜ ausgeschlossen ist (siehe nachfolgender Punkt 4), wenn die Frist möglicherweise versäumt wurde und ihr wegen eines Büroversehens der Zugangsnachweis misslingt.
2.5 Die strenge Beweislastverteilung zu Lasten des Absenders eines an das EPA gerichteten Schreibens ist, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin und entgegen der Beschwerdekammerentscheidung T 1200/01 (loc. cit.), nicht durch eine Abwägung nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Zugangs abgemildert. Ein solcher Prüfungsmaßstab würde zu einer erheblichen Belastung der Rechtssicherheit und zu einer Aufweichung der gebotenen Rechtsklarheit in förmlichen Verfahren wie denen des EPA führen. Denn der im Streitfalle auszulegende unbestimmte Rechtsbegriff der Wahrscheinlichkeit und die gerichtliche Abwägung, ob von einer größeren oder geringeren Wahrscheinlichkeit einer Zustellung auszugehen ist, würden zu einer vielfältigen Kasuistik mit bisweilen nicht auszuschließenden Widersprüchen führen, die dem Gebot eines transparenten und übersichtlichen Verfahrens entgegenstehen und deshalb im Interesse der am Verfahren beteiligten Dritten und der Öffentlichkeit zu vermeiden sind.
2.6 Folglich vermag eine hohe Wahrscheinlichkeit der Zustellung nicht als Kriterium bei der Entscheidung über den Zugang eines Schreibens zu dienen. Vielmehr muss der Absender den Zugang zur Überzeugung der Kammer beweisen. Einen solchen Beweis ist die Beschwerdeführerin schuldig geblieben.
2.7 Selbst wenn - entgegen der Auffassung der Kammer und ohne, dass dies letztlich entschieden werden müsste - ein hoher Wahrscheinlichkeitsgrad des Zugangs der Beschwerdeschrift ausreichte, bleiben Bedenken, ob von einer fristgerechten Beschwerde auszugehen ist. Denn der Vortrag der Beschwerdeführerin, die Beschwerdeschrift sei mit zwei weiteren Schriftstücken und einer als Empfangsbekenntnis gedachten Liste dieser drei Schriftstücke (Dokument D1) in einem Umschlag am 22. August 2011 dem UPS-Kurier übergeben und am folgenden Tage dem EPA zugestellt worden, räumte nicht insoweit bestehende Zweifel aus, um mit hoher Wahrscheinlichkeit einen rechtzeitigen Zugang der Beschwerdefrist annehmen können.
Die Kammer hält zwar den Vortrag des Vertreters der Beschwerdeführerin und die eidesstattlichen Erklärungen der Sekretärinnen (vgl. Dokument D6 und D7) für glaubwürdig, aber allein nicht für geeignet, eine hohe Wahrscheinlichkeit des Zugangs der Beschwerdeschrift zu begründen. Es mag sein, dass die Sekretärin die Beschwerdeschrift in den Umschlag gesteckt hat und - daraus folgend - das Poststück im Amt verloren gegangen ist. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen lassen aber auch andere nicht unwahrscheinliche Abläufe denkbar erscheinen wie zum Beispiel die Möglichkeit, dass aufgrund eines Versehens die Beschwerdeschrift nicht in den UPS-Umschlag gelangt ist. In Dokument D7 erklärt nämlich die mit der Versendung befasste Sekretärin: "Wie an allen anderen Tagen habe ich auch die Amtspost für das Europäische Patentamt vom 22. August 2011 entsprechend versandfertig gemacht ... Mir ist nicht bewusst, dass ich dabei irgendeine sich aus dem Übermittlungsbuch ergebende Eingabe versehentlich nicht in das an das EPA zu sendende Paket gegeben haben könnte." Diese Erklärung lässt durchaus auch die Annahme des Gegenteils als richtig zu. Denn mit der Aussage "Mir ist nicht bewusst" bleibt die tatsächliche Versendung in der Schwebe. Dies erscheint der Kammer auch erklärbar, denn bei Abgabe der Erklärung lag der fragliche Vorgang mehr als elf Wochen zurück. Nach der Lebenserfahrung kann von einer Mitarbeiterin, die täglich mehrere Poststücke abfertigt, nicht erwartet werden, dass sie sich im Detail an alle einzelnen Versendevorgänge erinnert.
Sodann enthalten weder die drei Schriftstücke noch D1 einen Hinweis an die Poststelle, ihren Empfang zu bestätigen. Außerdem räumt die Beschwerdeführerin selbst ein, dass das Dokument D1, welches die im UPS-Umschlag enthaltenen Schriftstücke auflistet, weder vom EPA abgestempelt noch an die Kanzlei ihres Vertreters zurückgeschickt worden ist. D1 taucht schließlich in keiner der elektronischen Akten auf, zu denen die drei Schriftstücke gehören, so dass der Zugang auch dieses Dokuments fraglich erscheint. Eine hohe Wahrscheinlichkeit als Beweismaßstab unterstellt, nährten all diese Umstände Zweifel an der tatsächlichen Zustellung der Beschwerdeschrift am 23. August 2011 in einem Maße, dass wohl kaum von einer hohen Wahrscheinlichkeit ihres Zugangs gesprochen werden könnte.
Nur nebenbei sei angemerkt, dass der von dem zuständigen Vertreter der Beschwerdeführerin erwartete Rücklauf des Dokuments D1 zum Zwecke eines Empfangsbekenntnisses offensichtlich nicht überwacht worden ist. Zwischen dem Eingang des Umschlags am 23. August 2011 und dem Tag des Ablaufs der Beschwerdefrist haben immerhin mehr als zwei Wochen gelegen.
3. Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist
Der Einsprechende ist von einer Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist nach Artikel 108 Satz 1 EPÜ ausgeschlossen, vgl. G 1/86 (loc. cit).
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist ist somit unzulässig.
4. Einlegung der Beschwerde
Da die Beschwerdeschrift nicht rechtzeitig eingegangen ist und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist nicht stattgegeben werden kann, gilt die Beschwerde als nicht eingelegt, Artikel 108 Satz 1 EPÜ.
Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist eine Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, wenn sie als nicht eingelegt gilt, siehe J 21/80 (ABl. EPA 1981, 101, Gründe 4).
5. Antrag auf Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr
Gemäß Regel 136 (1) Satz 2 EPÜ ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses (hier: 8. September 2011) schriftlich einzureichen. Der am 8. November 2011 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist unter Einzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr ist somit rechtzeitig gestellt worden.
In älteren Entscheidungen der Beschwerdekammern des EPA ist der Antrag einer beschwerdeführenden Einsprechenden auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Entscheidung G 1/86 (loc. cit) als "gegenstandslos" oder als "nicht rechtswirksam gestellt" betrachtet und die Wiedereinsetzungsgebühr zurückgezahlt worden, siehe zum Beispiel T 520/89 vom 19. Februar 1990 (Gründe 2 und 3) oder T 266/97 vom 22. Juni 1998 (Gründe 4).
In der jüngeren Entscheidung T 1026/06 vom 26. September 2007 führt die Kammer demgegenüber Folgendes aus (siehe Gründe 7):
"Die Wiedereinsetzungsgebühr kann nicht zurückerstattet werden. Die Rückerstattung einer Gebühr ist nur dann möglich, wenn die Gebühr ohne Rechtsgrund gezahlt wurde, oder wenn ein gesetzlicher Rückzahlungstatbestand vorliegt. Gemäß Artikel 122 (3) EPÜ gilt ein Wiedereinsetzungsantrag erst als gestellt, wenn die Wiedereinsetzungsgebühr entrichtet wurde. Die Gebühr ist somit erforderlich, um den Antrag wirksam zu machen. Die Gebühr wurde dementsprechend mit Rechtsgrund gezahlt und ein Rückerstattungstatbestand ist nicht vorhanden."
Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an und macht sie sich zu eigen. Der Antrag auf Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr war daher zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist wird als unzulässig verworfen.
2. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
4. Der Antrag auf Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr wird zurückgewiesen.