T 1856/10 30-04-2015
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Verfahren zur Herstellung einer Zahnbürste mit einem elektrischen Funktionsbauteil und Zahnbürste mit einem elektrischen Funktionsbauteil
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Zulässigkeit der Hilfsanträge (ja)
Klarheit, Zulässigkeit der Änderungen - Hilfsantrag I (nein)
Erfind. Tätigkeit - Hilfsanträge IIIa, IIId, IV und VII (nein)
Kostenverteilung (nein)
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Patent Nr. 1 542 848 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt.
Mit dem Einspruch war das Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) i.V.m. 56 EPÜ 1973 und Artikel 100 c) EPÜ 1973 angegriffen worden.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die obengenannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form nicht entgegenstünden.
Sie hat dabei insbesondere folgende Druckschriften berücksichtigt:
D1: US 6 029 304,
D2: DE 29919053 U1,
D3: WO 01/28452 A1,
D4: DE 4405765 A1,
D13: DE 101 11 657 A1.
Zusammen mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin noch folgende Druckschriften eingereicht:
D23: WO 00/74522,
D24: US 6 298 516,
D25: JP 11-318952.
II. Eine erste mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer hat am 20. März 2015 stattgefunden. Da der Vertreter der Beschwerdeführerin infolge einer plötzlichen Erkrankung nicht anwesend sein konnte, wurde die mündliche Verhandlung vertagt und fand schließlich am 30. April 2015 statt.
III. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag). Hilfsweise hat sie beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten, auf der Grundlage der mit Schreiben vom 25. April 2012 als Hilfsantrag I oder der in der mündlichen Verhandlung als Hilfsanträge IIIa, IIId, IV und VII eingereichten Unterlagen. Weiterhin hat die Beschwerdegegnerin beantragt, die Kosten, die in Zusammenhang mit der Anreise des Vertreters der Beschwerdegegnerin zu der am 20. März 2015 angesetzten und wegen plötzlicher Erkrankung des Vertreters der Beschwerdeführerin vertagten mündlichen Verhandlung entstanden sind, der Beschwerdeführerin aufzuerlegen.
IV. Der unabhängige Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt:
"Verfahren zur Herstellung einer Zahnbürste mit einem einen Griffbereich (10), einen Kopfbereich (14) und einen zwischen dem Griffbereich (10) und dem Kopfbereich (14) gelegenen Halsbereich (12) umfassenden Körper (16,18) und mit zumindest teilweise innerhalb des Körpers (16,18) angeordneten Funktionsbauteilen, die eine elektrisch betriebene Funktionseinheit (22,22') und eine einen Energiespeicher (24) aufweisende elektrische Versorgungseinrichtung (26) für die Funktionseinheit (22,22') umfassen, bei dem
- der Körper aus zumindest einer als Festigkeitsträger dienenden Hartkomponente (16) sowie wenigstens einer Weichkomponente (18) im Spritzgiessverfahren hergestellt wird, dadurch gekennzeichnet, dass
- wenigstens einige der Funktionsbauteile während der Herstellung des Körpers (16,18) zumindest teilweise direkt mit dem die Weichkomponente (18) bildenden Kunststoff umspritzt werden und
- die Funktionsbauteile wenigstens teilweise im Bereich der Grenzzone zwischen der Hartkomponente (16) und der Weichkomponente (18) angeordnet werden."
Anspruch 1 des Hilfsantrags I unterscheidet sich dadurch von demjenigen des Hauptantrags, dass die innerhalb des Körpers der Zahnbürste angeordneten Funktionsbauteile elektronische Funktionsbauteile sind.
Anspruch 1 des Hilfsantrags IIIa unterscheidet sich dadurch von demjenigen des Hilfsantrags I, dass das Wort "elektronische" gestrichen wurde, dass der Ausdruck ", mit der Funktionseinheit (22, 22') verbundene elektrische Leitungen" nach der ersten Nennung der elektrisch betriebenen Funktionseinheit eingefügt wurde und dass "einige der Funktionsbauteile" durch "die Funktionseinheit (22, 22') und die mit der Funktionseinheit (22, 22') verbundenen elektrischen Leitungen" ersetzt wurde.
Anspruch 1 des Hilfsantrags IIId unterscheidet sich dadurch von demjenigen des Hilfsantrags IIIa, dass der Ausdruck "eine elektrisch betriebene Funktionseinheit (22, 22'), mit der Funktionseinheit (22, 22') verbundene elektrische Leitungen" an die Stelle des Ausdrucks "eine elektrisch betriebene Funktionseinheit in Form einer Vibrationseinrichtung (22), mit der Vibrationseinrichtung (22) verbundene elektrische Leitungen" tritt und die nachfolgenden Nennungen der "Funktionseinheit (22, 22')" jeweils durch "Vibrationsvorrichtung (22)" ersetzt wurden. Die Ansprüche 2 und 3 des Hilfsantrags I wurden dementsprechend gestrichen und die Anspruchsnummerierung und die Bezüge auf vorhergehende Ansprüche wurde angepasst.
Anspruch 1 des Hilfsantrags IV unterscheidet sich insbesondere dadurch von demjenigen des Hilfsantrags I, dass das Wort "elektronische" gestrichen wurde und dass im Anspruch 1 ein neues erstes kennzeichnendes Merkmal eingefügt wurde, dem zufolge "zunächst die Hartkomponente (16) ohne die Funktionsbauteile gespritzt wird und daraufhin einige der Funktionsbauteile an der Hartkomponente (16) positioniert und fixiert werden, anschliessend die Einheit aus Hartkomponente (16) und Funktionsbauteilen mit zumindest einer weiteren Komponente (18) zumindest teilweise umspritzt wird". Im unabhängigen Produktanspruch 13 wurde (im Vergleich zu Anspruch 16 des Hilfsantrags I) das Wort "elektronische" gestrichen; der Anspruch wurde auch durch das Merkmal ergänzt, dass "zumindest einige Funktionsbauteile an der Hartkomponente (16) positioniert und fixiert sind".
Anspruch 1 des Hilfsantrags VII unterscheidet sich dadurch von demjenigen des Hilfsantrags IV, dass das mit dem Hilfsantrag IV neu eingeführte kennzeichnende Merkmal wieder gestrichen wurde und dass präzisiert wird, dass "in einem Arbeitsgang mit dem Umspritzen der Funktionsbauteile weitere weichelastische Elemente gespritzt werden".
V. Die Beschwerdeführerin hat Folgendes vorgetragen:
a) Anspruchsauslegung
Das Merkmal, demzufolge "die Funktionsbauteile wenigstens teilweise im Bereich der Grenzzone zwischen der Hartkomponente und der Weichkomponente angeordnet werden", könne so verstanden werden, dass "zumindest einige der Funktionsbauteile" in diesem Bereich angeordnet werden, aber auch so, dass "zumindest Abschnitte der Funktionsbauteile" dort anzuordnen sind. Der Ausdruck sei also zweideutig.
In Beantwortung einer Frage der Kammer hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung dargelegt, der Bezug auf "die Funktionsbauteile" des letzten kennzeichnenden Merkmals sei im Sinne aller im Oberbegriff genannten Funktionsbauteile zu verstehen.
b) Erfinderische Tätigkeit (Art. 100 a) i.V.m. 56 EPÜ 1973)
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei nicht erfinderisch:
i) ausgehend von der Druckschrift D1:
In der Ausführungsform der Figur 7 sei die LED-Schalter-Einheit 50 im inneren Körper eingebettet (Spalte 4, Zeilen 4-5), der wiederum aus einem durchsichtigen Plastikmaterial geformt sei (Spalte 3, Zeilen 53-55). In Spalte 3, letzter Absatz sei das Überspritzen mit einer äußeren Schicht offenbart. Die Außenhaut sei elastisch (Spalte 4, Zeilen 16-25: "deform elastically"). D1 schlage darüber hinaus einen Außenmantel aus hartem Gummi vor (Spalte 2, Zeile 65 bis Spalte 3, Zeile 3). Auch ein "hard rubber" sei noch weicher als der Innenkern, der der Zahnbürste die Stabilität verleiht und deshalb hart sein müsse. In Spalte 3, Zeilen 48-49 werde dafür ein Elastomer vorgeschlagen, also ein Weichmaterial. Das Niederdrücken des Schalters der Figur 7 durch elastische Deformation könne nur erfolgen, wenn dort ein weichelastisches Material verwendet würde. Das Vorhandensein einer Grenzzone ergebe sich dann zwangsläufig. Der Aufbau aus einem harten Kern und einer weichelastischen Außenschicht sei auch sonst sehr üblich (D1: Fig. 7 i.V.m. Spalte 4, Zeilen 16-25 und Spalte 2, Zeile 67; D4: Abstract i.V.m. Spalte 1, Zeilen 1-12; D24: "Material Section" bzw. Fig. 1 i.V.m. Spalte 3, Zeilen 17-27; D25 : Abstract i.V.m. Fig. 1; D13: Abstract i.V.m. Zeichnungen; vgl. Anmeldung, Seite 6, Zeilen 8-9); es handle sich dabei um den naheliegendsten Weg, die gewünschte hohe Designfreiheit (siehe Anmeldung, Seite 4, letzter Absatz) zu erreichen. Im übrigen offenbare die Druckschrift die Einbettung von zwei Funktionsbauteilen, nämlich LED und Schalter.
ii) ausgehend von der Druckschrift D2:
Die Begriffe "Hartkomponente" und "Weichkomponente" seien nicht definiert und daher relativ zueinander auszulegen. In der Druckschrift D2, Seite 3, Zeilen 12-14, sei von einer "elastisch nachgiebigeren Materialkomponente" die Rede; diese Komponente sei deshalb weicher (vgl. Anmeldung, Seite 6, 1. Absatz). Mit Bezug auf eine zweite Ausführungsform in der Druckschrift D1 (Figur 5) werde dort auf Seite 7, Zeile 12 explizit offenbart, dass ein thermoplastisches Elastomer, also eine klassische Weichkomponente, in Frage komme. Deshalb offenbare die Druckschrift D2 implizit, auch die Zahnbürste der Figur 1 mit einem solchen Elastomer auszuführen. Dies sei zumindest naheliegend. Die Aussage auf Seite 11, Zeile 28 der Anmeldung bedeute nicht, dass die Schutzhülle nicht Teil des Funktionsbauteils sein könne; das gehe auch aus der Beschreibung der Leitungen Seite 15, Zeilen 8-13 und Seite 20, Zeilen 27-28 hervor. Dem Merkmal, dass mindestens zwei Funktionsbauteile mit Weichkomponente umspritzt sein müssen, könne kein erfinderisches Gewicht zugemessen werden. Darüber hinaus befinde sich der Schalter 32 in der Grenzzone zwischen dem aus Weichkomponente bestehenden "Daumenstop" der Zahnbürste der Figur 1 und der Hartkomponente. Der "Bereich einer Grenzzone" dürfe nicht zu eng (punktförmig) verstanden werden. Die Verwendung einer Weichkomponente für den Daumenstop sei naheliegend (vgl. Druckschrift D24, "Material Section"). Die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Unmöglichkeit, den Schalter zu umspritzen, widerspreche gerade dem angeblichen erfindungsgemäßen Vorteil, dass nämlich ein geringerer Spritzdruck für die Weichkomponente möglich sei (vgl. Seite 7, Zeilen 9-17). Der vermeintliche Luftspalt neben dem Schalter sei fragwürdig; der "Spalt" sei auch nur in der Figur 5, aber nicht in der Figur 1 zu sehen. Es gebe keine Hinweise für eine Herstellung der Zahnbürste aus Halbschalen; sie stünde auch im Widerspruch zu Anspruch 16, dem zufolge die Einheit direkt eingelegt und dann umspritzt wird. Anspruch 1 schließe nicht aus, dass mehr als eine Hartkomponente zum Einsatz kommt. Es sei nicht richtig, dass die Druckschrift D2 eine ganz andere Absicht verfolge; Anspruch 16 und Seite 5, Zeilen 19-26 offenbarten einen zentralen Punkt der Lehre dieser Druckschrift und zielten, genau wie das Streitpatent, auf eine kostengünstige Herstellung von Zahnbürsten ab (siehe Seite 1, Zeile 13).
c) Zulässigkeit der Hilfsanträge
Die Hilfsanträge I, IV und VII sollten nicht zugelassen werden. Für den Hilfsantrag IV beständen Bedenken im Hinblick auf Artikel 84 EPÜ 1973 und 123 (2) EPÜ, die auch im vorläufigen Bescheid der Kammer zum Ausdruck kamen und von der Beschwerdegegnerin nicht kommentiert worden sind. Der Begriff "elektronisch" sei problematisch.
Die Hilfsanträge IIIa und IIId seien nicht konvergent formuliert und sollten daher ebenfalls nicht zum Verfahren zugelassen werden. Die angegebenen Offenbarungsstellen seien nicht nachvollziehbar.
d) Hilfsantrag I
Elektronische Elemente seien aktive Elemente, die den Stromfluss regeln, steuern oder verstärken. Typische Beispiele seien Mikrochips oder ICs. Das Wort "elektronische Bauelemente" sei in der ursprünglichen Anmeldung offenbart, und die lange Auflistung von möglichen Funktionsbauteilen umfasse Elemente, die unzweifelhaft elektronischer Art sind (ICs, Mikrochips, Passivsender). Andere Elemente der Liste seien nicht elektronische, sondern elektrische Bauteile, wie z.B. Leitungen oder Kontaktelemente. Es bestehe deshalb ein Klarheitsproblem, das auch von der Anmeldung nicht erhellt werde. Zudem würde die Änderung unzulässig im Sinne von Artikel 123 (2) EPÜ wenn unterstellt würde, dass diese elektronischen Bauteile den Verfahrensschritten unterzogen werden sollen, hierzu aber keine Ausführungsform offenbart sei. Der Anspruchswortlaut verlange nicht, dass die Funktionsbauteile der kennzeichnenden Merkmale elektronisch seien. Falls "elektronisch" im Sinne von "elektrisch" zu verstehen sei, grenze die Änderung den Anspruchsgegenstand nicht erfolgreich gegenüber der Druckschrift D2 ab. Zudem sei sowohl der Schalter, als auch das Schutzrohr 37 der Druckschrift D2 elektrischer Natur, wie aus Seite 11, letzter Satz hervorgeht (das Schutzrohr sei als Schutzummantelung zu verstehen). Der Kern der Erfindung betreffe die Vereinfachung des Verfahrens; diese sei aber unabhängig von der genauen Natur der umspritzten Funktionsbauteile. Deshalb könne die Änderung auch keine erfinderische Tätigkeit begründen.
e) Hilfsantrag IIIa
Das Vorhandensein einer elektrischen Leitung sei in den Ansprüchen gemäß Hauptantrag schon implizit. Der angebliche Vorteil, Verfahrensschritte einzusparen, werde gar nicht erreicht. Gemäß Druckschrift D2, Seite 5, Zeilen 21-26 werde auch die Einheit, die Leitungen umfasst (vgl. Anspruch 16), abschnittsweise umspritzt.
f) Hilfsantrag IIId
Durch die Änderung sei das beanspruchte Verfahren der Offenbarung der Druckschrift D2 sogar noch angenähert worden. Die Vibrationsvorrichtung der Druckschrift D2 sei unzweifelhaft an den Halsteilen direkt umspritzt. Auch könne die Einschränkung auf bestimmte Bauteile keine erfinderische Tätigkeit begründen. Die Herstellung der Zahnbürste werde dadurch nicht vereinfacht.
g) Hilfsantrag IV
Es sei nicht ersichtlich, was eine erfinderische Tätigkeit gegenüber der Druckschrift D2 begründen könne.
h) Hilfsantrag VII
Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche entspräche einem sehr kostengünstigen Weg. Dies sei auch das Bestreben von Druckschrift D2. Der Fachmann hätte also die Motivation, die Halsteilzonen und die Griffbereiche zusammen einzuspritzen. Anspruch 16 und Seite 5, Zeilen 24-25 der Druckschrift D2 sprächen von "mindestens einer weiteren Materialkomponente", und es handle sich dabei um die Weichkomponente.
i) Antrag auf Kostenverteilung
Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat sich für die Unannehmlichkeiten, die durch sein Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2015 entstanden sind, entschuldigt. Er sei noch nie derart verhindert gewesen. Er habe am Morgen des Vortags der Verhandlung erstmals Krankheitszeichen wahrgenommen. Die Abreise nach München war für den frühen Nachmittag vorgesehen. Gegen 10 Uhr habe er eine physiotherapeutische Behandlung in Anspruch genommen. Die Behandlung habe die Beschwerden verringert; ein paar Stunden später habe sich die Lage aber verschlechtert. Er habe daraufhin gegen 16 Uhr einen Facharzt konsultiert. Diese Behandlung habe dann aber die Situation noch deutlich verschlechtert, sodass eine Reise nach München undenkbar war. Er habe dann die Kammer und die Beschwerdegegnerin informiert und ein ärztliches Attest gefaxt. Die Beschwerdegegnerin habe auch erwogen, den Vertreter, der die Beschwerdebegründung geschrieben hatte, oder einen anderen Vertreter zu beauftragen, die Vertretung zu übernehmen, sei aber zum Schluss gekommen, es sei einem Vertreter nicht zumutbar, den Fall um 17 Uhr am Vortag der Verhandlung zu übernehmen. Er habe sich nicht fahrlässig oder leichtfertig verhalten und habe sich keines Missbrauchs schuldig gemacht.
VI. Die Beschwerdegegnerin hat Folgendes erwidert:
a) Anspruchsauslegung
Das Merkmal "wenigstens teilweise" besitze zwei mögliche Deutungen: entweder seien wenigstens einige Funktionsbauteile in der Grenzzone angebracht, oder aber alle Funktionsbauteile abschnittsweise. Beide Varianten seien technisch möglich und sinnvoll, aber nur die erstere sei in der ursprünglichen Anmeldung (Seite 7, Zeilen 1-6) offenbart. Der Bezug zur Grenzzone sei in der teilweisen Umspritzung implizit enthalten. Die Zusammenschau der Figuren 2, 3 und 5 sowie zweier Passagen der Anmeldung (Seite 23, Zeilen 10-14 und Seite 25, Zeilen 29-31) bilde ebenfalls eine Stütze für die erste Alternative. Die Wahl des Worts "teilweise" sei zwar unglücklich, würde den Fachmann aber nicht am richtigen Verständnis hindern. Die von der Beschwerdeführerin angeführte Zweideutigkeit des Merkmals ließe sich anhand der allgemeinen Offenbarung der Anmeldung ausräumen. Die Batterie sei z.B. in keinem der Beispiele abschnittsweise umspritzt.
In Beantwortung einer Frage der Kammer hat die Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung dargelegt, der Bezug auf "die Funktionsbauteile" des letzten kennzeichnenden Merkmals sei nicht notwendigerweise im Sinne aller im Oberbegriff genannten Funktionsbauteile zu verstehen, sondern könne sich auch auf die im vorangehenden Absatz genannten Funktionsbauteile beziehen.
b) Erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) i.V.m. 56 EPÜ 1973)
i) ausgehend von der Druckschrift D23:
Die Borstenbüschel der in der Druckschrift D23 offenbarten Zahnbürste seien keine Funktionsbauteile im Sinne der unabhängigen Ansprüche. Dies gehe z.B. aus der Offenbarung der Seite 6, Zeilen 6-12, hervor. Die Druckschrift D23 sei deshalb nicht relevant.
ii) ausgehend von der Druckschrift D1:
Die diesbezüglichen Argumente seien nicht schriftsätzlich vorgetragen worden und ihre Zulässigkeit sei deshalb fragwürdig. Die Druckschrift D1 offenbare überhaupt nicht, dass Funktionsbauteile mit einer Weichkomponente umspritzt würden. Das Betätigen des Schalters sei auch mit einer flexiblen Hartkomponente möglich. Weder die Existenz einer Grenzzone, noch das Anbringen der Bauteile in einer solchen Grenzzone sei offenbart. Die Druckschrift sei deshalb wenig relevant.
iii) ausgehend von der Druckschrift D2
Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich in mehreren Punkten von der Offenbarung der Druckschrift D2. Da die Schutzhülse 37 kein Funktionsbauteil im Sinne der Anmeldung sei (Seite 11, Zeilen 27-29 offenbare, dass die Funktionsbauteile "mit einer Schutzummantelung ... versehen sein" können), offenbart die Druckschrift nicht, dass mindestens zwei Funktionsbauteile direkt umspritzt seien. Es gebe keinen Anlass, mehr als ein Bauteil zu umspritzen. Die anspruchsgemäße Grenzzone bestehe aus einem bestimmten Hartmaterial und einem bestimmten Weichmaterial; der Schalter befinde sich aber nicht im Bereich einer solchen Grenzzone. Dazu bedürfe es eines unmittelbaren Kontaktpunkts zwischen der Grenzfläche zwischen der Hartkomponente und der Weichkomponente einerseits und dem Schalter andererseits. Dort sei aber ein Luftspalt vorgesehen, wie ein Vergleich mit der Figur 5 zeige, in der der Bereich sauber gezeichnet sei.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Ausschnitt der Figur 5, mit
Anmerkungen der Beschwerdegegnerin
Deshalb liege der Schalter nicht in der Grenzzone. Auch komme in der Nähe des Schalters nicht dieselbe Weichkomponente wie in der Halsteilzone zum Einsatz. Es handle sich nicht einmal notwendigerweise um eine Weichkomponente. Die Druckschrift habe eine etwas diffuse Offenbarung, die aber im Lichte ihrer Figuren auszulegen sei. Die Textstelle auf Seite 5, Zeilen 19-29, in der das Verfahren beschrieben ist, sei sehr allgemein gehalten, müsse aber als Beschreibung der Figuren 1 und 2 gesehen werden. Dort werde aber nicht planmäßig auf mehrere Funktionsbauteile aufgespritzt, um ein einfaches Verfahren zu haben. Vielmehr sei dort zufällig offenbart, an zwei bestimmten Stellen könne sich eine Weichkomponente befinden. Zuerst müsse eine Halbschale geformt und die Vibrationsvorrichtung eingelegt werden, dann würde mit der Hartkomponente überspritzt. Das entspreche genau dem Anspruch 16. Die Weichkomponente werde höchstens nachträglich aufgespritzt. Das habe nichts mit Verfahrensoptimierung zu tun; die Absicht sei völlig anders als im Streitpatent. Es gebe keinerlei Hinweis, vom offenbarten Verfahren abzuweichen. Darüber hinaus sei die Herstellung des Daumenstops durch Aufspritzen ausgeschlossen, da dies - angesichts der üblichen Spritzdrücke - den Schalter 37 funktionsuntüchtig machen würde.
c) Zulässigkeit der Hilfsanträge
Die Hilfsanträge I, IV und VII sollten zugelassen werden, da ihre Behandlung der Beschwerdeführerin und der Kammer zugemutet werden könne.
Die Hilfsanträge IIIa und IIId stellten eine Reaktion auf die Zweifel der Kammer an der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 des Hilfsantrags I dar und sollten daher zugelassen werden.
d) Hilfsantrag I
Das hinzugefügte Merkmal, dass die Funktionsbauteile "elektronisch" sind, sei auf Seite 11, Zeilen 24-27 (mit Bezug auf Seite 10, Zeile 10) der ursprünglichen Anmeldung offenbart. Elektronische Bauelemente umfassten demnach auch elektrische Bauelemente. Die Änderung verfolge den Zweck, den Anspruchsgegenstand weiter gegenüber der Druckschrift D2 abzugrenzen, da die Schutzhülle 37 sicher kein elektronisches Bauteil sei und die elektrischen Leitungen von der Weichkomponente gerade nicht berührt würden. Weder der Motor noch die Leitungen seien mit Weichkomponente in Kontakt; der Hinweis auf die "Vibrationsvorrichtung 10 als eine Einheit" könne die Offenbarung der Zeichnungen in dieser Hinsicht nicht ändern. Das Spritzen der Weichkomponente könne erst stattfinden, wenn der gesamte Körper aus Hartkomponente gespritzt worden sei; die Halsteilzonen könnten nicht zwischendurch gespritzt werden.
e) Hilfsantrag IIIa
Die Änderung schränke den Gegenstand der Ansprüche weiter ein. In D2 wären die Leitungen in keiner Weise von Weichkomponente umspritzt. Der Vorteil des geänderten Gegenstands bestünde darin, dass die damit verbundene Verfahrensoptimierung mit der Lehre der Druckschrift D2 nicht erreichbar wäre. Es mache keinen Sinn, dort die Leitungen mit Weichkomponente zu umspritzen.
f) Hilfsantrag IIId
Es handle sich um eine weitere konkrete Einschränkung. Die erfinderische Tätigkeit begründe sich in derselben Weise wie für den Hilfsantrag IIIa.
g) Hilfsantrag IV
Der Gegenstand betreffe ein von der Lehre der Druckschrift D2 abweichendes Verfahren. Die erfinderische Tätigkeit begründe sich in derselben Weise wie für die vorherigen Hilfsanträge.
h) Hilfsantrag VII
In der Druckschrift D2 gebe es keinen Hinweis auf weitere weichelastische Elemente.
i) Kostenverteilung
Das Verhalten der Beschwerdeführerin sei nicht im Einklang mit der bei der Wahrnehmung von Rechten zu fordernden Sorgfalt gestanden. Sie hätte die Beschwerdegegnerin vorwarnen sollen. Außerdem hätte sie den Patentanwalt, der die Beschwerdeschrift verfasst hätte, mit der Übernahme des Falls beauftragen und so eine Vertagung der mündlichen Verhandlung verhindern können. Ihr Verhalten sei zumindest als fahrlässig anzusehen und rechtfertige eine Kostenverteilung zugunsten der Beschwerdegegnerin.
1. Die Anmeldung, auf der das Streitpatent beruht, wurde am 1. September 2003 eingereicht. Deshalb sind im vorliegenden Fall in Anwendung von Artikel 7 der Akte zur Revision des EPÜ vom 29. November 2000 (Sonderausgabe Nr. 4 ABl. EPA, 217) und des Beschlusses des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 über die Übergangsbestimmungen nach Artikel 7 der Akte zur Revision des EPÜ vom 29. November 2000 (Sonderausgabe Nr. 4 ABl. EPA, 219) die Artikel 56, 84, 100 und 104 EPÜ 1973 anzuwenden.
2. Hauptantrag
2.1 Auslegung der Ansprüche
Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, was darunter zu verstehen ist, dass "die Funktionsbauteile wenigstens teilweise im Bereich der Grenzzone zwischen der Hartkomponente und der Weichkomponente angeordnet werden".
Das Adverb "teilweise" als solches ist mehrdeutig. Der Online-Duden definiert seine Bedeutung als "zum Teil" und gibt folgende Synonyme an: "in einigen Fällen, in mancher Hinsicht, nicht ganz, nicht uneingeschränkt, teils, zum Teil". Das Merkmal, demzufolge die Funktionsbauteile teilweise im Bereich der Grenzzone angeordnet werden, kann demnach bedeuten, dass einige, aber nicht alle (d.h. ein Teil der) Funktionsbauteile in diesem Bereich angebracht wird, aber auch, dass besagte Funktionsbauteile abschnittsweise in diesem Bereich angebracht sind.
Eine weitere Mehrdeutigkeit des Anspruchsgegenstands rührt daher, dass das letzte kennzeichnende Merkmal sich auf "die Funktionsbauteile" bezieht, wobei nicht klar ist, ob sich dies ganz allgemein auf die Funktionsbauteile des Oberbegriffs bezieht, oder aber auf die "einige der Funktionsbauteile", von denen das vorangehende kennzeichnende Merkmal verlangt, dass sie während der Herstellung des Körpers zumindest teilweise direkt mit dem die Weichkomponente bildenden Kunststoff umspritzt werden.
Insgesamt bieten sich also drei Auslegungsmöglichkeiten an:
(1) wenigstens einige Funktionsbauteile sind im Bereich der Grenzzone zwischen der Hartkomponente und der Weichkomponente angeordnet;
(2) alle Funktionsbauteile sind wenigstens abschnittweise dort angeordnet;
(3) die Funktionsbauteile, die während der Herstellung mit Weichkomponente umspritzt werden, sind wenigstens abschnittweise im Bereich der Grenzzone angeordnet.
Angesichts dieser Mehrdeutigkeit hat der Fachmann keine andere Wahl, als in den abhängigen Ansprüchen und auch in der Beschreibung und den Zeichnungen nach Hinweisen zum richtigen Verständnis des Anspruchsgegenstands zu suchen. Dabei würde er feststellen, dass die Auslegungsmöglichkeiten (1) und (3) grundsätzlich möglich sind, da sie eine Stütze in der Anmeldung beanspruchen können, während die Auslegungsmöglichkeit (2) ausgeschlossen werden kann, da weder die Beschreibung noch die Zeichnungen der ursprünglichen Anmeldung den Fall offenbaren, in dem alle Funktionsbauteile abschnittsweise im Bereich der Grenzzone zwischen der Hartkomponente und der Weichkomponente angeordnet sind. In der Tat ist in allen offenbarten Ausführungsformen die Batterie fern jeder Grenzzone zwischen der Hartkomponente und der Weichkomponente. Diese Auslegungsmöglichkeit muss daher ausgeschlossen werden.
Der Fachmann würde daher zum Schluss gelangen, dass das Merkmal, demzufolge die Funktionsbauteile wenigstens teilweise im Bereich der Grenzzone zwischen der Hartkomponente und der Weichkomponente angeordnet werden, so auszulegen ist, dass entweder wenigstens einige Funktionsbauteile im Bereich der Grenzzone zwischen der Hartkomponente und der Weichkomponente angeordnet sind (entsprechend Auslegungsmöglichkeit (1)) oder die Funktionsbauteile, die während der Herstellung mit Weichkomponente umspritzt werden, wenigstens abschnittweise im Bereich der Grenzzone angeordnet sind (entsprechend Auslegungsmöglichkeit (3)). Diese Auslegung ist auch für die Prüfung der Patentfähigkeit zu verwenden.
2.2 Erfinderische Tätigkeit (Art. 100 a) i.V.m. 56 EPÜ 1973)
Die Kammer bedient sich bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes.
2.2.1 Nächstliegender Stand der Technik
Die Einspruchsabteilung hat die Druckschrift D2 bzw. D3 als nächstliegenden Stand der Technik angesehen. Die Beschwerdeführerin hat auch noch die Druckschrift D1 als möglichen nächsten Stand der Technik angeführt und darüber hinaus ein Fehlen der Neuheit gegenüber der Druckschrift D23 vorgebracht. Obwohl die Kammer den Einspruchsgrund der fehlenden Neuheit nicht in das Verfahren einführen kann (siehe Entscheidung G 7/95 der Grossen Beschwerdekammer vom 19. Juli 1996, ABl EPA 1996, 626), zieht sie auch letztere Druckschrift als möglichen nächsten Stand der Technik in Betracht, da der Gegenstand eines Anspruchs, dessen sämtliche Merkmale in einer Entgegenhaltung offenbart sind, welche Stand der Technik im Sinne von Artikel 54 (2) EPÜ 1973 ist, nicht erfinderisch gegenüber dieser Entgegenhaltung sein kann (siehe dazu auch die Entscheidung T 567/10 vom 16. Januar 2013, Punkt 1.2.9 der Entscheidungsgründe).
Der zur Bewertung der erfinderischen Tätigkeit heranzuziehende nächstliegende Stand der Technik ist in der Regel ein Dokument, das einen Gegenstand offenbart, der zum gleichen Zweck oder mit demselben Ziel entwickelt wurde wie die beanspruchte Erfindung und die wichtigsten technischen Merkmale mit ihr gemein hat, der also die wenigsten strukturellen Änderungen erfordert (siehe "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 7. Auflage, 2013, I.D.3.1).
Die Erfindung zielt darauf ab, "eine Möglichkeit zur Herstellung von Zahnbürsten [mit elektrischen Funktionen] zu schaffen, ... bei der insbesondere mit einer minimalen Anzahl von erforderlichen Spritzgiesswerkzeugen und Montageschritten gleichzeitig eine maximale Designfreiheit gegeben ist, wobei insbesondere die Herstellung eines gebogenen Halsbereichs möglich sein soll" (Anmeldung, Seite 4, erster Absatz, siehe auch Absatz [0012] der Patentschrift).
a) Druckschrift D2
Die Druckschrift D2 betrifft die Aufgabe, eine kostengünstige elektrische Zahnbürste mit verbesserter Reinigungswirkung zu entwickeln (Seite 1, dritter Absatz).
Die Druckschrift D2 offenbart ein Verfahren zur Herstellung einer Zahnbürste (Seite 5, Zeilen 19-21: "Die erfindungsgemässe Zahnbürste wird vorzugsweise in einem Zwei- oder Mehrkomponenten-Spritzgiessverfahren hergestellt.") mit einem einen Handgriff 1, einen Kopfteil 3 und einen zwischen dem Griffbereich und dem Kopfbereich gelegenen Halsbereich umfassenden Körper. Sie enthält eine innerhalb des Körpers angeordnete Vibrationsvorrichtung 10, die eine elektrisch betriebene Funktionseinheit (Seite 5, Zeilen 22-23: "... Vibrationsvorrichtung 10 als eine Einheit ...") und eine eine Batterie 25 aufweisende elektrische Versorgungseinrichtung für die Funktionseinheit umfasst.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Der Körper wird aus zumindest einer als Festigkeitsträger dienenden Hartkomponente sowie wenigstens einer Weichkomponente im Spritzgiessverfahren hergestellt (Seite 5, Zeilen 19-21: "Die erfindungsgemässe Zahnbürste wird vorzugsweise in einem Zwei- oder Mehrkomponenten-Spritzgiessverfahren hergestellt.")
Die Begriffe "Hartkomponente" und "Weichkomponente" sind weder im Anspruch noch in der Beschreibung näher definiert und daher relativ zueinander auszulegen. Da die erfindungsgemäße Zahnbürste im Wesentlichen aus der Hartkomponente hergestellt ist und auch die Zahnbürste gemäß Druckschrift D2 im Wesentlichen aus einer einzigen gespritzten Komponente besteht, kann diese Komponente als Hartkomponente im Sinne von Anspruch 1 verstanden werden.
Dass mehrere Teile der Vibrationsvorrichtung während der Herstellung des Körpers zumindest teilweise direkt mit dem die Weichkomponente bildenden Kunststoff umspritzt werden, ergibt sich aus der Anwendung des eigentlichen Kerns der Lehre der Druckschrift D2, nämlich Seite 5, Zeilen 21-27 ("Mit Vorteil werden dabei die aus Fig. 1 ersichtlichen Teile der Vibrationsvorrichtung 10 als eine Einheit in einen aus einer ersten Materialkomponente gespritzten Formteil eingelegt und danach mit der zweiten Materialkomponente (oder mit den weiteren Materialkomponenten) umspritzt. Es muss sich dabei nicht um vollständiges Umspritzen handeln.") auf das Ausführungsbeispiel der Figuren 1 und 2.
Gemäß diesem Ausführungsbeispiel werden zwei Funktionsbauteile wenigstens teilweise im Bereich der Grenzzone zwischen der Hartkomponente und einer zweiten Komponente angeordnet, nämlich das Schutzrohr 37 und den Schalter 32, und zwar aus folgenden Gründen:
Die Kammer sieht das Schutzrohr 37 der Figur 2 als Teil der Funktionsbauteile an. Aus der Aussage der Anmeldung, dass die erfindungsgemäßen Funktionsbauteile "mit einer Schutzummantelung ... versehen sein" können (Seite 11, Zeilen 27-29) folgt nicht, dass eine Schutzhülse kein Funktionsbauteil sein kann. Um als Funktionsbauteil angesehen werden zu können, muss ein Bauteil an der Funktion der elektrisch betriebenen Funktionseinheit teilhaben. Dies ist der Fall für das Schutzrohr 37, da seine Abwesenheit dazu führen würde, dass die Vibrationsvorrichtung nicht mehr funktionieren würde, da die an der Halsteilzone eingespritzte Weichkomponente die Antriebswelle 14 an der freien Bewegung hindern würde.
Der Ausdruck "im Bereich der Grenzzone" ist in der ursprünglichen Anmeldung nicht definiert. Der Begriff "Bereich" (gemäß Online-Duden ein "Gebiet von bestimmter Ausdehnung") suggeriert, dass kein direkter Kontakt, sondern nur die Nähe zur Grenzzone erforderlich ist, schließt aber natürlich einen direkten Kontakt nicht aus.
Das Schutzrohr 37 ist mit dem "elastisch nachgiebigeren Material" der Halsteilzonen 7 (Seite 6, Zeile 14) umspritzt und steht zumindest an gewissen Stellen (in Figur 2 sichtbar) direkt in Kontakt sowohl mit diesem Material als auch mit Material des Handgriffs. Es befindet sich in der Grenzzone zwischen diesen Materialien.
Der elektrische Schalter 32 ist ein weiteres Funktionsbauteil, das in einer Grenzzone (im oben erwähnten Sinne) zwischen verschiedenen Materialien angebracht ist. Der Schalter 32 ist in Kontakt mit dem Material, aus dem der Daumenstop gefertigt ist, aber auch mit der Hartkomponente (siehe Fig. 1). Die Druckschrift D2 offenbart nicht, dass der Knopf des Schalters von der Hartkomponente durch einen Luftspalt getrennt ist; die Figur 1 zeigt nichts dergleichen, und auch in den Figuren 4 und 5 könnte der Raum zwischen Knopf und Hartkomponente z.B. mit einem Kunststoff gefüllt sein. Aber selbst wenn es sich um einen Luftspalt handeln sollte, würde das nicht bedeuten, dass der Schalter sich nicht "im Bereich der Grenzzone" befände, da, wie oben dargelegt, dieses Merkmal keinen unmittelbaren Kontakt voraussetzt.
Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich daher von der Lehre der Druckschrift D2 dadurch, dass das Material, mit dem die Funktionsbauteile umspritzt sind, eine Weichkomponente darstellt.
b) Druckschrift D3
Die Druckschrift D3 beansprucht die Priorität der Druckschrift D2 und versteht sich als Lösung derselben Aufgabe. Im Gegensatz zur Druckschrift D2 offenbart diese Druckschrift aber nicht, dass die Halsteilzonen 7 mit den Funktionsbauteilen direkt in Kontakt sind. Auch die zusätzliche Figur 4 offenbart dies nicht direkt und unmittelbar. Die Kammer gelangt daher zum Schluss, dass die Druckschrift D3 weiter vom Gegenstand des Anspruchs 1 entfernt ist als die Druckschrift D2.
c) Druckschrift D1
Die Druckschrift D1 beschäftigt sich mit der Herstellung von Zahnbürsten mit Lichteffekten. Dabei wird auf eine innere durchsichtige Kunststoffschicht 18, in der elektrische Funktionselemente vorgesehen sind (siehe die LED-Lichtquelle 40 und die Batterie 51 der Fig. 7), eine harte Komponente ("hard rubber or rubberized plastic coating": Spalte 2, Zeile 67 - Spalte 3, Zeile 1) 16 aufgebracht (siehe z.B. Fig. 6).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Allerdings offenbart die Druckschrift nicht direkt und unmittelbar, dass die äußere Komponente eine Weichkomponente und die innere Komponente eine Hartkomponente ist, und dass die Funktionsbauteile direkt mit der äußeren Komponente umspritzt und im Bereich der Grenzzone angeordnet sind. Deshalb ist die Druckschrift D1 weiter vom Gegenstand des Anspruchs 1 entfernt als die Druckschrift D2.
d) Druckschrift D23
Die Druckschrift D23 betrifft die Aufgabe, eine kostengünstige elektrische Zahnbürste mit verbesserter Reinigungswirkung zu entwickeln (Seite 2, dritter Absatz). Die Borstenbüschel dieser Zahnbürste lassen sich aber nicht als "Funktionsbauteile" im Sinne von Anspruch 1 deuten. Der Fachmann, der Anspruch 1 zu verstehen sucht, würde begreifen, dass die Funktionsbauteile im Zusammenhang mit der elektrisch betriebenen Funktionseinheit und der zugehörigen Versorgungseinrichtung zu sehen sind. Das lässt sich von herkömmlichen Borstenbüscheln nicht sagen. Es ist zwar richtig, dass die ursprüngliche Anmeldung lichtleitende Borsten als mögliche Funktionsbauteile offenbart, aber im Fall lichtleitender Borsten wirken diese unzweifelhaft mit der elektrisch betriebenen Lichtquelle zusammen und bilden deshalb eine funktionelle Einheit mit ihr. Das bedeutet aber nicht, dass übliche - nicht lichtleitende - Borsten auch als Funktionsbauteile im Sinne der Erfindung gelten können. Da die Anordnung der erfindungsgemäßen Funktionsbauteile in der Druckschrift D23 nicht thematisiert wird, kommt die Kammer zum Schluss, dass die Druckschrift D23 weiter vom Gegenstand des Anspruchs 1 entfernt als die Druckschrift D2.
Die Kammer hält deshalb an der Wahl der Druckschrift D2 als nächstem Stand der Technik fest.
2.2.2 Unterschiede
Wie unter Punkt 2.2.12.2.1 a)a) dargelegt, unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 von der Lehre der Druckschrift D2 dadurch, dass das Material, mit dem die Funktionsbauteile umspritzt sind, eine Weichkomponente ist.
Die Druckschrift D2 spricht nur von einem "elastisch nachgiebigeren Material" (Seite 6, Zeile 14) und offenbart nicht unmittelbar und eindeutig, dass der "Daumenstop" durch Spritzguss hergestellt wird.
2.2.3 Naheliegen
Der Fachmann, der die Lehre der Druckschrift D2 umsetzen will und ein elastisch nachgiebigeres Material für die Halsteilzonen 7 sucht, würde ein weiches Kunststoffmaterial auswählen, zumal es zum Prioritätszeitpunkt bekannt war, solche weichen Kunststoffe für elastische Teile in Zahnbürsten zu verwenden (siehe z.B. Druckschrift D24, Spalte 7, "Materials"). Die Wahl eines weichen Kunststoffs kann also nicht als erfinderisch angesehen werden.
Auch die Herstellung der Halsteilzonen durch Spritzguss ist eine für den Fachmann naheliegende Maßnahme.
Der Fachmann ist naturgemäß an einer Vereinfachung des Herstellungsprozesses interessiert und würde daher zwangsläufig ins Auge fassen, ein und dasselbe Material für die Halsteilzonen 7 und den Daumenstop zu verwenden und die beiden Zonen auch zugleich durch Einspritzen vorzusehen. Damit würde er aber ein Verfahren anwenden, das von Anspruch 1 umfasst wird.
Das Argument, dass der Fachmann den Daumenstop nicht durch Einspritzen herstellen würde, überzeugt die Kammer nicht. Es ist keineswegs als gesichert anzusehen, dass der Schalter 32 durch das Einspritzen der Weichkomponente beschädigt würde, da der Schalter während des Einspritzens durch eine Hülse oder durch seitliches Einspritzen geschützt werden könnte. Angesichts der sehr deutlichen Vereinfachung des Verfahrens durch gleichzeitiges Einspritzen der Halsteilzonen 7 und des Daumenstops würde der Fachmann ein solches Vorgehen in Betracht ziehen und zumindest versuchen.
Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags nicht erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973 ist und dass deshalb der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ 1973 der Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang entgegensteht. Dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin kann daher nicht stattgegeben werden.
3. Zulässigkeit der Hilfsanträge
Die Hilfsanträge I, IV und VII sind zwar verspätet eingereicht worden, aber lange vor der Ladung zur mündlichen Verhandlung. Die Kammer hat deshalb keine Zweifel, dass die Beschwerdeführerin ausreichend Zeit gehabt hat, um sich mit diesen Anträgen eingehend zu befassen.
Die nach dem Ergehen des Ladungsbescheids eingereichten und während der mündlichen Verhandlung leicht veränderten Hilfsanträge IIIa und IIId werfen keine Fragen auf, deren Behandlung der Beschwerdeführerin bzw. der Kammer nicht zuzumuten sind, zumal der Beschwerdeführerin durch die von ihr verursachte Vertagung der mündlichen Verhandlung zusätzliche Zeit zur Prüfung dieser Antrage zur Verfügung stand. Die Änderungen sind klar umrissen und schaffen keine allzu komplexe Lage.
Die Kammer hat daher die Hilfsanträge I, IIIa, IIId, IV und VII zum Verfahren zugelassen.
4. Hilfsantrag I
Beide unabhängige Ansprüche des Hilfsantrags I nennen "elektronische[-] Funktionsbauteile[-], die eine elektrisch betriebene Funktionseinheit ... und eine ... elektrische Versorgungseinrichtung ... umfassen" (Unterstreichungen durch die Kammer). Die Einführung des Merkmals "elektronisch" macht den Anspruch unklar, da der Fachmann nicht weiß, was genau unter "elektronischen Funktionsbauteilen" zu verstehen ist. Üblicherweise bezeichnet "Elektronik" die Lehre von der Steuerung bzw. Regelung von Elektronenflüssen. Typische elektronische Bauteile sind Transistoren, ICs oder Halbleiterdioden. Im Gegensatz dazu bezieht sich die "Elektrizität" auf die Versorgung mit Energie; eine Vorrichtung ist "elektrisch" wenn sie mit elektrischer Energie betrieben wird. Typische "elektrische" oder "elektrisch betriebene" Bauteile sind elektrische Energiespeicher, Motoren, Kontakte oder Leitungen. Die unabhängigen Ansprüche nennen elektronische Funktionsbauteile, die elektrische Funktionsbauteile umfassen. Damit ist für den Fachmann nicht klar, was genau unter elektronischen Bauteilen zu verstehen sei.
Ungeachtet der Tatsache, dass gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern Ansprüche in sich klar sein müssen, ist zu bemerken, dass sich die genannte Unklarheit selbst durch Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen der ursprünglichen Anmeldung nicht beheben lässt. Es ist zwar richtig, dass die Anmeldung auf Seite 11, Zeilen 24-25 in Anschluss an eine lange Liste von Bauelementen (Seite 10, Zeile 10 bis Seite 11, Zeile 23) offenbart, dass es "sich bei den Funktionsbauteilen also um elektronische Bauelemente handeln" kann, aber daraus lässt sich nicht ableiten, dass das Wort "elektronisch" in der Anmeldung auch elektrische Bauteile umfasst, da die vorangehende Liste auch unzweifelhaft elektronische Bauteile umfasst, wie z.B. ICs (Seite 10, Zeile 29) oder Mikrochips (Seite 11, Zeile 4).
Die Formulierung der unabhängigen Ansprüche geht damit auch über die Lehre der ursprünglichen Anmeldung hinaus, da sie elektrische Bauteile zu elektronischen Bauteilen erklärt, wofür es in der ursprünglichen Anmeldung keine direkte und unmittelbare Offenbarung gibt.
Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass die Ansprüche 1 und 15 des Hilfsantrags I den Erfordernissen der Artikel 84 EPÜ 1973 und 123 (2) EPÜ nicht genügen. Diesem Antrag kann daher nicht stattgegeben werden.
5. Hilfsantrag IIIa
Anspruch 1 des Hilfsantrags IIIa unterscheidet sich dadurch von demjenigen des Hilfsantrags I, dass die Funktionsbauteile nicht notwendigerweise elektronisch sind und dass mit der Funktionseinheit verbundene elektrische Leitungen ebenso wie diese mit Weichkomponente umspritzt werden (siehe Punkt IV.IV. ).
5.1 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)
Nach Auffassung der Kammer kann "wenigstens teilweise" auch "wenigstens einige" bedeuten. Diese Auslegung betrifft natürlich auch das Merkmal, dem zufolge "die Funktionseinheit ... und die mit der Funktionseinheit ... verbundenen elektrischen Leitungen ... zumindest teilweise umspritzt werden". Auch wenn nur die Funktionseinheit umspritzt ist, wird dieses Merkmal daher erfüllt. Dies ist aber auch bei der Zahnbürste der Druckschrift D2 der Fall, da gemäß Seite 5, Zeilen 21-26 "die Vibrationsvorrichtung 10 als eine Einheit ... umspritzt wird". Daher unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IIIa von der Offenbarung der Druckschrift D2 in derselben Weise wie der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags. Er kann deshalb aus denselben Gründen nicht als erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973 gelten. Dem Hilfsantrag IIIa kann daher nicht stattgegeben werden.
6. Hilfsantrag IIId
Anspruch 1 dieses Hilfsantrags unterscheidet sich von demjenigen des Hilfsantrags IIIa im wesentlichen dadurch, dass die Funktionseinheit eine Vibrationseinrichtung ist (siehe Punkt IV.IV. ). Allerdings wird auch in der Druckschrift D2 eine Vibrationsvorrichtung, die teilweise mit Weichkomponente umspritzt ist, offenbart. Deshalb gilt das für den Hilfsantrag IIIa Gesagte auch für den Gegenstand von Hilfsantrag IIId. Er kann aus denselben Gründen nicht als erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973 gelten. Dem Hilfsantrag IIId kann daher nicht stattgegeben werden.
7. Hilfsantrag IV
Anspruch 1 des Hilfsantrags IV unterscheidet sich insbesondere dadurch von demjenigen des Hilfsantrags I, dass die Funktionsbauteile nicht notwendigerweise elektronisch sind und dass zunächst die Hartkomponente ohne die Funktionsbauteile gespritzt wird und daraufhin einige der Funktionsbauteile an der Hartkomponente positioniert und fixiert werden, und anschließend die Einheit aus Hartkomponente und Funktionsbauteilen mit zumindest einer weiteren Komponente zumindest teilweise umspritzt wird (siehe Punkt IV.IV. ).
7.1 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)
Gemäß der Lehre der Druckschrift D2, Seite 5, Zeilen 21-27 wird zuerst die Hartkomponente gespritzt; anschließend wird die Einheit aus Hartkomponente und Funktionsbauteilen mit einer weiteren Komponente umspritzt ("... in einen aus einer ersten Materialkomponente gespritzten Formteil eingelegt und danach mit der zweiten Materialkomponente ... umspritzt."), und zwar zumindest teilweise ("Es muss sich dabei nicht um vollständiges Umspritzen handeln.") Das neu hinzugefügte Merkmal offenbart deshalb nichts, was nicht aus der Druckschrift D2 bekannt wäre. Daher unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV in derselben Weise von der Offenbarung der Druckschrift D2 wie der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags. Er kann deshalb aus denselben Gründen nicht als erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973 gelten. Dem Hilfsantrag IV kann daher nicht stattgegeben werden.
8. Hilfsantrag VII
Anspruch 1 des Hilfsantrags VII unterscheidet sich dadurch von demjenigen des Hilfsantrags IV, dass das mit dem Hilfsantrag IV neu eingeführte kennzeichnende Merkmal wieder gestrichen wurde und dadurch, dass in einem Arbeitsgang mit dem Umspritzen der Funktionsbauteile weitere weichelastische Elemente gespritzt werden (siehe Punkt IV.IV. ).
8.1 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)
Gemäß Figur 1 der Druckschrift D2 weist die Zahnbürste an ihrer Unterseite eine auf der Hartkomponente aufgebrachte Auswölbung auf, die dem Daumenstop gegenüberliegt. Für den Fachmann liegt es auf der Hand, diese Auswölbung, die dem Abstützen des Zeigefingers des Benutzers dient, aus demselben Material wie die Halsteilzonen und der Daumenstop herzustellen und dieses weitere weichelastische Element im selben Arbeitsgang wie die anderen weichelastischen Elemente aufzuspritzen. Dieses Merkmal kann daher keine erfinderische Leistung begründen. Dem Hilfsantrag VII kann deshalb nicht stattgegeben werden.
9. Antrag auf Kostenverteilung
Gemäß Artikel 104 EPÜ 1973 trägt jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst, soweit nicht die Einspruchsabteilung oder die Beschwerdekammer, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht, über eine Verteilung der Kosten, die durch eine mündliche Verhandlung verursacht worden sind, nach Maßgabe der Ausführungsordnung anders entscheidet.
Artikel 16 (1) VOBK nennt in diesem Zusammenhang beispielsweise Kosten, die entstanden sind durch (a) Änderungen am Vorbringen eines Beteiligten; (b) Fristverlängerung; (c) Handlungen oder Unterlassungen, die die rechtzeitige und effiziente Durchführung der mündlichen Verhandlung beeinträchtigen; (d) Nichtbeachtung einer Anweisung der Kammer; (e) Verfahrensmissbrauch.
Die Durchführung der ersten mündlichen Verhandlung war nicht durch die Handlungen oder Unterlassungen des Vertreters der Beschwerdeführerin unmöglich gemacht worden, sondern durch seine plötzliche und unerwartete Erkrankung, die sich seiner Kontrolle entzog. Es ist auch nicht fahrlässig, dass der Vertreter der Beschwerdeführerin die Kammer und die Gegenseite nicht schon am Morgen des Vortags der Verhandlung von den ersten Anzeichen seiner Erkrankung zu unterrichtet hat, sondern erst nach seinem Arztbesuch.
Es war auch einem anderen Vertreter nicht zuzumuten, den Fall am Vorabend der Verhandlung zu übernehmen.
Die Kammer sieht im Verhalten des Vertreters der Beschwerdeführerin auch keine Anzeichen dafür, dass die nach den gegebenen Umständen gebotene Sorgfalt nicht beachtet worden ist. Es handelt sich vielmehr um einen Fall höherer Gewalt, der der Beschwerdeführerin nicht angelastet werden kann, so dass es nicht der Billigkeit entspräche, dem Antrag auf Kostenverteilung stattzugeben.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.
3. Der Antrag auf Kostenverteilung wird zurückgewiesen.