T 0178/20 05-09-2022
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FUTTERMISCHWAGEN UND VERFAHREN ZUR STEUERUNG EINES FUTTERMISCHWAGENS
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 3 023 004 nach Artikel 101(2) EPÜ zurückzuweisen.
II. Die Einspruchsabteilung hatte unter anderem entschieden, dass der Einspruchsgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegensteht.
In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:
D1: DE 10 2012 107 508 B3
D2: S. Stiene: "Multisensorfusion zur semantisch gestützten Navigation eines autonomen Assistenzroboters",Dissertation Universität Osnabrück,veröffentlicht am 19. März 2009, https://repositorium.ub.uniosnabrueck.de/handle/urn:nbn:de:qbv:700 2009070611
III. Die Einsprechende als Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der Entscheidung und den Widerruf des Patents.
IV. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag), hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang eines der Hilfsanträge 2b bzw. 4b, beide eingereicht mit Schreiben vom 16. August 2022.
V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK vom 15. Dezember 2021 als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 5. September 2022 in Anwesenheit aller Parteien statt.
VI. Die unabhängigen Ansprüche des für diese Entscheidung relevanten Hauptantrags (erteilte Fassung) haben den folgenden Wortlaut:
Hauptantrag
"1. Verfahren zur Steuerung eines Futtermischwagens (1) von einem Startpunkt (S) zu einem Zielpunkt (Z), wobei der Futtermischwagen (1) folgende Komponenten umfasst:
- ein autonom verfahr- und steuerbares Fahrgestell (2);
- Arbeitsorgane in Gestalt von einem Antriebsmotor (12), einem Fahrantrieb, einem Mischbehälter (3), einer Ausbringvorrichtung für Futtermittel, einer Wiegeeinrichtung für die aufzunehmende Futtermenge und einem Lenksystem für das Fahrgestell (2);
- mindestens einen Scanner (17, 20, 21, 22, 23, 24) und/oder mindestens einem Sensor (18, 25) zur Datenermittlung;
- mindestens einen mit den Scannern und/oder Sensoren zusammenwirkenden Rechner (14)
- der Scanner (17, 20, 21, 22, 23, 24) und/oder mindestens eine Sensor (18, 25) Umgebungsdaten erfasst,
dadurch gekennzeichnet, dass
- der Rechner (14) aus den erfassten Umgebungsdaten eine die Umgebung abbildende, dreidimensionale und aus Einzelpunkten (50-1, 50-2, ..... , 50-n) bestehende, Punktwolke ermittelt, wobei die Lage der Einzelpunkte (50-1, 50-2, 50-3, .... , 50-n) jeweils durch eine Punktkoordinate definiert ist und die Punktwolke insgesamt die situative Raumumgebung charakterisiert,
- auf Basis einer statischen, dreidimensionalen Karte eine 2D-Karte ermittelt wird durch die Komprimierung der die dritte Ebene betreffenden Daten in eine Fläche und die vom Scanner (17, 20, 21, 22, 23, 24) und/oder mindestens einem Sensor (18, 25) ermittelten Daten in Bezug gesetzt werden zu der statischen, zweidimensionalen Karte, so dass ein auf Basis der statischen Karte vorgesehener Fahrweg (62) mit der Istsituation abgleichbar ist und überprüfbar ist, ob der vorgesehene Fahrweg (62) vordefinierten und im Rechner (14) gespeicherten Befahrbarkeitsanforderungen entspricht,
- die Ortsposition des Futtermischwagens (1) erfasst und als Startpunkt (S) im Rechner (14) definiert wird,
- der Rechner (14) einen Fahrweg (62) zwischen dem Startpunkt (S) und einem vordefinierten Zielpunkt (Z) ermittelt,
- im Rechner (14) vordefinierte Parameter mit der die Umgebung abbildenden Punktwolke abgeglichen werden,
- im Rechner (14) Kriterien vordefiniert sind, die eine Korrektur des ermittelten Fahrweges (62) zu einem neu berechneten Fahrweg (62') ermöglichen,
so dass der Fahrweg (62) des Futtermischwagens (1) auf seine Befahrbarkeit hin überprüfbar ist und im Falle einer festgestellten Unbefahrbarkeit autonom an die Erfordernisse der situativen Raumumgebung anpassbar und durch einen alternativen Fahrweg (62') ersetzbar ist."
"10. Futtermischwagen (1) umfassend:
- ein autonom verfahr- und steuerbares Fahrgestell (2);
- Arbeitsorgane in Gestalt von einem Antriebsmotor (12), einem Fahrantrieb, einem Mischbehälter (3), einer Ausbringvorrichtung für Futtermittel, einer Wiegeeinrichtung für die aufzunehmende Futtermenge und einem Lenksystem für das Fahrgestell (2);
- mindestens einen Scanner (17, 20, 21, 22, 23, 24) und/oder mindestens einem Sensor (18, 25) zur Datenermittlung;
- mindestens einen mit den Scannern und/oder Sensoren zusammenwirkenden Rechner (14),
dadurch gekennzeichnet, dass der Rechner (14) eingerichtet ist, das Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis auszuführen."
VII. Die Einsprechende als Beschwerdeführerin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand jedes der unabhängigen Ansprüche 1 und 10 des Hauptantrags werde ausgehend von D1 durch das Dokument D2 nahegelegt.
VIII. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand jedes der unabhängigen Ansprüche 1 und 10 des Hauptantrags beruhe auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem angezogenen Stand der Technik.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung eines autonom verfahrbaren Futtermischwagens. Im Rahmen eines automatischen Fütterungsverfahrens von größeren Viehbeständen kann ein solcher Futtermischwagen das Futter aus einem Vorratslager entnehmen, daraus eine vordefinierte Futtermischung erstellen und diese dann in einem Futtergang vor den Tierbuchten ablegen. Damit der Futtermischwagen diese Aufgaben ohne Bedienperson verrichten kann, besitzt er ein autonom verfahr- und steuerbares Fahrgestell (2), ein Lenksystem für das Fahrgestell, einen Antriebsmotor (12), einen Fahrantrieb, einen Mischbehälter (3), eine Ausbring-vorrichtung für Futtermittel und eine Wiegeeinrichtung für die aufzunehmende Futtermenge, siehe die Figur 1 der Patentschrift. Bei seiner Fahrt entlang eines Fahrwegs (62) von einem Startpunkt (S) zu einem Zielpunkt (Z) muss der Futtermischwagen Hindernisse wie Tiere, Personen oder Gegenstände umgehen können. Dazu besitzt er mindestens einen Scanner (17, 20, 21, 22, 23, 24) und/oder mindestens einen Sensor (18, 25) zur Erfassung von Umgebungsdaten sowie einen damit zusammenwirkenden Rechner (14). Im Rechner ist eine statische Karte der Umgebung abgelegt, die unbewegliche Objekte wie Gebäude, Mauern und Bäume enthält und zur Planung des vorgesehenen Fahrwegs (62) des Futtermischwagens dient.
Um auf Hindernisse entlang des Fahrwegs reagieren zu können, ermittelt der Rechner aus den vom Scanner/Sensor erfassten Umgebungsdaten die situative Raumumgebung als Punktewolke. Diese Ist-Umgebungsdaten bilden neben den unbeweglichen Objekten auch die zum Zeitpunkt ihrer Erhebung vorhandenen Hindernisse in Form von beweglichen Objekte wie Maschinen, Tiere, Personen und variablen Objekten wie verschiebbare Wände, Türen und Futterhaufen ab, siehe die Absätze 0016 und 0017 der Patentschrift. Beim erfindungsgemäßen Verfahren setzt der Rechner diese Umgebungsdaten in Bezug zur statischen Karte, so dass der vorgesehene Fahrweg mit der Ist-Situation abgleichbar ist. Dabei überprüft der Rechner anhand von Befahrbarkeits-anforderungen den Fahrweg auf seine Befahrbarkeit hin und kann ihn - falls er unbefahrbar ist - durch einen alternativen Fahrweg (62') ersetzen, siehe die Figur 5 der Patentschrift.
Ein Futtermischwagen mit einem zur Ausführung eines solchen Verfahrens eingerichteten Rechner wird ebenfalls beansprucht.
3. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
Die angefochtene Entscheidung bejahte die erfinderische Tätigkeit der erteilten Ansprüche 1 und 10 ausgehend vom Dokument D1, siehe Absatz 12 der Entscheidungs-gründe. Die Einsprechende als Beschwerdeführerin bestreitet diesen von der Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin geteilten Befund der Entscheidung.
3.1 Auch die Kammer hält das Dokument D1 für einen erfolgversprechenden Ausgangspunkt, da es einen Futtermischwagen mit einem autonom verfahr- und steuerbaren Fahrgestell 2, einem Antriebsmotor 12, einem Mischbehälter 3, einem Förderband 15 zum Ausbringen von Futter sowie Wiegestäben 7 für die aufzunehmende Futtermenge offenbart, siehe die Absätze 34-38 des Dokuments. Der Futtermischwagen besitzt zudem einen Scanner 20 zur Führung des Wagens entlang einer im Boden verlegten Leitschiene, weitere Scanner 17, 22, 23, 24 zur Erkennung von Hindernissen und einen mit diesen Scannern verbundenen Rechner 14. Nach dem Start eines automatischen Fütterungsprogramms wird der Futtermischwagen von seiner Parkstation zunächst vom Sensor 20 entlang der Leitschiene bis zu einem ersten Zielpunkt in Form des Rasterpunkts 19 am Flachsilo geführt, siehe Absatz 0037 der D1. Dort verlässt der Futtermischwagen die Spurführung entlang der Leitschiene und wechselt in ein Funkpeilsystem, um zu einer Futterentnahmestelle im Flachsilo zu gelangen. In dieser Phase des Betriebs orientiert sich z.B. ein rotierbarer Laserscanner 17 an Reflektoren oder Seitenwänden im Flachsilobereich, siehe die Absätze 0041 und 0042 des Dokuments.
Deswegen offenbart D1 unbestritten ein Verfahren mit den Merkmalen des Oberbegriffs von Anspruch 1 des Hauptantrags. Dieses Verfahren weist aufgrund der Parkstation und des Rasterpunkts 19 am Flachsilo bereits die beiden Merkmale des Kennzeichens von Anspruch 1 auf, wonach die Ortsposition des Futtermischwagens erfasst und als Startpunkt im Rechner definiert wird, und der Rechner einen Fahrweg zwischen dem Startpunkt und einem vordefinierten Zielpunkt ermittelt.
3.2 Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich unbestritten von der Offenbarung der D1 darin, dass
- der Rechner aus den erfassten Umgebungsdaten der Scanner eine die Umgebung abbildende, dreidimensionale und aus Einzelpunkten bestehende Punktwolke ermittelt, wobei die Lage der Einzelpunkte jeweils durch eine Punktkoordinate definiert ist und die Punktwolke insgesamt die situative Raumumgebung charakterisiert,
- auf Basis einer statischen, dreidimensionalen Karte eine 2D-Karte ermittelt wird durch die Komprimierung der die dritte Ebene betreffenden Daten in eine Fläche und die vom Scanner und/oder mindestens einem Sensor ermittelten Daten in Bezug gesetzt werden zu der statischen, zweidimensionalen Karte, so dass ein auf Basis der statischen Karte vorgesehener Fahrweg mit der Istsituation abgleichbar ist und überprüfbar ist, ob der vorgesehene Fahrweg vordefinierten und im Rechner gespeicherten Befahrbarkeitsanforderungen entspricht,
- im Rechner vordefinierte Parameter mit der die Umgebung abbildenden Punktwolke abgeglichen werden,
- im Rechner Kriterien vordefiniert sind, die eine Korrektur des ermittelten Fahrweges zu einem neu berechneten Fahrweg ermöglichen, so dass der Fahrweg des Futtermischwagens auf seine Befahrbarkeit hin überprüfbar ist und im Falle einer festgestellten Unbefahrbarkeit autonom an die Erfordernisse der situativen Raumumgebung anpassbar und durch einen alternativen Fahrweg ersetzbar ist.
In Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin liegt diesen Unterscheidungsmerkmalen auch aus Sicht der Kammer die objektive technische Aufgabe zugrunde, die Hinderniserkennung und -vermeidung des autonom verfahrbaren Futtermischwagens zu verbessern, siehe die Seite 14 der Beschwerdebegründung.
3.3 Im Hinblick auf die Lösung dieser Aufgabe bestreitet die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin zwar die Kombinierbarkeit der Dokumente D1 und D2. Aus Sicht der Kammer wird der Fachmann diese Dokumente jedoch miteinander kombinieren, da D2 fahrerlose Transport-systeme erwähnt, worunter auch der aus D1 bekannte Futtermischwagen fällt (Seite 1 der D2, erster Absatz; die Kammer bezieht sich auf die Seitenzahlen in der Kopfzeile des Dokuments). Der zuständige Fachmann ist nämlich ein Ingenieur, der sich mit dem Entwurf und der Entwicklung von Futtermischsystemen mit automatisch fahrbaren Futtermischwagen befasst und daher umfassende Kenntnisse auf dem Fachgebiet des automatischen Transports besitzt.
Das Dokument D2 offenbart am Beispiel des in einem gemeinsamen Arbeitsumfeld mit Menschen fahrenden Assistenzroboters "LiSA" ein Verfahren zur Steuerung eines fahrerlosen Transportsystems. Der LiSA-Roboter enthält ein autonom verfahr- und steuerbares Fahrgestell, einen Rechner und Sensoren zur Erfassung von Umgebungsdaten, siehe die Abbildungen 2.3 und 4.6 auf den Seiten 8 und 38. Um die autonome Bewegung des LiSA-Roboters zu ermöglichen, plant der Rechner einen vorgesehenen Fahrweg anhand eines Umgebungsmodells. Dieses Modell wurde vor der Fahrt des LiSA-Roboters durch eine von einem weiteren Roboter - dem Kurt3D-Roboter laut Legende der Abbildung 5.1 auf Seite 52 - durchgeführte dreidimensionale Kartierung der statischen Gebäudegeometrie erzeugt und als daraus abgeleitete zweidimensionale Rasterkarte im Rechner abgelegt, siehe Seite 5, letzter Absatz, Seite 18, zweiter Absatz sowie die detaillierte Beschreibung der Kartierung und Ableitung des Modells auf den Seiten 51-57.
Folglich offenbart das Dokument D2 im Hinblick auf das Kennzeichen von Anspruch 1 bereits, dass auf Basis einer statischen, dreidimensionalen Karte (das vom Kurt3D-Roboter erfasste dreidimensionale Umgebungsmodell) eine 2D-Karte (die aus dem Umgebungs-modell extrahierte Rasterkarte) ermittelt wird.
3.4 Während der anschließenden Fahrt des LiSA-Roboters ermittelt ein als Photonic Mixer Device (PMD)-Kamera ausgebildeter Sensor auf dem Roboter Umgebungsdaten in Form einer dreidimensionalen Punktewolke, siehe die Abbildung 6.21 auf Seite 98. Wie von der Beschwerde-führerin vorgetragen, stellt das eine Charakterisierung der situativen Raumumgebung im Sinne des Kennzeichens von Anspruch 1 dar ("der Rechner ... eine Punktewolke ermittelt"). Selbst wenn unter dieses Merkmal wegen Anspruch 4 des Hauptantrags auch eine Momentaufnahme der Situation fällt, erfolgt in D2 bereits eine kontinuierliche Messung (Seite 66, letzter Absatz: "permanente 3D-Erfassung der Umgebung). Da der Roboter zudem Hindernissen ausweichen kann (Abbildung 6.22(d) auf Seite 100) und den Fahrweg an geschlossene Türen anpassen kann (Abbildung 6.26 auf Seite 107), enthält sein Rechner auch vordefinierte Parameter und Kriterien zum Abgleich des anhand der Rasterkarte vorgesehenen Fahrwegs mit den dreidimensional erfassten Sensordaten bzw. zur Korrektur des Fahrwegs.
Das Dokument D2 offenbart daher nach Auffassung der Kammer bereits, dass die vom Scanner/Sensor ermittelten Daten in Bezug gesetzt werden zu einer statischen, zweidimensionalen Karte (der im Speicher des Rechners abgelegten Rasterkarte, siehe oben), so dass ein auf Basis der statischen Karte vorgesehener Fahrweg mit der Istsituation abgleichbar ist und überprüfbar ist, ob der vorgesehene Fahrweg vordefinierten und im Rechner gespeicherten Befahrbarkeitsanforderungen entspricht.
3.5 Mithin hängt die Entscheidung zur erfinderischen Tätigkeit davon ab, ob - wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen und von der Beschwerdegegnerin bestritten - der von D1 ausgehende Fachmann in Anbetracht der D2 das weitere Merkmal des Kennzeichens von Anspruch 1 vorsehen würde, nämlich dass die 2D-Karte durch die Komprimierung der die dritte Ebene betreffenden Daten in eine Fläche ermittelt wird. Die Parteien sind sich einig, dass darunter die Projektion der 3D Daten in eine 2D Ebene verstanden werden muss. Diese Auslegung wird durch Absatz 0024 der Patentschrift bestätigt, wonach zur "Komprimierung der die dritte Ebene betreffenden Daten in eine Fläche" alle Z-Koordinaten statischer Objekte in die X-Y-Ebene projiziert werden, so dass die statischen Objekte hinsichtlich ihrer Höhenposition im Raum nicht mehr definiert sind.
3.6 In einer ersten Argumentationslinie vertrat die Beschwerdeführerin unter Verweis auf die Abbildung 5.3 auf Seite 55 der D2 die Auffassung, dass der rechte Teil der Abbildung zeige, dass für den LiSA-Roboter bereits eine 2D-Karte durch die Komprimierung der die dritte Ebene betreffenden Daten in eine Fläche ermittelt werde. Alternativ werde ein solches Vorgehen durch die auf den Seiten 20, 79 oder 124 der D2 genannte 2D-Projektion in einer horizontalen Ebene zur Erstellung eines virtuellen 2D Datensatzes oder durch die auf Seite 56 angesprochene alternative Erstellung der Simulationsumgebung mittels SLAM-Verfahren oder mit einem Grafikprogramm nahegelegt.
Keines dieser Argumente überzeugt die Kammer:
3.6.1 Im Rechner des LiSA-Roboters ist zwar eine zweidimensionale Rasterkarte der Umgebung hinterlegt, siehe die oben genannten Passagen der D2. Diese Karte wird jedoch mit Hilfe eines Schnitts entlang der Unterkante der Wände eines 3D-Modells der Umgebung ermittelt, siehe die dickere schwarze Linie im rechten Teil der Abbildung 5.3 und den dritten Absatz auf Seite 55 ("zweidimensionale Rasterkarte (schwarze Linien) mit Hilfe eines Schnitts durch das 3D-Modell"). Die Beschwerdeführerin hat das während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht bestritten und wohl auch bereits in ihrer Beschwerdebegründung so gesehen, siehe Seite 22, erster Absatz: "black lines...represent the static 2D map".
Nach Auffassung der Kammer ist die beanspruchte Komprimierung im Sinne einer Projektion etwas anderes als ein Schnitt entlang der Unterkante der Wände. Während beim Schnitt eine Auswahl aus den Daten gebildet wird, indem nur die Daten in der Schnittebene betrachtet und alle anderen, nicht ausgewählten Daten ignoriert werden, fehlt diese Auswahl bei einer Komprimierung. Stattdessen werden alle die dritte Ebene betreffenden Daten bei der Komprimierung verwendet. Wie oben ausgeführt, ist hierunter eine Projektion in eine Ebene zu verstehen. Dagegen betrifft der in Abbildung 5.3 bzw. auf Seite 55 der D2 genannte Schnitt keine Komprimierung bzw. Projektion, sondern lediglich einen Ausschnitt aus den Daten des 3D-Modells auf einer bestimmten Höhe in Z-Richtung - in Abbildung 5.3 entlang der Unterkante der Wände.
3.6.2 Im Hinblick auf die Offenbarung einer Komprimierung in D2 teilt die Kammer die Sichtweise der Beschwerde-führerin, wonach auf den Seiten 20, 79 und 124 des Dokuments bereits eine Projektion von dreidimensional erfassten Daten in einen zweidimensionalen Datensatz genannt wird. Die in D2 offenbarte Projektion führt auch zu einer Komprimierung der die "dritte Ebene" (gemeint ist wohl die dritte Dimension) betreffenden Daten in eine Fläche.
Nach Auffassung der Kammer betreffen die genannten Stellen der D2 jedoch nicht die auf Seite 51 des Dokuments als "Kartierung der Arbeitsumgebung" bezeichnete Erstellung einer zweidimensionalen Rasterkarte für die Planung des Fahrwegs des LiSA-Roboters. Stattdessen erfolgt die Komprimierung von Umgebungsdaten mit dem Ziel der Hindernisvermeidung während einer sich an die Fahrwegplanung anschließenden Fahrt des Roboters (Seite 20, dritter Absatz: "Dadurch ist es in der Lage, klassische Hindernisvermeidungs-algorithmen ... einzusetzen."; Seite 79, zweiter Absatz: "Nun werden für jedes Segment alle Hindernis-punkte betrachtet..."; Seite 124, letzter Absatz: "Hindernisvermeidung"). Das Dokument D2 bezeichnet Drehstühle, Mülleimer und vergleichbare Gegenstände als Hindernisse (Seite 5, letzter Absatz), nicht aber die für die Kartierung der Arbeitsumgebung bzw. Erstellung der Rasterkarte benötigte feste Gebäudegeometrie. Daher müsste der Fachmann erst erkennen, dass die in einem anderen Kontext beschriebene Komprimierung auch bei der Erstellung der als Rasterkarte im Speicher des LiSA-Roboters hinterlegten 2D-Karte verwendet werden kann.
3.6.3 Die Beschwerdeführerin vertritt unter Verweis auf Seite 56 der D2 die Auffassung, dass der Fachmann die Eignung der Komprimierung für eine alternative Erstellung der Rasterkarte erkennen würde.
Aus Sicht der Kammer beruht dieses Argument auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise in Kenntnis der Erfindung. Im zweiten Absatz auf Seite 56 der D2 werden nur zweidimensionale SLAM-Verfahren oder die Erstellung mit einem Grafikprogramm genannt. Wegen der abgeschlossenen Formulierung "zum einen...als Schnitt durch das 3D-Modell erzeugen, zum anderen können diese mit klassischen zweidimensionalen SLAM-Verfahren oder manuell mit einem Grafikprogramm erstellt werden" (Hervorhebung durch die Kammer) ist diese Aussage auf die beiden genannten Alternativen beschränkt.Bei einem SLAM-Verfahren wird parallel zur inkrementellen Lokalisierung ohne Umgebungsmodell anhand der Sensordaten ein Umgebungsmodell erstellt, und dieses wird in den Lokalisierungsprozess zurückgeführt, siehe den ersten Absatz auf Seite 17 der D2. Da auf Seite 56 ein zweidimensionales SLAM-Verfahren genannt wird, liefert dieses bereits eine 2D-Karte. Bei der Erstellung der Rasterkarte mit einem Grafikprogramm handelt es sich um eine von einem Menschen erstellte Zeichnung, die wohl ebenfalls nur zweidimensional ausgeführt wird. In beiden Fällen kann mangels die dritte Ebene betreffender Daten gar keine anschließende Komprimierung in eine Fläche stattfinden. Keine dieser Alternativen führt somit zu einer Komprimierung in einer Ebene im Sinne des Patents.
3.6.4 Selbst wenn der Fachmann durch den zweiten Absatz auf Seite 56 der D2 dazu veranlasst würde, neben den beiden genannten noch weitere Alternativen für die Erstellung der 2D-Rasterkarte zu suchen, wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, würde er dazu nicht auf die im Zusammenhang mit der Hindernisvermeidung auf den Seiten 20, 79 und 124 des Dokuments genannte Projektion von dreidimensional erfassten Daten in einen zweidimensionalen Datensatz zurückgreifen. Für die Zwecke der Routenführung in einem Gebäude (wo der LiSA Roboter getestet wird) ist ein Schnitt auf Bodenebene - im wesentlichen ein Grundplan, siehe Abb. 5.3 - völlig ausreichend. An Hand eines einfachen Grundplans können nämlich alle im Testumfeld eines Gebäudes zu erwartenden statischen Hindernisse (Wände, Türen, Treppen) erfasst werden. Wie oben festgestellt, bleiben bei einer Projektion auch die Informationen aus anderen Ebenen erhalten. Dadurch werden mehr potentielle statische Hindernisbereiche kartiert, zum Beispiel solche, die nur in höheren, relevanten Höhen vorhanden sind (z.B. Überhänge), was im Umfeld automatischer Füttermischung sinnvoll sein kann. Diese Erkenntnis, dass dort in einer Nicht-Test Umgebung die weiteren Informationen sinnvoll sein können, geht aus Sicht der Kammer über das normale Können des Fachmannes hinaus.
3.7 In einer zweiten Argumentationslinie vertrat die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer die Auffassung, dass das auf die Ermittlung der 2D-Karte durch eine Komprimierung der die dritte Ebene betreffenden Daten in eine Fläche gerichtete Unterscheidungsmerkmal als optional anzusehen sei. Wegen des Vergleichs der vom Scanner/Sensor ermittelten Daten mit einer im Rechner hinterlegten statischen dreidimensionalen Karte gemäß Anspruch 2 müsse das Merkmal für die Frage der erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 1 nicht berücksichtigt werden.
Die Kammer sieht das anders, da Anspruch 2 aufgrund seines Rückbezugs auf Anspruch 1 eindeutig als abhängiger Anspruch formuliert ist. Anspruch 2 ist somit auf ein Verfahren gerichtet, bei dem sowohl eine durch Komprimierung der die dritte Ebene betreffenden Daten gewonnene 2D-Karte laut Anspruch 1 als auch eine dreidimensionale Karte laut Anspruch 2 im Rechner gespeichert sind. Folglich müssen bei der Prüfung auf Hindernisse entlang des vorhergesehenen Fahrwegs die vom Scanner und/oder Sensor ermittelten Daten mit jeder der beiden Karten verglichen werden. Auf diese Weise könnte beispielsweise die Sicherheit der Überprüfung durch eine Redundanz der beiden Schritte erhöht werden.
Dessen ungeachtet hätte es aus Gründen der Logik keine Auswirkungen auf den unabhängigen Verfahrensanspruch 1, wenn das auf eine statische, dreidimensionalen Karte gerichtete Merkmal in Anspruch 2 die durch Komprimierung gewonnene 2D-Karte im Verfahren zur Steuerung des Futtermischwagens ersetzen würde. Stattdessen müsste in diesem Fall Anspruch 2 als zusätzlicher unabhängiger Verfahrensanspruch angesehen werden, in dem nur ein einziger Vergleich mit einer dreidimensionalen Karte durchgeführt wird. Da auch aus Sicht der Beschwerdeführerin im Dokument D2 nur ein Vergleich der vom Scanner/Sensor ermittelten Daten mit einer statischen 2D-Karte - ungeachtet ihrer Erzeugung, siehe oben - durchgeführt wird, kann dieses Merkmal selbst durch eine Kombination der Dokumente D1 und D2 nicht nahegelegt werden.
3.8 Die Beschwerdeführerin erhebt in ihrer Beschwerde-begründung den Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit auch gegen den unabhängigen Vorrichtungs-anspruch 10 des Hauptantrags. Da der Rechner des Futtermischwagens laut Vorrichtungsanspruch 10 nach seinem Wortlaut mindestens dazu eingerichtet sein muss, das Verfahren nach Anspruch 1 auszuführen, und dieses Verfahren, wie oben dargelegt, nicht nahegelegt wird, wird aus den gleichen Gründen die beanspruchte Vorrichtung ebenfalls nicht nahegelegt.
3.9 Folglich beruht der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 10 auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber einer Kombination der Dokumente D1 und D2, Artikel 56 EPÜ.
4. Die Kammer bestätigt aus den obengenannten Gründen den Befund der angegriffenen Entscheidung zur erfinderischen Tätigkeit für das Patent in der erteilten Fassung. Sonst wurden die Befunde der Entscheidung nicht in Frage gestellt. Die Beschwerde bleibt somit ohne Erfolg.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.