T 1639/17 (Darstellung einer Fahrzeugumgebung/CONTI) 06-10-2021
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VERFAHREN ZUR DARSTELLUNG EINER FAHRZEUGUMGEBUNG
Conti Temic microelectronic GmbH
Continental Teves AG & Co. OHG
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag und Hilfsanträge 1 und 2 (nein)
Spät eingereichte Hilfsanträge 3 bis 5
Spät eingereichte Hilfsanträge - berücksichtigt (nein)
I. Mit der Beschwerde wird die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Anmeldung zurückzuweisen, angefochten.
II. Mit der Beschwerdebegründung beantragten die Beschwerdeführerinnen die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf Basis eines Hauptantrags oder eines von zwei Hilfsanträgen, alle mit der Beschwerdebegründung eingereicht.
III. Der Hauptantrag ist identisch mit dem (einzigen) Antrag, der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde lag. Die Prüfungsabteilung war der Ansicht, dass dieser Antrag nicht den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ entsprach. Folgende Dokumente wurden für die Entscheidung herangezogen:
D1: Kraetzschmar et al : "Probabilistic Quadtrees for Variable Resolution Mapping of Large Environments", IFAC/EURON Lissabon, Portugal, 5.-7. Juli 2004, Seiten 675-680
D2: DE 10 2010 006828 A1 4. August 2011
D3: DE 10 2009 007395 A1 1. Oktober 2009
D4: Foley, van Dam, Feiner, Hughes: "Computer Graphics: Principles and Practice", Addison-Wesley, 1990, Seiten 548-555
IV. Die Kammer lud zur mündlichen Verhandlung und teilte den Beschwerdeführerinnen im Ladungszusatz ihre vorläufige Meinung mit, dass alle Anträge nicht den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ entsprachen, da ihr jeweiliger Gegenstand gemäß Anspruch 1 naheliegend sei, sowohl gegenüber D1 alleine, als auch gegenüber D2 in Kombination mit D1.
V. Während der mündlichen Verhandlung reichten die Beschwerdeführerinnen drei weitere Hilfsanträge ein.
VI. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt (mit Kennzeichnung der Merkmale gemäß der Beschwerdebegründung):
Verfahren zur Abbildung einer Fahrzeugumgebung in ein Umfeldmodell für ein Fahrzeug, wobei
- das Fahrzeug ein Sensorsystem zur Umfelderfassung und
zumindest einem [sic] Fahrerassistenzsystem umfasst, und
- das Sensorsystem die Umfeldinformationen für das Umfeldmodell zur Verfügung stellt und die Funktion des Fahrerassistenzsystems auf dem so erstellten Umfeldmodell basiert und
(A)
- das Umfeldmodell zumindest zwei Auflösungsebenen umfasst und das Umfeldmodell als ein Wahrscheinlichkeitsgitter mit einer Vielzahl von Gitterzellen ausgestaltet ist und Daten aus zumindest zwei Gitterzellen auf einer hohen Auflösungsebene zusammengefasst und in eine Gitterzelle auf einer niedrigeren Auflösungsstufe hinterlegt werden,
wobei
(A_YY)
- die zumindest zwei Gitterzellen auf einer hohen Auflösungsebene einen Wahrscheinlichkeitswert enthalten, der eine Belegungswahrscheinlichkeit angibt, und für die Zusammenfassung der maximale Wert der Gitterzellen auf einer hohen Auflösungsebene in eine Gitterzelle auf einer niedrigeren Auflösungsstufe eingetragen wird
- oder- [sic]
(A_ZZ)
die zumindest zwei Gitterzellen auf einer hohen Auflösungsebene je einen Wahrscheinlichkeitswert enthalten, der eine Freiramwahrscheinlichkeit [sic] angibt, und für die Zusammenfassung der minimale Wert der Gitterzellen auf einer hohen Auflösungsebene in eine Gitterzelle auf einer niedrigeren Auflösungsstufe eingetragen wird.
VII. Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die Alternative A_YY gestrichen wurde.
VIII. Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die letzten zwei Merkmale A_YY un A_ZZ mit einem und statt einem oder verknüpft sind.
IX. Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags unterscheidet sich inhaltlich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass das zweite Merkmal "das Sensorsystem ..." gestrichen wurde, dass die zweite Alternative A_ZZ gestrichen wurde, und dass die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 8 wie folgt hinzugefügt wurden:
dadurch gekennzeichnet, dass
eine Mehrzahl von Gitterzellen des Wahrscheinlichkeitsgitters einen Wert für eine reflektierte Energie eines Radar- oder Lidar- oder Ultraschallsensors enthalten und für eine Zusammenfassung der minimale Wert der Gitterzellen auf einer hohen Auflösungsebene in eine Gitterzelle auf einer niedrigeren Auflösungsstufe eingetragen wird
X. Anspruch 1 des vierten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags dadurch, dass die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 9 statt derjenigen des ursprünglichen Anspruchs 8 wie folgt hinzugefügt wurden:
dadurch gekennzeichnet,
dass eine Mehrzahl von Gitterzellen des Wahrscheinlichkeitsgitters einen von einem Kamerasensorsystem zur Verfügung gestellten Wert enthalten, der eine Höhe oder einen Höhengradienten angibt und für eine Zusammenfassung der minimale Wert der Gitterzellen oder der maximale Wert der Gitterzellen auf einer hohen Auflösungsebene in eine Gitterzelle auf einer niedrigeren Auflösungsstufe eingetragen wird.
XI. Anspruch 1 des fünften Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags dadurch, dass die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 12 statt derjenigen des ursprünglichen Anspruchs 8 wie folgt hinzugefügt wurden:
dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren in einem Fahrzeug mit zumindest zwei Fahrerassistenzfunktionen verwendet wird, wobei ein erstes Fahrerassistenzsystem Umfelddaten mit einer höheren Auflösungsstufe benötigt als eine [sic] zweites Fahrerassistenzsystem.
Die Erfindung
1. Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Darstellung der Umgebung eines Fahrzeugs für Fahrzeugassistenzsysteme. Das verwendete Umfeldmodell ist ein Wahrscheinlichkeitsgitter mit mindestens zwei Auflösungsebenen (Seite 2), z.B. ein Quadtree (siehe Fig. 1 bis 3), wobei jede Zelle einen Belegungs- und/oder einen Freiraumwahrscheinlichkeitswert enthält (Seiten 4-5). Das Modell soll Speicherkapazität und Rechenzeit einsparen, indem die höheren Auflösungsebenen nur bei Bedarf verwendet werden (Seiten 2, 6 und 7). Um dies zu ermöglichen, werden die Informationen von mehreren Zellen der höheren Auflösungsebene zusammengefasst und auf der entsprechenden Zelle der unteren Ebene hinterlegt (Seite 3). Die Zusammenfassung ist eine Maximum- oder Minimumoperation (Seite 4); die Verwendung des Maximums der Belegungswahrscheinlichkeit sei besonders vorteilhaft, denn nur so bliebe die Belegungsinformation bei der Zusammenfassung korrekt erhalten (Seite 3, erster vollständiger Absatz).
Stand der Technik
2. Dokument D1 betrifft die Herstellung von Karten als Gittermodelle für mobile Roboter. Es wird vorgeschlagen (vgl. Abschnitt 1, "Introduction"), das übliche Gitter von Belegungswahrscheinlichkeiten mit einer festen Auflösung durch ein Gitter mit einer variablen Auflösung (Quadtree) zu ersetzen. Diese kompakte Darstellung soll eine höhere Auflösung bei gleichzeitig verringertem Speicherbedarf dadurch ermöglichen, dass die höhere Auflösung nur dort verwendet wird, wo sie von Interesse ist (Abschnitt 1, der seitenübergreifende Absatz). Wie bei der Erfindung werden die Informationen von mehreren Zellen der höheren Auflösungsebene zusammengefasst und in der entsprechenden Zelle der niedrigeren Auflösungsebene hinterlegt. Diese Zusammenfassung kann durch Berechung von Mittelwert, Maximum, Minimum oder Varianz erfolgen (Gleichungen 6, 9, 10, 11-12). Insbesondere offenbart D1, dass drei dieser Werte (vgl. in Abschnitt 3 den Absatz, der den Gleichungen 9 und 10 vorausgeht), nämlich Mittelwert, Maximum und Minimum, in der Zelle der niedrigeren Auflösungsebene hinterlegt werden.
3. Dokument D2 diskutiert eine Kombination von unterschiedlichen Umfeldmodellen für Fahrzeugassistenzsysteme (Absatz 18), darunter ein gitterbasiertes Modell. Anders als bei der vorliegenden Anmeldung enthält das Gittermodell in D2 nur eine Auflösungsebene (Absätze 9 und 61). D2 erklärt (Absatz 9), dass das Gittermodel sich zunächst im Bereich der mobilen Robotik und erst später in der Fahrzeugtechnik etabliert hat:
"Im Bereich der mobilen Robotik und in letzter Zeit auch in einem Fahrzeug zum Einsatz bei Parkassistenzfunktionen hat sich ein gitterbasiertes Umfeldmodell etabliert."
Hauptantrag
Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D2
4. Die Kammer wählt D2 als Ausgangspunkt für die Analyse erfinderischer Tätigkeit. Anspruch 1 unterscheidet sich von D2 durch die Merkmale A, A_YY und A_ZZ, die das aus mindestens zwei Auflösungsebenen bestehende Gitterumfeldmodell definieren. Wie die Anmeldung richtig feststellt, erhält dieses Modell die Vorteile eines Gitterumfeldmodells mit hoher Auflösung bei gleichzeitiger Einsparung von Speicherkapazität und Rechenzeit.
5. Wie von der Prüfungsabteilung zutreffend angenommen (Entscheidung 4.3 und 4.4), hätte sich der Fachmann ausgehend von D2 der Aufgabe gewidmet, Speicherkapazität oder Rechnerzeit einzusparen. Außerdem ist der einschlägige Fachmann nach Ansicht der Kammer grundsätzlich an einer möglichst genauen Umfelddarstellung interessiert. Das gilt für alle Komponenten von D1, also auch für das Gittermodell.
5.1 Da die Gebiete der mobilen Robotik und der Fahrzeugassistenzsysteme verwandt sind (und sich im Bereich des autonomen Fahrens sogar überlappen), und da das Gittermodell selbst aus dem Bereich der mobilen Robotik stammt (s. D2, sowie oben, Punkt 3), darf angenommen werden, dass sich der Fachmann im Fachgebiet der Fahrzeugassistenzsysteme über die Entwicklungen im Bereich mobiler Roboter, besonders von Gittermodellen, auf dem Laufenden hält. D1 würde daher vom einschlägigen Fachmann zur Kenntnis genommen.
5.2 Wie oben erläutert, schlägt D1 die Verwendung eines Quadtree-Modells statt eines klassischen Gitters vor, um den Speicherbedarf von Gittermodellen mit höherer Auflösung zu verringern. D1 lehrt den Fachmann daher ausdrücklich, wie dem Wunsch nach hoher Darstellungsgenauigkeit bei beschränktem Speicherbedarf entsprochen werden kann. Der Fachmann würde deshalb in Betracht ziehen, das Gittermodell in D2 durch das in D1 vorgeschlagene Modell zu ersetzen.
5.3 Ein Verwendung des Modells aus D1 im Rahmen des Gegenstands des D2 führt ohne erfinderische Tätigkeit des Fachmanns zum Gegenstand des Anspruchs 1, da die Merkmale A und A_YY integrale Teile des D1-Modells sind. Auf das nur optionale Merkmal A_ZZ muss hier nicht eingegangen werden.
Argumente der Beschwerdeführerinnen
6. Die Beschwerdeführerinnen waren der Ansicht, dass der Fachmann, ausgehend von D2, das Dokument D1 nicht in Betracht ziehen würde. Selbst wenn die beiden Gebiete verwandt sein sollten, handele es sich in D1 um ein Modell für große Bereiche. Es ginge in D1 darum, eine komplette Navigationskarte für ein Gebäude zu erstellen. In der Anmeldung hingegen, und in D2, müssten die Umfeldmodelle nur die momentan relevante Umgebung eines fahrenden Fahrzeugs abbilden; sie seien daher relativ klein. Also seien die zugrundeliegenden Probleme ganz unterschiedlich. Zudem sei das Umfeldmodell für ein Fahrzeug gemäß D2 keine 2D-Karte in Vogelperspektive wie dasjenige gemäß D1 (vgl. Figur 2): D2 beträfe ein Modell aus der Fahrzeugperspektive, sowie um ein 3D-Modell, da auch die Höhe möglicher Hindernisse relevant sei und berücksichtigt werden müsse.
7. Die Kammer bemerkt zuerst, dass D2 keinen Grund enthält, von dem normalen Verständnis des Begriffs Gittermodell als einer gitterähnlichen 2D-Karte abzuweichen. In D2 wird ein klassisches 2D-Belegungsgitter dargestellt, z.B. in Figur 2. Weiter beschreibt D2 (Absatz 9) das Gittermodell wie folgt (Hervorhebung durch die Kammer):
Bei dem gitterbasierten Umfeldmodell wird die Fahrzeugumgebung nicht durch einzelne, diskrete Objekte, sondern durch ein äquidistant oder nicht äquidistant aufgelöstes Gitter beschrieben ... Durch das gitterbasierte Umfeldmodell wird die Fahrzeugumgebung quasi vollständig mittels einer gitterartigen Karte dargestellt.
8. Deswegen ist es auch unerheblich, dass das in D2 (und der Erfindung) betrachtete Problem nicht das gleiche ist wie das in D1: Technisch gesehen werden die Navigationskarte in D1 und das Umfeld in D2 in identischer Weise dargestellt, nämlich als ein 2D-Gitter von Zellen mit Belegungsinformation. Der Fachmann hätte in der Offenbarung der D1 ein hinsichtlich Auflösung und Speicherbedarf verbessertes Modell für ein Belegungsgitter erkannt und es im Zusammenhang mit D2 verwendet.
9. Die Beschwerdeführerinnen trugen auch vor, dass der Fachmann, selbst wenn er ausgehend von D2 das Dokument D1 herangezogen hätte, keinen Anlass zur Verwendung des Maximums wie beansprucht gehabt hätte. D1 offenbare zwar zahlreiche Alternativen für die Zusammenfassung der Werte höherer Auflösungsebenen, ließe aber die Frage offen, welche von diesen für den Betrieb eines Fahrerassistenzsystems mit seinen besonderen Sicherheitsanforderungen geeignet seien (Seiten 5 und 9 der Beschwerdebegründung). D1 offenbare zwar die Berechnung von Maximum und Minimum, aber nur die Verwendung des Mittelwerts (vgl. Gleichungen 8 und 6). Dieser aber sei aus Sicherheitsgründen für ein Fahrerassistenzsystem ungeeignet, da durch die Verwendung des Mittelwerts auf der niedrigeren Auflösungsebene der Hinweis auf ein Hindernis verloren gehen könne.
10. Die Kammer versteht das Argument der Beschwerdeführerinnen dahingehend, dass der Fachmann sicherstellen müsse, dass ein Fahrerassistenzsystem den einschlägigen Sicherheitsstandards genüge, und dass er für diese Aufgabe keine Lösung in D1 finden würde - oder wenigstens keine, die das Maximum verwenden würde.
11. Dieses Argument überzeugt nicht. Zuerst bemerkt die Kammer, dass die Verwendung des Umfeldmodells und der darin enthaltenen Wahrscheinlichkeitswerte nicht beansprucht ist und daher auch die Bedeutung des Minimums oder Maximums und ihr möglicher Vorteil gegenüber dem Mittelwert aus dem Anspruch nicht ableitbar ist. Somit kann eine durch diese Wahl erzielte Wirkung bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit unberücksichtigt bleiben. Es genügt, wenn der Fachmann bei der Lösung einer technischen Aufgabe in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand gekommen wäre. Das ist hier der Fall, wie oben erläutert.
12. Zum Argument der Beschwerdeführerinnen, dass der Fachmann, selbst wenn er D2 mit D1 kombiniert hätte, bei der Bestimmung des Quadtrees nur den Mittelwert verwendet hätte, wird ferner bemerkt, dass D1 in der Tat den Mittelwert verwendet, nämlich im Zuge der Kompression des Quadtrees ("Pruning" - Gleichung 8), dass aber im Anschluss daran für jeden Knoten des Quadtrees die Minimum- und Maximumwerte zusätzlich bestimmt und eingetragen werden. D1 lässt auch die Verwendung des Modells im Einzelnen offen, schließt also die Verwendung von Maximum oder Minimum nicht aus.
13. Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 wenigstens hinsichtlich der ersten beanspruchten Alternative (Belegungswahrscheinlichkeitswerte) für den Fachmann ausgehend von D2 im Lichte von D1 nahegelegen hätte.
Erster und zweiter Hilfsantrag
14. Die Hilfsanträge unterscheiden sich vom Hauptantrag dadurch, dass die Gitterzellen Freiraumwahrscheinlichkeitswerte enthalten, entweder allein (Hilfsantrag 1) oder in Kombination mit Belegungswahrscheinlichkeitswerten (Hilfsantrag 2).
14.1 Die Kammer stimmt den Beschwerdeführerinnen darin zu (Seite 10 der Beschwerdebegründung), dass D1 keine Freiraumwahrscheinlichkeitswerte offenbart. Die von der Prüfungsabteilung (Punkt 3.1) zitierten Minimalwerte (Gleichung 9 in D1) drücken Belegungswerte (wenn auch minimale) und nicht Freiraumwerte aus.
14.2 Die zwei Wahrscheinlichkeitswerte, wie sie von der Beschreibung definiert werden (Seite 3, Belegung: ob der entsprechende Bereich ... für ein Fahrzeug nicht passierbar ist; Seite 4, Freiraum: ob der entsprechende Bereich ... für ein Fahrzeug passierbar ist), sind jedoch als logische Komplemente zueinander äquivalent und können in trivialer Weise aus einander berechnet werden.
14.3 Weiter ist die Verwendung von Freiraumwahrscheinlichkeitswerten per se schon aus D2 bekannt (Absatz 9). Die Entscheidung, eine dieser (mathematisch äquivalenten) Alternativen oder auch beide vorauszuberechnen und zu speichern, wäre mit Blick auf die fachübliche Abwägung zwischen erforderlicher Rechenleistung und Speicherbedarf nach dem Urteil der Kammer für den Fachmann naheliegend gewesen.
15. Daher kann keine erfinderische Tätigkeit gegenüber D2 in Kombination mit D1 erkannt werden.
Dritter bis fünfter Hilfsantrag
16. Die Beschwerdeführerinnen führten als Grund für die Einreichung neuer Anträge erst in der mündlichen Verhandlung ihre Überraschung an, dass die Kammer, trotz des Vortrags der Beschwerdeführerinnen, daran festgehalten habe, dass der Fachmann das Dokument D1 in Betracht gezogen hätte. Dies habe sie nicht erwartet.
17. Die Kammer merkt an, dass schon aus ihrer vorläufigen Meinung hervorgeht, dass der Fachmann das Dokument D1 im Betracht gezogen hätte, was im Übrigen nur die Meinung der Prüfungsabteilung bestätigt. Daher ist es nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerinnen von dieser Einschätzung überrascht sein konnten.
18. Die Kammer kann somit keine außergewöhnlichen Umstände erkennen, die für die Zulassung der Hilfsanträge sprechen würden. Die Kammer beschließt daher, dem Grundsatz aus Artikel 13 (2) VOBK 2020 folgend, diese Anträge nicht zu berücksichtigen.
19. Die Kammer ist im Übrigen der Ansicht, dass die Hilfsanträge 3-5 schon nach Artikel 13 (1) VOBK 2020 nicht zu berücksichtigen waren. Die neuen Merkmale betreffen Merkmale, die nicht Gegenstand der streitigen Entscheidung waren. Hätten die Beschwerdeführerinnen eine Entscheidung (bzw. Überprüfung) in dieser Hinsicht angestrebt, hätte sie entsprechende Anträge schon vor der Prüfungsabteilung stellen müssen (Artikel 13 (1), Satz 2, i.V.m. Artikel 12 (6), 2. Absatz, VOBK 2020). Zudem wäre die Berücksichtigung dieser Anträge der Verfahrensökonomie abträglich, da die Kammer nicht auf ihre Diskussion vorbereitet war und somit entweder erneut in das schriftliche Verfahren hätte eintreten oder die Angelegenheit an die erste Instanz hätte zurückverweisen müssen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.