T 1532/18 04-08-2022
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Brandschutz-Schiebetüre
Urs Mätzler, Schreinerei
Swiss Re Investments AG
I. Mit der am 13. April 2018 zur Post gegebenen Entscheidung war die Einspruchsabteilung zu dem Schluss gekommen, dass das Patent gemäß damaligem Hilfsantrag 5 den Erfordernissen des EPÜ genüge.
II. Gegen diese Entscheidung legte der Einsprechende 1 Beschwerde ein.
III. Der Beschwerdeführer (Einsprechender 1) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
IV. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt die Beschwerde zurückzuweisen, oder hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Hilfsantrags 1 eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung vom 20. Dezember 2018.
V. Hauptantrag - die von der Einspruchsabteilung gebilligte Fassung
Anspruch 1 lautet wie folgt:
1.1 Brandschutz-Schiebetüre (1), zum Einbau in ein Gebäude zum Verschliessen eines Durchganges (12) in dem Gebäude,
1.2a aufweisend [deleted: mindestens] eine Linearführung (2) zur horizontalen und vertikalen Führung und 1.2b eine obere Linearführung (22) an einer Oberseite der Brandschutz-Schiebetüre (1) zur horizontalen Führung der Brandschutz-Schiebetüre (1) relativ zu dem Gebäude und 1.3 aufweisend keine zur Aufhängung an einer Decke des Durchganges (12) vorgesehenen Führungselemente,
1.4 sowie aufweisend eine expandierende Brandschutzdichtung [deleted: an einer Stirnseite (6) und/oder] als Bodendichtung (11) an einer unteren Stirnseite (8) der Brandschutz-Schiebetüre (1),
dadurch gekennzeichnet, dass
1.5 die Brandschutz-Schiebetüre (1) ferner eine expandierende Brandschutzdichtung als Deckendichtung (10) an einer oberen Stirnseite (7) der Brandschutz-Schiebetüre (1) aufweist, und
1.6 die obere Deckendichtung (10) oberhalb der oberen Linearführung (22) angeordnet ist.
Anspruch 2 lautet wie folgt:
2.1 Brandschutz-Schiebetüre (1), zum Einbau in ein Gebäude zum Verschliessen eines Durchganges (12) in dem Gebäude,
2.2 aufweisend [deleted: mindestens] eine obere Linearführung (2[deleted: 2]) an einer Oberseite der Brandschutz-Schiebetüre (1) zur horizontalen und vertikalen Führung der Brandschutz-Schiebetüre (1) relativ zu dem Gebäude und
2.3 aufweisend keine zur Aufhängung an einer Decke des Durchganges (12) vorgesehenen Führungselemente,
2.4 sowie aufweisend eine expandierende Brandschutzdichtung [deleted: an einer Stirnseite (6) und/oder] als Bodendichtung (11) an einer unteren Stirnseite (8) der Brandschutz-Schiebetüre (1),
dadurch gekennzeichnet, dass
2.5 die Brandschutz-Schiebetüre (1) ferner eine expandierende Brandschutzdichtung als Deckendichtung (10) an einer oberen Stirnseite (7) der Brandschutz-Schiebetüre (1) aufweist, und
2.6 die obere Deckendichtung (10) oberhalb der oberen Linearführung (2[deleted: 2]) angeordnet ist.
(Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben und Merkmalsgliederung in fett eingefügt)
VI. Hilfsantrag
In die Ansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag 1 ist das Merkmal hinzugefügt worden wonach
"mit den Brandschutzdichtungen im Brandfall bei geschlossener Brandschutz-Schiebetüre (1) ein Spalt zwischen deren Oberseite und der Decke des Durchganges (12) sowie zwischen der Unterseite und einem Boden (15) wirksam abgedichtet werden."
Außerdem ist das Adjektiv "mindestens" in das Merkmal 1.2a bzw. 2.2 im Zusammenhang mit der Linearführung hinzugefügt worden.
VII. Der Beschwerdeführer trug im Wesentlichen folgendes vor:
Das im Einspruchsverfahren geänderte Patent erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ.
Die unabhängigen Ansprüche enthielten das Merkmal einer Linearführung zur horizontalen und vertikalen Führung der Brandschutzschiebtür. Das Patent beschriebe nicht, wie eine vertikale sowie eine horizontale Bewegung möglich sei. Damit könne der Fachmann die beanspruchte Erfindung nicht ausführen.
Die Lehre der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 nach dem Hilfsantrag sei aus dem gleichen Grund ebenfalls nicht ausführbar.
VIII. Die Beschwerdegegnerin trug im Wesentlichen folgendes vor:
Der Fachmann könne die Erfindung nach Ansprüchen 1 und 2 ausführen. Anhand der Beschreibung und der Abbildungen verstehe er, dass die Tür nur horizontaler Richtung verschoben und in horizontaler bzw. vertikaler Richtung abgestützt werden soll.
Damit sei die Erfindung so deutlich und vollständig beschrieben, so dass der Fachmann sie ausführen kann.
1. Das Patent betrifft eine Schiebetür. Die Tür weist eine (untere) Linearführung zur horizontalen und vertikalen Führung auf (Merkmale 1.2a bzw. 2.2), siehe Ansprüche 1 und 2 sowie Paragraf [0005]: "Brandschutz-Schiebetüre (1), zum Einbau in ein Gebäude zum Verschliessen eines Durchganges (12) in dem Gebäude, aufweisend eine Linearführung (2) zur horizontalen und vertikalen Führung der Brandschutz-Schiebetüre (1) relativ zu dem Gebäude,...".
2. Nach der Beschwerdegegnerin bedeute das Merkmal "eine Linearführung (2) zur horizontalen und vertikalen Führung", dass die Linearführung zwar eine Bewegung in einer der zwei horizontalen Richtung ermögliche. Jedoch sei die Bewegung in der anderen horizontalen und in vertikaler Richtung untersagt. Insoweit finde lediglich eine Abstützung statt.
3. Paragraf [0012] des Patents beschreibt, dass unter einer horizontalen Führung, eine Führung zu verstehen ist, welche die Bewegung in horizontaler Richtung definiert.
Begriffe sind im Patent einheitlich auszulegen. Wenn unter horizontaler Führung eine Führung zu verstehen ist, die eine horizontale Bewegung definiert oder ermöglicht (vgl. Paragraf [0012]), muss - dem entsprechend - unter "vertikaler Führung" im Sinne des Patents eine Führung verstanden werden, die eine vertikale Bewegung definiert oder ermöglicht
Die Tatsache, dass das Patent in seinen Ausführungsformen eine Tür beschreibt, die keine vertikale Bewegung erlaubt, ändert die klare Bedeutung des Anspruchswortlauts, die eine vertikale Führung im Sinne einer Bewegung erfordert, nicht.
Das Patent beschriebt kein Ausführungsbeispiel, das eine vertikale Bewegung zulässt. Auch ist nicht ersichtlich, wie der Fachmann unter Anwendung seiner Fachkenntnisse eine Linearführung für eine Brandschutz-Schiebetür herstellen könnte, die gleichzeitig eine vertikale und eine horizontale Führung ermöglicht.
4. Damit ist die in den Ansprüchen 1 und 2 definierte Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, so dass der Fachmann sie ausführen könnte.
5. Dieser Einwand trifft auch für den Hilfsantrag zu, weil hier ebenfalls eine Linearführung beansprucht wird, durch die sowohl eine horizontale und als auch eine vertikale Führung stattfinden soll.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.