T 2352/13 (Statement) 04-03-2014
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Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (ja)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - angefochtene Entscheidung ausreichend begründet (nein)
Wesentlicher Verfahrensmangel - (ja)
Ein bloßes Statement mag zur Begründung genügen, wenn die dahinter stehende Argumentation des Spruchkörpers auf den ersten Blick erkennbar ist und der Punkt im Verfahren nicht besonders kontrovers diskutiert wurde.
Hat im Hinblick auf einen im Patent verwendeten Begriff eine Partei aber ausführlich zum allgemeinen Verständnis des Fachmanns vorgetragen und Beweismittel mit Belegstellen vorgelegt, obliegt es der Prüfungs- bzw. Einspruchsabteilung, zu dieser Argumentation Stellung zu nehmen.
I. Die Prüfungsabteilung wies am 20. Juni 2013 die europäische Patentanmeldung Nr. 09 179 096.4 aufgrund von Artikel 52, 56 EPÜ zurück, da der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 sowohl in der Fassung des Haupt- als auch in denjenigen der vier Hilfsanträge, datierend jeweils vom 26. April 2013, für den Fachmann aus einer Kombination der Dokumente D5 [US 35 10 146 A] mit D3 [US 24 70 237 A] (bzw. D7 [GB 433 642 A], D1 [FR 446 185 A], D2 [US 53 78 006 A]) nahegelegen habe.
II. Hiergegen richtet sich die am 4. Juli 2013 eingelegte und am 18. Oktober 2013 (unter Einreichung neuer Anspruchssätze) begründete Beschwerde der Patentanmelderin, der die Prüfungsabteilung am 15. November 2013 in der Sache abgeholfen hat.
III. Zu entscheiden ist vorliegend nur noch der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr, dem die Prüfungsabteilung in ihrer Abhilfeentscheidung nicht stattgegeben hat.
IV. Die Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) rügt insoweit das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels, da die Prüfungsabteilung auf Kernpunkte ihrer schriftsätzlich, insbesondere am 26. April 2013 vorgebrachten Argumentation nicht eingegangen sei, so dass nicht erkennbar sei, ob sie bei der Prüfungsabteilung tatsächlich rechtliches Gehör gefunden habe.
V. Sie trägt insoweit vor:
Eine erste amtliche Stellungnahme zur Patentierbarkeit der ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen habe die Beschwerdeführerin mit der Stellungnahme zur europäischen Recherche, die dem erweiterten europäischen Recherchenbericht vom 29.11.2010 beigefügt gewesen sei, erhalten.
In Abschnitt 4.1 der Stellungnahme habe der zuständige Sachprüfer unter anderem vorschlagsweise darauf hingewiesen, dass die Betonung eines zweistückigen Teils (gemeint sei damit wohl die im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 genannte Endbereichs-Befestigungsanordnung gewesen) zur Erteilung eines europäischen Patents führen könnte.
Die Beschwerdeführerin habe sich jedoch abweichend vom Vorschlag des zuständigen Prüfers zunächst für eine andere Abgrenzung entschieden und in Erwiderung auf die Mitteilung des EPA gemäß Regel 70a EPÜ vom 20. Juni 2011 am 9. Dezember 2011 unter anderem geänderte Ansprüche und geänderte Beschreibungsseiten eingereicht und zur Patentfähigkeit der vorgelegten geänderten Anspruchsunterlagen vorgetragen.
Hierauf habe die Beschwerdeführerin einen ersten Prüfungsbescheid gemäß Artikel 94 (3) EPÜ vom 27. Januar 2012 erhalten, mit welchem die Prüfungsabteilung den zuletzt eingereichten geänderten Anspruchssatz vom 9. Dezember 2011 als nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhend beschieden habe.
In Erwiderung hierauf habe die Beschwerdeführerin am 24. April 2012 wiederum geänderte Ansprüche und geänderte Beschreibungsseiten zusammen mit einer Argumentation zugunsten der Gewährbarkeit der Ansprüche eingereicht, wobei die Beschwerdeführerin das im ursprünglichen Anspruch 4 enthaltene Merkmal einer mehrteiligen Ausbildung der Endbereichs-Befestigungsanordnung in den bis dahin bestehenden Anspruch 1 aufgenommen habe.
Auf die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 24. April 2012 habe diese von der Prüfungsabteilung mit Datum vom 7. März 2013 eine Ladung zur mündlichen Verhandlung erhalten. Der Ladung sei ein Bescheid beigelegen, mit dem die Prüfungsabteilung erstmals auf den am 24. April 2012 eingereichten geänderten unabhängigen Anspruch 1 eingegangen sei.
Dieser Bescheid habe in Abschnitt 2.2.1 auf Blatt 5, dort ganz oben, die für die Beschwerdeführerin unverständliche Anmerkung enthalten, die Prüfungsabteilung interpretiere im Sinne der vorliegenden Anmeldung den Begriff "mehrteilig" nicht dahingehend, dass mehrere separate Bauteile vorhanden seien. Eine Erläuterung, welches positive Verständnis die Prüfungsabteilung dem Begriff "mehrteilig" stattdessen beimesse, habe der Bescheid vom 7. März 2013 nicht enthalten.
Rechtzeitig innerhalb der in der Ladung gesetzten Frist zur Einreichung vorbereitender Schriftsätze habe die Beschwerdeführerin am 26. April 2013 einen umfangreichen Schriftsatz eingereicht, in welchem sie zunächst die Anmeldungsunterlagen vom 24. April 2012 als Hauptantrag verteidigte und darüber hinaus vier zunehmend eingeschränkte Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 4 vorgelegt habe, zu deren Gewährbarkeit sie ebenfalls ausführlich Stellung genommen habe.
Die Verteidigung des Hauptantrags durch die Beschwerdeführerin im vorbereitenden Schriftsatz vom 26. April 2013 habe zu allen von der Prüfungsabteilung geltend gemachten Patentierungshindernissen ausführlich und mit verschiedenen Nachweisen Stellung genommen:
Unter Hinweis auf die Richtlinien für die Prüfung im europäischen Patentamt F-IV.4.2 habe sie ausgeführt, dass für den Begriff "mehrteilig" das von der Prüfungsabteilung explizit ausgeschlossene Begriffsverständnis das eigentlich alleine zutreffende sei.
Weiterhin habe sie aufgrund der mit Schriftsatz vom 26. April 2013 vorgelegten Lehrbuchauszüge El und E2 das fachübliche Verständnis von "Klemmeingriff" bzw. "Klemmverbindung" dokumentiert.
Die Prüfungsabteilung habe im vorangehenden Bescheid vom 7. März 2013 ohne jeglichen Nachweis behauptet, die Druckschriften D2 und D3 offenbarten einen "Klemmeingriff".
Die Dokumentenauszüge El und E2 hätten belegt, dass die in den Druckschriften D2 und D3 gezeigten Bauteilverbindungen tatsächlich nicht dem fachmännischen Verständnis von einem Klemmeingriff unterfielen und daher solche nicht offenbarten. Weiter habe die Beschwerdeführerin nachgewiesen, dass die in der vorliegenden Anmeldung zum Ausdruck kommende Bedeutung und Reichweite eines Klemmeingriffs vollständig mit jener fachüblichen Bedeutung und Reichweite übereinstimme, die aus den Dokumentenauszügen El und E2 hervorgingen.
Schließlich sei im Schriftsatz vom 26. April 2013 gegen die von der Prüfungsabteilung im Bescheid vom 7. März 2013 entgegengehaltene mangelnde erfinderische Tätigkeit substanziiert und im Hinblick auf jede einzelne von der Prüfungsabteilung erkennbar angezogene Dokumentenkombination vorgetragen worden. Für einige Druckschriften des Standes der Technik habe sich anhand ihrer Offenbarung ein falsches Verständnis der Prüfungsabteilung vom Inhalt dieser Druckschriften nachweisen lassen. Für andere Druckschriften sei anhand des aus den Lehrbuchauszügen El und E2 und der vorliegenden Anmeldung hergeleiteten Verständnisses von der Bedeutung und Reichweite des Begriffs "Klemmeingriff" deren mangelnde Relevanz belegt worden.
Ein Vergleich des mit der vorliegenden Beschwerde angegriffenen Zurückweisungsbeschlusses mit dem Bescheid vom 7. März 2013 zeigt, dass der allergrößte Teil des Bescheids vom 7. März 2013 durch Kopieren und Einfügen ohne Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumente zum Zurückweisungsbeschluss betreffend den Hauptantrag geworden sei.
Im Zurückweisungsbeschluss sei abweichend vom Bescheid vom 7. März 2013 lediglich erstmals erläutert, wie die Prüfungsabteilung tatsächlich den Begriff "mehrteilig" in der vorliegenden Anmeldung verstanden wissen wolle.
Die übrige Begründung der Zurückweisung des Hauptantrags entspreche bis auf geringfügige Änderungen, etwa in den zitierten Textstellen, wortwörtlich dem Bescheid vom 7. März 2013, mit der Maßgabe, dass die im Bescheid vom 7. März 2013 lediglich per Verweisung auf den Recherchenbericht enthaltenen Zitatstellen der Druckschriften Dl, D2 und D7 im Zurückweisungsbeschluss als Seiten- bzw. Spalten- und Zeilenangaben aufgeführt seien.
Daher lasse der mit der vorliegenden Beschwerde angegriffene Beschluss keinerlei Auseinandersetzung der Prüfungsabteilung mit den von der Beschwerdeführerin zwischenzeitlich ausführlich vorgetragenen Argumenten und Nachweisen zur Gewährbarkeit des Hauptantrags erkennen. Dies sei nach der einschlägigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern als Verletzung des rechtlichen Gehörs und wesentlicher Verfahrensfehler zu werten.
1. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist zulässig.
Er wurde aufgrund von Regel 103(1) EPÜ zusammen mit der Beschwerde gestellt, noch bevor der Beschwerde in der Sache abgeholfen wurde (T 0242/05). Da im Rahmen der Abhilfeentscheidung die beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht gewährt wurde, ist zur Entscheidung die Beschwerdekammer zuständig, die über die Beschwerde in der Sache zu entscheiden gehabt hätte (Regel 103(2) EPÜ, J 0032/05, G 0003/03), hier also die technische Beschwerdekammer.
2. Der Antrag ist auch begründet.
2.1 Nach Regel 103(1)a EPÜ wird die Beschwerdegebühr zurückgezahlt, wenn
- der Beschwerde abgeholfen oder stattgegeben wird;
- ein wesentlicher Verfahrensfehler vorgelegen hat und:
- die Rückzahlung deswegen der Billigkeit entspricht.
Die Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben:
2.2 Die Prüfungsabteilung hat der Beschwerde am 15. November 2013 gemäß Artikel 109(1) EPÜ in der Sache abgeholfen.
2.3 Ein wesentlicher Verfahrensfehler liegt in der Versagung rechtlichen Gehörs. Artikel 113(1) EPÜ bestimmt insoweit, dass Entscheidungen des Amtes nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern, ist dem nur Rechnung getragen, wenn eingegangene Äußerungen auch zur Kenntnis genommen und gewürdigt werden. Daher müssen Entscheidungen des Amtes eine Auseinandersetzung mit den grundlegenden Argumenten der Parteien erkennen lassen (J 0007/82, T 0740/93, T 0177/98, T 0763/04, T 740/94). Die Kammer in T 0246/08 führte insoweit aus: "In brief, a decision must show that all potentially refutative arguments adduced by a party are actually refutable." Die bloße Wiedergabe des Vortrags der Parteien genügt insoweit nicht; vielmehr muss aus den Gründen hervorgehen, dass bei der Entscheidungsfindung auch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit deren Kernargumenten stattgefunden hat. Insbesondere ist es geboten, die auf Bescheide des Amtes hin eingegangenen Stellungnahmen auch bei der abschließenden Entscheidung des Amtes zu berücksichtigen. So führte die Kammer in T 1997/08 (Gründe, Punkt 4.3) aus: "Die Prüfungsabteilung hat auch wohl die Bedeutung dieser Bescheidserwiderung anerkannt und sie in ihrer Entscheidung kurz und treffend zusammengefasst, ... somit das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Bescheidserwiderung zur Kenntnis genommen. Dies ist jedoch kein Beweis dafür, dass die Prüfungsabteilung dieses Vorbringen auch in der Begründung der angefochtenen Entscheidung tatsächlich in Erwägung gezogen hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert die Bereitschaft vom EPA zur Kenntnisnahme und Berücksichtigung des Vorbringens eines Beteiligten (vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, Einleitung Rdn 237, und T 0094/84 EPA ABl. 86,337). Das Recht auf rechtliches Gehör ist somit nicht bereits dann gewährt, wenn die entscheidende Instanz eine Erwiderung auf den einzigen Bescheid entgegennimmt und zusammenfasst. Dieser Grundsatz umfasst auch die Pflicht, die Bescheidserwiderung, wenn sie offenbar die Entscheidungsgründe betrifft und möglicherweise darauf eine Auswirkung haben könnte, in der Begründung der Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Nur dann ist das rechtliche Gehör gewährt worden."
2.4 Hieran fehlt es vorliegend. Die Prüfungsabteilung hat wesentliche Punkte im Vortrag der Beschwerdeführerin nicht, jedenfalls nicht erkennbar, zur Kenntnis genommen und sich mit der maßgebenden Argumentation in ihrer Entscheidung nicht auseinander gesetzt. So hat die Beschwerdeführerin in ihrer Bescheidserwiderung vom 26. April 2013 auf mehr als sechs Seiten (S. 7 - 13) unter Heranziehung verschiedener Belegstellen aus dem Stand der Technik und der das allgemeine Fachwissen des Fachmanns begründenden Literatur das ihrer Meinung nach gebotene Verständnis der Begriffe Klemmeingriff und Klemmverbindung dargelegt. Abschließend konstatierte sie (S. 13): "Die Beschwerdeführerin hat somit durch Vorlage der Dokumente El, E2 und E3 nachgewiesen, dass die Dokumente D2 und D3 nach fachmännischem Verständnis keine Klemmverbindungen bzw. Klemmeingriffe offenbaren. Von der Prüfungsabteilung wurde bisher zwar das Gegenteil behauptet, ein entsprechender Nachweis, der die von der Prüfungsabteilung gemachten, für die Beschwerdeführerin äußerst nachteiligen Behauptungen stützen würde, ist bisher nicht erfolgt."
Dennoch hat die Prüfungsabteilung auch danach in ihrer Entscheidung vom 20. Juni 2013 zu diesen Punkten keinerlei weitere Erläuterungen und Belege angeführt, sondern im Wesentlichen ihre Feststellung aus dem Bescheid vom 7. März 2013 ohne nähere Begründung wörtlich übernommen. In der nachfolgenden Gegenüberstellung ist der aus dem Bescheid übernommene Text kursiv gedruckt und die Hinzufügungen in der Entscheidung vom 20. Juni 2013 unterstrichen gedruckt wiedergegeben; ersetzte Passagen sind durchgestrichen gedruckt. Warum das Dokument D3 entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin einen "Klemmeingriff" offenbart und "dieselben Vorteile wie die vorliegende Anmeldung" zeigt, wird darin nicht deutlich. Die von der Prüfungsabteilung hinzugefügten Passagen beziehen sich im Wesentlichen auf das ebenfalls kontrovers diskutierte Merkmal "mehrteilig". Eine Antwort auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Fragen betreffend die Klemmverbindung ist auch ihnen nicht zu entnehmen:
"2.2 Zur erfinderischen Tätigkeit
2.2.1 Hauptantrag
D5 zeigt den Oberbegriff des Anspruchs 1:
Lastkraftwagen (1 0)-Anhängerkupplungsaufnahmetraverse (12,1 3) umfassend eine sich längs einer Tragrohrbaugruppen-Längsachse erstreckende Tragrohrbaugruppe (1 2,13) mit wenigstens zwei Tragrohren (12,13), wobei die Lastkraftwagen-Anhängerkupplungsaufnahmetraverse eine an der Tragrohrbaugruppe (12,13) vorgesehene Anhängerkupplungsaufnahme (20) aufweist, welche dazu ausgebildet ist, eine Anhängerkupplung (32) mit einer zur Tragrohrbaugruppen-Längsachse im Wesentlichen orthogonalen Kupplungs-Zugrichtung (fig.1) aufzunehmen, sowie ferner umfassend wenigstens eine Endbereichs-Befestigungsanordnung (18), welche einen ersten Befestigungsabschnitt (derjenige Teil der Endbereichs-Befestigungsanordnung (18), in dem die Enden der Rohre der Tragrohrbaugruppe befestigt sind) zur Befestigung der Endbereichs-Befestigungsanordnung (18) an einem Längsendbereich der Tragrohrbaugruppe (12,13) und einen zweiten Befestigungsabschnitt zur Befestigung der Endbereichs-Befestigungsanordnung (18) an einem Rahmen (Sp.2, Z.67-70) eines Lastkraftwagens aufweist.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von der bekannten Lastkraftwagen-Anhängerkupplungsaufnahme-traverse dadurch, dass:
- der erste Befestigungsabschnitt (28; 118) der Endbereichs-Befestigungsanordnung (24; 124; 224) zum Klemmeingriff mit der Tragrohrbaugruppe (18; 118; 218) ausgebildet ist, wobei die Endbereichs-Befestigungsanordnung (24; 1 24; 224) mehrteilig* ausgebildet ist.
* Anmerkung: [deleted: Mehrteilig]
Es wird darauf hingewiesen, dass zwei- bzw. mehrteilig im Sinne dieser Anmeldung durch die Prüfungsabteilung nicht dahingehend interpretiert wird, dass mehrere separate, durch einen Spalt bzw. eine Materialunterbrechung voneinander getrennte, also bspw. durch ein Gelenk verbundene Bauteile vorhanden sind. [deleted: Allerdings wäre auch die Formulierung, dass mehrere separate Bauteile vorhanden sind, nicht erfinderisch, da diese ebenfalls in D3 gezeigt werden, vgl. Abb.2 (28,44)]Die Prüfungsabteilung betrachtet mehrere Bauteile lediglich als klar definierte und voneinander abzugrenzende Teile eines Körpers (die auch an einem einzigen monolithischen Gegenstand vorhanden sein können). Als ein Beispiel sei an einen Schraubenzieher erinnert (der ebenfalls monolithisch ausgebildet sein kann), der aus den beiden Bauteilen Griff und einem länglichen Fortsatz am vorderen Ende des Griffes zum Kontakt mit der Schraube besteht. Trotz der beiden Bauteile besteht der (monolithische) Schraubenzieher nicht aus mehreren separaten Bauteilen, so wie dies der Anmelder in seiner Patentanmeldung durch die Prüfungsabteilung interpretiert sehen möchte. Insofern kann hier auch keine, wie vom Anmelder in seinem Schreiben vom 26.04.2013 erwähnt, unlogische oder technisch unsinnige Auslegung des Anspruchs erkannt werden. Die Interpretation, wie sie von der Prüfungsabteilung angewendet wird, ergibt technisch durchaus einen Sinn, was gerade durch den Stand der Technik glaubhaft belegt wird, bspw. D2: einteilige Klemmanordnung durch eine Presspassung (D2: Sp.3, Z.21-26). Ist vom Anmelder darüber hinaus eine weitergehende Abgrenzung vom Stand der Technik gewünscht, so ist diese durch zusätzliche Merkmale bspw. einem Gelenk zwischen den Bauteilen oder der Betonung einer nichtmonolithischen Bauweise im Anspruch hervorzuheben.
Die mit der vorliegenden Erfindung zu lösende Aufgabe kann somit darin gesehen werden, eine alternative Befestigungsmöglichkeit der Endbereichs-Befestigungsanordnung an der Tragrohrbaugruppe zu finden.
Die in Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung vorgeschlagene Losung kann aus folgenden Gründen nicht als erfinderisch angesehen werden (Artikel 52 (1) und 56 EPU):
Dokument D3 beschreibt hinsichtlich des fehlenden Merkmals aus D5 dieselben Vorteile wie die vorliegende Anmeldung, vgl. [deleted: Abb.2,3 (2844); Sp.1, Z.49-Sp.2, Z.4; Sp.2, Z.30-40.][deleted: ]Sp.2, Z.30-36; Z.47- Sp.3, Z.3; Abb.2,3 (30,44,54,58)
Auch die Formulierung, dass mehrere voneinander getrennte Bauteile vorhanden sind, wäre nicht erfinderisch, da diese ebenfalls in D3 gezeigt werden, vgl. Abb.2 (28,44).
Dieses Merkmal ist ebenso in den Dokumenten Dl, D2 bzw. D7 vorhanden, [deleted: vgl. die zitierten Passagen im Recherchebericht.]vgl.:
Dl: Si, Z.21-27; Abb.1-3 (J,P,S,T)
D2: Sp.3, Z.21 -30 (press fitted"); Abb.2,3,5 (41,91,63,69,71 73)
D7: S.2, Sp.2, Z.74-102;Abb.i(2,6,7)
Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 erfüllt daher nicht die Erfordernisse des EPÜ in Bezug auf erfinderische Tätigkeit (Artikel 52(1) und 56 EPÜ).
Der Hinweis, wonach in D2, Sp.3, Z.21-26, eine "einteilige Klemmanordnung durch eine Presspassung" zu finden sei, wird nicht in Bezug zur Argumentation der Beschwerdeführerin gesetzt und bleibt damit ein bloßes, nicht begründetes, Statement. Ein solches mag in anderen Fällen genügen, wenn die dahinter stehende Argumentation des Spruchkörpers auf den ersten Blick erkennbar ist und der Punkt im Verfahren nicht besonders kontrovers diskutiert wurde. Wenn aber, wie im vorliegenden Fall, eine Partei im Hinblick auf einen im Patent verwendeten Begriff ausführlich zum allgemeinen Verständnis des Fachmanns vorgetragen und dazu auch noch Beweismittel mit Belegstellen aus dem Stand der Technik und dem allgemeinen Fachwissen vorgelegt hat, obliegt es der Prüfungs- bzw. Einspruchsabteilung, zu dieser Argumentation Stellung zu nehmen.
2.5 Der Verfahrensmangel war auch ursächlich für die Beschwerdeeinlegung und potentiell ursächlich für die Abhilfeentscheidung. Die Anmelderin hat im Verfahren stets kooperiert. Sonstige Gesichtspunkte, die die Billigkeit der Rückzahlung in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Verzicht auf die ursprünglich beantragte mündliche Verhandlung stellt für sich genommen die Billigkeit der Rückzahlung nicht in Frage, da die Anmelderin ihre Argumente rechtzeitig schriftlich vorgebracht hat und ausreichend deutlich war, dass ihr Verzicht auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht als Verzicht auf die von ihr schriftlich vertretenen Standpunkte zu verstehen war (T 1360/05, T 1365/05).
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerdegebühr ist zurückzuerstatten.