Informationen
Diese Entscheidung ist nur auf Englisch verfügbar.
T 1882/12 26-05-2015
Download und weitere Informationen:
ZAHNGLÄTTENDE UND MUNDGERUCHSREDUZIERENDE MUND- UND ZAHNPFLEGE- UND -REINIGUNGSMITTEL
Patentansprüche - Klarheit und Knappheit
Patentansprüche - Fakultative Merkmale
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - nein
I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die am 26. Juli 2012 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 05 785 721.1 zurückzuweisen.
II. Grundlage für die angefochtene Entscheidung war als einziger Antrag der mit Schreiben vom 3. Juli 2010 eingereichte Anspruchssatz mit neun Ansprüchen.
Die Ansprüche lauten wie folgt:
"1. Mund- und Zahnpflege- und -reinigungsmittel, enthaltend
a) mindestens 10 Gew.-% Sorbit;
b) 0,5 bis 3 Gew.-% mindestens eines bioaktiven Glases.
2. Mund- und Zahnpflege- und -reinigungsmittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß es 12 bis 60 Gew.-%, vorzugsweise 15 bis 50 Gew.-%, besonders bevorzugt 17 bis 40 Gew.-% und insbesondere 20 bis 35 Gew.-% Sorbit enthält.
3. Mund- und Zahnpflege- und -reinigungsmittel nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß es 0,6 bis 2 Gew.-% mindestens eines bioaktiven Glases enthält.
4. Mund- und Zahnpflege- und -reinigungsmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das bioaktive Glas - bezogen auf sein Gewicht - folgende Zusammensetzung aufweist:
SiO2 35 bis 60 Gew.-%, vorzugsweise 40 bis 60 Gew.-%,
Na2O 0 bis 35 Gew.-%, vorzugsweise 5 bis 30 Gew.-%,
K2O 0 bis 35 Gew.-%, vorzugsweise 0 bis 20 Gew.-%,
P2O5 0 bis 10 Gew.-%, vorzugsweise 2 bis 10 Gew.-%,
MgO 0 bis 10 Gew.-%, vorzugsweise 0 bis 5 Gew.-%,
CaO 0 bis 35 Gew.-%, vorzugsweise 5 bis 30 Gew.-%,
Al2O3 0 bis 25 Gew.-%, vorzugsweise 0 bis 5 Gew.-%,
B2O3 0 bis 25 Gew.-%, vorzugsweise 0 bis 5 Gew.-%,
TiO2 0 bis 10 Gew.-%, vorzugsweise 0,1 bis 5 Gew.-%.
5. Mund- und Zahnpflege- und -reinigungsmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das antimikrobielle Glas Teilchengrößen < 10 mym, vorzugsweise von 0,5 bis 4 mym, besonders bevorzugt von 1 bis 2 mym, aufweist.
6. Mund- und Zahnpflege- und -reinigungsmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß es zusätzlich Putzkörper, vorzugsweise Kieselsäuren, Aluminiumhydroxid, Aluminiumoxid, Calciumpyrophosphat, Kreide, Dicalciumphosphat-dihydrat (CaHPO4·2H2O), Natriumaluminiumsilikate, insbesondere Zeolith A, organische Polymere, insbesondere Polymethacrylate oder Gemische dieser Reibkörper, vorzugsweise in Mengen von 1 bis 30 Gew.%, vorzugsweise von 2,5 bis 25 Gew.% und insbesondere von 5 bis 22 Gew.%, jeweils bezogen auf das gesamte Mittel, enthält.
7. Mund- und Zahnpflege- und -reinigungsmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß es zusätzlich Phosphat(e), vorzugsweise Alkalimetallphosphat(e) und insbesondere Natriumtripolyphoyphat, vorzugsweise in Mengen von 1 bis 10 Gew.-%, besonders bevorzugt von 2 bis 8 Gew.-% und insbesondere von 3 bis 7 Gew.-%, jeweils bezogen auf das gesamte Mittel, enthält.
8. Mund- und Zahnpflege- und -reinigungsmittel, nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß es zusätzlich Antiplaque-Wirkstoffe, vorzugsweise p-Hydroxybenzoesäuremethyl-, -ethyl- oder propylester, Natriumsorbat, Natriumbenzoat, Bromchlorophen, Triclosan, Phenyl- Salicylsäureester, Biguanide z. B. Chlorhexidin, Thymol, vorzugsweise in Mengen von 0,1 bis 5 Gew.%, vorzugsweise von 0,25 bis 2,5 Gew.% und insbesondere von 0,5 bis 1,5 Gew.%, jeweils bezogen auf das gesamte Mittel, enthält.
9. Mund- und Zahnpflege- und -reinigungsmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß es zusätzlich Antikaries-Wirkstoffe, vorzugsweise Fluorverbindung(en), insbesondere Natriumfluorid, Kaliumfluorid, Natriummonofluorphosphat, Zinkfluorid, Zinnfluorid und Natriumfluorosilikat, vorzugsweise in Mengen von 0,01 bis 5 Gew.%, vorzugsweise von 0,1 bis 2,5 Gew.% und insbesondere von 0,2 bis 1,1 Gew.%, jeweils bezogen auf das gesamte Mittel, enthält."
III. In der Sache kam die Prüfungsabteilung zu dem Ergebnis, dass die Erfordernisse von Artikel 123(2), 54 und 56 EPÜ erfüllt seien. Jedoch genügten die abhängigen Ansprüche 2 bis 9 aufgrund mangelnder Klarheit und Knappheit nicht den Erfordernissen von Artikel 84 EPÜ.
Die Prüfungsabteilung war in diesem Zusammenhang der Auffassung, dass ein Anspruch, der sowohl ein allgemeines Merkmal als auch eine spezifische (bevorzugte) Ausführungsart dieses Merkmals nenne, gegen die Formerfordernisse von Regel 43(3)-(4) in Verbindung mit Artikel 84 EPÜ verstoße, was zu einem Mangel an Klarheit führe. Die Ansprüche 2-9 beträfen jeweils nicht nur eine weitere besondere Ausführungsart zum unabhängigen Anspruch 1. Vielmehr würden in diesen Ansprüchen zusätzlich zu der erstgenannten, als von Anspruch 1 abhängig gekennzeichneten Ausführungsart jeweils weitere bevorzugte Ausführungsarten definiert, wobei jede davon jeweils alle Merkmale der erstgenannten Ausführungsart umfasse. Diese Abhängigkeit der zusätzlichen bevorzugten Ausführungsarten von der erstgenannten Ausführungsart (oder ggf. von mehreren zuvor im Anspruch genannten Ausführungsarten) werde aber nicht in Form weiterer abhängiger Patentansprüche angezeigt. Gemäß Regel 43(3) EPÜ sei es jedoch zwingend erforderlich, dass eine spezifische Ausführungsart eines Anspruchsmerkmals in einem separaten Patentanspruch aufgeführt werden müsse, der in Abhängigkeit zu dem Anspruch mit dem vom Umfang her breiteren Anspruchsmerkmal stehe. In der vorliegenden Form sei unklar, ob die Unteransprüche 2-9 nicht weitere abhängige Anspruchsgegenstände beinhalteten.
Ferner seien die Ansprüche nicht knapp gefasst im Sinne von Artikel 84 EPÜ, da die darin als fakultativ aufgeführten technischen Merkmale den Schutzumfang nicht einschränkten und daher überflüssig seien.
IV. Die Anmelderin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Mit der Beschwerdebegründung erklärte sie, der bisherige Hauptantrag werde beibehalten.
V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK erläuterte die Kammer ihre vorläufige Einschätzung und teilte unter anderem mit, dass bezüglich Anspruch 2 noch Bedenken im Hinblick auf Artikel 123(2) EPÜ bestünden.
VI. Eine mündliche Verhandlung fand am 26. Mai 2015 statt. Dabei legte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag vor, der sich vom bisherigen Hauptantrag lediglich durch Änderungen in Anspruch 2 unterschied.
Der geänderte Anspruch 2 hat den folgenden Wortlaut:
"2. Mund- und Zahnpflege- und -reinigungsmittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß es 12 bis 60 Gew.-%, vorzugsweise 15 bis 50 Gew.-%, besonders bevorzugt 17 bis 40 Gew.-% und insbesondere 20 bis 35 Gew.-% Sorbit und/oder Glycerin und/oder 1,2-Propylenglycol enthält."
VII. Im Hinblick auf die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ argumentierte die Beschwerdeführerin wie folgt: Regel 43(3) EPÜ sei eine "kann"-Bestimmung, die abhängige Ansprüche erlaube, aber keinen Zwang aufstelle. Die Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt C-III, 4.9 betreffend fakultative Merkmale stellten kein Verbot der von der Prüfungsabteilung gerügten Begriffe "vorzugsweise", "bevorzugt" und "insbesondere" dar, sondern verlangten vielmehr eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall daraufhin, ob diese Begriffe keine Unklarheit hervorrufen könnten. Dass aus der beanstandeten Formulierung tatsächlich Unklarheiten resultierten, welche das Verständnis des Gegenstandes erschwerten, für welchen Schutz begehrt werde, habe die Prüfungsabteilung nicht dargelegt. Vielmehr beschränkten sich die in der Zurückweisungsentscheidung gerügten "Unklarheiten" einzig auf Zweifel bezüglich der möglichen Zahl abhängiger Ansprüche.
Weiterhin sei die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, da der Einwand und die Argumentation der Prüfungsabteilung zu Artikel 84 EPÜ im Widerspruch zu der sonst üblichen Praxis des EPA stünden, was aufgrund der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 2015 als Hauptantrag vorgelegten Anspruchssatzes zu erteilen. Zudem beantragte sie die Rückerstattung der Beschwerdegebühr.
1. Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
1.1 Der Gegenstand von Anspruch 2 des Hauptantrags wird gestützt von dem im Wortlaut identischen Anspruch 2 der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung in Kombination mit Anspruch 3, wo der Konzentrationsbereich 0,5 bis 3 Gew.-% bioaktives Glas offenbart ist.
1.2 Auch in Hinblick auf die Ansprüche 1 und 3 bis 9 sieht die Kammer keinen Anlass für Einwände unter Artikel 123(2) EPÜ.
1.3 Somit erfüllen die Ansprüche des geänderten Hauptantrags die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ.
2. Anforderungen von Artikel 84 EPÜ
2.1 In den Ansprüchen 2 und 4 bis 9 des Hauptantrags werden als fakultative Merkmale nach den Ausdrücken "vorzugsweise", "besonders bevorzugt" und "insbesondere" bevorzugte Bereiche (im Hinblick auf Gew.-%, Teilchengröße) oder bevorzugt auszuwählende Komponenten angegeben, die einen gegenüber dem zuerst aufgeführten obligatorischen Merkmal (breitester Bereich oder Klasse von Komponenten) eingeschränkten Umfang aufweisen. Anspruch 3 enthält diese Konstruktion nicht selbst, ist aber rückbezogen auf Anspruch 2.
2.2 Die von der Prüfungsabteilung herangezogene Regel 43(3) EPÜ beinhaltet kein Verbot einer solchen Anspruchsformulierung.
Regel 43(3) EPÜ besagt, dass zu jedem Patentanspruch, der die wesentlichen Merkmale der Erfindung wiedergibt, ein oder mehrere Patentansprüche aufgestellt werden können, die sich auf besondere Ausführungsarten dieser Erfindung beziehen.
Somit erlaubt die Regel die Aufstellung abhängiger Patentansprüche, um besondere Ausführungsarten zu beanspruchen. Dem Wortlaut der Regel ist aber weder zu entnehmen, dass die Aufnahme fakultativer Merkmale in einen Anspruch verboten wäre, noch lässt sich aus ihm ableiten, dass für jede besondere Ausführungsart, die in den Ansprüchen genannt werden soll, zwingend ein separater abhängiger Anspruch erstellt werden müsste.
2.3 Auch die ebenfalls von der Prüfungsabteilung angeführte Regel 43(4) EPÜ enthält keine einschlägige Bestimmung.
Regel 43(4) EPÜ gibt zunächst die allgemeinen Formerfordernisse an abhängige Ansprüche an, stellt sodann fest, dass es zulässig ist, wenn abhängige Ansprüche unmittelbar auf andere abhängige Ansprüche bezogen sind, und fordert schließlich, dass alle abhängigen Ansprüche, die sich auf einen oder mehrere vorangehende Ansprüche beziehen, soweit wie möglich und auf die zweckmäßigste Weise zusammenzufassen sind.
Für die Frage, ob in den vorliegenden Ansprüchen 2 bis 9 durch die Aufnahme fakultativer bevorzugter Ausführungsarten eine Mangel an Klarheit (Deutlichkeit) oder Knappheit entsteht, ist Regel 43(4) EPÜ somit nicht relevant.
2.4 Dass die Aufnahme fakultativer Merkmale in Patentansprüche grundsätzlich möglich ist, wird durch die Bestimmungen von Regel 43(3) und 43(4) EPÜ also nicht in Frage gestellt. Daher ist lediglich zu prüfen, ob durch die im vorliegenden Fall für die Ansprüche 2 und 4 bis 9 gewählte Form konkret ein Mangel an Klarheit und/oder Knappheit entsteht.
2.5 Diese Auffassung der Kammer stimmt im übrigen mit dem überein, was in den Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt (Fassung vom April 2010; C-III, 4.9) im Hinblick auf fakultative Merkmale ausgeführt wird, nämlich:
"Ausdrücke wie "vorzugsweise", "zum Beispiel", "wie z.B." oder "insbesondere" sind sorgfältig darauf zu prüfen, ob sie keine Unklarheit hervorrufen. Ausdrücke dieser Art bewirken keine Beschränkung des Schutzumfangs des Patentanspruchs, d.h. das nach einem derartigen Ausdruck stehende Merkmal ist als ganz und gar fakultativ zu betrachten."
Hieraus geht implizit hervor, dass die Einfügung fakultativer Merkmale im Anschluss an die genannten Ausdrücke nicht automatisch eine Unklarheit hervorruft, sondern dass vielmehr im Einzelfall zu prüfen ist, ob eine Unklarheit entsteht.
2.6 Am Beispiel von Anspruch 2 ist demgemäß festzustellen, dass die darin beanspruchten Zusammensetzungen 12 bis 60 Gew.-% der genannten Polyole (Sorbit und/oder Glycerin und/oder 1,2-Propylenglycol) enthalten, wobei Anspruch 2 somit als Unteranspruch eine bevorzugte Ausführungsform des Hauptanspruchs definiert.
Von der Anmelderin als noch besser geeignet befundene Zusammensetzungen enthalten 15 bis 50 Gew.-% der genannten Polyole.
Von der Anmelderin als wiederum besser geeignet befundene Zusammensetzungen enthalten 17 bis 40 Gew.-% der genannten Polyole.
Von der Anmelderin als wiederum noch besser geeignet befundene Zusammensetzungen enthalten 20 bis 35 Gew.-% der genannten Polyole.
Dabei stellen die Varianten mit 15 bis 50 Gew.-%, 17 bis 40 Gew.-% und 20 bis 35 Gew.-% progressiv bevorzugte Ausführungsformen innerhalb des Unteranspruchs dar.
Da diese Zusammenhänge gut verständlich sind, kann die Kammer keinen Mangel an Klarheit feststellen:
- Der Anspruchsumfang ist mit dem breitesten Konzentrationsbereich (12 bis 60 Gew.-%) eindeutig definiert.
- Die weiteren genannten Bereiche sind bevorzugte Bereiche. Im Hinblick auf Anspruch 2 handelt es sich um fakultative Merkmale. Diese wurden laut Beschwerdeführerin in den Anspruch aufgenommen, um mögliche Rückzugspositionen anzugeben.
- Alternativ hätten die bevorzugten Konzentrationsbereiche gemäß Regel 43(3) EPÜ auch in separaten abhängigen Ansprüchen aufgeführt werden können. Die bloße Existenz einer solchen formalen Alternative kann aber nicht zu konkreten Zweifeln bezüglich der Zahl der abhängigen Ansprüche Anlass geben.
2.7 Analog wie für Anspruch 2 erläutert sind auch die schrittweise in den Ansprüchen 4 bis 9 aufgeführten Einschränkungen zu verstehen, ohne dass dadurch ein Mangel an Klarheit entstünde.
2.8 Im Hinblick auf die fehlende Knappheit wurde seitens der Prüfungsabteilung beanstandet, dass die als fakultativ aufgeführten technischen Merkmale den Schutzumfang nicht einschränkten und daher überflüssig seien.
Aus Sicht der Beschwerdeführerin erfüllen die fakultativen bevorzugten Merkmale den Zweck, mögliche Rückzugspositionen im weiteren Verfahren oder gegebenenfalls in einem Einspruchsverfahren abzustecken.
Allgemein betrachtet ist es denkbar, dass sich die von der Beschwerdeführerin gewählte Form im Vergleich mit einem Anspruchssatz, der für jedes zusätzliche Merkmal einen separaten abhängigen Anspruch enthält, in bestimmten Fällen als weniger übersichtlich erweisen könnte, insbesondere dann, wenn sehr viele zusätzliche Merkmale unterzubringen sind.
Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass die Verwendung der fakultativen bevorzugten Merkmale sich im vorliegenden Fall in vertretbaren Grenzen hält, da die Verständlichkeit nicht beeinträchtigt und der zur Analyse der Ansprüche erforderliche Aufwand durch die Anwesenheit dieser Merkmale nicht in unzumutbarem Maße erhöht wird.
2.9 Die Kammer teilt aus den genannten Gründen die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass sich bei Prüfung der abhängigen Ansprüche aufgrund der enthaltenen fakultativen bevorzugten Ausführungsformen kein beanstandungswürdiger Mangel an Klarheit oder Knappheit ergibt.
2.10 Die vorliegenden Ansprüche erfüllen somit die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ.
3. Rückzahlung der Beschwerdegebühr (Regel 103(1)a) EPÜ)
3.1 Laut Regel 103(1)a) EPÜ wird die Beschwerdegebühr zurückgezahlt, wenn der Beschwerde abgeholfen oder ihr durch die Beschwerdekammer stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht.
3.2 Ein wesentlicher Verfahrensmangel muss verfahrensrechtlicher Natur sein. Eine Fehlbeurteilung durch die erste Instanz wird in der Regel nicht als wesentlicher Verfahrensmangel angesehen, der die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen würde (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, siebte Auflage, September 2013, IV.E.8.3.5)
3.3 Wie im Sachverhalt unter Punkt VII ausgeführt, besteht nach Ansicht der Beschwerdeführerin der Verfahrensfehler der Prüfungsabteilung im Wesentlichen in einer unrichtigen Beurteilung des Klarheitserfordernisses, die darauf zurückzuführen sei, dass die Anspruchsfassung im konkreten Einzelfall nicht sorgfältig geprüft worden sei, was jedoch im Widerspruch zu den Prüfungsrichtlinien stehe und somit dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspreche. Zudem sei auch die Heranziehung der Regel 43 (3) und (4) EPÜ nicht geeignet, einen Klarheitseinwand zu begründen.
3.4 Zunächst ist hierzu auszuführen, dass die Kammer den von der Prüfungsabteilung erhobenen Klarheitseinwand nicht teilt (vgl. oben Entscheidungsgründe Nr. 2) und daher im Ergebnis zu einer anderen Beurteilung gelangte.
Dem Einwand der Beschwerdeführerin, dass sich die Prüfungsabteilung nicht mit dem konkreten Anspruchswortlaut und den konkret beanspruchten Gegenständen auseinandergesetzt hat, kann die Kammer jedoch nicht folgen. Die Prüfungsabteilung gelangte bei ihrer Prüfung im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass die durch die Verwendung der Ausdrücke "vorzugsweise", "besonders bevorzugt" und "insbesondere" definierten bevorzugte Bereiche und Komponenten zu einer unüberschaubaren Vielzahl möglicher Ausführungsarten pro Anspruch führten, die einen Klarheitseinwand rechtfertigten. Dieser Einwand ist nach Ansicht der Kammer grundsätzlich nachvollziehbar und erfolgte offensichtlich in der Auseinandersetzung mit der konkreten Anspruchsfassung, die der Entscheidung zugrunde lag. Allein aus der Tatsache, dass andere Prüfungsabteilungen in ähnlichen Fällen keinen entsprechenden Einwand erhoben haben, kann jedoch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz abgeleitet werden. Wie von der Beschwerdeführerin selbst vorgetragen, erfordern die Richtlinien eine sorgfältige Prüfung, die auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abstellen. Es ist daher keinesfalls ausgeschlossen oder abwegig, dass ein entsprechender Klarheitseinwand nach einer Evaluierung der Umstände des Einzelfalls erhoben werden kann. Auch wenn die Beschwerdekammer dem von der Prüfungsabteilung erhobenen Klarheitseinwand inhaltlich nicht folgt, stellt das Vorgehen der Prüfungsabteilung weder eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes noch einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Auch der Umstand, dass die von der Prüfungsabteilung zur Stützung des Klarheitseinwandes herangezogene Regel 43 (3) und (4) EPÜ nach Auffassung der Kammer hierzu nicht geeignet ist (vgl. oben Entscheidungsgründe Nr. 2.22.2 bis 2.42.4 ), kann an dieser Schlussfolgerung nichts ändern.
3.5 Daher kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Beschwerdegebühr nicht zurückzuzahlen ist, weil kein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anweisung, ein Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 2015 als Hauptantrag vorgelegten Anspruchssatzes und einer noch anzupassenden Beschreibung zu erteilen.
3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.