T 0575/17 (Standard-Verfahren, Plausibilität) 16-09-2021
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Isoliertes Metallsubstrat mit einem metallenen Implantat
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
I. Die Beschwerde des Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent EP 2 101 550 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten. Die Erfindung betrifft ein isoliertes Metallsubstrat mit einem metallenen Implantat.
II. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand in der vorangekündigten Abwesenheit der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) statt. Der Beschwerdeführer (Einsprechender) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte schriftlich, die Beschwerde des Einsprechenden zurückzuweisen und das Patent in der geänderten Fassung aufrecht zu erhalten.
III. Folgende Dokumente werden in dieser Entscheidung zitiert:
D1 = EP 1 635 403 A1
E1 = DE 33 15 583 A1
E2 = DE 199 49 429 C1
E3 = FR 2 413 016 A1
E5 = DE 10 2004 036 960 A1
E6 = US 4 993 148 A1
IV. Hervorhebungen (Fett, Hinzufügungen, [deleted: Streichungen]) und die Merkmalsbezeichnungen in Zitaten wurden von der Kammer hinzugefügt.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt
(A) Isoliertes Metallsubstrat (1) mit einem Metallsubstrat (12),
(B) an dessen Oberseite eine Isolationsschicht (11) mit elektrischen Bahnen (10) angeordnet ist,
(C) an die wenigstens ein elektrisches Bauteil (2, 20, 200) angeschlossen oder anschließbar ist, dadurch
gekennzeichnet,
(D) dass das Metallsubstrat (12) mit wenigstens einer Ausnehmung (120) versehen ist,
(E) in die ein metallenes Implantat (124, 125) eingesetzt ist,
(F) dessen Abmessungen zumindest annähernd denjenigen der Ausnehmung (120) entsprechen
(G) und das der Montage wenigstens eines elektrischen Bauteils (2, 20, 200) dient.
VI. Die Argumentation der Parteien kann folgendermaßen zusammengefasst werden:
a) der Einsprechende argumentierte im Wesentlichen, dass
i) der Gegenstand von Anspruch 1 im Lichte des unklaren Anspruchwortlauts und der unklaren Aufgabe bzw. Wirkweise der Erfindung nicht ausführbar sei;
ii) die Begriffe "annähernde Abmessung", "isoliertes Metallsubstrat", "Schicht" und "Implantat" im breitesten Sinne ihres Wortlautes ausgelegt werden können;
iii) Anspruch 1 nicht neu gegenüber von D1, E1, E2, E3, E5 und E6 sei;
iv) insbesondere ausgehend von E6 der Gegenstand von Anspruch 1 auch nicht erfinderisch sei.
b) die Patentinhaberin argumentierte im Wesentlichen, dass
i) die Erfindung ohne technische Schwierigkeiten ausführbar sei;
ii) der Begriff "isoliertes Metallsubstrat" eine hauchdünne Isolationsschicht impliziere und der Begriff "Implantat" einen Materialaustausch; folglich sei der Anspruchsgegenstand neu und erfinderisch.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die beanspruchte Erfindung
2.1 Die Erfindung betrifft ein isoliertes Metallsubstrat. Solche Metallsubstrate weisen einen metallenen Träger auf, der mit einer Isolationsschicht versehen ist, auf der elektrische Leiterbahnen angeordnet sind. Die Verlustleistung elektrischer Bauteile, die auf dem isolierten Metallsubstrat angeordnet und mit den elektrischen Leiterbahnen verbunden sind, wird durch die gut wärmeleitende Isolationsschicht auf das Metallsubstrat übertragen und abgeführt.
2.2 Besonders vorteilhaft ist die Anordnung von Bauteilen in einer beispielsweise kegelförmigen Ausnehmung des Metallsubstrats, die als Reflektor für die von den Bauteilen (z.B. LEDs) abgegebene Strahlung dient. Allerdings wurden in solch einer Konfiguration erhöhte Ausfälle von elektrischen Bauteilen beobachtet.
2.3 Aufgabe der Erfindung ist es, isolierte Metallsubstrate derart zu verbessern, dass die Häufigkeit von Ausfällen elektrischer Bauteile signifikant reduziert wird. Es wird vorgeschlagen, eine Aussparung im Metallsubstrat mit einem metallenem Implantat auszufüllen und das Bauteil auf das Implantat zu montieren (siehe Patentschrift, Absätze [0001] bis [0014]).
3. Ausführbarkeit
3.1 "Abmessungen", "annähernd"
3.1.1 Der Einsprechende hat bzgl. Merkmal (F) beanstandet, dass der Begriff "Abmessungen" im unabhängigen Anspruch und auch in der Beschreibung nicht näher definiert sei. Somit müsse der Leser der Patentschrift davon ausgehen, dass sich Implantat und Ausnehmung weitgehend entsprechen. Lediglich geringfügige Abweichungen seien durch den unklaren und vagen Begriff "annähernd" möglich. Insbesondere das Ausführungsbeispiel nach Fig. 4 des Streitpatents zeige jedoch ein metallenes Implantat 124, welches gravierend von der Form der Ausnehmung abweiche:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIKFig. 4 des Streitpatents
3.1.2 So verfüge das metallene Implantat nach Fig. 4 des Streitpatents seinerseits über eine Ausnehmung in einem zentralen Bereich. Das Volumen des Implantats sei noch nicht einmal 50% des Volumens der Ausnehmung. Im zentralen Bereich weise das Implantat lediglich eine Dicke von einem Bruchteil der Dicke der Ausnehmung auf.
3.1.3 Es könne nicht die Rede davon sein, dass die Abmessungen des Implantats 124 nach Fig.4 den Abmessungen der Ausnehmung nach Fig. 4 entsprächen. Bestenfalls entsprächen einander die äußeren Abmessungen, d.h. der Außendurchmesser des Implantats und der Innendurchmesser der Ausnehmung. Der Begriff "annähernde Übereinstimmung" der Abmessungen umfasse jedoch sowohl, dass eine Berührung des Implantats und der Ausnehmung wünschenswert/notwendig sei, als auch, dass diese gerade vermieden werden solle.
3.1.4 Aus der Patentschrift könne abgeleitet werden (Abschnitte [0004], [0005], [0008], [0015]), dass der erfindungsgemäße Zweck des Implantats die thermische Kopplung des Implantats an das metallische Substrat sei, um damit die Ausfallhäufigkeit durch thermisch verursachte Schäden zu optimieren. Dies könne jedoch nur erreicht werden, wenn eine Berührung zwischen der Außenwand des Implantats und der Innenseite der Ausnehmung gegeben sei. Dies stehe jedoch im Widerspruch zur lediglich annähernden Übereinstimmung der Abmessungen, welche einen Luftspalt zwischen den Bauteilen ermögliche.
3.1.5 Andererseits habe die Patentinhaberin in ihrer letzten Eingabe argumentiert, dass durch die Erfindung die Wärmeleitfähigkeit gerade nicht verbessert werde, bzw. verbessert werden soll. Es trete sogar eher eine Verschlechterung auf. Um die Ausfallhäufigkeit der Bauteile zu reduzieren (Aufgabe gemäß Abschnitt [0010] der Patenschrift) müssten dann andere Effekte auftreten, die aber weder in der Patentschrift noch durch die Aufführungen der Patentinhaberin erkennbar seien. Denkbar wären mechanische Effekte (Ausgleich von thermischen Spannungen) oder elektrische Effekte (elektrische Isolierung). Beide würden erfordern, dass eben gerade ein Luftspalt zur elektrischen Isolation oder als mechanischer Puffer nötig seien, um einen Schaden bei mechanischer Ausdehnung oder durch Kurzschluss zu vermeiden. Da die Aufgabe und Wirkweise der Erfindung sowohl in Anbetracht der Offenbarung in der Beschreibung als auch durch die Ausführungen der Patentinhaberin unklar seien, wisse die Fachperson nicht, wie er das Merkmal "annähernd" auszuführen habe. Die Erfindung sei somit nicht ausführbar, da sich abhängig von der erwünschten Wirkung des Implantats eine nicht funktionierende Lösung ergäbe, wenn ein oder eben kein Luftspalt zwischen dem Implantat und dem metallischen Substrat verbleibe.
3.1.6 Die Kammer ist der Meinung, dass die Patentschrift mehrere Beispiele für das Material und den entsprechenden Ausdehnungskoeffizienten des Implantats angibt. Die Fachperson weiß sowohl, dass Materialübergänge kritisch bzgl. thermischer Spannungen sind, als auch, dass es bei Erhitzungen zu Ausdehnungen kommt und der Ausdehnungskoeffizient der Materialien von Bauteil, Implantat und Substrat entsprechend aufeinander abgestimmt werden müssen. Folglich wird die Fachperson abhängig von den Materialeigenschaften der unterschiedlichen Komponenten die Dimensionen des Implantats entsprechend den Dimensionen der Aussparung anpassen. Da die Patentschrift keinerlei elektrische Eigenschaften erwähnt, würde sich die Fachperson auch keine Gedanken bzgl. einer elektrischen Isolation zwischen Implantat und Substrat machen.
3.1.7 Die Kammer ist weiter der Meinung, dass die Fachperson unter "Abmessungen" die äußeren Abmessungen der Ausnehmung versteht und dass er jede Form eines Implantats im Rahmen seiner alltäglichen Arbeit ausführen kann. Der volle Umfang des Schutzbereichs von Anspruch 1 ist damit ausführbar. Die Patentschrift erfüllt damit die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ.
3.1.8 Andererseits ist die Kammer der Meinung, dass in Anbetracht des in der Fig. 4 gezeigten Ausführungsbeispiels und der allgemeinen Formulierung des Anspruchswortlautes der Schutzumfang des Anspruchs breit ausgelegt werden muss. Die Kammer stimmt mit dem Einsprechenden überein, dass die Aufgabe der Erfindung und insbesondere die Wirkungsweise des Implantats auf die Ausfallhäufigkeit der Bauelemente in der Patentschrift nicht eindeutig offenbart ist. Folglich kann beim Aufgabe-Lösungsansatz die Aufgabe der Erfindung entsprechend allgemein formuliert werden.
4. Neuheit
4.1 Allgemeine Anmerkungen zur Auslegung des Anspruchwortlauts
4.1.1 Die Einspruchsabteilung hat argumentiert, dass der Oberbegriff des Anspruchs 1 eine wohlbekannte Substratstruktur sei, die in der englischen Sprache als "lnsulated Metal Substrate" (IMS) bekannt sei, wobei diese Substratstruktur implizite Merkmale umfasse, die sich von einer Leiterplatte mit einer metallischen Folie, einem metallischen Träger oder Kühlkörper unterschieden.
4.1.2 Die Patentinhaberin hat argumentiert, dass der Begriff "isoliertes Metallsubstrat" für die Fachperson eine hauchdünne Isolationsschicht impliziere und dass diese durch das Implantat nicht durchbrochen werden dürfe (siehe Schreiben der Patentinhaberin vom 13. August 2021, Punkt 1.52).
4.1.3 Die Kammer teilt diese Ansichten nicht in vollem Umfang. Einerseits enthält der Anspruchswortlaut nicht den Begriff "IMS". Auch wurde nicht im Anspruch definiert, dass das isolierte Metallsubstrat nach einer standarisierten Methode hergestellt wird. Andererseits ist der Begriff "isoliertes Metallsubstrat" in der deutschen Sprache kein so gängiger Begriff wie etwa IMS im Englischen. Außerdem erwähnt die (ursprünglich eingereichte) Beschreibung auf Seite 10, Zeilen, 19-21 (Abschnitt [0034], letzter Satz, der Patentschrift) im Zusammenhang mit der Beschreibung von Fig. 4, dass bei der Erfindung nicht unbedingt konventionelle isolierte Metallsubstrate verwendet werden ("Dabei können Formen geschaffen werden, die bei konventionellen isolierten Metallsubstraten 100 kaum realisierbar sind"). Figuren müssen nicht maßstabsgetreu sein, aber Fig. 4 erweckt den Eindruck, dass das Metallsubstrat und die Isolationsschicht eine größere Dicke haben können als sonst für konventionelle isolierte Metallsubstrate üblich.
4.1.4 Soll ein Standard-Verfahren oder -Produkt geschützt werden, so muss definiert werden oder durch die Gesamtoffenbarung eindeutig klar sein, auf welchen anerkannten Standard sich das Verfahren oder Produkt bezieht. Dies ist jedoch im vorliegenden Anspruch nicht der Fall. Folglich können Merkmale wie die (relative) Dicke von Isolationsschicht und des Metallsubstrats nicht vom Begriff "isoliertes Metallsubstrat" abgeleitet werden.
4.1.5 Die Kammer kommt deshalb zum Schluss, dass der Begriff "isoliertes Metallsubstrat" nur die selbsterklärende Bedeutung hat, nämlich ein metallisches Substrat, das zumindest auf einer Seite eine isolierende Beschichtung hat. Andererseits muss der Begriff "Isolationsschicht" im Zusammenhang mit dem Begriff "isoliertes Metallsubstrat" interpretiert werden.
4.1.6 Der Einsprechende hat argumentiert, dass der Begriff "Schicht" laut Duden definiert sei als "flächige Ausgestaltung bestehend aus einer homogenen Masse". Deshalb sei der Begriff "Schicht" breit auszulegen und es komme nicht darauf an, wie diese Schicht erzeugt werde. Insofern sei eine aufgeklebte Folie oder Platte wie sie in E1-E3 und E5 beschrieben werden auch als Schicht zu bezeichnen.
4.1.7 Die Kammer kommt jedoch zum Schluss, dass im Lichte des Anspruchwortlauts der Bergriff (isolierende) "Schicht" immer im Zusammenhang mit dem Merkmal "isoliertes Metallsubstrat" interpretiert werden muss, da die Schicht auf dieses Substrat aufgebracht bzw. "angeordnet" wird. Obwohl der Begriff "anordnen" in Bezug auf eine Schicht eine breite Auslegung erlaubt, geht die Kammer im entsprechenden Zusammenhang nicht so weit, dass eine Schicht auch das Auflegen oder Verkleben einer isolierenden Platte auf ein Metallsubstrat sein kann. Als Substrat allerdings kann jede feste Unterlage angesehen werden, auf die weitere Materialschichten aufgebaut werden.
4.1.8 Der Einsprechende war der Meinung, dass "Implantat" das Einbringen oder Aufbringen eines Materials in eine Aussparung eines anderen Materials sei. Dabei sei es unerheblich, in welcher Weise das Material eingebracht werde und welche Form das eingebrachte Material habe. Insofern könne eine in einen Hohlraum aufgedampfte Schicht auch als Implantat angesehen werden. Zudem sei es unwesentlich, ob das Implantat auch über die Aussparung hinausrage.
4.1.9 Die Patentinhaberin hat argumentiert, dass der Begriff "Implantat" von lateinisch "implantare" komme und "einpflanzen" bedeute. Dies bedeute im Zusammenhang der vorliegenden Erfindung, dass ein Materialaustausch stattfinde und das Implantat genau den Abmessungen der Ausnehmung entsprechen müsse, so dass auch die Isolationsschicht nicht vom Implantat durchstoßen werden dürfe und das Implantat nicht aus dem Metallsubstrat herausragen dürfe (siehe Schreiben vom 13. August 2021, Abschnitte 1.4 und 1.5).
4.1.10 Die Kammer ist der Meinung, dass der Begriff "Implantat" breiter ausgelegt werden kann als das Einsetzen oder (teilweises) Auffüllen eines Hohlraumes mit einem Material. Der Anspruchswortlaut definiert nicht, zu welchem Anteil das Implantat den Hohlraum ausfüllt. Der vorliegende Anspruch grenzt dies nur darauf ein, dass die Abmessungen des Implantats "annähernd" denjenigen der Ausnehmung entsprechen. Das Implantat muss also keineswegs bündig mit der Ausnehmung abschließen und kann diese überragen oder (wie in Fig. 4 der Patentschrift) nicht ganz ausfüllen. Folglich kann auch eine Schicht als Implantat angesehen werden.
4.2 Offenbarungen E1, E2, E3, E5, E6 und D1
4.2.1 Aufgrund der obigen Ausführungen offenbaren E1, E2, E3 und E5 folglich alle Merkmale (A) bis (G) außer das Merkmal "Isolationsschicht", da diese Dokumente alle eine Isolationsplatte (bzw. "Isolationsplättchen") beschreiben, die jeweils mit dem Metallsubstrat verbunden wird. Ferner offenbart D1 alle Merkmale (A) bis (G) außer, dass die Abmessungen des Implantats (13) den Abmessungen der Aussparung (annähernd) entsprechen.
4.2.2 Wie oben ausgeführt, ist die Kammer der Meinung, dass eine Schicht auch als Implantat angesehen werden kann. E6 offenbart folglich in Fig. 7 ein (A) isoliertes Metallsubstrat (1,12) mit einem Metallsubstrat (metal substrate 1), an dessen Oberseite eine Isolationsschicht (insulating layer 12) mit elektrischen Bahnen (conductor pattern 15) angeordnet ist, an die wenigstens ein elektrisches Bauteil (18) angeschlossen oder anschließbar ist, wobei das Metallsubstrat (1) mit wenigstens einer Ausnehmung versehen (Fig. 7) ist, in die ein metallenes Implantat (Metallschicht 6) [deleted: eingesetzt] aufgebracht ist, dessen Abmessungen zumindest annähernd denjenigen der Ausnehmung (siehe Fig. 7) entsprechen und das der Montage wenigstens eines elektrischen Bauteils (18) dient.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIKFORMEL/TABELLE/GRAPHIKE6
4.2.3 Da eine Schicht nicht "eingesetzt" werden kann, ist der Gegenstand von Anspruch 1 auch neu gegenüber der Offenbarung von E6 ausgehend von Fig. 7.
4.2.4 Ausgehend vom Ausführungsbeispiel der Fig. 9 offenbart E6 nicht, dass das Implantat (stud 112) in das Metallsubstrat 1 hinein reicht, da Fig. 9 nicht wie Fig. 7 eine Ausnehmung offenbart.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 Nächstliegender Stand der Technik
Anders als E1-E3 und E5 offenbaren E6 und D1 ein isoliertes Metallsubstrat im Sinne der Erfindung. E6 ist ein aussichtsreicherer Ausgangspunkt für den Aufgabe-Lösungs-Ansatz als D1.
5.2 Unterschied
Ausgehend vom Ausführungsbeispiel der Fig. 9 offenbart E6 nicht, dass das Implantat (stud 112) in das Metallsubstrat 1 hinein reicht. Die Versenkung des Kühlblocks 112 in das Metallsubstrat hat den Vorteil, dass durch die vergrößerte Kontaktoberfläche zwischen metallischem Implantat und Metallsubstrat die Wärmeabfuhr verbessert wird.
5.3 Aufgabe
5.3.1 Die objektive technische Aufgabe ergibt sich allein aus dem Effekt der unterscheidenden Merkmale und muss nicht im Stand der Technik oder in der Anmeldung explizit dokumentiert sein.
5.3.2 Folglich kann die zu lösende Aufgaben ausgehend von Fig. 9 der E6 formuliert werden als "Verbesserung der Ableitung der Wärme von Bauteil 18 in das Substrat 1".
5.4 Naheliegen
5.4.1 Der Einsprechende hat argumentiert, dass der Fachperson in Anbetracht der Lehre von Fig. 7 der E6 bewusst sei, dass eine Ausnehmung in dem Metallsubstrat 1 vorgenommen werden könne, und dadurch das elektrische Bauelement noch besser thermisch an das Metallsubstrat 1 gekoppelt werden könne. Den Hinweis, eine Ausnehmung in dem Metallsubstrat 1 anfertigen zu können würde die Fachperson ohne Weiteres mit der Lehre des Ausführungsbeispiels aus Fig. 9 kombinieren, und so zu der Lehre der Erfindung gelangen. Der Fachperson sei dabei ohne Weiteres bewusst, dass die thermische Kopplung des Wärmeleiters 112 an das Metallsubstrat 1 umso besser sei, je größer die Kontaktfläche sei. Es läge ihm somit ohne Weiteres nahe, eine Ausnehmung in dem Metallsubstrat 1 herzustellen und den Wärmeleiter 112 somit nicht nur an seiner Unterseite, sondern auch an seinen Seitenflächen mit dem Metallsubstrat 1 in Kontakt zu bringen, wie dies durch die Aussparung in Fig. 7 angeregt werde.
5.4.2 Die Kammer ist auch der Meinung, dass die Fachperson erkennt, dass die einfachste Lösung der Aufgabe eine Vergrößerung der Ausnehmung durch einen einfachen Ätzprozess ist, um somit die Ausnehmung und damit die Wärmeaustausch-Oberfläche zu vergrößern. Zusätzlich wird die Fachperson auch durch die Lehre jeweils von E1, E2, E3 und E5 zu der Lösung geführt. Diese Dokumente lehren, dass sich die Ausnehmung und damit auch das Implantat, bis in das Metallsubstrat erstreckt.
5.4.3 Das Streitpatent gibt nicht an, warum ein Implantat bessere thermische Eigenschaften hat und zu weniger Ausfällen führt. Denkbar ist, dass durch die Materialwahl und einem geringen Zwischenraum zwischen Implantat und Metallsubstrat thermische Spannungen besser reduziert werden. Insbesondere wenn der Wärmeausdehnungskoeffizient des Implantats mit dem des Bauteils übereinstimmt, könnten thermische Spannungen zwischen Bauteil und Bauteilunterlage vermieden werden (vgl. Abschnitte [0017] und [0018]).
5.4.4 Gibt es in den gesamten Anmeldeunterlagen keine direkte oder plausible Offenbarung, wie die erwünschte Wirkung der Erfindung erzielt wird und warum durch die beanspruchten Merkmale die Aufgabe gelöst wird, dann kann die Wirkweise auch durch die Lehre von anderen (vorveröffentlichten) Dokumenten abgeleitet werden. Das Einsetzen von vorgefertigten Implantaten zur besseren Wärmeabfuhr ist seit langem und im Detail bekannt (siehe E1-E3, E5). E1 lehrt z.B. auf Seite 11, Zeile 1ff, dass, wenn der Wärmeausdehnungskoeffizient des Implantats an den Wärmeausdehnungskoeffizienten des Bauteils angepasst wird, die Ausfallwahrscheinlichkeit des Bauteils durch Abplatzen reduziert werden kann. Der Fachperson sind folglich die thermischen Vorteile von Implantaten in einem Metallsubstrat bekannt. Die Lehre dieser Dokumente würde die Fachperson ohne technische Schwierigkeiten in die sich später durchgesetzte IMS-Technologie anwenden.
5.4.5 Die Patentinhaberin hat argumentiert, dass E1-E3 und E5 nur "Distanzkörper" offenbaren, die nicht als Implantate angesehen werden können, da sie nicht genau den Ausnehmungen im Metall(substrat) entsprächen und die Isolationsschicht durchbrächen. Zudem offenbarten E1-E3 und E5 veraltete Technologien.
5.4.6 Die Kammer ist jedoch der Meinung, dass die Fachperson die Vorteile der IMS-Technologie auch für die in E1-E3 und E5 beschriebene allgemeine Lehre von Implantaten einsetzen würde und umgekehrt. Dabei ist es unerheblich, dass diese Dokumente eine "alte Technologie" dokumentieren. Diese Dokumente enthalten die allgemeine technische Lehre, dass ein in das Metall(substrat) eingepasster Körper zur besseren Abführung der Wärme eines elektrischen Bauteils benutzt werden kann. Das gleiche Prinzip kann die Fachperson ohne technische Schwierigkeiten auch auf die IMS-Technologie anwenden.
5.4.7 Der Anspruchswortlaut schließt zudem auch nicht aus, dass das Volumen des implantierten Körpers bzw. die (vertikalen) Abmessungen außerhalb des Substrats nicht dem Volumen bzw. der vertikalen Abmessung des Metallsubstrats entspricht. Der Fachperson liegt es somit nahe, die Lehre der E1 (E2, E3 oder E5) aufzugreifen und in die Vorrichtung der E6 zu implementieren. Er würde somit das Metallsubstrat 1 der E6 mit einer Ausnehmung versehen, und den Wärmeleiter 112 in diese Ausnehmung hineinversetzen.
6. Zusammenfassung
6.1 Folglich ist der Gegenstand von Anspruch 1 des einzigen Antrages nicht erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
6.2 Da das Patent den Erfordernissen des EPÜ insbesondere bezüglich erfinderischer Tätigkeit nicht genügt, ist die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent zu widerrufen (Artikel 101 (2) EPÜ und Artikel 111 (1) EPÜ).
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das europäische Patent wird widerrufen.