T 0978/05 15-07-2008
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Schokoladenanlage
Zulässigkeit des neuen Hauptantrags - ja
Zulässigkeit der spät eingereichten Dokumente - nein
Voraussetzungen Artikel 123(2) und (3) - erfüllt
Neuheit - ja
Erfinderische Tätigkeit - ja
I. Die Erteilung des Europäischen Patents Nr. 0 940 086 auf die Europäische Patentanmeldung Nr. 99102874.7, angemeldet am 3. März 1999 im Namen der Firma Bühler Bindler GmbH, mit Priorität von 6. März 1998 (DE 19809651), wurde am 25. September 2002 im Patentblatt 2002/39 bekannt gemacht.
Das Patent mit dem Titel "Schokoladenanlage" wurde mit sieben Ansprüchen erteilt. Der unabhängige Anspruch 1 lautete wie folgt:
"1. Antage (sic) zur Herstellung von Nahrungsmitteln, insbesondere Schokoladenanlage, mit mindestens zwei Abschnitten (1, 2, 3, 4, 5, 5 (sic), 6, 7, 8, 9, 10, 11), wobei in den Abschnitten die Nahrungsmittel vorzugsweise in Produktträgern bearbeitbar und/oder transportierbar sind, und wobei die Abschnitte (1, 2, 3, 4, 5, 5 (sic), 6, 7, 8, 9, 10, 11) zumindest teilweise mechanisch voneinander unabhängig sind, indem sie gegeneinander bewegbar, insbesondere verfahrbar sind, und wobei die Abschnitte unabhängig voneinander in Betrieb nehmbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass zur Übergabe der vorzugsweise im (sic) Produktträgern angeordneten Nahrungsmittel zwischen den mechanisch voneinander unabhängigen Abschnitten (1, 2, 3, 4, 5, 5 (sic), 6, 7, 8, 9, 10, 11) Transfereinrichtungen, z.B. Roboter oder pneumatische Umsetzvorrichtungen vorgesehen sind, die eine Übergabe der Nahrungsmittel zwischen benachbarten mechanisch voneinander unabhängigen Abschnitten und wahlweise eine Überbrückung ganzer Abschnitte ermöglichen."
Die Ansprüche 2 bis 7 waren direkt oder indirekt vom Anspruch 1 abhängig.
II. Gegen das Patent legte die Firma Aasted-Mikroverk ApS Einspruch ein und beantragte den vollständigen Widerruf des Patents aufgrund unzureichender Offenbarung (Artikel 83 EPÜ), fehlender Neuheit (Artikel 54 EPÜ) und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
Zur Stütze ihrer Argumentation zitierte die Einspre chende unter anderem folgendes Dokument:
D1: Werbeprospekt "Universalanlage Typ 275 Mini" vom Mai
1990 (Druckhinweis "05.90.500/5.000.")
III. Mit ihrer am 12. Mai 2005 mündlich verkündeten und am 2. Juni 2005 schriftlich begründeten Entscheidung wies die Einspruchsabteilung den Einspruch zurück.
Zur Begründung führte sie aus, dass Anspruch 1 Artikel 123(2) EPÜ nicht verletze, weil das Merkmal der wahlweisen Ermöglichung einer Überbrückung ganzer Abschnitte der ursprünglich eingereichten Anmeldung eindeutig zu entnehmen sei. Weiters erläutere die beispielhafte Angabe von Robotern und pneumatischen Umsetzvorrichtungen den Begriff "Transfereinrichtung" ausreichend, und der Fachmann sei in der Lage eine solche ohne erfinderisches Zutun den Gegebenheiten anzupassen, so dass auch die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt seien. Die Anlage gemäß Anspruch 1 sei auch neu gegenüber der gemäß D1, welche einen ein Förderband enthaltenden Kühlschrank offenbare, auf dem Formenträger durch den Kühlschrank transportiert und dabei sequentiell alle vorhandenen Anlagemodule angefahren werden, ohne aber dabei ganze Abschnitte zu überbrücken. Diese beanspruchte Anlage sei auch erfinderisch, weil weder dem Stand der Technik noch dem allgemeinen Fachwissen ein Hinweis auf den Einsatz einer erfindungsgemäßen Transfereinrichtung zu entnehmen sei.
IV. Am 1. August 2005 legte die Einsprechende (Beschwer deführerin) Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein. Die Beschwerdegebühr wurde am 29. Juli 2005 bezahlt. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der Entscheidung der Einspruchsabteilung und den Widerruf des Patents in vollem Umfang.
V. Die entsprechende Beschwerdebegründung ist am 12. Oktober 2005 eingegangen.
Folgende zusätzlichen Dokumente wurden im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingereicht:
D3: Katalog "Knobel, Confiseriemaschinen AG,
Switzerland" vom May 1990
D4: "An object-oriented and flexible material handling
system", Assembly Automation, Vol 15(3), 1995,
Seiten 15-20
Die Beschwerdeführerin hielt den Einwand unzulässiger Erweiterung nach Artikel 100(c) EPÜ ebenso aufrecht, wie die Einwände mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber D1; letzteres weil der Fachmann, der von D1 ausgeht und der sich mit der Problematik einer flexiblen Nahrungsmittelherstellung beschäftigt, die beanspruchte Lösung durch naheliegende Versuche ermitteln könne. Die Beschwerdeführerin argumentierte auch, dass die beanspruchte Anlage auch gegenüber einer Kombination von D3 mit D4 nahe liege.
VI. Mit Schreiben vom 13. Juni 2008 widersprach die Beschwerdegegnerin den Einwänden der Beschwerdeführerin und reichte einen neuen Anspruch 1 für einen Hauptantrag und 19 Hilfsanträge ein.
VII. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2008 reichte die Beschwerdegegnerin noch einmal einen neuen Hauptantrag ein. Anspruch 1 dieses Antrags lautet:
"1. Anlage zur Herstellung von Nahrungsmitteln, nämlich Schokoladenanlage, mit den einander folgenden Abschnitten Formenwechsel (1), Streckenausgleich (2), Formenanwärmer (3), Dosier- und Rüttelabschnitt (4), Hülsenbildungsabschnitt (5), Kühlabschnitt (6), Dosierabschnitt (7), Kühlabschnitt (8), Deckelabschnitt (9), Endkühlabschnitt (10) und Ausformungsabschnitt (11), wobei in den Abschnitten die Nahrungsmittel in Produktträgern bearbeitbar und/oder transportierbar sind, und wobei die Abschnitte (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11) zumindest teilweise mechanisch voneinander unabhängig sind, indem sie gegeneinander verfahrbar sind, und wobei die Abschnitte unabhängig voneinander in Betrieb nehmbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass zur Übergabe der in den Produktträgern angeordneten Nahrungsmittel zwischen den mechanisch voneinander unabhängigen Abschnitten (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11) Transfereinrichtungen, nämlich Roboter oder pneumatische Umsetzvorrichtungen, vorgesehen sind, die
- einer Übergabe der Nahrungsmittel zwischen benachbarten mechanisch voneinander unabhängigen Abschnitten dienen und
- wahlweise, je nach Anforderung, zur Herstellung nicht gefüllter Schokoladen auch eine Überbrückung ganzer Abschnitte ermöglichen, nämlich der Abschnittsfolge Hülsenbildungsabschnitt (5), Kühlabschnitt (6), Dosierabschnitt (7), Kühlabschnitt (8) und Deckelabschnitt (9)."
Ansprüche 2 bis 7 entsprachen den erteilten Ansprüchen 2 bis 7.
VIII. Die für diese Entscheidung wichtigen, schriftlich eingereichten und mündlich vorgetragenen Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammen fassen:
- Der neuer Hauptantrag solle nicht zugelassen werden, weil er sehr spät eingereicht worden sei, der Gegenstand des neuen Anspruchs 1 so nicht erwartet werden konnte, sowie kompliziert und schwer zu verstehen sei.
- Der Gegenstand des neuen Anspruchs 1 sei weder in diesem Wortlaut in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbart, insbesondere nicht hinsichtlich der jetzt beanspruchten Anordnung der Abschnitte und der Möglichkeit, dass die Transfereinrichtung "wahlweise, je nach Anforderung" ganze Abschnitte überbrückt, noch entspreche er der Gesamtheit der ursprünglich offenbarten Lehre.
- Der Gegenstand des neuen Anspruchs 1 sei zwar neu gegenüber der Lehre von D1, liege aber für den Fachmann, der von D1 ausgeht und nach einer alternativen Anlagengestaltung sucht, nahe.
- Das Merkmal der spezifischen Transfereinrichtung löse kein praktisch existierendes technisches Problem. Das Streben nach einer flexibleren Anlage gehöre zu den Routineaufgaben des Fachmannes und die beanspruchte Lösung, einschließlich der Verwendung von Robotern und der Überbrückungsmöglichkeit einzelner Prozessabschnitte, liege im allgemeinen Fachwissen des Fachmannes.
IX. Die für diese Entscheidung wichtigen, von der Beschwerdegegnerin schriftlich eingereichten und mündlich vorgetragenen Argumente können wie folgt zusammengefasst werden:
- Der neue Antrag solle zugelassen werden. Er sei zwar erst während der mündlichen Verhandlung eingereicht worden, jedoch ergebe sich sein Gegenstand ohne weiteres aus den ursprünglichen Unterlagen und überwinde alle Einwände der Kammer und der Einsprechenden, deren Tragweite der Patentinhaberin erst im Laufe der mündlichen Verhandlung klar geworden sei.
- Der neue Gegenstand sei auch leicht zu verstehen.
- Er übernehme Merkmale aus der Figur 1 und aus den Absätzen [0018] und [0020] der erteilten Patentschrift.
- Der neue Gegenstand erfülle auch die Erfordernisse des Artikels 123(2) und (3) EPÜ, weil er auf dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 aufbaue und die zusätzlichen, einschränkenden Merkmale nur Konkretisierungen seien, die entweder schon im erteilten Gegenstand zu finden seien (Roboter; pneumatische Umsetzvorrichtungen) oder aus der Figur 1 und der dazugehörigen Beschreibung übernommen seien.
- Der schon im erteilten Anspruch 1 verwendete Ausdruck "wahlweise" in Kombination mit dem danach eingefügten, aus der Beschreibung des Streitpatents (Spalte 3, Zeilen 6-7) übernommenen Ausdruck "je nach Anforderung" führe weder zu einer Unklarheit noch zu einer Bedeutungsänderung.
- Der Gegenstand des neuen Anspruchs 1 sei neu gegenüber der Offenbarung von D1. Unter anderem unterschieden sich die patentgemäßen Transfereinrichtungen von jenen gemäß D1, weil erstere nur die Transportfunktion ausübten und keine zusätzliche Kühlungsfunktion aufwiesen, wie sie gemäß D1 obligat sei. Demgegenüber umfasse die patentgemäße Anlage separate Kühlungsabschnitte und ermögliche auch dadurch eine Überbrückung ganzer Abschnitte.
- Die in D1 offenbarte Transportband-Transfereinrichtung erlaube keine konfigurative Flexibilität, weil die Positionen der einzelnen Behandlungsabschnitte, auch wegen des notwendigen Anschlusses an das mit der Kühlungsfunktion verbundene Transportband, festgelegt seien.
- Diese patentgemäßen Transfereinrichtungen lösten die technische Aufgabe einer angestrebten höheren Flexibilität der Anlage mit der Konsequenz einer größeren Variabilität in der Herstellung von Schokoladeprodukten.
X. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0940086.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufrechterhaltung des europäischen Patents auf der Basis des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrags.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulassung des neuen Hauptantrags
Der neue Hauptantrag wurde im Laufe der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereicht. Nach Art. 13 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern steht es im Ermessen der Kammer Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung der Beschwerdeerwiderung zuzulassen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt. Der Antrag wurde zu einem äußerst späten Zeitpunkt, nämlich im Laufe der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereicht. In einem solchen Fall kann ein geändertes Vorbringen nur dann zugelassen werden, wenn dessen Komplexität dem nicht entgegensteht und die Zulassung verfahrensökonomisch ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn ohne weiteres erkennbar ist, wie durch die Änderungen die geäußerten Bedenken an der Patentierbarkeit des beanspruchten Gegenstands ausgeräumt werden sollen.
Dies ist hier der Fall, weil der in Reaktion auf erstmals während der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwände der Einsprechenden, bzw. der Kammer vorgelegte Antrag:
- eine weitere Präzisierung des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 darstellt, die zu keiner Änderung der bisherigen Fakten- und Argumentationslage führt,
- die angebrachten Änderungen in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen in der einzigen Zeichnung offenbart und leicht verständlich sind, und
- er prima facie den erhobenen Einwänden auch Rechnung trägt (Regel 80 EPÜ).
3. Zulassung der spät eingereichten Dokumente
Die spät eingereichten Dokumente D3 und D4 wurden nicht in das Verfahren zugelassen, weil sie - wie auch von der Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung konzediert - dem beanspruchten Gegenstand nicht näher liegen als das rechtzeitig eingereichte Dokument D1.
4. Offenbarung des beanspruchten Gegenstandes in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und Schutzumfang (Artikel 123(2) und (3) EPÜ)
Der Gegenstand des neuen Hauptantrags beruht auf einer Kombination der Merkmale der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 bis 3 und 5, mit folgenden weiteren Merkmalen aus der ursprünglich eingereichten Beschreibung:
- Einschränkung der Transfereinrichtung auf die als bevorzugte Ausführungsmöglichkeiten offenbarten Roboter und pneumatische Umsetzvorrichtungen: Seite 3, Zeilen 21-32,
- Offenbarung der spezifischen Konfiguration der Anlage inklusive der Überbrückungsmöglichkeit: Figur 1 und entsprechende Beschreibung auf Seite 5, Zeile 19 bis Seite 6, Zeile 27.
Die Kammer kann sich der Kritik der Einsprechenden bezüglich der Offenbarung des Ausdrucks "wahlweise, je nach Anforderung" in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht anschließen. Dieser Ausdruck findet hinsichtlich der Wortfolge "je nach Anforderung" seine Deckung wortwörtlich in der Anmeldungsbeschreibung
(Seite 3, Zeilen 31-32). Der vorangestellte Begriff "wahlweise", der sich im erteilten Anspruch 1 befindet, betrifft dieselbe Verfahrensoption nur aus einem anderen Blickwinkel ("Wahl" als Folge der "Anforderung").
Anspruch 1 genügt demnach den Voraussetzungen des Artikels 123(2) EPÜ. Da sein Schutzumfang erheblich kleiner ist als der gemäß der erteilten Fassung, gilt dies auch für Artikel 123(3) EPÜ.
5. Neuheit
Die beanspruchte Schokoladenanlage ist neu gegenüber der im Dokument D1 offenbarten. Dies wurde von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung auch nicht bestritten.
D1 offenbart eine Giessanlage für die Herstellung von massiven und kremgefüllten Schokoladenartikeln. Es handelt sich um eine relativ kleine, flexible Kompaktanlage, welche fünf Behandlungs-Module umfasst, ein Schalen-, ein Zenter-, ein Boden-, ein Kühl- und ein Ausklopfmodul, wobei Schalen-, Zenter-, Boden- und Ausklopfmodul an das Kühlmodul angedockt sind, in dem ein Transportband zur Verbindung der Module angebracht ist.
Die beanspruchte Anlage unterscheidet sich von der in D1 offenbarten mindestens dadurch, dass sie als Transfereinrichtungen Roboter oder pneumatische Umsetzvorrichtungen verwendet, die keine Zusatzfunktion, insbesondere keine Kühlfunktion aufweisen, und die neben der Übergabe der Schokolade bzw. der Formen oder Formträger zwischen benachbarten Behandlungs-Abschnitten auch dazu dienen, die Überbrückung eines ganzen Abschnitts zu ermöglichen.
6. Erfinderische Tätigkeit
In Übereinstimmung mit den Parteien hält die Kammer D1 für den nächstliegenden vorliegenden Stand der Technik.
Wie schon oben ausgeführt, besteht der wesentliche Unterschied der beanspruchten Anlage zu der gemäß D1 in den Transfereinrichtungen (Roboter, pneumatische Umsetzvorrichtungen).
Die gemäß der Patentschrift (Spalte 2, Zeilen 16-21, 34-45) zu lösende technische Aufgabe besteht in der Bereitstellung einer flexiblen Schokoladeherstellungsanlage, welche in kürzester Zeit umkonfiguriert werden kann und die Produktion auch kleiner Chargen verschiedener Schokoladeprodukte ermöglicht.
Die Beschreibung des Streitpatents (Absätze [0018] bis [0021]) illustriert, dass die gestellte technische Aufgabe durch die beanspruchte Anlage gelöst wird. Obwohl, wie die Einsprechende richtig bemerkt hat, in Figur 1 und der entsprechenden Beschreibung (insbesondere Paragraph [0019]) Roboter und/oder pneumatische Umsetzvorrichtungen nicht explizit benannt sind, stellt es für den Fachmann kein Problem dar, eine dieser einzig illustrierten, an sich bekannten Transfermöglichkeiten an den definierten Positionen in den Verfahrensablauf zu integrieren. Artikel 83 EPÜ ist somit erfüllt. Ein diesbezüglicher Einwand wurde von der Beschwerdeführerin gegen den geltenden Anspruch 1 auch nicht erhoben.
Zur Frage des Naheliegens folgt die Kammer der Argumentation der Patentinhaberin, dass der Fachmann, der von D1 ausgeht und eine Anlage konstruieren will, die eine höhere Flexibilität aufweist als die in D1 offenbarte, im vorliegenden Stand der Technik keinen Hinweis findet, die aus D1 bekannte Anlage in der Weise zu modifizieren, dass er zu der beanspruchten kommt. Dies gelingt nach Überzeugung der Kammer nicht durch bloßes Ersetzen der fest angeordneten Transporteinrichtung (Kühlschrank mit Transportband in D1) durch flexible Roboter und/oder pneumatische Umsetzvorrichtungen, sondern erfordert eine völlige Umgestaltung der an das stationäre Transportband angedockten Behandlungsmodule zu einer Reihe von auf einander folgenden autonomen Behandlungsabschnitten, die unabhängig von einer - wie in D1 offenbarten - "zentralen" Kühl- und Transporteinrichtung und somit konfigurativ variabler sind. Dies ist weder durch D1, noch durch den weiteren Stand der Technik - das allgemeine Fachwissen eingeschlossen - nahegelegt. Die Argumentation der Einsprechenden, dass es sich bei der beanspruchten Schokoladeherstellungsanlage um eine naheliegende Alternative handelt, muss von der Kammer somit als unzulässige ex post facto Schlussfolgerung angesehen werden.
Folglich beruht der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dasselbe trifft auch auf die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 7 zu, die jeweils eine bevorzugte Ausführungsform des Gegenstandes von Anspruch 1 betreffen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Auflage, das europäische Patent aufrecht zu erhalten mit
- dem Anspruch 1 des Hauptantrags vom 15. Juli 2008,
- den Ansprüchen 2 bis 7 und der Zeichnung Figur 1 wie erteilt,
- sowie einer noch anzupassenden Beschreibung.