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T 1456/07 (Verfahren zur Bereitstellung von Informationen über ein Produkt) 24-03-2009
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Verfahren zur Bereitstellung von Informationen über ein Produkt
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) richtete ihre am 10. Juli 2007 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr eingelegte Beschwerde gegen die am 2. Juli 2007 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Anmeldung wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973) zurückzuweisen. Die Beschwerdebegründung wurde am 17. Juli 2007 eingereicht.
II. Die Beschwerdeführerin wurde auf ihren Antrag hin am 30. Oktober 2008 zu einer mündlichen Verhandlung geladen. In einer Anlage zur Ladung gemäß Artikel 15 (1) VOBK wies die Kammer darauf hin, dass sich für die damals vorliegenden Anträge neben der Frage der erfinderischen Tätigkeit auch Fragen der fehlenden Klarheit des Anspruchswortlauts (Artikel 84 EPÜ 1973) sowie der Einheitlichkeit der Erfindung (Artikel 82 EPÜ 1973) stellten. Zum Stand der Technik bezog sich die Kammer auf die Dokumente:
D2 : EP-A-1 191 448; und
D6 : WO-A-99/17230.
III. Die Beschwerdeführerin reagierte mit Eingaben vom 15. Januar 2009 und 2. März 2009, wobei sie einen neuen Hauptantrag und zwei Hilfsanträge vorlegte.
IV. Die mündliche Verhandlung fand am 24. März 2009 statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patentes auf der Grundlage eines Satzes von Ansprüchen 1 bis 14 gemäß Hauptantrag, eines Satzes von Ansprüchen 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag 1, oder eines Satzes von Ansprüchen 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 2, jeweils wie eingereicht mit Schreiben vom 2. März 2009.
V. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"1. Verfahren, um Information über ein Produkt (1) zu erhalten, mit folgenden Schritten:
(a) das Produkt (1) wird mit mehreren Codes (100, 101) markiert, die in einem oder mehreren RFID-Tags (11) abgelegt sind,
(b) eine Vielzahl von Codes (100, 101) werden kontaktlos mit einem RFID-Lesegerät (2) gelesen,
(c) das benannte Lesegerät (2) sendet einen oder mehrere gelesene Codes über ein Telekommunikationsnetz (4) an einen Namen-Dienstserver (6),
(d) der benannte Namen-Dienstserver (6) antwortet mit der Adresse einer oder mehrerer Hypertext-Seiten,
(e) es wird anhand der benannten Hypertext-Seiten auf die gewünschte Information (7) zugegriffen, wobei
(f) das RFID-Lesegerät (2) eine Untermenge von allen gelesenen Codes (100, 101) automatisch auswählt, und aus den ausgewählten Codes das benannte Set erstellt, das über das Telekommunikationsnetz (4) an den Namensdienstserver (6) gesendet wird."
Die Ansprüche 2 bis 14 sind Unteransprüche.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:
"1. Verfahren, um Information über ein Produkt (1) zu erhalten, mit folgenden Schritten:
(a) das Produkt (1) wird mit mehreren Codes (100, 101) markiert, die in einem oder mehreren RFID-Tags (11) abgelegt sind,
(b) eine Vielzahl von Codes (100, 101) werden kontaktlos mit einem RFID-Lesegerät (2) gelesen, in welchem die Suche des RFID-Lesegeräts auf einen bestimmten Nummernbereich der Codes eingeschränkt wird,
(c) das benannte Lesegerät (2) sendet einen oder mehrere gelesene Codes über ein Telekommunikationsnetz (4) an einen Namen-Dienstserver (6),
(d) der benannte Namen-Dienstserver (6) antwortet mit der Adresse einer oder mehrerer Hypertext-Seiten,
(e) es wird anhand der benannten Hypertext-Seiten auf die gewünschte Information (7) zugegriffen, wobei
(f) das RFID-Lesegerät (2) eine Untermenge von allen gelesenen Codes (100, 101) auswählt, und aus den ausgewählten Codes ein Set erstellt, das über das Telekommunikationsnetz (4) an den Namensdienstserver (6) gesendet wird, wobei ein Profil des Benutzers dem benannten Lesegerät (2) zugänglich ist, und in welchem die Auswahl des oder der benannten Codes (100, 101) vom benannten Profil abhängig sind."
Die Ansprüche 2 bis 13 sind Unteransprüche.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:
"1. Verfahren, um Information über ein Produkt (1) zu erhalten, mit folgenden Schritten:
(a) das Produkt (1) wird mit mehreren Codes (100, 101) markiert, die in einem oder mehreren RFID-Tags (11) abgelegt sind,
(b) eine Vielzahl von Codes (100, 101) werden kontaktlos mit einem RFID-Lesegerät (2) gelesen, in welchem die Suche des RFID-Lesegeräts auf einen bestimmten Nummernbereich der Codes eingeschränkt wird,
(c) das benannte Lesegerät (2) sendet einen oder mehrere gelesene Codes über ein Telekommunikationsnetz (4) an einen Namen-Dienstserver (6),
(d) der benannte Namen-Dienstserver (6) antwortet mit der Adresse einer oder mehrerer Hypertext-Seiten,
(e) es wird anhand der benannten Hypertext-Seiten auf die gewünschte Information (7) zugegriffen, wobei
(f) das RFID-Lesegerät (2) eine Untermenge von allen gelesenen Codes (100, 101) auswählt, und aus den ausgewählten Codes ein Set erstellt, das über das Telekommunikationsnetz (4) an den Namensdienstserver (6) gesendet wird, in welchem ein Passwort verlangt wird, um auf die Information, die mit mindestens gewissen Codes verbunden ist, zuzugreifen, und in welchem das benannte Passwort, das für unterschiedliche Codes verlangt wird, unterschiedlich ist."
Die Ansprüche 2 bis 14 sind Unteransprüche.
VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:
Von den genannten Dokumenten des Standes der Technik sei für die vorliegende Erfindung eigentlich nur Dokument D2 relevant, da nur dieses Dokument sich tatsächlich mit dem Auslesen von Codes aus einem RFID-Tag befasse, während sich Dokument D6 konkret nur mit dem Lesen eines jeweils einzigen Barcodes beschäftige und lediglich beiläufig auf die Möglichkeit der Verwendung eines RFID-Tags verweise. Beim Erfassen eines einzelnen Barcodes stelle sich jedoch gar nicht das Problem einer Auswahl, wie es auftrete, wenn ein Produkt mit mehreren, in einem RFID-Tag abgelegten Codes markiert ist, und wie es die vorliegende Erfindung löse. So lasse Dokument D6 den Fachmann im Unklaren, wie eine sinnvolle Informationsgewinnung etwa dann auszugestalten sei, wenn ein Lesegerät 50 oder gar 100 Codes von einem RFID-Tag erfasse. Verwirkliche der Fachmann andererseits den in Dokument D6 pauschal gegebenen Hinweis, ein Produkt mit mehreren Barcodes zu markieren, werde dennoch vom Lesegerät nur ein einziger Code aufgenommen und bliebe das Problem des versehentlichen Lesens eines falschen Barcodes ungelöst.
Demgegenüber beziehe sich Dokument D2 zwar auf das Auslesen eines Codes aus einem RFID-Tag, doch lehre dieses Dokument nicht, auf einem Tag mehrere ein Produkt markierende Codes abzulegen, und beschäftige sich demzufolge nicht mit der Aufgabe, eine Auswahl aus solchen Codes zu treffen. Eine Auswahl von Codes erfolge gemäß Dokument D2 allenfalls dann, wenn ein Lesegerät zufällig die Codes mehrerer Tags erfasst habe, und erfordere dann die Intervention eines Benutzers. Eine derartige Intervention berge wiederum die Gefahr eines Irrtums bzw. eines Versehens bei der Wahl der eigentlich gewünschten Information.
Somit lehre keines der Dokumente des nachgewiesenen Standes der Technik ein Verfahren zur Informationsgewinnung über ein Produkt, bei dem ein intelligentes Lesegerät eine automatische Auswahl einer Untermenge der aus einem RFID-Tag ausgelesenen Codes trifft. Im Gegensatz zum Stand der Technik eröffne das erfindungsgemäße Verfahren gemäß dem vorliegenden Hauptantrag die Möglichkeit, dass unterschiedliche Benutzer, oder ein gleicher Benutzer bei unterschiedlichen Bedingungen, auf unterschiedliche Informationen zugreifen können.
Was die Hilfsanträge 1 und 2 anbetreffe, so gebe keines der Dokumente D2 und D6 einen Hinweis darauf, die Suche des Lesegeräts nach Codes auf einen bestimmten Nummernbereich der Codes einzuschränken.
Auch gäben diese Dokumente dem Fachmann keine Anregung, die Auswahl von Codes abhängig von einem dem Lesegerät zugänglichen Benutzerprofil zu gestalten, wie dies mit dem Hilfsantrag 1 beansprucht sei. Zwar treffe es zu, dass Dokument D6 die Möglichkeit vorsehe, die Auswahl einer gewünschten Information mit einem Benutzerprofil zu koppeln. Dies stelle jedoch einen gänzlich anderen Vorgang dar, da dort das Benutzerprofil zusammen mit einem einzelnen gelesenen Barcode an einen Server übermittelt werde und Letzterer anhand des Profils eine Auswahl treffe, welche Information dem Benutzer zur Verfügung gestellt werde.
Schließlich lehrten weder D2 noch D6 ein Verfahren, bei denen für unterschiedliche Codes jeweils ein unterschiedliches Passwort verlangt werde, wie dies Gegenstand des Hilfsantrags 2 sei.
1. Im Folgenden wird auf die Erfordernisse des am 13. Dezember 2007 in Kraft getretenen EPÜ 2000 Bezug genommen, es sei denn, die früheren Vorschriften des EPÜ 1973 gelten weiter für vor diesem Stichtag eingereichte Anmeldungen.
2. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ 1973 und ist damit zulässig.
3. Hauptantrag erfinderische Tätigkeit
3.1 Dokument D6 befasst sich mit einem Verfahren zur Gewinnung von Informationen über Produkte, welche mit Codes markiert sind (vgl. die Figur 1 mit zugehöriger Beschreibung). Da sich das bekannte Verfahren derselben technischen Mittel bedient wie das mit dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag beanspruchte Verfahren, nämlich eines Lesegeräts für die Codes sowie eines Servers, an den über ein Telekommunikationsnetz vom Lesegerät gelesene Codes gesendet werden und der mit Adressen von Internetseiten antwortet, anhand derer auf gewünschte Informationen zugegriffen wird, teilt die Kammer die Auffassung der Prüfungsabteilung, dass das Dokument D6 einen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz darstellt.
Bei dem aus D6 bekannten Verfahren kann, in Übereinstimmung mit Merkmal (a) des vorliegenden Anspruchs 1, das Produkt mit mehreren Codes ("identifiers") markiert sein (D6: Seite 11, Zeilen 10-15; Seite 13, Zeilen 10-15; Seite 22, Zeilen 3-24), die in einem oder mehreren RFID-Tags abgelegt sein können (D6: Anspruch 7; Seite 5, Zeile 30 - Seite 6, Zeile 4; Seite 11, Zeilen 26-30). Dabei werden die Codes, in Übereinstimmung mit Merkmal (b) des Anspruchs 1, kontaktlos mit einem RFID-Lesegerät gelesen (D6: Anspruch 7; Seite 5, Zeilen 30-37; Seite 11, Zeilen 26-30). Entsprechend den Merkmalen (c), (d) und (e) des vorliegenden Anspruchs 1 sendet das Lesegerät bei dem bekannten Verfahren gelesene Codes über ein Telekommunikationsnetz 10 an einen Server 3 ("request message receiver"), der mittels in einer ihm zugeordneten Datenbank 6 gespeicherten Adressen die Anfrage an eine dem jeweiligen Code entsprechende Datenbank 4 weiterleitet, in der auf die gewünschte Information zugegriffen wird (D6: Figur 1; Seite 5, Zeilen 3-7; Seite 7, Zeilen 30-33; Seite 9, Zeilen 12-19; Seite 10, Zeile 24 - Seite 11, Zeile 9; Seite 15, Zeile 28 - Seite 16, Zeile 5; Seite 18, Zeile 7-16; Seite 22, Zeilen 3-24). Auch wenn der Server 3 nicht als "Namen-Dienstserver" bezeichnet ist, entspricht seine in D6 beschriebene Funktionsweise (Seite 10, Zeile 24 - Seite 11, Zeile 9; und Seite 15, Zeile 28 - Seite 16, Zeile 5), bei der etwa auf Internetadressen zugegriffen wird, derjenigen eines Namen-Dienstservers. Dass hierbei die Adressen zu Hypertext-Seiten führen, erachtet die Kammer als implizit in der Angabe "IP-address (an Internet Protocol address)" (D6: Seite 11, Zeilen 1 und 2) und im Übrigen als Standardpraxis der Navigation im Internet (hyper text transfer protocol "http") am Anmeldetag der vorliegenden Anmeldung.
Was schließlich das Merkmal (f) des Anspruchs 1 anbetrifft, so erwähnt Dokument D6 konkrete Bedürfnisse, wie z.B. den Wunsch nach einer Kontrolle des Umfangs der einem Benutzer zugesandten Information oder den Wunsch, Informationen kundenspezifisch zugeschnitten bereitzustellen (Seite 3, Zeilen 22-24 und 33-36; Seite 8, Zeilen 28 bis 37; Seite 9, Zeilen 16-19; Seite 13, Zeilen 10-15), und Umstände, wie die Markierung einzelner Artikel einer Zeitschrift (Seite 19, Zeilen 23-27), die bei einer Verwendung von RFID-Tags einen Bedarf nach einer Auswahl der über ein Objekt verfügbaren Information nahelegen, wenn nicht sogar implizieren. Allerdings erfolgt bei dem in Dokument D6 gezeigten konkreten Ausführungsbeispiel, das sich auf den Fall einer Markierung des Produkts durch Barcodes beschränkt, die Auswahl der zur Verfügung gestellten Information im Server und nicht durch eine Auswahl gelesener Codes im Lesegerät.
Damit unterscheidet sich das Verfahren gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 des Hauptantrags von dem aus Dokument D6 bekannten Verfahren dadurch, dass das RFID-Lesegerät eine Untermenge aller gelesener Codes auswählt, und dass diese Auswahl automatisch erfolgt. Durch diese Maßnahmen ergibt sich eine Verlagerung der für die Informationsauswahl erforderlichen Intelligenz von dem zentralen Server auf das periphere Lesegerät.
3.2 Die mit den identifizierten Unterschieden verbundene objektive technische Aufgabe ist nach Auffassung der Kammer demnach darin zu sehen, ein flexibleres, an wechselnde Anforderungen leichter anpassbares Verfahren zur Gewinnung von Produktinformationen bereitzustellen.
Demgegenüber ist in dem von der Beschwerdeführerin angeführten, im Absatz [0012] der veröffentlichten Anmeldung genannten Ziel, es unterschiedlichen Benutzern, oder einem gleichen Benutzer bei unterschiedlichen Bedingungen, zu ermöglichen, auf unterschiedliche Informationen zugreifen zu können, eher eine nicht-technische Vorgabe als die tatsächliche technische Aufgabe zu sehen, die im Übrigen von D6 schon gelöst wird (Seite 19, Zeilen 6 bis 11).
3.3 Was nun die vorstehend definierte Aufgabe und deren Lösung anbetrifft, so ist es aus Dokument D2 (vgl. den Anspruch 34 und die Figuren 1, 2 und 13 mit der zugehörigen Beschreibung und dabei insbesondere die Absätze [0030], [0039], [0040] und [0042]) bekannt, in Verbindung mit einem Verfahren zum Gewinnen von Produktinformationen mittels auf RFID-Tags abgelegter, das Produkt markierender Codes eine Auswahl einer gewünschten Produktinformation dadurch zu treffen, dass in einem RFID-Lesegerät eine Auswahl desjenigen Codes erfolgt, der die eigentlich gewünschte Produktinformation betrifft. Das bekannte Verfahren erlaubt es damit einem Benutzer des RFID-Lesegeräts, aus einer am Lesegerät dargestellten Liste der erfassten Codes mehrerer Informationsangebote durch Knopfdruck denjenigen Code mit der gewünschten Information auszuwählen (D2: Figur 3; Absatz [0030]) oder auf diese Weise andere, vom Lesegerät nur zufällig mitgelesene Codes zu unterdrücken (D2: Absätze [0039], [0040] und [0042]).
Damit zählen die Idee, eine Auswahl der gewünschten Information durch eine Code-Auswahl bereits auf der Ebene eines peripheren RFID-Lesegeräts zu treffen, und das Wissen um die damit verbundene Flexibilität des Zugriffs auf gewünschte Informationen zu dem dem Fachmann auf dem einschlägigen Fachgebiet zugänglichen Wissensstand, so dass eine Verwirklichung dieser aus Dokument D2 bekannten Maßnahme in dem aus dem Dokument D6 bekannten Verfahren keine erfinderische Leistung erfordert. Diese Schlussfolgerung gilt umso mehr, als sich der in Dokument D2 beschriebene Umstand, wonach ein RFID-Lesegerät alle in seinem näheren räumlichen Umfeld befindlichen RFID-Tags ausliest, auf dieselbe Situation bezieht, wie sie sich bei Verwendung der RFID-Technologie für die in Dokument D6 konkret erwähnte Informationsabfrage eines Zeitschriftenartikels zwangsläufig ergibt, sobald in der Zeitschrift noch weitere Artikel codiert sind.
3.4 Die darüber hinaus beanspruchte Maßnahme, den Auswahlvorgang nicht durch einen Benutzer vorzunehmen, sondern durch das Lesegerät automatisch durchzuführen zu lassen, beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, und zwar schon deswegen, weil die Automatisierung manueller Aktivitäten in ihrer vorliegend beanspruchten Allgemeinheit eine für einen Fachmann allgemein übliche Vorgehensweise darstellt.
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass Anwendungen, die sich für das durch die Dokumente D6 und D2 nahegelegte Verfahren anbieten, Auswahlkriterien mit sich bringen können, die eine Automatisierung unmittelbar wünschenswert erscheinen lassen oder sogar erzwingen.
Dies ergibt sich explizit aus Dokument D6, bei dem die über das anfragende Lesegerät ausgegebene Information automatisch aufgrund des individuellen Profils des Benutzers des Lesegeräts ausgewählt wird (Seite 19, Zeilen 6 bis 18). Zwar erfolgt hier die automatische Auswahl zentral in einer Server-Datenbank, doch lehrt Dokument D2, wie bereits ausgeführt, dass der entsprechende Auswahlvorgang auch peripher durch die Auswahl entsprechender, aus RFID-Tags ausgelesener Codes im Lesegerät selbst vorgenommen werden kann, was aufgabengemäß eine flexiblere, an wechselnde Anforderungen anpassbare Gewinnung von Produktinformation erlaubt (siehe Punkt 3.3). Dass der Fachmann bei einer so motivierten Verlagerung der Auswahl der gewünschten Produktinformation auf die Ebene des Lesegeräts den aus D6 bekannten Vorteil der automatischen Auswahl nicht aufgibt, liegt aus den bereits genannten Gründen nahe und bietet dem Fachmann in der Realisierung keine technischen Schwierigkeiten, wovon auch die Anmeldung ausgeht.
Auch lässt sich auf den in Dokument D2 angesprochenen Fall verweisen, bei dem das Lesegerät eines Benutzers gleichzeitig mehrere RFID-Codes verschiedener Produktwerbungen empfängt und in einer Liste darstellt (D2: Absatz [0039]). Zwar beschreibt D2 eine manuelle Auswahl gewünschter Codes durch den Benutzer, doch lassen sich ohne weiteres Umstände vorstellen, die eine automatische Auswahl wünschenswert erscheinen lassen, etwa um einem Benutzer die Möglichkeit zu eröffnen, mittels einer wählbaren Voreinstellung Werbungen für Produkte auszublenden, an denen er grundsätzlich nicht interessiert ist.
3.5 Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente können die Kammer nicht überzeugen.
Wenn die Beschwerdeführerin argumentiert, dass bei dem aus Dokument D6 bekannten Verfahren von einem Lesegerät jeweils nur ein einziger Barcode gelesen werde, so dass sich die Frage einer Auswahl aus einer Vielzahl gelesener Codes gar nicht stelle und darüber hinaus nicht ersichtlich sei, wie bei einer Anwendung der RFID-Technik überhaupt mit einer Vielzahl von Codes umgegangen werden könne, so verengt sie in unzulässiger Weise die mit diesem Dokument gegebene technische Lehre. Zwar trifft es zu, dass das in Dokument D6 beschriebene spezielle Ausführungsbeispiel das Verfahren der Gewinnung codierter Produktinformationen anhand des Lesens und der Übertragung eines einzigen Barcodes erläutert, doch erschöpft sich die Lehre des Dokuments nicht in diesem Ausführungsbeispiel. Wie bereits vorstehend unter Punkt 3.1 dargelegt, verweist Dokument D6 auf die Möglichkeit, anstelle eines Barcodes ein Produkt mit einem RFID-Tag zu versehen (D6: Anspruch 7; Seite 5, Zeile 30 - Seite 6, Zeile 4; Seite 11, Zeilen 26-30), als auch - und zwar unabhängig von der für die Markierung gewählten Technologie - auf die Möglichkeit, ein Produkt mit mehreren Codes zu markieren (D6: Seite 11, Zeilen 10-15; Seite 13, Zeilen 10-15). Der zuständige Durchschnittsfachmann, der im vorliegenden Fall mit der RFID-Technologie vertraut sein muss, da er sonst den Gegenstand der vorliegenden Anmeldung gar nicht ausführen könnte, ist ohne weiteres in der Lage, die in Dokument D6 allgemein gegebenen Anregungen in RFID-Technik umzusetzen. Bei dieser Umsetzung ist es für ihn eine Selbstverständlichkeit, sich die mit der RFID-Technologie verbundenen Vorteile zu Nutze zu machen.
Der von der Beschwerdeführerin gegenüber Dokument D2 erhobene Einwand, das daraus bekannte Verfahren kenne nur die Möglichkeit einer Markierung eines Produkts mit einem einzigen Code und demzufolge nur die Verwendung von RFID-Tags, in denen jeweils nur ein einziger Code abgelegt sei, übergeht zum einen die in Absatz [0030] von D2 enthaltene Erwähnung einer mit mehreren Codes markierten Plakatanzeige und übergeht im Übrigen den Umstand, dass vom Wortlaut des Merkmals (a) des vorliegenden Anspruchs 1 auch der Fall umfasst ist, dass jeweils ein Code in einem RFID-Tag abgelegt ist.
Es trifft zu, dass eine automatische Auswahl einer Untermenge von aus RFID-Tags ausgelesenen Codes aus keinem der Dokumente D2 und D6 bekannt ist. Allerdings vermag die Kammer hierin aus den vorstehend unter Punkt 3.4 angegebenen Überlegungen im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin keine die erfinderische Tätigkeit begründende Maßnahme zu erkennen.
3.6 Aus den vorstehend dargelegten Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973.
Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.
4. Hilfsantrag 1 erfinderische Tätigkeit
4.1 In seinem Inhalt unterscheidet sich der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 von demjenigen des Hauptantrags durch eine Ergänzung im Merkmal (b), wonach die Suche des RFID-Lesegeräts auf einen bestimmten Nummernbereich der Codes eingeschränkt wird, und dadurch, dass in Merkmal (f) die Forderung nach einer automatischen Auswahl durch das Lesegerät durch die Maßnahme ersetzt ist, dass die Auswahl der Codes von einem dem Lesegeräts zugänglichen Profil des Benutzers abhängig ist.
4.2 Die Ergänzung im Merkmal (b) des jeweiligen Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 und 2 lässt sich dahingehend verstehen, dass die Codes individuell nummeriert und je nach Bedeutung der dahinterstehenden Informationen in Bereichen organisiert sind. Ein derartiges Organisationsschema ist durch den kognitiven Inhalt der kodierten Informationen bestimmt, so dass diesem Aspekt der Ergänzung des Merkmals (b) für sich genommen kein technischer Charakter zukommt und er daher keinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit leisten kann (T 0931/95; ABl. 2001, 441; T 0641/00, ABl. 2003, 352). Der verbleibende Aspekt der genannten Ergänzung, nämlich die beanspruchte Maßnahme, die Codeauswahl auf einen bestimmten Nummernbereich und damit auf bestimmte Informationsinhalte zu beschränken, stellt sich dem Fachmann als notwendige Konsequenz von in bestimmten Anwendungsfällen zu beachtenden Vorgaben für einen Informationszugriff dar und ist eine naheliegende technische Umsetzung des zugrundeliegenden Organisationsschemas.
4.3 Die mit Merkmal (f) nunmehr beanspruchte Codeauswahl in Abhängigkeit von einem dem Lesegerät zugänglichen Benutzerprofil ist, wie schon die beanspruchte automatische Auswahl gemäß dem Hauptantrag, als ein unmittelbarer Ausfluss einer an sich nicht-technischen Vorgabe anzusehen und kann schon deshalb nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beitragen.
Davon abgesehen ist der Wunsch nach einer Personalisierung der Informationssuche bereits aus Dokument D6 bekannt (siehe die wiederholten Bezugnahmen auf die Berücksichtigung eines Benutzerprofils auf Seite 3, Zeilen 33-36; Seite 8, Zeilen 24-37; Seite 17, Zeilen 29-31; Seite 19, Zeilen 6-11). Die Beschwerdeführerin weist zwar zutreffend daraufhin, dass die Berücksichtigung des Benutzerprofils bei dem aus Dokument D6 bekannten Verfahren nicht im Lesegerät sondern im zentralen Server stattfindet, doch lässt dieser Einwand, wie bereits ausgeführt, das Wissen des Fachmanns um die Lehre des Dokuments D2 außer Betracht, derzufolge eine Codeauswahl bei in RFID-Tags abgelegten Codes zweckmäßigerweise im Lesegerät erfolgt.
4.4 Aus den vorstehenden Gründen beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973.
Der Hilfsantrag 1 ist daher nicht gewährbar.
5. Hilfsantrag 2 erfinderische Tätigkeit
5.1 Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von demjenigen des Hilfsantrags 1 dadurch, dass in Merkmal (f) die Maßnahme einer Codeauswahl entsprechend einem Benutzerprofil durch die Maßnahme ersetzt ist, den Zugang zu gewissen Codes jeweils durch die Eingabe eines Passworts zu regeln, das für unterschiedliche Codes unterschiedlich ist.
5.2 Ganz abgesehen davon, dass die Regelung des Zugangs zu sensiblen Informationen mittels Passwörtern allgemein übliche Praxis ist, resultiert auch diese Maßnahme aus einer nicht-technischen Vorgabe und kann schon deshalb nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beitragen, zumal sich ihre eigentliche technische Umsetzung wie beansprucht in der Angabe erschöpft, dass die Vorgabe, Passwörter zu verlangen, eben im Verfahren verwirklicht sein soll.
5.3 Daher beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973.
Der Hilfsantrag 2 ist somit ebenfalls nicht gewährbar.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.