T 1563/19 06-02-2023
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Gasregeleinheit in modularer Bauweise und Gasregelventil
Neuheit - Hauptantrag (nein)
Änderungen - unzulässige Erweiterung
Änderungen - Hilfsantrag 1 (ja)
Änderungen - Hilfsantrag 2 (nein)
Änderungen - Erweiterung des Schutzbereichts
Änderungen - Hilfsantrag 2 (nein)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hilfsantrag 2 (ja)
Patentansprüche - Stützung durch die Beschreibung
Patentansprüche - Hilfsantrag 2 (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 2 (ja)
I. Sowohl die Einsprechende als auch die Patentinhaberin legten Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, wonach das europäische Patent Nr. 2 802 781 in der geänderten Fassung gemäß Hilfsantrag 2 die Erfordernisse des EPÜ erfüllt.
II. Der Einspruch war gegen das Patent in vollem Umfang eingelegt und auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ (fehlende Neuheit) und i.V.m. Artikel 56 EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) gestützt worden.
III. In der angefochtenen Entscheidung hatte die Einspruchsabteilung entschieden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 sowohl in erteilter Fassung als auch in geänderter Fassung gemäß dem mit Schreiben vom 15. Januar 2018 eingereichten Hilfsantrag 1 nicht neu sei, und dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsantrag 1' über den Inhalt der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht hinausgehe.
IV. Im Beschwerdeverfahren wurde unter anderem auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D2 |JP S61-31778 A; |
D4 |WO 2005/088194 A1;|
D5 |WO 2006/003684 A1;|
D11|DE 103 30 067 A1; |
D12|JP 2001-317652 A; |
D13|JP 2006-57820 A. |
Für die Dokumente D2, D12 und D13 lag eine Maschinenübersetzung in englischer Sprache vor.
V. In der am 3. Januar 2023 erlassenen Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern in der seit dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung (VOBK 2020, ABl. EPA 2021, A35) brachte die Kammer ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage zum Ausdruck.
VI. Am 6. Februar 2023 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Während der mündlichen Verhandlung reichte die Beschwerdeführerin II (Patentinhaberin) geänderte Ansprüche gemäß Hilfsantrag 2 sowie geänderte Absätze [0008], [0009] und [0014] der Beschreibung ein.
VII. Die Beschwerdeführerin I (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdeführerin II (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung (Hauptantrag), oder hilfsweise in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags 1, oder der Ansprüche des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 2, oder der Ansprüche eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 3 bis 5.
VIII. Anspruch 1 in erteilter Fassung (entsprechend dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin II) lautet wie folgt (die von der Kammer verwendete Merkmalsgliederung ist in eckigen Klammern eingefügt):
" [M1] Gasregelventil umfassend
- [M2] ein Gehäuse (2) mit Gaseinlass,
- [M3] einen in dem Gehäuse (2) gehaltenen, in einer ersten (Y1) und zweiten axialen Richtung (Y2) beweglich angeordneten Ventilkörper (3),
- [M4] einen Ventilsitz (4),
- [M5] mindestens eine erste Feder (8), die in der ersten axialen Richtung (Y1) auf den Ventilkörper (3) wirkt,
- [M6] eine in axialer Richtung (Y1, Y2) bewegliche, mit dem Ventilkörper (3) mittelbar oder unmittelbar in Eingriff stehende Achse (5),
- [M7] ein auf die Achse (5) wirkender Antrieb (6), der diese und somit den Ventilkörper (3) in vordefinierten Längenabschnitten in axialer Richtung (Y1, Y2) zum Öffnen und Schließen des Gasregelventils (1) bewegt, wobei
- [M8] das Gasregelventil (1) in seiner Gesamtheit als auswechselbares Modul ausgebildet ist, und wobei
dadurch gekennzeichnet, dass [sic]
[M9] der Ventilkörper (3) von einer Membran (9) gehalten ist [M10] und der Gaseinlass in axialer Richtung zwischen Membran (9) und Ventilsitz (4) erfolgt, so dass ein Gasdruck in der ersten axialen Richtung (Y1) gegen die Membran (9) und in der zweiten, entgegengesetzten axialen Richtung (Y2) gegen den Ventilkörper (3) wirkt."
IX. In Anspruch 1 gemäß dem mit der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin II eingereichten Hilfsantrag 1 wurden die Merkmale M8 und M9 folgendermaßen geändert:
"- [M8'] das Gasregelventil (1) in seiner Gesamtheit als auswechselbares Modul ausgebildet ist, [deleted: und] wobei
[deleted: dadurch gekennzeichnet, dass]
- [M9'] der Ventilkörper (3) von einer Membran (9) gehalten ist".
Außerdem wurde gegenüber Anspruch 1 in erteilter Fassung folgendes Merkmal hinzugefügt:
"[M11] und wobei
- dass [sic] zwischen der Achse (5) und dem Ventilkörper (3) eine zweite Feder (10) angeordnet ist, die in die zweite axiale Richtung (Y2) unmittelbar auf den Ventilkörper (3) wirkt".
X. Im Vergleich zu Hilfsantrag 1 wurden die Merkmale M6 und M11 des Anspruchs 1 gemäß dem während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Hilfsantrag 2 folgendermaßen geändert:
"- [M6'] eine in axialer Richtung (Y1, Y2) bewegliche, mit dem Ventilkörper (3) mittelbar [deleted: oder unmittelbar] in Eingriff stehende Achse (5),"
"[M11'] [deleted: und] wobei
- [deleted: dass] zwischen der Achse (5) und dem Ventilkörper (3) eine zweite Feder (10) angeordnet ist, die in die zweite axiale Richtung (Y2) unmittelbar auf den Ventilkörper (3) wirkt,".
Außerdem wurde folgendes Merkmal hinzugefügt:
"[M12] und wobei die zweite Feder (10) innerhalb des hohl ausgebildeten Ventilkörpers (3) angeordnet ist".
XI. Die Beteiligten haben im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Hauptantrag
- Beschwerdeführerin I
Alle Merkmale von Anspruch 1 seien aus jedem der Dokumente D2, D11, D12, D13 bekannt.
Gemäß Merkmal M7 offenbare das Dokument D2, dass der Druck proportional zur Erregungshöhe der Proportionalventilspule 14 gesteuert werde (siehe Seite 2, Zeilen 7 bis 9 der Übersetzung). Es sei daher klar, dass durch die Regulierung der Energiemenge, die der Spule 14 zugeführt werde, eine proportionale Bewegung des Stößels 15 in axialer Richtung ermöglicht werde. Außerdem sei festzustellen, dass bei dem aus Dokument D2 bekannten Ventil in gleicher Weise wie im Streitpatent ein Kräftegleichgewicht herrsche. Der Antrieb wirke dabei entgegen der Federkraft der ersten Feder und dem Gasdruck gegen die den Ventilkörper haltende Membran in axialer Richtung auf den Ventilkörper. Die "vordefinierten Längenabschnitte" des Merkmals M7 seien im Streitpatent nicht definiert worden. In der Regel sei die Bewegung des Ventilkörpers in einem Proportionalventil insoweit vordefiniert, als die Bewegungsstrecke, d.h. der Abstand zur Sperrposition, mit der in der Spule angewendeten Energiemenge korreliert sei. Zu Merkmal M8 sei anzumerken, dass Anspruch 1 nicht voraussetze, dass das Gasregelventil Befestigungsmittel aufweise, die eine Verbindung des Ventils mit anderen Komponenten ermöglichten. Hinsichtlich des Merkmals M9 werde darauf hingewiesen, dass das Verb "halten" verschiedene Bedeutungen habe, ohne jedoch eine gewisse Richtung zu spezifizieren.
Gemäß Merkmal M5 wirke die Feder 22 des Dokuments D11 auf das Druck- und Stromregelventil 20 in der ersten axialen Richtung. Bezüglich der Merkmale M8 und M9 gälten die gleichen Argumente wie in Bezug auf das Dokument D2. Zu Merkmal M9 werde auf Figur 1 des Streitpatents verwiesen, wo, ähnlich wie im Dokument D11, der Ventilkörper einen Ventilschaft aufweise, der mit der Membran verbunden sei.
Das Dokument D12 offenbare, dass die Verbindungswelle 7 durch Verschiebung des von der Spule 10 erregten Körpers 9 in vertikaler Richtung bewegt werde (Absätze [0013] und [0015] der Übersetzung). Der bewegliche Körper 9 könne daher die Verbindungswelle 7 und den Ventilkörper 6 in axialer Richtung in Längenabschnitten bewegen, je nachdem, wie viel Energie der Spule zugeführt werde. Somit sei das Merkmal M7 offenbart. Hinsichtlich der Merkmale M8 und M9 gälten die gleichen Argumente, wie sie in Bezug auf das Dokument D2 vorgetragen worden seien.
Dokument D13 offenbare einen in Auf- und Abwärtsrichtung frei beweglichen Stößel 31, der proportional zur Stromstärke in der Magnetspule 32 nach unten gedrückt werde (siehe Absatz [0013] der Übersetzung). Da die elektromagnetische Kraft proportional zur Stromstärke sei, sei es möglich, die Stromstärke zu bestimmen, die erforderlich sei, um den Stößel über eine vorgegebene Länge zu bewegen. Somit sei das Merkmal M7 offenbart. Für das Merkmal M8 gälten die gleichen Argumente wie für das Dokument D2.
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei deshalb nicht neu.
- Beschwerdeführerin II
Gegenüber dem Dokument D2 unterscheide sich der erteilte Anspruch 1 durch die Merkmale M7, M8 und M9. Zu Merkmal M7 werde im Dokument D2 über den Versatz der Spule 14 diskutiert, jedoch ergebe sich daraus nicht notwendigerweise ein Antrieb, der die Achse und den Ventilkörper in vordefinierten Längenabschnitten versetze. Aus der Textstelle auf Seite 2 der Übersetzung des Dokuments D2 ergebe sich lediglich, dass es sich um ein Proportionalventil handle, nicht aber, wie dessen Antrieb ausgebildet sei. Die Längenabschnitte des Ventilkörpers seien im Dokument D2 vielleicht vorgewählt, jedoch nicht vordefiniert, d.h. sie seien nicht vorher festgelegt bezüglich ihrer Größe. Die Behauptung, dass verschiedene Energiemengen in der Magnetspule zu verschiedenen Axialbewegungen führten, sei nicht unmittelbar und eindeutig offenbart. Folglich sei dem Dokument D2 das Merkmal M7 nicht zu entnehmen. Außerdem enthalte das Dokument D2 keinen unmittelbaren und eindeutigen Hinweis, dass das Gasregelventil gemäß Merkmal M8 in seiner Gesamtheit als auswechselbares Modul ausgebildet sei. Obgleich die Figuren des Dokuments D2 ein Ventil zeigten, das in irgendeiner Form zum Einsatz gebracht werden könne, sei dort nicht eindeutig und unmittelbar offenbart, dass es sich um ein Modul handle. Vielmehr sei das Regelventil 9 zusammen mit einem Solenoidventil 8 in Reihe geschaltet. Die Einspruchsabteilung habe dieses Merkmal als breit formuliert beurteilt, ohne jedoch darzulegen, welche Merkmale des Ventils eine modulare Ausbildung begründen würden. Beispielsweise seien keine entsprechenden Befestigungsmittel offenbart, mit denen das Ventil an anderen Bauteilen befestigbar wäre. Der Auslegung des Begriffs "Modul" gemäß Duden sei nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen worden. Ferner sei der Ventilkörper 11 entgegen den Erfordernissen von Merkmal M9 nicht an der Membran 10 gehalten. Stattdessen sei der Stößel 15 über ein nietförmiges Zwischenteil, welches die Membran 10 in Axialrichtung durchdringe, mit dem Ventilkörper verbunden. Die verschiedenen Bedeutungen des Verbs "halten" hätten vorliegend keinen Eingang in die Formulierung des Merkmals M9 gefunden. Es werde gerade nicht beansprucht, dass der Ventilkörper beispielsweise auf einer Membran aufliege oder dergleichen, sondern dass der Ventilkörper von einer Membran gehalten sei.
Dokument D11 fehle es an einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung zumindest der Merkmale M5, M8 und M9. Gemäß der Offenbarung des Dokuments D11 wirke die Feder 35 auf die Membran, nicht auf den Ventilkörper 20, so dass Merkmal M5 nicht neuheitsschädlich vorweggenommen ist. Zu Merkmal M8 sei anzumerken, dass die Ventilvorrichtung gemäß Dokument D11 über einen externen Antrieb gesteuert werde. Diese Konstruktion in ihrer Gesamtheit weise somit gerade keinen modularen Aufbau auf. Bezüglich Merkmal M9 sei festzustellen, dass der Ventilkörper des Dokuments D11 durch das Bauteil 20 bestimmt werde. Den Ventilhebel 21 ebenfalls als Ventilkörper zu definieren übersteige die Auslegbarkeit und Auslegungsbreite des Anspruchswortlauts.
Das in Dokument D12 offenbarte Gasregelventil nehme ebenfalls nicht die Merkmale M7, M8 und M9 vorweg. Der dort offenbarte Antrieb mit Spule 10 und beweglichem Körper 9 sei kein auf die Achse wirkender Antrieb, der den Ventilkörper in "vordefinierten Längenabschnitten in axialer Richtung" bewegen könne. Die Bewegungslänge erfolge in Reaktion auf die Gegenkräfte, jedoch ohne dass die axiale Länge tatsächlich vordefinierbar wäre. Durch die Energiebeaufschlagung der Spule bzw. das dadurch entstehende Magnetfeld, seien die Geschwindigkeit und die Stärke der Bewegung des Körpers steuerbar, nicht jedoch die genaue Länge der Bewegung. Außerdem sei in Figur 1 des Dokuments D12 nicht eindeutig und unmittelbar ein in seiner Gesamtheit als auswechselbares Modul gestaltetes Gasregelventil offenbart. Es seien keinerlei Merkmale vorhanden, wie beispielsweise Befestigungsmittel, die einen modularen, auswechselbaren Aufbau belegen könnten, so dass der Fachmann nicht ohne Weiteres auf ein Modul schließen würde. Ferner sei nicht der Ventilkörper, sondern der Verbindungsschaft 7 mit der Membran 11 verbunden.
Der Neuheitsangriff basierend auf Dokument D13 gehe fehl, da dort zumindest nicht die Merkmale M7 und M8 offenbart seien. Der Magnetantrieb des vorveröffentlichten Gasregelventils sei nicht geeignet, den Ventilkörper in vordefinierten Längenabschnitten in axialer Richtung zu bewegen, da die Bewegung des Stößels 31 von der Bestromung der Spule abhängig sei, vgl. Absatz [0013] der Übersetzung. Die Bewegung des Stößels 31 sei eine Reaktion auf äußere Einflüsse und in axialer Richtung somit variabel, jedoch nicht vordefinierbar, da einem Stromwert keine axiale Bewegungslänge zuordenbar sei. Es gebe ferner keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung zu dem Gasregelventil des Dokuments D13, wonach dieses in seiner Gesamtheit als auswechselbares Modul ausgebildet sei. Vielmehr erkenne der Fachmann direkt, dass der Motor frei liege und in ein weiteres Gehäuse aufzunehmen sei. Ferner seien die Randabschnitte der Gehäuseteile 2 oder die teilweise Einhausung des Motors nicht geeignet, ein auswechselbares Modul bereitzustellen.
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei somit neu.
Hilfsantrag 1
- Beschwerdeführerin I
Es liege ein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vor. Der Begriff "unmittelbar" des neuen Merkmals M11 komme nirgendwo in der Beschreibung oder in den Ansprüchen in der eingereichten Fassung vor. Er könne daher nur aus den Zeichnungen abgeleitet werden. In allen Zeichnungen 1 bis 3 sei jedoch nur der Fall dargestellt, dass die zweite Feder innerhalb des hohlen Ventilkörpers so angeordnet sei, dass sie unmittelbar auf den Absperrkörper wirke. Dabei lege die Verwendung des Bezugszeichens 3 in den Figuren 1 und 2 und das Erfordernis des Merkmals M9, dass der Ventilkörper von der Membran gehalten sei, den Schluss nahe, dass der Ventilkörper sowohl den Absperrkörper als auch den Ventilschaft umfasse. Das Merkmal M11 umfasse daher Ausführungsformen, die in der Anmeldung in der eingereichten Fassung so nicht offenbart seien. Beispielsweise sei eine Anordnung der zweiten Feder derart, dass sie oben auf den Ventilkörper wirke, ursprünglich nicht offenbart. Die Änderung durch Aufnahme von "unmittelbar" stelle somit eindeutig eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar.
- Beschwerdeführerin II
Hilfsantrag 1 basiere auf dem im Einspruchsverfahren eingereichten Hilfsantrag 1'. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 sei eine Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 5 mit der Präzisierung, dass die zweite Feder "unmittelbar" auf den Ventilkörper wirke. Diese Feder sei zwar in den Ausführungsbeispielen in einer Art offenbart, dass sie in einem hohlen Ventilkörper angeordnet sei. Bei einem massiv ausgebildeten Ventilkörper wäre die Feder nicht in dem Ventilkörper, sondern - bezogen auf die Darstellungsebene der Figuren - lediglich oberhalb des Ventilkörpers anzuordnen, wodurch sich ein weniger kompakter Aufbau ergäbe. Das Merkmal eines "hohlen Ventilkörpers" sei weder strukturell noch funktionell mit dem unmittelbaren Zusammenwirken zwischen der zweiten Feder und dem Ventilkörper verknüpft. Das Merkmal grenze lediglich gegenüber Ausführungen ab, bei denen die zweite Feder beispielsweise auf die elastische Membran wirke, wie es das Dokument D11 lehre. Es sei unerheblich, ob die zweite Feder dabei in oder an dem Ventilkörper angreife. Außerdem sei der (breiter formulierte) Gegenstand bereits durch die ursprünglichen Merkmale 1 und 5 umfasst gewesen. Die durch Hilfsantrag 1 beanspruchte Lösung entspreche lediglich einer Teilmenge der ursprünglich offenbarten Lösungen. Demzufolge handle es sich nicht um eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung und es liege kein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vor.
Hilfsantrag 2
- Beschwerdeführerin I
Es liege weiterhin ein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vor. Die Figuren, auf welche das Merkmal "unmittelbar" gestützt sei, enthielten weitere miteinander verknüpfte Merkmale, die jedoch nicht in den Anspruch 1 aufgenommen worden seien. Beispielsweise offenbarten die Figuren 2 und 3 eine Platte 11 mit einer Aussparung im zentralen Bereich, welche im Falle eines massiven Ventilkörpers eine höhere Position einnehmen müsse. Auch Figur 1 zeige eine solche Platte im oberen Bereich des Ventilgehäuses 2. Daraus folge, dass eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vorliege.
Außerdem sei nicht klar, wie die zweite Feder mit dem Ventilkörper verbunden sei. Es lasse sich nicht eindeutig feststellen, ob das Merkmal M11' anhand des Begriffs "unmittelbar" Ausbildungen ausschließe, bei denen die zweite Feder über einen Ring, eine Platte oder ein weiteres Element auf den Ventilkörper wirke.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit aufgrund der Kombination von einem der Dokumente D2, D12 oder D13 mit einem der Dokumente D4, D5 oder D11. Die objektive technische Aufgabe bestehe nicht darin, die Regelgenauigkeit zu erhöhen, sondern einen kompakteren Aufbau zu gestalten. Gemäß Absatz [0013] des Streitpatents sei die erhöhte Regelgenauigkeit nämlich mit der Ausführung des Schrittmotors verknüpft. Zum einen sei die Anbringung der zweiten Feder für den Fachmann keine technische Besonderheit gewesen. Es sei nämlich aus dem Stand der Technik bekannt, die elastische Kraft, die von der ersten Feder auf den Ventilkörper ausgeübt werde, dementsprechend zu modifizieren. Aus den Dokumenten D4, D5 und D11 gehe zum Beispiel jeweils die Bereitstellung einer zweiten Feder, die zwischen der Achse und dem Ventilkörper angeordnet sei, klar hervor. Dabei werde die Federkraft der zweiten Feder auf den Ventilkörper entlang derselben Achse und entgegengesetzt zur Federkraft der ersten Feder ausgeübt. Zum anderen wäre es für den Fachmann zum Zeitpunkt der Anmeldung nahegelegt gewesen, einen Ventilkörper mit einer hohlen Ausbildung zu realisieren, um die Masse des Ventils zu reduzieren. Obwohl keines der genannten Dokumente diese Lösung zeige, hätte es für den Fachmann unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens auf der Hand gelegen, den Ventilkörper dahingehend zu ändern, dass die zweite Feder innerhalb des Ventilkörpers angeordnet sei. Somit liege keine erfinderische Tätigkeit vor.
- Beschwerdeführerin II
Durch die Aufnahme des Merkmals des hohl ausgebildeten Ventilkörpers, in dem die zweite Feder angeordnet sei, seien etwaige Einwände bezüglich einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung zweifelsfrei überwunden. Die Beschwerdeführerin I habe nicht angegeben, welche Merkmale des ursprünglich offenbarten Ausführungsbeispiels relevant seien und welche nicht. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die hinzugefügten Merkmale M11' und M12 nur die zweite Feder und ihre Anordnung relativ zum Ventilkörper beträfen. Die Figuren seien, genauso wie die Ansprüche und die Beschreibung, Teil des Offenbarungsgehalts. Bezüglich der von der Beschwerdeführerin I angeführten Dichtplatte werde darauf hingewiesen, dass die Figur 1, im Gegensatz zu Figur 2, ein Ausführungsbeispiel zeige, in dem ein gasdichter Motor verwendet werde, sodass sich eine Dichtplatte erübrige. Es liege somit kein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vor.
Zum Klarheitseinwand der Beschwerdeführerin I sei festzuhalten, dass der Begriff "unmittelbar" bereits in Merkmal M6 des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 zusammen mit dem Begriff "mittelbar" verwendet worden sei. Auch in Absatz [0009] des Patents seien beide Begriffe nebeneinander erwähnt. Der Begriff sei deshalb entsprechend dem Punkt 21 der Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 zu verstehen. Die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ sind somit erfüllt.
Keines der im Verfahren genannten Dokumente des Standes der Technik offenbare die Merkmalskombination gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 oder lege diese nahe. Die Aufgabe des axial kompakten Aufbaus bei gleichzeitig feiner Regelgenauigkeit und geringem Hub werde ausschließlich durch die Merkmale der Erfindung gelöst. Zwar seien in entgegengesetzten Richtungen wirkende Federn grundsätzlich bekannt, jedoch werde dem Fachmann kein Hinweis auf die Lösung gegeben, zwischen der Achse und dem Ventilkörper zusätzlich eine zweite Feder vorzusehen, die der ersten Feder axial entgegengesetzt unmittelbar auf den Ventilkörper wirke. Außerdem offenbare keines der zitierten Dokumente die hohle Ausbildung des Ventilkörpers bzw. die Integration einer zweiten Feder in den Ventilkörper. Dokument D11 verwende zwar eine zweite Feder, jedoch lediglich für ein Sperrventil und nicht zur Erhöhung der Genauigkeit der Regelung. Zudem wirke die zweite Feder in diesem Dokument nicht mit dem Ventilkörper zusammen, sondern mit der Membran. Der Ventilkörper sei auch nicht hohl ausgebildet, um die zweite Feder aufzunehmen. Gleiches gelte für die Offenbarung des Dokuments D4. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Konstruktion des Dokuments D4 bezüglich des gesamten Aufbaus des Ventils umgekehrt sei. Bei der Lösung des Dokuments D4 liege nämlich der Gasauslass zwischen der Membran und dem Ventilkörper. Der Gaseingangsdruck werde für die Feinregelung nicht in der erfindungsgemäßen Weise mit zwei einander entgegenwirkenden Federn, der Membran und dem Ventilkörper verwendet. Das Dokument D5 offenbare keine zweite Feder. Die Beschwerdeführerin I habe nicht dargelegt, weshalb der Fachmann zu der erfindungsgemäßen Lösung gelangt wäre. Vielmehr habe sie verschiedene Schriften kombiniert, ohne anzugeben, welche Veranlassung der Fachmann hierzu konkret gehabt hätte. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Anpassung der Beschreibung
- Beschwerdeführerin I
Obwohl die Beschreibung in Absatz [0012] des Patents in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung mit den Anspruchsmerkmalen M9 und M10 übereinstimme, werde die Ausführung in der ersten Zeile bloß als "vorteilhaft" bezeichnet. Absatz [0012] solle daher, genauso wie die Absätze [0008], [0009] und [0014], an die geänderten Ansprüche angepasst werden.
- Beschwerdeführerin II
Eine Anpassung des Absatzes [0012] sei nicht notwendig. Dieser Teil der Beschreibung stimme mit der erteilten Fassung des Anspruchs 1 überein, welche bereits die Merkmale M9 und M10 aufgewiesen habe. Eine vorteilhafte Ausführung sei nicht mit einer bevorzugten Ausführung gleichzusetzen.
Hauptantrag - Patent in erteilter Fassung
Auslegung des Anspruchswortlauts
1. Zwischen den Beteiligten ist streitig, wie der Wortlaut des erteilten Anspruchs 1, insbesondere der Merkmale M8 und M9, auszulegen ist.
Merkmal M8
2. Die Kammer versteht den Ausdruck "auswechselbares Modul" als ein austauschbares, komplexes Element innerhalb eines Gesamtsystems, eines Gerätes o. Ä., das eine geschlossene [Funktions]einheit bildet (s. Duden). Diese Auslegung steht im Einklang mit der Definition in Absatz [0009] des Streitpatents, wonach das Gasregelventil als eigenständige Komponente ausgebildet und mit weiteren Komponenten kombinierbar ist. Wie das Ventil an den weiteren Komponenten anzubringen ist bzw. wie die Schnittstelle zwischen den Komponenten ausgestaltet ist, geht jedoch nicht zwingend aus dieser Definition hervor. Auch der Wortlaut des Anspruchs 1 gibt keinen Anlass, den Ausdruck "auswechselbares Modul" dahingehend enger auszulegen, dass das Ventil zwingend Befestigungsmittel für die Verbindung mit einer weiteren Komponente, wie zum Beispiel einem Gasbrenner, einer Gasversorgungsleitung oder einem Gasventilgehäuse, umfassen muss.
Merkmal M9
3. Das Merkmal M9 verlangt, dass der Ventilkörper von einer Membran gehalten ist. Der Begriff "halten" kann verschiedenartig gedeutet werden. Im vorliegenden Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass der Ventilkörper nicht nur mit der Membran verbunden ist, sondern auch von einer ersten Feder (Merkmal M5) und (un)mittelbar von einer Antriebsachse (Merkmal M6) betätigt wird. Infolgedessen stellt sich am Ventilkörper ein Kräftegleichgewicht zwischen der Federkraft, dem Außendruck sowie dem Gasdruck gegen die Membran und die Antriebskraft ein (s. Absatz [0012] des Streitpatents). Deshalb kann das Merkmal M9 im Kontext des beanspruchten Gasregelventils nur so verstanden werden, dass die Membran mitverantwortlich dafür ist, dass der Ventilkörper eine bestimmte Stellung im Ventilgehäuse einnimmt und in dieser Lage bleibt.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Stellung nicht ausschließlich auf die vertikale Richtung, d.h. entgegen der Schwerkraft, bezogen ist. Die Membran kann auch in horizontaler Richtung eine Haltefunktion erfüllen.
Neuheit
4. In der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung dem Hauptantrag aufgrund fehlender Neuheit unter anderem gegenüber dem Dokument D11 nicht stattgegeben (s. Punkt 12.2 der Entscheidungs-begründung). Außerdem hat sie angedeutet, dass der erteilte Anspruch 1 keine Unterscheidungsmerkmale gegenüber jedem der Dokumente D2, D12 und D13 aufweise (s. Punkte 12.3.1, 12.3.2 und 12.3.4 der Entscheidungsbegründung).
a) Neuheit gegenüber dem Dokument D2
5. Bezüglich des Dokuments D2 bestreitet die Beschwerdeführerin II den Befund der angefochtenen Entscheidung, dass die Merkmale M7, M8 und M9 offenbart sind.
6. Aus der Darstellung in Figur 1 des Dokuments D2 ist ersichtlich, dass das als "proportional control valve" bezeichnete Gasregelventil 9 (s. Seite 1, Zeilen 15 bis 16 der Übersetzung) mit einem Solenoidventil 8 in Reihe geschaltet ist und einen Ventilkörper 11, eine erste Feder 13, eine Achse 15, einen elektromagnetischen Antrieb 14 und eine Membran 10 aufweist.
Die Funktion eines elektromagnetischen Proportionalventils besteht in der Regel darin, in Abhängigkeit von der Stromstärke in einer Magnetspule die Öffnungsrate und somit den Volumenstrom des Ventils gezielt zu steuern. Je weiter sich das Ventil öffnet, desto größer ist der Volumenstrom. Diese Abhängigkeit kommt in der ventilspezifischen Kennlinie zum Ausdruck. Im Gegensatz zu einem Schaltventil kann ein Proportionalventil deshalb beliebig viele vorgegebene Zwischenstellungen einnehmen. Dementsprechend offenbart das Dokument D2 auf Seite 2, Zeilen 7 bis 9 der Übersetzung Folgendes:
"[T]he burner secondary pressure can be proportionally controlled continuously in accordance with the amount of energization of the proportional valve coil 14" (Übersetzung durch die Kammer: "Der Sekundärdruck des Brenners kann proportional zur Stromstärke der Proportionalventilspule 14 kontinuierlich geregelt werden").
Sobald ein elektrischer Strom durch die Wicklungen dieser Spule 14 fließt, bewegt sich die als Kolben ausgebildete Achse 15 in axialer Richtung nach unten und schiebt dabei den Ventilkörper 11 von der Sperrposition in eine vorher festgelegte Öffnungsposition. Ändert sich die Stromstärke in der Spule, so bewegt sich die Achse und somit der Ventilkörper in eine andere Öffnungsposition bzw. in die Sperrposition zurück. Daraus leitet die Kammer ab, dass die Beschwerdeführerin I schlüssig argumentiert hat, dass der jeweilige Abstand zwischen der Öffnungsposition und der Sperrposition mit der in der Spule aufgewendeten Energiemenge bzw. Stromstärke korreliert und damit durch diese definiert ist. Die verschiedenen Öffnungspositionen sind daher vordefiniert, sodass die Bewegung des Ventilkörpers entsprechend dem Merkmal M7 "in vordefinierten Längenabschnitten" verläuft.
7. Bezüglich des Merkmals M8 bemerkt die Kammer mit Verweis auf die schraffierte Darstellung in Figur 1 des Dokuments D2, dass das Gehäuse des Solenoidventils 8 strukturell vom Gehäuse des Gasregelventils 9 getrennt ist. Außerdem muss das Gehäuse des Gasregelventils 9 zur Regelung eines mit dem Bezugszeichen 18 schematisch dargestellten Gasbrenners an der Auslassöffnung 10 zwingend mit einer weiteren Gasleitung verbunden sein. Deshalb bildet das Gasregelventil eine eigenständige Komponente, die mit weiteren Komponenten kombinierbar ist, sodass im Einklang mit der oben in Punkt 2. vorgenommenen Merkmalsauslegung ein modularer Aufbau des Ventils in seiner Gesamtheit gegeben ist.
8. Aus der Darstellung in Figur 1 des Dokuments D2 ist ersichtlich, dass der Ventilkörper 11 durch ein als Bolzen oder nietförmig ausgebildetes Zwischenteil mit der Membran 10 verbunden ist. Deshalb ist der Ventilkörper nicht nur mittels der Achse 15 und der ersten Feder 13, sondern auch mittels der Membran 10 am Ventilgehäuse abgestützt. Dabei hängt die Lage des Ventilkörpers von der Resultierenden der auf die Achse, die Feder und die Membran wirkenden Kräfte ab. Die Membran ist somit mitverantwortlich dafür, welche Stellung der Ventilkörper im Ventilgehäuse einnimmt. Nach Auffassung der Kammer kann die Sichtweise der Beschwerdeführerin II, dass der Ventilkörper nicht von der Membran gehalten ist, in Anbetracht der Anspruchsauslegung oben in Punkt 3. nicht überzeugen.
9. Das Dokument D2 offenbart daher alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1, dessen Gegenstand somit nicht neu ist (Artikel 54 (1) und (2) EPÜ).
b) Neuheit gegenüber dem Dokument D11
10. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin II fehle es Dokument D11 an einer eindeutigen und unmittelbaren Offenbarung zumindest der Merkmale M5, M8 und M9.
11. Das in Figur 1 des Dokuments D11 dargestellte Gasregelventil weist einen Ventilkörper, eine erste Feder 22, einen über eine Kupplung 32 auf eine Achse 33 wirkenden Antrieb 34 und eine Membran 15 auf. Das Ventil dient zur Erzielung einer verhältnismäßigen Gasdurchflusssteuerung für einen Gasbrenner (s. Absätze [0001] und [0002]).
12. Wie die Einspruchsabteilung zutreffend ausgeführt hat, kann der Ventilkörper sinngemäß als Kombination des Ventilverschlusses 20 und des Ventilhebels 21 betrachtet werden. Die Beschwerdeführerin II hat nicht glaubhaft dargelegt, weshalb ein solcher zweiteiliger Aufbau nicht unter den Begriff "Ventilkörper" fallen würde. Demnach wirkt die erste Feder 22 entsprechend dem Merkmal M5 in der ersten axialen Richtung (nach oben in Figur 1) auf den Ventilkörper, wobei letzterer, entsprechend Merkmal M9, von der Membran 15 in dem Ventilgehäuse 10 gehalten wird (s. auch Punkte 3. und 8. oben).
13. Das behauptete Fehlen eines modularen Aufbaus begründet die Beschwerdeführerin II damit, dass das aus dem Dokument D11 bekannte Gasregelventil infolge der Anordnung des externen Antriebs nicht länger in seiner Gesamtheit als auswechselbares Modul ausgebildet sei. Für die Kammer ist jedoch nicht ersichtlich, weshalb die in Figur 1 dargestellte Ventileinheit nicht als eigenständiges, von etwaigen anderen Komponenten getrenntes Bauteil betrachtet werden kann. Die Befestigung des Antriebs 40, 41, 34 an dem Stößelstangengehäuse 31 hat nämlich keinen Einfluss darauf, wie die Gasversorgungsleitung bzw. der Gasbrenner mit dem Ventilgehäuse 10 verbunden wird.
14. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 auch gegenüber dem Dokument D11 nicht neu ist (Artikel 54 (1) und (2) EPÜ).
c) Neuheit gegenüber dem Dokument D12
15. Im Hinblick auf die Offenbarung des Dokuments D12 argumentiert die Beschwerdeführerin II, dass der aus der Magnetspule 10 und dem beweglichen Körper 9 bestehende Ventilantrieb kein "auf die Achse wirkender Antrieb" sei, der den Ventilkörper im Sinne von Merkmal M7 in "vordefinierten Längenabschnitten in axialer Richtung" bewegen könne.
16. Dieser Sichtweise kann sich die Kammer nicht anschließen. Die Offenbarung des Dokuments D12 betrifft ein Proportionalventil ("solenoid proportional valve" in Absatz [0001] der Übersetzung) mit einem Ventilkörper 6, einer ersten Feder 8, einer Membran 11 und einem elektromagnetischen Antrieb 10 bzw. 9. Wie oben in Punkt 6. dargelegt, besteht die Funktion eines solchen elektromagnetischen Proportionalventils in der Regel darin, in Abhängigkeit von der Stromstärke die Öffnungsrate und somit den Volumenstrom gezielt zu steuern. Sobald ein elektrischer Strom durch die Wicklungen der Spule 10 des Dokuments D12 fließt, bewegt sich der als Achse ausgebildete Körper 9 in axialer Richtung und schiebt dabei über den Zapfen 7A die Verbindungswelle 7 und den Ventilkörper 6 von der in Figur 1 dargestellten Ausgangsposition in die in Figur 3 dargestellte, vorher festgelegte Öffnungsposition (s. Absätze [0013] bis [0015] und [0019] bis [0021] der Übersetzung). Je nachdem, wie viel elektrische Energie der Spule 10 zugeführt wird, bewegt sich der Körper 9 und mit ihm der Ventilkörper 6 in vordefinierten Längenabschnitten zum Öffnen und Schließen des Gasregelventils. Daher weist das aus dem Dokument D12 bekannte Ventil das Merkmal M7 auf.
17. Auch das Merkmal M8 ist im Dokument D12 offenbart. In Figur 1 dieses Dokuments ist das Gasregelventil 1 als eigenständiges, von etwaigen anderen Komponenten getrenntes Bauteil dargestellt. Nach Auffassung der Kammer ist es daher in seiner Gesamtheit als auswechselbares Modul ausgebildet. Die Beschwerdeführerin II hat zwar recht, wenn sie behauptet, dass keine Befestigungsmittel offenbart seien, die einen modularen, auswechselbaren Aufbau belegen könnten. Allerdings ist unter Berücksichtigung der Auslegung oben in Punkt 2. das Vorliegen von Befestigungsmitteln keine zwingende Voraussetzung für die Ausbildung eines Ventils als auswechselbares Modul.
18. Ferner ist bei der Ausführung der Figur 1 der Ventilkörper 6 über die Verbindungswelle 7 an der Membran 11 gehalten. Merkmal M9 ist mithin offenbart.
19. Folglich nimmt auch das Dokument D12 den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorweg (Artikel 54 (1) und (2) EPÜ).
d) Neuheit gegenüber dem Dokument D13
20. Hinsichtlich des Dokuments D13 sieht die Beschwerdeführerin II die Merkmale M7 und M8 als nicht offenbart an.
21. Das aus dem Dokument D13 bekannte Proportionalventil ist dem Ventil des Dokuments D12 sehr ähnlich. In Absatz [0013] der Übersetzung ist Folgendes erwähnt:
"A plunger 31 freely movable in the up and down direction is provided in the solenoid section 3 so that the electromagnetic force in a direction to push the plunger 31 downward is increased in proportion to the magnitude of the direct current applied to the solenoid coil 32" (Übersetzung durch die Kammer: "Im Magnetteil 3 ist ein in Auf- und Abwärtsrichtung frei beweglicher Stößel 31 derart angeordnet, dass die elektromagnetische Kraft in einer Richtung zum Drücken des Stößels 31 nach unten proportional zur Stärke des an die Magnetspule 32 angelegten Gleichstroms erhöht wird").
Zusammen mit der von der Unterseite auf den Ventilkörper 4 wirkenden Federkraft und dem Gasdruck gegen die Membran 6 sorgt die elektromagnetische Kraft dafür, dass eine fest vorgegebene Öffnungsposition angefahren wird. Diesbezüglich ist in Absatz [0019] der Übersetzung Folgendes angegeben:
"The width of the narrow gap G is uniform over the entire circumference and the amount of gas flowing out from the outflow port 22 is stabilized without any individual difference of the electromagnetic proportional valve 1" (Übersetzung durch die Kammer: "Die Breite des engen Spalts G über den gesamten Umfang ist gleichmäßig und die aus der Auslassöffnung 22 ausströmende Gasmenge wird ohne individuelle Unterschiede des elektromagnetischen Proportionalventils 1 stabilisiert").
Folglich ist die Bewegung des Ventilkörpers entgegen der Sichtweise der Beschwerdeführerin II durch das Kräftegleichgewicht zwischen der Antriebskraft, der Federkraft und dem Gasdruck gegen die Membran in axialer Richtung vordefiniert (s. auch die Punkte 6. und 16. oben). Das Merkmal M7 ist deshalb aus dem Gesamtzusammenhang des Dokuments D13 bekannt.
22. Außerdem hat die Beschwerdeführerin II nach Auffassung der Kammer nicht überzeugend dargelegt, weshalb das aus dem Dokument D13 bekannte Gasregelventil in seiner Gesamtheit nicht als auswechselbares Modul nach dem Merkmal M8 ausgebildet ist. Insbesondere kann die Kammer nicht erkennen, wie die teilweise Einhausung des Motors bzw. der Spule 32 oder die Randabschnitte der Gehäuseteile 2 dem entgegenstehen würden, dass das Ventil eine eigenständige Komponente darstellt, die mit weiteren Komponenten kombinierbar ist. Auch das Merkmal M8 ist demnach in Dokument D13 offenbart.
23. Die Merkmale M7 und M8 können somit die Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 gegenüber dem Dokument D13 nicht herstellen (Artikel 54 (1) und (2) EPÜ).
Ergebnis
24. Die Kammer erkennt keinen Fehler in der Begründung der Einspruchsabteilung, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung entgegensteht. Dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin II kann somit nicht stattgegeben werden.
Hilfsantrag 1
Zulässigkeit der Änderungen
25. Die Ansprüche des Hilfsantrags 1 stimmen mit den Ansprüchen des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsantrags 1' überein. Die Einspruchsabteilung sah einen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ bezüglich des Merkmals M11 von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1' darin, dass "die eindeutige und unmittelbare Angabe der ursprünglichen Offenbarung zumindest die Anordnung der Feder innerhalb des hohl ausgebildeten Ventilkörpers enthält, wenn die Feder 10 "unmittelbar" auf den Ventilkörper 3 wirken soll" (Punkt 16.2 der Entscheidungsbegründung).
26. Dieser Sichtweise schließt sich die Kammer aus folgenden Gründen an. Die Anordnung der zweiten Feder zwischen der Achse und dem Ventilkörper und die Wirkung dieser Feder in der zweiten axialen Richtung auf den Ventilkörper ist in Anspruch 6 sowie auf Seite 5, Zeilen 13 bis 16 der Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart, der Begriff "unmittelbar" jedoch nicht. Die einzige Offenbarung für
eine zweite Feder, die unmittelbar auf den Ventilkörper wirkt, ist in den Figuren 1 bis 3. Dort ist die Feder 10 jedoch eindeutig innerhalb des hohl ausgebildeten, mit dem Bezugszeichen 3 versehenen Ventilkörpers angeordnet. Eine Alternativanordnung der zweiten Feder ist weder in den Figuren dargestellt noch geht sie aus der Beschreibung hervor.
27. Für die Behauptung der Beschwerdeführerin II, dass die hohle Ausbildung des Ventilkörpers keinen strukturellen und funktionellen Zusammenhang mit dem unmittelbaren Zusammenwirken zwischen der zweiten Feder und dem Ventilkörper aufweise, kann die Kammer in den Anmeldungsunterlagen keine Stütze finden. Im Gegenteil, aus den verschiedenen Darstellungen in den Zeichnungen der Anmeldung folgt unmissverständlich, dass die Anordnung der unmittelbar auf den Ventilkörper wirkenden zweiten Feder weder strukturell noch funktionell von ihrer Anordnung in dem hohlen Ventilkörper losgelöst werden kann. Die Beschwerdeführerin I hat hierzu stichhaltig argumentiert, dass eine mögliche alternative Anordnung der zweiten Feder derart, dass sie oben auf den Ventilkörper wirke, ursprünglich nicht offenbart sei.
28. Aus den obigen Gründen kommt die Kammer zum Schluss, dass die vorgenommene Änderung in Merkmal M11 des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 den Erfordernissen von Artikel 123 (2) EPÜ nicht genügt, sodass dem Hilfsantrag 1 nicht stattgegeben wird.
Hilfsantrag 2
Zulässigkeit der Änderungen
29. Nach Auffassung der Kammer ist durch die Aufnahme des Merkmals M12 in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 der Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ behoben. Die Beschwerdeführerin I hat zwar geltend gemacht, dass die Zeichnungen der Anmeldung, auf welche das Merkmal "unmittelbar" gestützt sei, weitere miteinander verbundene Merkmale enthielten, die nicht in Anspruch 1 aufgenommen worden seien. Allerdings konnte sie nicht überzeugend darlegen, um welche konkreten Merkmale es hierbei geht. Die in den Figuren 2 und 3 abgebildete Dichtplatte 11 ist gemäß Seite 6, Zeilen 3 bis 15 der Beschreibung in ursprünglich eingereichter Fassung zwischen dem Antrieb und der Membran angeordnet, um zu verhindern, dass der verwendete Antrieb gasdicht ausgebildet sein muss. Eine solche Platte weist die Ausführungsform der Figur 1, welche ein Gasregelventil mit gasdichtem Antrieb offenbart (s. die Figurenbeschreibung auf Seite 8, Zeile 28 bis Seite 29, Zeile 3), nicht auf. Außerdem weist die Kammer darauf hin, dass die Anordnung der zweiten Feder innerhalb des hohlen Ventilkörpers bereits in der ursprünglich eingereichten Anmeldung in den abhängigen Ansprüchen 6 und 7, wenn direkt auf Anspruch 1 rückbezogen, ohne weitere, in den Figuren dargestellte Merkmale, wie zum Beispiel die Dichtplatte, unter Schutz gestellt worden war. Es liegt daher kein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vor.
Erweiterung des Schutzbereichs
30. Der geänderte Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 weist die zusätzlichen Merkmale M11' und M12 auf und ist dadurch gegenüber dem erteilten Anspruch 1 eingeschränkt. Somit liegt keine Erweiterung des Schutzbereichs vor (Artikel 123 (3) EPÜ).
Klarheit
31. Der Sichtweise der Beschwerdeführerin I, dass der Begriff "unmittelbar" den Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unklar mache, so dass ein Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ vorliege, kann die Kammer nicht folgen. Im technischen Zusammenhang eines Gasregelventils mit den verschiedenen, in den Merkmalen M2 bis M10 definierten, miteinander verbundenen Bauteilen kann der Ausdruck "unmittelbar auf den Ventilkörper (3) wirkt" des Merkmals M11' nur so verstanden werden, dass kein Element zwischen der zweiten Feder und dem Ventilkörper liegt, d.h. dass die zweite Feder im direkten Eingriff mit dem Ventilkörper steht. Anspruch 1 ist daher deutlich gefasst (Artikel 84 EPÜ).
Erfinderische Tätigkeit
32. Die Beschwerdeführerin I hat geltend gemacht, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 aufgrund der Kombination von einem der Dokumente D2, D12 oder D13 mit einem der Dokumente D4, D5 oder D11 nahegelegt sei, sodass er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
33. Jedes der Dokumente D2, D12 und D13 befasst sich mit einem Gasregelventil und offenbart die Merkmale M1 bis M10, wie oben zur Neuheit ausgeführt (s. Punkte 9., 19. und 23.). Sie bilden folglich alle drei einen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.
34. Das aus dem Dokument D2 bekannte Gasregelventil weist mit dem nietförmig ausgebildeten Zwischenteil außerdem eine mittelbare Verbindung zwischen der Achse 15 und dem Ventilkörper auf, im Sinne von Merkmal M6'. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich daher lediglich durch die Merkmale M11' und M12 von der Offenbarung dieses Ausgangspunkts.
35. Die hiermit verbundene objektive technische Aufgabe ist gestützt auf die Absätze [0013] und [0014] des Streitpatents darin zu sehen, ein kompaktes Ventil mit erhöhter Regelgenauigkeit zu verwirklichen. Die Beschwerdeführerin I hat dies bestritten und dargelegt, dass die Regelgenauigkeit mit der Ausführung des Schrittmotors verknüpft sei, sodass die zu lösende Aufgabe nur in einem kompakteren Aufbau bestehe. Dem stimmt die Kammer nicht zu. Es ist zwar richtig, dass Absatz [0013] des Streitpatents sowohl den Schrittmotor als auch die Regelgenauigkeit erwähnt. Allerdings ist der Schrittmotor in den Zeilen 16 bis 21 dieses Absatzes lediglich als "bevorzugte Ausführung" genannt. Zudem bezieht sich die Angabe "ohne die Regelgenauigkeit negativ zu beeinträchtigen" in den Zeilen 35 bis 40 des Absatzes [0013] auf die größere Dimensionierung des Ventilgehäuses, welche auf die Anordnung der Membran und das daraus folgende Kräftegleichgewicht zurückgeht. Der Schrittmotor ist dagegen im vorangehenden Satz nur im Zusammenhang mit einer "sehr einfachen und vergleichsweise kostengünstigen Ausbildung" erwähnt. Auch die Sichtweise der Beschwerdeführerin II, dass die Aufgabe zusätzlich in der Bereitstellung eines Ventils mit geringem Hub bestehe, findet die Kammer nicht überzeugend. Aus den Zeilen 16 bis 21 des Absatzes [0013] folgt nämlich, dass der geringe Hub des Antriebs durch das in Absatz [0012] dargelegte Kräftegleichgewicht, d.h. letztlich durch die Anordnung der Membran, gewährleistet wird.
36. Zur Frage des Naheliegens der beanspruchten Lösung stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin I zu, dass die Anordnung einer zweiten Feder zwischen dem Ventilkörper und der Antriebsachse zur Bereitstellung einer Federkraft entlang derselben Achse und entgegengesetzt zur Federkraft der ersten, auf den Ventilkörper wirkenden Feder aus dem Stand der Technik auf dem einschlägigen Gebiet der Gasregelventile bekannt ist. Zumindest die Dokumente D11 und D4 offenbaren eine solche zweite Feder (D11: 35 in Figur 1 und in Absatz [0018]; D4: 15 in Figur 2 und auf Seite 3, Zeilen 26 bis 30). In Dokument D5 ist keine zwischen der von der Magnetspule angetriebenen Achse und dem Ventilkörper angeordnete Feder ersichtlich. Ungeachtet der Frage, ob der Fachmann zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe das aus dem Dokument D2 bekannte Gasregelventil entsprechend der Lehre der Dokumente D11 oder D4 angepasst hätte, um eine zweite Feder zwischen der Achse und dem Ventilkörper anzuordnen, ist für die Kammer jedoch ausschlaggebend, dass weder das Dokument D11 noch das Dokument D4 einen hohl ausgebildeten Ventilkörper, geschweige denn eine Anordnung der zweiten Feder innerhalb eines solchen hohl ausgebildeten Ventilkörpers, offenbart.
37. Dem Argument der Beschwerdeführerin I, dass die Anbringung einer zweiten Feder im Inneren eines hohlen Ventilkörpers für den Fachmann keine technische Besonderheit dargestellt hätte und daher keine erfinderische Tätigkeit begründen könne, kann die Kammer aus dem Grund nicht folgen, dass nicht glaubhaft dargelegt wurde, dass der Fachmann dazu eine Veranlassung gehabt hätte. Wie die Kammern gemäß ständiger Rechtsprechung wiederholt festgestellt haben, ist es nicht ausschlaggebend, ob ein Fachmann zum Gegenstand des Patents hätte gelangen können, sondern vielmehr, ob er es in der Hoffnung auf eine Lösung der zugrunde liegenden technischen Aufgabe bzw. gerade in der Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils auch getan hätte (siehe die Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 10. Auflage, Juli 2022, Punkt I.D.5). Letzteres kann hier nicht bejaht werden.
38. In ähnlicher Weise wäre der Fachmann ausgehend von einem der Dokumente D12 oder D13 nicht auf naheliegende Weise zur beanspruchten Lösung gelangt. Anders als die Dokumente D2 und D13 offenbart Dokument D12 zwar eine zweite, mit der Achse 9 verbundene Feder 16 (vgl. Figuren 1 und 3 und Absatz [0015] der Übersetzung), diese wirkt jedoch nicht auf den Ventilkörper, sodass auch dieser Ausgangspunkt die Merkmale M11' und M12 nicht aufweist.
39. Die Beschwerdeführerin I hat daher nicht überzeugend dargelegt, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Demnach sind die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ erfüllt.
Anpassung der Beschreibung
40. Nachdem die Beschwerdeführerin II während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer geänderte Ansprüche gemäß Hilfsantrag 2 eingereicht hatte, wurde die Anpassung der Beschreibung diskutiert. Dabei beantragte die Beschwerdeführerin I, dass, zusätzlich zu den Absätzen [0008], [0009] und [0014] der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung des Patents, auch der Absatz [0012] an den Wortlaut der geänderten Ansprüche angepasst werde. Als Grund gab sie an, dass die in diesem Absatz beschriebene Ausführung als "vorteilhaft" bezeichnet werde, obwohl sie mit den Anspruchsmerkmalen M9 und M10 übereinstimme.
41. Die Kammer sieht jedoch keinen Änderungsbedarf in Absatz [0012] der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung des Patents. Zum einen geht eine mögliche Inkonsistenz zwischen Absatz [0012] der Beschreibung und den Ansprüchen gemäß Hilfsantrag 2 nicht auf Änderungen im Beschwerdeverfahren zurück. Die mit Hilfsantrag 2 hinzugefügten Merkmale M11' und M12 werden nämlich erstmals in Absatz [0014] beschrieben. Zum anderen merkt die Kammer an, dass das Gasregelventil in der in Absatz [0012] beschriebenen Ausführung weitere Merkmale aufweist, die nicht in den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 aufgenommen worden sind ("wobei der Ventilkörper im Zentrum von einer Membran gehalten ist", "sodass ein Gasdruck [...] gegen den Ventilkörper bzw. gegen sich in radial nach außen erstreckende Abschnitte des Ventilkörpers wirkt"). Ungeachtet der Frage, ob eine "vorteilhafte" Ausführung mit einer "bevorzugten" Ausführung gleichzusetzen ist, hat die Beschwerdeführerin I somit nicht schlüssig dargelegt, dass die Ausführungen in Absatz [0012] im Widerspruch zu den Anspruchsmerkmalen M9 und M10 stehen.
Ergebnis
42. Da unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin II gemäß Hilfsantrag 2 vorgenommenen Änderungen das europäische Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen, kann es in der geänderten Fassung gemäß Hilfsantrag 2 aufrecht erhalten werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche:|1 bis 13, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2023 als Hilfsantrag 2;|
Beschreibung:|- Absätze 1 bis 7, 10 bis 13, 15 bis 29 in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung;- Absätze 8, 9 und 14 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2023;|
Zeichnungen:|Figuren 1 bis 5 der Patentschrift. |