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T 2272/18 (Korrekturroutine für Rollläden/ARCA) 11-01-2022
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Antriebsanordnung für eine Verdunkelungsvorrichtung
Ausreichende Offenbarung - (ja): vollumfängliche Funktionsfähigkeit keine Frage der Ausführbarkeit
Neuheit, erfinderische Tätigkeit
Neuheit - Hauptantrag (ja)
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent in geänderter Fassung gemäß einem ersten Hilfsantrag aufrechtzuerhalten.
II. In ihrer Entscheidung kam die Einspruchsabteilung u. a. zum Ergebnis, dass der Gegenstand des im Einspruchsverfahren eingereichten Hilfsantrags die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, so dass die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt sind. Zudem beruhe der Gegenstand der Ansprüche auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Die Entscheidung stützte sich u. a. auf die folgenden Dokumente:
D1: FR 2 869 349 A1
E1: US 2007/0039243 A1 und
E4: EP 1 508 844 A1.
III. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.
IV. Am 11. Januar 2022 fand die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer per Videokonferenz statt.
- Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
- Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag). Hilfsweise sei das Streitpatent in der Fassung mit den Ansprüchen der Hilfsanträge I bis IX aufrechtzuerhalten.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut (mit der in der angefochtenen Entscheidung verwendeten Merkmalsnummerierung):
"A. Antriebsanordnung für eine Verdunkelungsvorrichtung
bzw. Sicherungsvorrichtung
B. mit einem verstellbaren Verschlußelement wie einem
Rolladen o. dgl.,
C. wobei ein Antriebsmotor und ggf. ein dem
Antriebsmotor nachgeschaltetes Getriebe zur
motorischen Verstellung des Verschlußelements
vorgesehen ist,
D. wobei dem Antriebsmotor eine Antriebssteuerung
zugeordnet ist
E. und wobei die Antriebssteuerung eine
Wegmeßanordnung zur Ermittlung der Position des
Verschlußelements aufweist,
F. wobei die Wegmeßanordnung zur Ermittlung der
Grobposition eine Sensoreinrichtung und einen
Positionszähler aufweist,
G. wobei die Sensoreinrichtung bei einer motorischen
Verstellung des Verschlußelements periodische
Sensorsignale erzeugt, die vorzugsweise
periodische Zählereignisse für den Positionszähler
bereitstellen und
H. wobei das Auftreten eines Zählereignisses im
Positionszähler je nach Verstellrichtung ein
Hoch- bzw. Herunterzählen um einen Zählschritt
bewirkt,
I. wobei die Wegmeßanordnung zur Ermittlung der
Feinposition eine Zeitmeßeinrichtung aufweist,
mit der, ausgelöst durch ein Zählereignis, der
aktuelle zeitliche Abstand - Zeitabstand - zu
diesem Zählereignis meßbar ist,
J. wobei die Antriebssteuerung einen Zwischenspeicher
aufweist und stets bzw. zyklisch den jeweils
aktuellen Zählerstand und ggf. den aktuellen
Zeitabstand speichert,
dadurch gekennzeichnet,
K. daß der Zwischenspeicher zusätzlich das aktuelle
Sensorsignal bzw. die aktuellen Sensorsignale der
Sensoreinrichtung speichert und
L. daß die Anordnung so getroffen ist, daß die
Antriebssteuerung bei einem Wiederanfahren des
Antriebsmotors nach einer Abschaltung oder nach
einem Stromausfall das aktuelle Sensorsignal bzw.
die aktuellen Sensorsignale der Sensoreinrichtung
mit dem im Zwischenspeicher gespeicherten
Sensorsignal bzw. mit den im Zwischenspeicher
gespeicherten Sensorsignalen vergleicht und
M. bei einer Abweichung aufgrund einer Verstellung
während des abgeschalteten Zustands eine
Korrekturroutine zur ggf. erforderlichen Korrektur
des Zählerstandes auslöst."
Bei den Ansprüchen 2 bis 10 handelt es sich um von Anspruch 1 abhängige Ansprüche.
1. Der Gegenstand des Patents
Das Streitpatent betrifft eine Antriebsanordnung für eine Verdunkelungsvorrichtung mit einem verstellbaren Verschlusselement wie einem Rollladen, einer Jalousie oder einem Rolltor. Viele solcher Antriebsanordnungen sind mit Wegmessanordnungen zur Ermittlung der aktuellen Position des Verschlusselements ausgestattet, um gezielt gespeicherte Positionen anzufahren. Die Sensoren erlauben aber teilweise nur eine grobe Positionsauflösung. Zudem ist bei bekannten Antriebsanordnungen nachteilig, dass das Wiederanfahren nach dem Abschalten des Antriebsmotors oder nach einem Stromausfall Probleme bereiten kann, wenn das Verschlusselement während der Abschaltung geringfügig abgesackt ist (siehe Absätze [0001] bis [0014] der Patentschrift).
Gemäß dem Streitpatent wird die Genauigkeit der Sensoreinrichtung dadurch erhöht, dass der aktuelle Zeitabstand zu dem letzten Zählereignis gemessen wird. Neben der durch Zählereignisse des Sensorsignals ermittelten Grobposition wird damit zusätzlich eine Feinposition des Verschlusselements ermittelt. Weiterhin wird zyklisch zusätzlich zu dem Zählerstand das aktuelle Sensorsignal bzw. die aktuellen Sensorsignale der Sensoreinrichtung gespeichert. Durch Vergleich des vor Abschaltung der Antriebsanordnung gespeicherten Sensorsignals mit dem aktuellen Sensorsignal nach Wiedereinschaltung lässt sich demnach erfassen, ob im abgeschalteten Zustand eine Verstellung des Verschlusselements erfolgt ist und ob gegebenenfalls eine Korrektur des Zählerstands erforderlich ist (siehe Absätze [0016] bis [0018], [0031] und [0061] bis [0065] des Streitpatents).
2. Ausführbarkeit, Artikel 83 EPÜ
2.1 Das Vorbringen der Beschwerdeführerin richtet sich darauf, dass
- die Begriffe Feinposition und Grobposition im Gesamtzusammenhang des Streitpatents nicht verständlich seien (Merkmale F und I),
- nicht ausreichend offenbart sei, wie die "Korrekturroutine" ausgeführt werde (Merkmal M),
- nicht definiert werde, wie das aktuelle Sensorsignal mit dem gespeicherten Sensorsignal verglichen werde, so dass in allen Anwendungsfällen eine Korrektur durchgeführt werden könne (Merkmale K bis M).
2.2 Im Hinblick auf die Begriffe Grob- und Fein-positionierung argumentierte die Beschwerdeführerin, dass das Dokument E4 zeige, dass ein Sensor zur Erfassung der Zeit nicht notwendigerweise genauer sei als ein Positionssensor. Zudem werde gemäß der Absätze [0017] und [0033] des Streitpatents eine konstante Verstellgeschwindigkeit vorausgesetzt. Eine solche Voraussetzung finde sich jedoch nicht im Anspruch wieder. Eine höhere Präzision durch Zeitmessung sei ein zu erzielendes Ergebnis. Es werde aber nicht in dem Streitpatent für den allgemeinen Fall einer nicht-konstanten Verstellgeschwindigkeit erläutert.
In Merkmal M werde zwar Bezug auf eine Korrekturroutine genommen, jedoch ohne zu offenbaren wie diese tatsächlich ausgeführt werde. Die Absätze [0064] bis [0068] erklärten zwar was ein Positionsfehler sei, aber nicht wie er korrigiert werde.
Als Beispiel für das aktuelle Sensorsignal nach Merkmal K sei in der Beschreibung nur der Signalpegel mit den Signalzuständen "Maximalpegel" und "Minimalpegel" genannt. Basierend auf dieser Ausführungsform wäre es nicht möglich, für alle Fehlerfälle eine "Korrekturroutine" auszuführen, insbesondere dann nicht, wenn die Wickelwelle um eine komplette Umdrehung verstellt werde.
2.3 Die Kammer stimmt mit der angefochtenen Entscheidung überein, dass die Begriffe "Grobposition" und "Feinposition" in Beziehung zueinander zu verstehen sind (siehe angefochtene Entscheidung, Gründe 4.2.1.2). Die Grobposition wird durch Zählereignisse des Positionszählers bestimmt, während die Feinposition eine genauere Position ausgehend von einem Zählereignis des Positionszählers ist (siehe Streitpatent, Absatz [33] und Figur 7 bzw. Merkmale G und I von Anspruch 1). Die Verwendung einer exakt konstanten Verstellgeschwindigkeit ist nicht unbedingt notwendig, um die Antriebsanordnung zu betreiben und eine Korrektur nach einem Wiederanfahren des Antriebsmotors durchführen zu können. Bei einer nicht-konstanten Verstellgeschwindigkeit ergibt sich durch die zeitbasierte Messung lediglich ein Positionsfehler innerhalb des Intervalls zwischen zwei Zählereignissen (siehe Figur 7 der Patentschrift).
Ein Beispiel für die Ausführung der "Korrekturroutine" ist in Absatz [0066] des Streitpatents wiedergegeben. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist eine Erfindung ausreichend offenbart, wenn mindestens ein Weg deutlich aufgezeigt wird, wie eine Fachperson die Erfindung ausführen kann. Hierbei geht es nicht darum, ob die offenbarte Erfindung auch in allen erdenklichen Fällen und für alle möglichen Randbedingungen funktionsfähig ist bzw. zum erhofften Erfolg führt.
Hinsichtlich des letzten Einwands stimmt die Kammer mit der Beschwerdeführerin überein, dass eine Korrektur mit der beschriebenen Antriebsanordnung nicht (eindeutig) für alle Fehlerfälle basierend auf einem Vergleich der aktuellen mit den gespeicherten Sensorsignalen möglich ist. Entsprechend wird in dem Streitpatent unterstellt, dass "die im Zwischenspeicher gespeicherten Sensorsignale den aktuellen Sensorsignalen unmittelbar vorausgehen". Wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, ergibt sich daher eine fehlerhafte oder keine Korrektur. Mit der Lehre des Streitpatents kann jedoch ein geringfügiges Absacken des Verschlusselements erkannt und korrigiert werden (siehe Absätze [0013] und [0014] sowie [0064]).
2.4 Die in den Patentansprüchen definierte Erfindung ist damit so deutlich und vollständig offenbart, dass die Fachperson sie ausführen kann (Artikel 83 EPÜ).
3. Erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ
3.1 Es ist unbestritten, dass das Dokument E1 den nächstliegenden Stand der Technik im Hinblick auf den beanspruchten Gegenstand bildet.
E1 offenbart eine Antriebsanordnung für eine Verdunkelungsvorrichtung bzw. Sicherungsvorrichtung mit einem verstellbaren Verschlusselement wie einem Rollladen, wobei ein Antriebsmotor und ggf. ein dem Antriebsmotor nachgeschaltetes Getriebe zur motorischen Verstellung des Verschlusselements vorgesehen ist (siehe Absätze [2] und [38]). Dem Antriebsmotor 1 ist eine Antriebssteuerung mit einer Wegmessanordnung zur
Ermittlung der Position des Verschlusselements zugeordnet. Die Wegmessanordnung weist eine Sensoreinrichtung und einen Positionszähler auf (siehe Absätze [9] und [14]), wobei die Sensoreinrichtung bei einer motorischen Verstellung des Verschlusselements periodische Sensorsignale für den Positionszähler erzeugt (siehe Absätze [17], [40], [46] und [47]). Je nach Verstellrichtung bewirkt das Auftreten eines Zählereignisses im Positionszähler ein Hoch- bzw. Herunterzählen um einen Zählschritt (siehe Absätze [43] oder [46] und Schritt 32 in Figur 9). Die Antriebssteuerung weist zudem einen Zwischenspeicher auf, in dem zyklisch der jeweils aktuelle Zählerstand gespeichert wird (siehe Absatz [46] und Anspruch 22). Damit werden die Merkmale A bis H und J von Anspruch 1 in Dokument E1 offenbart.
3.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass zudem das Merkmal I teilweise sowie die Merkmale K, L und M vollständig in E1 offenbart werden würden. Sie verwies auf die Absätze [0043] bis [0045] und die Figuren 9 und 10 von E1. Die Merkmale K, L und M würden sich aus dem Verfahren von E1 ergeben, wenn ein Lerndurchlauf ("learning procedure") nach Figur 9 mit einem nachfolgenden ersten Betriebsdurchlauf nach Figur 11 kombiniert würde.
E1 offenbare in Absatz [0016] eine Zeitmessung gemäß Merkmal I, welche es erlaube, die genaue Position zu bestimmen und die zudem gemäß Absatz [0013] nach einer Spannungsabschaltung erfolge. Nach Absatz [0043] wären am Ende eines Lerndurchlaufs die aktuellen Sensorsignale von Merkmal K abgespeichert. Die aktuellen Sensorsignale würden den herausgefilterten Impulsen nach E1, Absätze [0016] und [0017] und Figur 3, entsprechen. Nach E1, Anspruch 13, würden alle Impulse gespeichert und eine Abweichung von gespeicherten Werten erfasst (siehe Absatz [0046]). Die Absätze [0009], [0010] und [0042] zeigten, dass E1 auf dasselbe Ziel wie das Streitpatent gerichtet sei, nämlich nach einem eventuellen Stromausfall wieder korrekt anzufahren, wobei eine Absolutposition des Verschlusselements verwendet würde.
Hinsichtlich des Merkmals L wies die Beschwerdeführerin auf die Absätze [0045] und [0046] von E1 hin, die einen Vergleich von Impulsen offenbarten. Der Vergleich werde jedes Mal durchgeführt, wenn ein Referenzimpuls empfangen werde. Ebenso würden nach Absatz [0017] nach einem Wiederanfahren alle Impulse gemessen und mit vorab gespeicherten Werten verglichen.
Merkmal M werde in Absatz [0017] offenbart. Die Korrektur würde dem Schritt 50 der Figur 11 entsprechen. Zudem offenbare auch Anspruch 23 eine Korrektur der Impulse, wenn eine Abweichung von einem Impuls-Vergleichswert im Sinne einer Plausibilitätskontrolle festgestellt werde. Die Unterscheidungsmerkmale würden sich daher lediglich auf den Teil von Merkmal I beschränken, der sich auf die Verwendung der Zeitmessung zur Verbesserung der Positionsbestimmung bezögen.
3.3 Die Kammer stimmt mit der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf das Verständnis der Impulsauswertung in E1 überein. E1 zeigt einen Pulsgeber mit (mindestens) einem Referenzimpuls ("reference pulse") und Standardimpulsen ("equal pulses", siehe Absätze [0010], [0017] und Figur 2 und 5). In einem Lerndurchlauf (siehe Figur 9 und Absatz [0043]) werden Start- und Endpositionen eines Verschlusselements "eingelernt". Die den Positionen entsprechende Anzahl von Referenzimpulsen und Standardimpulsen wird gespeichert. Impuls-Vergleichswerte ("pulse comparison values") für die Referenz- und Standardimpulse werden abgespeichert, wobei es hierbei nicht klar ist, ob es sich bei diesen Vergleichswerten um eine Impuls-Zeitdauer oder die Anzahl von Impulsen handelt (siehe Absätze [0016] und [0046]). Im Betrieb wird zwischen einer Detektion der Referenzimpulse (siehe Figur 11: Schritt 34 und Absatz [0046]) anhand ihrer Pulsbreite und einem nachfolgend durchgeführten Vergleich mit
Impuls-Vergleichswerten (Figur 11: Schritte 48, 49) unterschieden. Wenn eine Abweichung der Impulse von den Vergleichswerten auftritt, wird eine "Korrektur der Pulse" durchgeführt (siehe Figur 11: Schritt 50), wobei wieder unklar ist, ob es sich hierbei um eine Korrektur der Impulsbreite oder -anzahl handelt. Die Kammer schließt sich der Auffassung der Einspruchsabteilung an, dass aus E1 nicht klar hervorgeht, wofür die Vergleiche und Korrekturen der Impulse tatsächlich dienen.
3.4 Basierend auf diesem Verständnis von Dokument E1 dient die Messung der Impulsbreite im System von E1 nicht zur Bestimmung einer Feinposition im Sinne von Merkmal I, sondern zur Unterscheidung zwischen Referenz- und Standard-Impulsen. Merkmal I wird daher nicht in E1 offenbart.
Die Kammer stimmt mit der Beschwerdeführerin überein, dass eine Speicherung des Sensorsignals entsprechend Merkmal K verschiedene Möglichkeiten zur Repräsentation des Sensorsignals beinhaltet. Neben einem Pegelwert ("Maximal" oder "Minimal") wie in Absatz [0065] des Streitpatents erläutert, könnten zur Charakterisierung des Sensorsignals auch andere aktuelle Signalparameter (beispielsweise dessen Phasenlage) abgespeichert werden. Die Speicherung des Sensorsignals erfolgt nach Merkmal K jedoch zusätzlich zu der Speicherung des Zählerstands. Aus Absatz [0043] von E1 lässt sich jedoch nur die Speicherung des Zählerstands eindeutig entnehmen. Andererseits stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin darin zu, dass Anspruch 13 ("... a non-volatile memory in which all detected pulses are stored ...") lehrt, dass auch die aktuellen Sensorsignale der Sensoreinrichtung zwischengespeichert werden können.
Der von der Beschwerdeführerin angeführte Vergleich mit den in der Lernphase ermittelten Pulsen nach Absatz [0046] in dem "Impulsvergleicher 48" findet zudem nur nach der Detektion eines Referenzpulses statt und nicht in Reaktion auf ein Wiederanfahren des Antriebsmotors wie in Merkmal L gefordert wird. Der in Absatz [0017] beschriebene Signalvergleich findet wiederum ausschließlich in Bezug auf die Referenzpulse statt ("... all equal pulses and all reference pulses are ... compared with the previously measured reference values ..."). Somit offenbart E1 hier auch nicht, dass die aktuellen Sensorsignale mit den zuvor zwischengespeicherten Sensorsignalen verglichen werden - statt nur mit den Referenzpulsen.
Das Merkmal M bezieht sich auf eine Abweichung, welche sich aufgrund einer Verstellung ergibt und welche durch einen Vergleich der Sensorsignale nach Merkmal L ermittelt wird. Eine entsprechende Abweichung und damit auch dieses Merkmal wird jedoch nicht in E1 offenbart.
3.5 Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich daher zumindest durch die Merkmale I, L und M von E1.
3.6 Gemäß der angefochtenen Entscheidung haben die Unterscheidungsmerkmale I, L und M unterschiedliche Wirkungen und sind damit auf die Lösung unabhängiger objektiver technischer Aufgaben gerichtet.
Das Merkmal I betrifft eine Zeitmesseinrichtung, die zur Ermittlung einer Feinposition dient. Die Merkmale L und M betreffen eine Korrektur des Zählerstandes, also der Grobposition, bei einer Verstellung während des abgeschalteten Zustands des Antriebsmotors.
3.6.1 Diesbezüglich argumentiert die Beschwerdegegnerin, dass ein Synergieeffekt vorliege, da die Endlagen besonders genau angefahren würden, insbesondere auch dann, wenn der Antriebsmotor zwischenzeitlich abgeschaltet werde. Die Beschwerdegegnerin sah die technische Wirkung der Unterscheidungsmerkmale in einer Erhöhung der Betriebssicherheit durch sauberes Anfahren der Endlagen des Verschlusselements. Damit stelle sich der Fachperson die objektive technische Aufgabe "die Betriebssicherheit eines Verschlusssystems zu erhöhen".
3.6.2 Die Kammer stimmt zwar zu, dass sowohl die Erhöhung der Positionsauflösung durch die Ermittlung der Feinposition als auch die Korrektur eines durch Absacken des Verschlusselements ausgelösten Fehlers in den Zählereignissen der Sensoreinrichtung zur Erhöhung der Genauigkeit im Anfahren der Endlagen beitragen. Warum die resultierende Wirkung bei einer Kombination der Maßnahmen aber über die Summe der technischen Wirkungen der Einzelmerkmale hinausgehen soll ist jedoch nicht ersichtlich. Tatsächlich betreffen die zwei Maßnahmen unabhängige Fehlerquellen, d. h. einerseits die durch die Begrenztheit der (Grob-)Positionsauflösung der Sensoreinrichtung verursachten Ungenauigkeiten und andererseits Ungenauigkeiten aufgrund eines eventuellen Absackens des Verschlusselements bei Abschaltung oder einen Stromausfall im Betrieb.
3.6.3 Die Unterscheidungsmerkmale sind daher in zwei Gruppen, welche unterschiedliche Teilaufgaben lösen, aufzuteilen.
3.6.4 Konkret führt das Unterscheidungsmerkmal I zu einer Erhöhung der Auflösung der Positionsbestimmung, während die Merkmale K bis M eine Korrektur des Effekts durch Absacken des Verschlusselements bewirken.
3.7 Die objektive technische Aufgabe basierend auf den Unterscheidungsmerkmalen L und M wurde von der Einspruchsabteilung darin gesehen, "eine Verstellung des Verschlusselements während eines abgeschalteten Zustands früher zu entdecken" (siehe Punkt 7.1.3). Obwohl die zugrunde liegende Wirkung nachvollziehbar ist, sieht die Kammer die objektive Aufgabe darin, "eine zu E1 alternative Antriebsanordnung vorzusehen, welche die durch Abschaltung oder Ausfall der Stromversorgung verursachten Positionsfehler ausgleichen kann".
3.7.1 Hinsichtlich der Merkmale K bis M argumentierte die Beschwerdeführerin, dass das Merkmal K lediglich die Speicherung des aktuellen Sensorsignals erfordere. Die Fachperson hätte bei einer Kombination von E1 und D1 sowohl Daten der Grob- wie auch der Feinpositionierung zur Verfügung. Für die Fachperson wäre es daher naheliegend, ein Sensorsignal zu speichern, welches die in E1 genannten Mittel nutzen könne.
3.7.2 Diese Argumente sind nicht überzeugend. In diesem Zusammenhang sei zunächst darauf hingewiesen, dass es bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit hier primär um die Fragen geht, was mit wem bzw. wann verglichen wird (Merkmal L) und was zu welchem Zeitpunkt korrigiert wird (Merkmal M).
Wie in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt wird, vergleicht die Antriebsanordnung von E1 nicht Sensorsignale mit aktualisierten Sensorsignalen, um ein Absacken des Verschlusselements zu erkennen. Auch D1 offenbart keinen derartigen Vergleich und eine solche Korrektur. In E1 wird zwar eine Positionskorrektur basierend auf der Detektion eines Referenzimpulses offenbart (siehe Absätze [0010] und [0045]). Diese Korrektur basiert jedoch nicht auf einem Vergleich von aktuellen Sensorsignalen vor und nach einer Abschaltung bzw. einem Stromausfall. Eine entsprechende Offenbarung oder auch nur ein Hinweis darauf, dass eine alternative Korrektureinrichtung wünschenswert sein sollte, die ohne einen Referenzimpuls auskommt, kann den angeführten Dokumenten nicht entnommen werden.
3.7.3 Die Lösung der zweiten Teilaufgabe ist daher ausgehend von E1 auch in Kombination mit D1 nicht naheliegend. Damit erübrigt sich auch die Erörterung der Lösung der ersten Teilaufgabe.
3.8 Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags beruht folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
4. Schlussfolgerung
Damit kann der Beschwerde der Einsprechenden gegen die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß Hauptantrag nicht stattgegeben werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.