T 1974/18 27-10-2022
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Anschlussvorrichtung für eine sterile Einweg-Fluidleitung eines Einwegbioreaktors und Verfahren zum Behandeln eines Fluidstroms
Neuheit - (nein)
Spät eingereichter Antrag - Antrag hätte bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht werden können (ja)
I. Das Europäische Patent mit der Nummer 2 674 480 betrifft eine wiederverwendbare Anschlussvorrichtung für eine sterile Einweg-Fluidleitung eines Einwegbioreaktors sowie ein Verfahren zum Behandeln eines Fluidstroms unter Verwendung der Anschlussvorrichtung.
II. Gegen das Patent wurde Einspruch basierend auf den Gründen gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ eingelegt. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, das Patent in geändertem Umfang auf Basis des damaligen Hilfsantrags IIIb aufrecht zu erhalten.
III. Gegen diese Entscheidung wendeten sich zunächst sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende mit der Beschwerde. Mit Schreiben vom 8. März 2022 nahm die Einsprechende den Einspruch sowie die Beschwerde zurück und ist somit nicht mehr Verfahrensbeteiligte. Damit ist die Patentinhaberin die einzige Beschwerdeführerin.
IV. Mit Schreiben vom 13. Juli 2022 zog die Beschwerdeführerin ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück. Die mit diesem Schreiben klargestellte Antragslage ist wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt im vollen Umfang aufrecht zu erhalten, hilfsweise, das Patent auf der Grundlage eines der Hilfsanträge I oder II, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, aufrecht zu erhalten.
Hilfsantrag III ist auf die geändert aufrechterhaltene Fassung gerichtet und von der Kammer aufgrund des Verbots einer reformatio in peius nicht zu prüfen. Dieser Antrag entspricht in der Sache einer Zurückweisung der Beschwerde.
Die weiteren nachrangigen Hilfsanträge IV, IVa, V oder Va spielen in diesem Beschwerdeverfahren somit keine Rolle.
V. Die folgenden Dokumente sind für die Entscheidung relevant:
D2: US 2008/0265561 A1
D3: WO 2011/041508 A1
D4: DE 2 350 264 A1
VI. Antragsfassungen, soweit für diese Entscheidung relevant
a) Anspruch 1 des Hauptantrags lautet (Merkmalsgliederung hinzugefügt in "[]"):
"[1.a] Wiederverwendbare Anschlussvorrichtung (720) für eine sterile Einweg-Fluidleitung (701) eines Einwegbioreaktors (1), umfassend
[1.b] eine Aufnahme (721), in der ein Abschnitt einer Fluidleitung (701) lösbar angeordnet werden kann, und
[1.c] ein Kopplungselement (712) mit einer Koppelfläche zur Verbindung der Anschlussvorrichtung mit einer Temperiereinrichtung (700),
[1.d] dadurch gekennzeichnet, dass die Aufnahme (721) eine Kontaktfläche (723) aufweist, die derart angeordnet und ausgebildet ist, dass die Kontaktfläche (723) an einer in der Aufnahme (721) angeordneten Fluidleitung (701) anliegt,
[1.e] und dadurch gekennzeichnet, dass ein Abschnitt einer Fluidleitung (701) in einer im Wesentlichen orthogonal zur einer Längsachse der Anschlussvorrichtung (720) verlaufenden Richtung in die Aufnahme (721) eingeführt werden kann."
b) Anspruch 1 des Hilfsantrags I lautet (zusätzliche Merkmale gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags wurden mit der Merkmalsgliederung in "[]" gekennzeichnet):
"Wiederverwendbare Anschlussvorrichtung (720) für eine sterile Einweg-Fluidleitung (701) eines Einwegbioreaktors (1), umfassend
deine Aufnahme (721), in der ein Abschnitt einer Fluidleitung (701) lösbar angeordnet werden kann,
und ein Kopplungselement (712) mit einer Koppelfläche zur Verbindung der Anschlussvorrichtung mit einer Temperiereinrichtung (700),
dadurch gekennzeichnet, dass die Aufnahme (721) eine Kontaktfläche (723) aufweist, die derart angeordnet und ausgebildet ist, dass die Kontaktfläche (723) an einer in der Aufnahme (721) angeordneten Fluidleitung (701) anliegt,
und dadurch gekennzeichnet, dass ein Abschnitt einer Fluidleitung (701) in einer im Wesentlichen orthogonal zur einer Längsachse der Anschlussvorrichtung (720) verlaufenden Richtung in die Aufnahme (721) eingeführt werden kann;
[1.f] dadurch gekennzeichnet, dass die Aufnahme (721) einen ersten und einen zweiten Teil aufweist, wobei die beiden Teile ausgebildet sind, in einer im Wesentlichen orthogonal zur einer Längsachse der Anschlussvorrichtung (720) verlaufenden Richtung zusammengefügt zu werden und dabei einen Abschnitt einer Fluidleitung (701) in der Aufnahme (721) aufzunehmen;
[1.g] gekennzeichnet durch einen Verbindungsabschnitt, mit dem die Anschlussvorrichtung (720) über eine lösbare Steckverbindung an einem Anschlusselement (124) eines Einwegbioreaktors (1) befestigbar ist,
[1.h] wobei der Verbindungsabschnitt der Anschlussvorrichtung in einen auf einer Kopfplatte eines Einwegbioreaktors angeordneten Steckanschluss (124) einsteckbar ausgebildet ist."
c) Anspruch 1 des Hilfsantrag II lautet:
"Wiederverwendbare Temperiereinrichtung (700) zur Temperierung einer sterilen Einweg-Fluidleitung (701) eines Einwegbioreaktors (1), umfassend einen temperierfluidfreien Temperieraktor (711) und
eine Anschlussvorrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass die Anschlussvorrichtung eine wiederverwendbare Anschlussvorrichtung (720) zur Verbindung der Temperiereinrichtung (700) mit einer Fluidleitung (701) eines Einwegbioreaktors (1) ist,
die Anschlussvorrichtung umfassend eine Aufnahme (721), in der ein Abschnitt einer Fluidleitung (701), lösbar angeordnet werden kann, und
ein Kopplungselement (712) mit einer Koppelfläche zur Verbindung der Anschlussvorrichtung mit der Temperiereinrichtung (700),
dadurch gekennzeichnet, dass die Aufnahme (721) eine Kontaktfläche (723) aufweist, die derart angeordnet und ausgebildet ist, dass die Kontaktfläche (723) an einer in der Aufnahme (721) angeordneten Fluidleitung (701) anliegt, und
dadurch gekennzeichnet, dass ein Abschnitt einer Fluidleitung (701) in einer im Wesentlichen orthogonal zur einer Längsachse der Anschlussvorrichtung (720) verlaufenden Richtung in die Aufnahme (721) eingeführt werden kann,
dadurch gekennzeichnet, dass die Aufnahme (721) einen ersten und einen zweiten Teil aufweist, wobei die beiden Teile ausgebildet sind , in einer im Wesentlichen orthogonal zur einer Längsachse der Anschlussvorrichtung (720) verlaufenden Richtung zusammengefügt zu werden und dabei einen Abschnitt einer Fluidleitung (701) in der Aufnahme (721) aufzunehmen."
VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Hauptantrag Neuheit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu über die Offenbarungen von D2, D3 und D4.
D2 offenbare nicht das Merkmal [1.c], also eine Fläche, die zur Kopplung mit einer Temperiereinrichtung geeignet sei. Die in D2 offenbarte Lampe stelle keine solche Temperiereinrichtung dar. Die Aufnahmevorrichtung für die Fluidleitung in D2 sei spezifisch für die Aufnahme der Lampe ausgeführt und die Fachperson erkenne, dass die Vorrichtung nicht geeignet sei, Gehäuse und Fluidleitung zu erwärmen, sondern im Gegenteil dafür geeignet sei, lediglich die Strahlung der Lampe passieren zu lassen.
D3 offenbare weder eine wiederverwendbare noch eine lösbare Aufnahmevorrichtung, im Gegenteil sei die gesamte offenbarte Vorrichtung für einen Single-Use offenbart. Die Platten, Fig. 2, No. 46, 48, stellten keine Aufnahme im Sinne der Merkmale [1.b] und [1.c] dar und wiesen somit auch keine Kontaktfläche auf. Auch sei kein Kopplungselement mit einer Koppelfläche offenbart. Somit sei keine der Merkmalsgruppen [1.a] bis [1.e] vollständig in D3 offenbart.
D4 offenbare zumindest nicht Merkmal [1.e], da die Vorrichtung aus den Figuren 1 bis 5 von D4 nicht für eine Einführung der Fluidleitung orthogonal zur Längsachse geeignet sei. Eine Zusammenschau der Merkmale mit der zweiten Ausführungsform der Figuren 6 bis 11 gemäß der angefochtenen Entscheidung sei zudem im Rahmen eines Neuheitseinwandes unzulässig.
b) Hilfsantrag I - Zulassung
Hilfsantrag I sei zuzulassen, da dieser bereits mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden sei und somit keine Änderung des Beschwerdevorbringens darstelle. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 sei unter anderem neu über die Offenbarung der Dokumente D3 und D4, da hier keine Steckverbindung offenbart sei. Zudem beruhe er auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber der Offenbarung von D3. Die Vorsehung einer Steckverbindung, zur Vereinfachung der Montage und Demontage der Anschlussvorrichtung am Bioreaktor, liege der Fachperson ausgehend von D3 oder D4 nicht nahe.
c) Hilfsantrag II - Neuheit
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags II sei neu.
Die Beschwerdeführerin hat zur Neuheit der zugefügten Merkmale von Anspruch 1 des Hilfsantrags II gegenüber D3 nicht Stellung genommen. Sie argumentierte, dass die wiederverwendbare Temperiereinrichtung nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II Anspruch 6 gemäß Hilfsantrag 1 entspräche, und daher die "Ausführungen zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 6 ... gemäß Hilfsantrag I" somit auch für den Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II zutreffend seien. In ihrer Argumentation bezüglich Hilfsantrag I wiederum berief sich die Beschwerdeführerin auf die bereits für den Hauptantrag diskutierten Unterscheidungsmerkmale. Die in Anspruch 1 von Hilfsantrag II im Vergleich zum Hauptantrag zusätzlich aufgenommenen Merkmale Temperiereinrichtung, temperierfluidfreier Temperieraktor und zweiteilige Aufnahme wurden von der Beschwerdeführerin bezüglich D3 nicht diskutiert.
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Da der Hauptantrag und der Hilfsantrag II nicht gewährbar sind, und der Hilfsantrag I nicht im Verfahren berücksichtigt wird, ist die Beschwerde nicht begründet.
Entscheidung im schriftlichen Verfahren
2. Die Zurückweisung der Beschwerde erfolgt aus den in der vorläufigen Meinung der Mitteilung unter Artikel 15 (1) VOBK 2020 mitgeteilten Gründen. Daher ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Artikel 116 (1) EPÜ nicht sachdienlich und die Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren.
Hauptantrag - Neuheit
3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nicht neu im Hinblick auf jede der Offenbarungen der Dokumente D2, D3 und D4.
3.1 Neuheit im Hinblick auf D2
3.1.1 Die in Figur 9 von Dokument D2 offenbarten Teile 96 und 96' ("saddle") weisen alle Merkmale der wiederverwendbaren Anschlussvorrichtung gemäß Anspruch 1 auf. Unstreitig bilden die Teile zwischen sich eine Aufnahme aus zur lösbaren Anordnung einer orthogonal einführbaren Fluidleitung an einer Kontaktfläche (Merkmale [1.a], [1.b], [1.d] und [1.e]). Zu entscheiden ist daher lediglich, ob hier das Merkmal [1.c], also ein an der Anschlussvorrichtung vorgesehenes Kopplungselement für die Verbindung mit einer Temperiereinrichtung, offenbart ist.
3.1.2 Das Merkmal [1.c] verlangt eine Koppelfläche zur Verbindung der Anschlussvorrichtung mit einer Temperiereinrichtung. Dieses Merkmal ist dahingehend auszulegen, dass lediglich eine Eignung zur Verbindung gefordert ist. Auch ist die so zur Verbindung bestimmte Temperiereinrichtung im Anspruch nicht näher spezifiziert, und selbst im Hinblick auf die im Patent beschriebene Ausführungsform der Temperiereinrichtung (Peltier-Element) wird keine spezifische Form der Koppelfläche impliziert. Die Mindestanforderungen an dieses Merkmal bestehen damit lediglich in einer mechanischen Kopplungsmöglichkeit sowie einer hinreichenden Wärmeleitfähigkeit des Kopplungselementes.
3.1.3 Ein Kopplungselement mit einer Koppelfläche, die eine solche Eignung aufweist, ist durch die Teile 96 (Figuren 10A und 10B) in Form der ebenen Flächen 104 und 118 gegeben. Hieran ist ein Lampenaufsatz ("lamp assembly 92") lösbar verbunden. An die Flächen lassen sich demzufolge auch andere Temperiereinrichtungen koppeln, wie z. B. ein gemäß dem Patent zu verwendendes Peltierelement. Für die Eignung ist dabei unschädlich, dass die Flächen in D2 als zur Aufnahme von Lampen offenbart sind, für die entsprechende Öffnungen vorgesehen sind. Da die Teile 96 vorzugsweise aus Aluminium gefertigt sind (D2, Absatz [0075]), ist hierüber eine effektive Wärmeübertragung mit der zwischen zwei Teilen 96 und 96' aufgenommenen Fluidleitung gegeben.
3.1.4 Die Frage, ob diese Lampen selbst als Temperiereinrichtungen im Sinne von Anspruch 1 auszulegen sind, kann somit dahingestellt bleiben.
3.2 Neuheit im Hinblick auf D3
3.2.1 Im Gegensatz zur angefochtenen Entscheidung kommt die Kammer zu dem Schluss, dass bei fachgerechter Auslegung des Anspruchs 1, sein Gegenstand die Ausführungsform der Figur 2 von D3 vorwegnimmt.
3.2.2 Das Dokument D3 offenbart in Figur 2 eine Anschlussvorrichtung in Form eines zweiteiligen Rahmens, gebildet aus den Rahmenplatten 46 und 48 ("bagholder"/ "frame"), die einen Single-Use-Kondensationsbeutel ("disposable condenser bag 30") aufnehmen und somit auch eine Kontaktfläche mit dem Kondensationsbeutel (Merkmal [1.b]) ausbilden. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin ist ein derartiger Kondensationsbeutel 30 bei fachgerechter Auslegung durchaus als "Fluidleitung", die von den Platten aufnehmbar ist, im Sinne des Merkmals [1.b] anzusehen. Der Kondensationsbeutel dient nämlich im Zusammenwirken mit dem Temperierelement zur Durchleitung von Gas aus einem Bioreaktor sowie der Kondensation und dem Auffangen von kondensierbaren Komponenten hieraus. Dem gleichen Zweck dienen auch die Anschlussvorrichtung mit Fluidleitung und das hieran angekoppelte Temperierelement gemäß Patent (vgl. Absätze [0010] und [0047]). Anspruch 1 definiert zudem keinerlei Restriktionen bezüglich der Querschnittsform der Fluidleitung; auch kann die Kondensationskammer gemäß D3 andere Formen aufweisen (D3, Absatz [0024]). Der Beutel steht in Kontakt mit den Kontaktflächen der Aufnahmeplatten (Merkmal [1d]). Da der Beutel zwischen die Platten eingelegt werden muss, erfolgt eine Einführung orthogonal zur Längsachse (Merkmal [1.f]).
3.2.3 In Anspruch 9 von D3 ist zudem definiert, dass die Fluidleitung lösbar ("removably") in der Aufnahme angeordnet ist, was sich der Fachperson zudem aus der Tatsache erschließt, dass die Fluidleitung als Single-Use-Bauteil definiert ist ("disposable"). Wie die Beschwerdeführerin zu der Annahme gelangt, es handele sich bei der in Figur 2 dargestellten Verbindung um eine unlösliche "Nietenverbindung", ist nicht ersichtlich. Der in der schematische Zeichnung der Figur 2 dargestellten Ausführungsform ist nicht zu entnehmen, wie die Verbindung der beiden Rahmenteile ausgeführt ist.
3.2.4 Auch Merkmal [1.a] ist offenbart. Es überzeugt nicht, dass gemäß D3 das gesamte System einschließlich der Anschlussvorrichtungsteile als "truly disposable" ausgeführt und somit nur für einen "single use" geeignet sei. In den Absätzen [0033] bis [0035] wird die Eigenschaft "disposable" lediglich dem Kondensatbeutel 30 zugeschrieben und nicht den anderen hier diskutierten Teilen ("frame holder", "cold plate", "peltier module"). Es ist zudem nicht plausibel und im Fachgebiet der Einwegsysteme auch nicht üblich, die nicht medienberührenden Teile, hier insbesondere Halter und Kühlelemente, als Einwegprodukte zu gestalten.
3.2.5 Merkmal [1.c] ist ebenfalls offenbart. Gemäß D3 ist an dem Anschlusselement ein temperierfluidfreies Temperierelement in Form eines thermoelektrischen Peltierelements mit seiner äußerer Oberfläche ("cold plate") angekoppelt. In Absatz [0034] wird weiter ausgeführt, dass die Kühlfläche auf der Seite 44 des Rahmens angeordnet ist. Somit weist die Anschlussvorrichtung eine Koppelfläche im Sinne von Merkmal [1.c] auf. Dass dabei die Kühlfläche zwischen dem einen Rahmenteil 48 und der Fluidleitung in Sinne einer "Sandwich-Anordnung" angeordnet ist, wird vom Anspruch nicht ausgeschlossen. In der angefochtenen Entscheidung wird bemängelt, die Kühlplatte sei nicht als "strukturell" in die Rahmenplatte 48 "integriert" offenbart. Dies ist gemäß Merkmal [1.c] jedoch auch nicht erforderlich.
3.3 Neuheit im Hinblick auf D4
3.3.1 Auch das Dokument D4 nimmt den Gegenstand von Anspruch 1 vorweg. Für die zweite Ausführungsform der Figuren 6 bis 11 ist mit Bauteil 20 ("Block", s. z. B. Figur 10) eine aus wärmeleitendem Material gefertigte Aufnahme für die lösbare Aufnahme einer Fluidleitung im Sinne der Merkmale [1b] und [1d] offenbart. Auf Seite 9 (siehe die Seitennummerierung am oberen Seitenrand), Absätze 3 und 4, wird explizit das Einsetzen der Fluidleitung orthogonal zur Längsachse (Merkmal [1e]) beschrieben: "biegsames Rohr ... mit Preßsitz in die Rinne 22 durch den Spalt zwischen den Lippen 28 und 29 hindurch eingesetzt". Auf der Rückfläche des Blocks 20 ist eine Koppelfläche für eine Temperiereinrichtung (Widerstandsheizelemente 39 und 40) vorgesehen.
3.3.2 Ob die Aufnahme der ersten Ausführungsform von D4 ggf. kein orthogonales Einsetzen der Fluidleitung ermöglicht, wie seitens der Beschwerdeführerin argumentiert, kann daher dahingestellt bleiben.
Hilfsantrag I - Zulassung
4. Der Hilfsantrag I wurde mit der Beschwerdebegründung vor dem 1. Januar 2020 eingereicht. Gemäß der Übergangsvorschriften von Artikel 25 (2) VOBK ist Artikel 12(4) VOBK 2007 anzuwenden. Gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 hat die Kammer ein Ermessen, Anträge nicht zuzulassen, die bereits im Einspruchsverfahren hätten vorgebracht werden können. Die Kammer übt ihr Ermessen dergestalt aus, dass der Hilfsantrag I nicht in das Verfahren zugelassen wird. Die Gründe hierfür sind die Folgenden.
4.1 Die Beschwerdeführerin hat keine Ausführungen bezüglich der Gründe für die Änderung des Vorbringens gemacht, insbesondere nicht dazu, warum dieses neue Vorbringen erstmalig im Beschwerdeverfahren vorgebracht wurde. Die Beschwerdeführerin argumentiert lediglich, inwieweit die Änderungen den Gegenstand zusätzlich von den Entgegenhaltungen D1 bis D4 abgrenzen.
4.2 Mit den Merkmalen [1.g] und [1.h] von Anspruch 1 des Hilfsantrags I bringt die Beschwerdeführerin zudem erstmalig einen Gegenstand aus der Beschreibung (vgl. Absatz [0038]) in das Verfahren ein, der auf eine Steckverbindung der Anschlussvorrichtung an einer Kopfplatte eines Einwegbioreaktors zur Verbindung zwischen Anschlussvorrichtung und Bioreaktor gerichtet ist. Der neue Gegenstand von Anspruch 1 war daher bisher weder Teil eines vorgelegten Anspruchs noch Gegenstand der erstinstanzlichen Prüfung. Er stellt eine wesentliche Änderung des Vorbringens dar und steht im Widerspruch zum eigentlichen Sinn des Beschwerdeverfahrens, nämlich der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung.
4.3 Somit folgt, dass die Beschwerdeführerin den Hilfsantrag I bereits im Einspruchsverfahren hätte vorbringen können und auch sollen. Daher wird der Hilfsantrag I nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
Hilfsantrag II - Neuheit
5. Der Hilfsantrag II ist nicht gewährbar, da der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu über die Offenbarung von D3 ist.
5.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags II ist nicht mehr auf eine Anschlussvorrichtung, sondern auf eine Temperiereinrichtung gerichtet. Im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags weist Anspruch 1 des Hilfsantrags II die folgenden beiden zusätzlichen Merkmale auf:
- temperierfluidfreier Temperieraktor
- die Aufnahme der Anschlussvorrichtung besteht aus zwei Teilen zur Aufnahme der Fluidleitung, die im Wesentlichen orthogonal zur Längsachse zusammengefügt werden
Bezüglich der Offenbarung dieser Merkmale in D3 hat die Beschwerdeführerin nichts vorgetragen.
5.2 Beide Merkmale sind, wie schon in der Neuheitsdiskussion bezüglich des Hauptantrags festgestellt (vgl. Punkt 3.2), ebenfalls in der Ausführungsform der Figur 2 in D3 offenbart. Das zweite zusätzliche Merkmal ist dabei zum Teil implizit offenbart. Die beiden Teile der Aufnahme in D3 müssen zwangsläufig im Wesentlichen orthogonal zur Längsachse zusammengefügt werden, da sonst die Fluidleitung (der Kondensationsbeutel) nicht eingefügt werden kann.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.