T 1743/21 06-07-2023
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Gitterbild mit mehreren variierten Gitterfeldern
Bundesdruckerei GmbH
Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG
Patentierbare Erfindung (ja)
Patentierbare Erfindung - technischer Charakter der Erfindung (ja)
Patentierbare Erfindung - ästhetische Formschöpfung (nein)
Patentierbare Erfindung - Wiedergabe von Informationen (nein)
Offenbarung der Erfindung - Rechtsbindungswirkung
Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Änderungen - unzulässige Erweiterung (nein)
Beschwerdebegründung - Gründe deutlich und knapp angegeben (nein)
Änderung nach Ladung - außergewöhnliche Umstände (nein)
I. Die Beschwerde der Einsprechenden 1 richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, in der festgestellt wurde, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen, einschließlich der am 29. November 2018 eingereichten Ansprüche gemäß Hauptantrag, das Patent Nr. 1 713 645 (im Folgenden das "Patent" genannt) und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.
II. In einer vorherigen Entscheidung vom 14. Dezember 2016 hatte die Einspruchsabteilung das Patent zunächst widerrufen. Diese Entscheidung wurde von der Kammer (in anderer Besetzung) jedoch mit der Entscheidung T 665/17 aufgehoben und die Angelegenheit wurde an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen. Die Kammer gelangte in der Entscheidung T 665/17 insbesondere zu der Schlussfolgerung, dass die im Streitpatent beanspruchte Erfindung im Hinblick auf den ihr vorliegenden Hauptantrag (der dem nun vorliegenden Hauptantrag entspricht) die Anforderungen des Artikels 100 b) EPÜ 1973 erfülle (siehe Punkt 1.4 der Entscheidungsgründe) und dass der in die Beschreibung aufgenommene Absatz [0016a] nicht unter Artikel 123 (2) und (3) EPÜ zu beanstanden sei (siehe Punkt 2. der Entscheidungsgründe).
III. In der am 2. Juni 2023 erlassenen Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern in der seit dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung (VOBK, siehe ABl. EPA 2019, A63 und ABl. EPA 2021, A35) brachte die Kammer ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage zum Ausdruck. Sie wies unter anderem auf ihre vorläufige Auffassung hin, dass:
-|dem Punkt 4.1 der Beschwerdebegründung keine substantiierten Einwände nach Artikel 123 (2) EPÜ zu entnehmen seien (Artikel 12 (3) VOBK). Insbesondere habe die Beschwerdeführerin nicht begründet, warum die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt falsch gewesen sein soll.|
-|der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das Konvergenzkriterium ins Leere gehe, |
-|der Vortrag der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung hinsichtlich der Neuheitseinwände ausgehend von den Druckschriften D2, D3, D4, D5 und D6 und hinsichtlich der Einwände der mangelnden erfinderischen Tätigkeit angesichts der Kombination der Druckschriften D1 und D5, D5 und D8 bzw. E17 sowie der Kombination der Druckschriften D1 bis D6 jeweils mit dem allgemeinen Fachwissen nicht erkennen lasse, aus welchen Gründen die in den Punkten 4.7 bis 4.13 und 5.6 bis 5.8 der Entscheidungsgründe dargelegten Schlussfolgerungen der Einspruchsabteilung hinsichtlich dieser Einwände fehlerhaft sein sollten (Artikel 12 (3) VOBK).|
IV. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 6. Juli 2023 statt.
V. Anträge
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 1) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag) bzw. hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 13.
Die verfahrensbeteiligte Einsprechende 2 hat sich im Beschwerdeverfahren nicht in der Sache geäußert und keine Anträge gestellt.
VI. Die folgenden bereits im Einspruchsverfahren vorgelegten Druckschriften sind in dieser Entscheidung zitiert.
E4: |US 5,629,070 |
E5: |US 6,088,161 |
E17:|DE 102 26 115 A1 |
E21:|GB 2 136 352 A |
D1: |EP 0 366 858 A1 |
D2: |Ibn-Elhaj, M. et al.: "Optical polymer thin films with isotropic and anisotropic nano-corrugated surface topologies", Nature, Volume 410, 12 April 2001; Seiten 796 bis 799.|
D3: |WO 00/02067 A1 |
D4: |WO 03/095657 A2 |
D5: |WO 03/055691 A1 |
D6: |Schilling, A. et al.: "Achromatic Features for Optically Variable Devices", Proc. SPIE 4677, Optical Security and Counterfeit Deterrence Techniques IV, 238, 18. April 2002.|
D8: |WO 03/107047 A1 |
Die von den Beteiligten zitierte Druckschrift D9 ist identisch zu der oben angegebenen Druckschrift E17.
Mit der Beschwerdebegründung reichte die Einsprechende 1 (Beschwerdeführerin) die folgenden Abbildungen ein.
A1:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
A2:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
VII. Anspruch 1 des am 29. November 2018 eingereichten Hauptantrags lautet wie folgt (die von der Kammer verwendete Merkmalsgliederung ist in eckigen Klammern eingefügt):
"[1-A] Sicherheitselement mit einem Gitterbild [1-B1] mit mehreren Gitterfeldern, [1-B2] die jeweils ein elektromagnetische Strahlung beeinflussendes Gittermuster [1-B3] aus einer Vielzahl von Strichgitterlinien enthalten, [1-B4] wobei die Strichgitterlinien durch die Parameter Orientierung, Krümmung, Beabstandung und Profilierung charakterisiert sind, wobei
- [1-C1] ein mit bloßem Auge separat erkennbares Gitterfeld des Gitterbilds [1-C2] ein elektromagnetische Strahlung beeinflussendes Gittermuster mit Strichgitterlinien enthält, dadurch gekennzeichnet, dass [1-C3] für die Strichgitterlinien zumindest einer der charakteristischen Parameter Orientierung und Krümmung über der Fläche des Gitterfelds variiert,
- [1-D1] das genannte Gitterfeld eine Mattstruktur bildet, [1-D2] die bei Betrachtung keine diffraktiven Effekte zeigt, und
- [1-E] der oder die variierenden charakteristischen Parameter über die Fläche des genannten Gitterfelds eine zufällige und sprunghafte Variation aufweisen."
Anspruch 12 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"[12-A] Verfahren zum Herstellen eines Sicherheitselements mit einem Gitterbilds [sic],
[12-B1] bei dem in einem Substrat mehrere Gitterfelder erzeugt werden, [12-B2] die jeweils mit einem elektromagnetische Strahlung beeinflussenden Gittermuster [12-B3] aus einer Vielzahl von Strichgitterlinien gefüllt werden, [12-B4] wobei die Strichgitterlinien durch die Parameter Orientierung, Krümmung, Beabstandung und Profilierung charakterisiert sind, wobei
- [12-C1] ein mit bloßem Auge separat erkennbares Gitterfeld des Gitterbilds [12-C2] mit einem elektromagnetische Strahlung beeinflussenden Gittermuster mit Strichgitterlinien gefüllt wird, dadurch gekennzeichnet, dass [12-C3] für die Strichgitterlinien zumindest einer der charakteristischen Parameter Orientierung und Krümmung über der Fläche des Gitterfelds variiert wird,
- [12-D1] das genannte Gitterfeld eine Mattstruktur bildet, [12-D2] die bei Betrachtung keine diffraktiven Effekte zeigt, und
- [12-E] der oder die variierenden charakteristischen Parameter über die Fläche des Gitterfelds eine zufällige und sprunghafte Variation aufweisen."
VIII. Der für diese Entscheidung relevante Vortrag der Beteiligten lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
a) Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ gegen den Anspruch 12 des Hauptantrags
Die Beschwerdeführerin führte in Punkt 4.1 der Beschwerdebegründung unter der Überschrift "mangelnde Zulässigkeit der Änderungen im Hauptantrag im Hinblick auf die Regel 80 und die Artikel 84 und 123 (2) & (3) EPÜ" aus, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung beanstandet habe, dass der Anspruch 12 des Hauptantrags unzulässig erweitert sei (Artikel 123 (2) EPÜ). Die Einspruchsabteilung sei in Punkt 2.2 der Entscheidungsgründe davon ausgegangen, dass die Überprüfung der Zulässigkeit der Änderungen im Anspruch 12 im vorausgegangenen Beschwerdeverfahren implizit erfolgte und somit die Frage der unzulässigen Erweiterung des Anspruchs 12 des Hauptantrags nicht mehr von ihr erörtert werden müsse. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ, auf welchen sich die Entscheidung T 665/17 beziehe, sei aber ein anderer Einspruchsgrund als der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ. Dies gelte insbesondere, da sich der Einwand der unzulässigen Erweiterung gemäß Artikel 123 (2), (3) EPÜ gegen den unabhängigen Verfahrensanspruch 12 richte und nicht gegen den Absatz [0016a] der Beschreibung, zu dem sich die Beschwerdekammer geäußert habe.
Die Beschwerdegegnerin stimmte in Punkt 4.3 der Beschwerdeerwiderung der Auffassung der Einspruchsabteilung zu, welche die Änderungen im Hauptantrag als zulässig im Sinn der Regel 80 sowie der Artikel 84 und 123 (2) und (3) EPÜ anerkannt habe. Sie führte sodann in Punkt 4.3 der Beschwerdeerwiderung aus, dass der einzige in der Beschwerdebegründung tatsächlich substantiierte Einwand eine angebliche Erweiterung des Schutzbereichs nach Artikel 123 (3) EPÜ betreffe.
Die Beschwerdeführerin erklärte auf Seite 3 ihres Schreibens vom 27. Juni 2023, dass sich der Titel "mangelnde Zulässigkeit der Änderungen im Hauptantrag im Hinblick auf die Regel 80 und die Artikel 84 und 123 (2) & (3) EPÜ" des Punkts 4.1 der Beschwerdebegründung auf den Punkt 2 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung beziehe, in welcher die gleiche Überschrift verwendet worden sei. Es sei darin lediglich dargestellt worden, wie sich hierzu die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung positioniert habe, ohne dass dazu substantiierte Einwände nach Regel 80 EPÜ oder Artikel 123 (2) EPÜ vorgebracht werden sollten.
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhob die Beschwerdeführerin eine Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ gegen den Anspruch 12 des Hauptantrags und führte aus, dass dessen Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Dieser Einwand sei bereits in der Beschwerdebegründung erhoben worden, wie aus der Überschrift des Punkts 4.1 und Seite 6, drittletzter Absatz der Beschwerdebegründung hervorgehe. Die Einwände nach Artikel 123 (2) und (3) EPÜ bezögen sich auf den gleichen Einwand. Wenn der Gegenstand des Anspruchs 12 des Hauptantrags nicht im Streitpatent offenbart sei (wie in der Beschwerdebegründung vorgetragen), gehe er zwangsläufig auch über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Bereits die Nennung des Artikels 123 (2) EPÜ in der Beschwerdebegründung impliziere den Einwand, dass der Gegenstand des Anspruchs über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Außergewöhnliche Gründe, die für eine Zulassung dieses Einwands ins Beschwerdeverfahren nach Artikel 13 (2) VOBK sprächen, seien zum einen darin zu sehen, dass dieser Einwand bereits im Einspruchsverfahren erhoben worden sei, die Einspruchsabteilung aber nicht überzeugt habe. Zum anderen sei dieser Einwand eine direkte Reaktion auf die in Punkt 6.1 der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK dargelegte vorläufige Auffassung der Kammer, wonach die Behauptungen der Beschwerdeführerin in Punkt 4.1 der Beschwerdebegründung einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Artikels 12 (3) VOBK darstellten.
Die Beschwerdegegnerin führte in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer aus, sie habe bereits in Punkt 4.3 der Beschwerdeerwiderung darauf hingewiesen, dass der von der Beschwerdeführerin erhobene Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ in der Beschwerdebegründung nicht substantiiert sei. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung bezögen sich nur auf Artikel 123 (3) EPÜ. Auch habe sich die Beschwerdeführerin nicht mit den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich Artikel 123 (2) EPÜ auseinandergesetzt. Dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 27. Juni 2023 sei klar zu entnehmen, dass in der Beschwerdebegründung auch kein Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ erhoben werden sollte. Der in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhobene Einwand sei ein venire contra factum proprium und sei nach Artikel 13 (2) VOBK nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
b) Einwand nach Artikel 123 (3) EPÜ gegen den Anspruch 12 des Hauptantrags
i) Beschwerdeführerin
Der Hauptantrag vom 29. November 2018 sei auf ein Sicherheitselement mit einem Gitterbild sowie ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Sicherheitselements mit Gitterbild gerichtet, während das erteilte Patent sowie der Hauptantrag vom 10. Mai 2017 noch auf ein Gitterbild sowie ein Verfahren zur Herstellung eines Gitterbilds gerichtet gewesen seien. Ein Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements mit Gitterbild sei aber etwas anderes (Aliud) als ein Verfahren zur Herstellung eines Gitterbilds. Anspruch 12 des Hauptantrags erfülle somit nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ. Ein Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements könne auch ein Aufbringen eines bereits fertig vorliegenden Gitterbilds umfassen, während das Verfahren zur Herstellung des Gitterbilds Schritte zur Herstellung des Gitterbilds umfasse. Der Anspruch 12 des Hauptantrags sei gegenüber dem erteilten Verfahrensanspruch 12 breiter gefasst und damit unzulässig geändert. Beim Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements kämen vollkommen andere Herstellungsschritte vor als bei einem Verfahren zur Herstellung eines Gitterbilds. Die Merkmale 12-B1 bis 12-E seien Verfahrensschritte zur Herstellung eines Gitterbilds, wie aus Anspruch 12 des Streitpatents hervorgehe, nicht aber Verfahrensschritte zur Herstellung eines Sicherheitselements gemäß dem Anspruch 12 des vorliegenden Hauptantrags. Ein solches Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements gemäß Anspruch 12 des Hauptantrags sei an keiner Stelle des Streitpatents beschrieben.
ii) Beschwerdegegnerin
Das Vorliegen bzw. Nicht-Vorliegen einer Schutzbereichserweiterung durch den Hauptantrag nach Artikel 123 (3) EPÜ sei bereits res judicata. Wie aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Kammer und aus den Punkten 2. und 3. der Entscheidungsgründe der Entscheidung T 665/17 hervorgehe, sei die Erfüllung der Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ in der Beschwerdeverhandlung diskutiert worden. Die Einsprechenden hätten bei der Diskussion von Artikel 123 (3) EPÜ allerdings lediglich eine Schutzbereichserweiterung durch die Aufnahme des Absatzes [0016a] in die Beschreibung geltend gemacht. Die Frage der Schutzbereichserweiterung durch den Hauptantrag sei daher bereits entschieden.
Auch habe der auf ein Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements mit einem Gitterbild gerichtete Anspruch 12 des Hauptantrags keinen breiteren Schutzbereich als das Verfahren zur Herstellung eines Gitterbilds des erteilten Anspruchs 12. Während der erteilte Anspruch 12 die Herstellung beliebiger Gitterbilder erfasse, sei vom Anspruch 12 des Hauptantrags nur noch die Herstellung von Gitterbildern erfasst, die Bestandteil eines Sicherheitselements seien. Da jedes Gitterbild eines Sicherheitselements auch ein allgemeines Gitterbild sei, es aber umgekehrt Gitterbilder gebe, die nicht Teil eines Sicherheitselements seien, umfasse der geänderte Anspruch eine echte Teilmenge der ursprünglich beanspruchten Verfahren und stelle daher eine echte Beschränkung dar. Anspruch 12 des Hauptantrags erfülle somit die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ.
c) Vermeintlich mangelnde Konvergenz
Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass das Konvergenzkriterium als Verfahrensgrundsatz im Einspruchsverfahren angewendet werde. Es schreibe vor, dass die Anträge zu einem Gegenstand konvergieren müssten, der letztlich durch weitere Einschränkungen, aber nicht Verbreiterungen des Schutzbereichs definiert werden könne. Ein Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements mit Gitterbild, wie in Anspruch 12 des Hauptantrags beansprucht, sei aber etwas anderes (Aliud) als ein Verfahren zur Herstellung eines Gitterbilds (erteilter Anspruch 12, siehe oben).
d) Einwand nach Artikel 83 EPÜ gegen den Hauptantrag
i) Beschwerdeführerin
Die in den Ansprüchen 1 und 12 des Hauptantrags enthaltenen Merkmale "mit bloßem Auge erkennbares Gitterfeld", "Mattstruktur ... die bei Betrachtung keine diffraktiven Effekte zeigt" und "Orientierung" seien nicht ausreichend offenbart. Die Auffassung der Kammer in der Entscheidung T 665/17 beruhe auf zwei Anspruchsauslegungen (siehe Punkte 1.1 und 1.2 der Entscheidungsgründe). Damit sei aber nur die Ausführbarkeit zu diesen beiden Punkten abschließend geklärt worden, nicht jedoch die Ausführbarkeit der oben genannten drei Merkmale. Gemäß den Richtlinien für die Prüfung im EPA, Teil E-XII, 9.2 ergebe sich bei Zurückverweisung eines Falles an die Abteilung nach einer Beschwerde die Konsequenz, dass die Abteilung an die Entscheidung der Beschwerdekammer gebunden sei, soweit der Tatbestand derselbe sei (Artikel 111 (2) EPÜ). Der Tatbestand sei hier aber nicht derselbe, da nicht die Kausalität oder Nicht-Kausalität der Merkmale bezüglich der Strichgitterlinien und der Mattstruktur beanstandet werde, sondern die mangelnde Offenbarung und damit Nichtausführbarkeit der oben aufgeführten drei Merkmale.
ii) Beschwerdegegnerin
Die Frage der Ausführbarkeit der Erfindung sei Gegenstand des abgeschlossenen ersten Beschwerdeverfahrens gewesen. In der Entscheidung T 665/17 habe die Kammer festgestellt, dass die beanspruchte Erfindung die Anforderungen des Artikels 100 b) EPÜ 1973 erfülle (Punkt 1.4 der Entscheidungsgründe). Diese Frage der Ausführbarkeit sei daher bereits entschieden. Die dennoch geltend gemachten neuen Ausführbarkeitseinwände der Beschwerdeführerin schafften keinen "neuen Tatbestand". Der Tatbestand, nämlich die Offenbarung der beanspruchten Erfindung, sei vielmehr derselbe. Sogar die vorliegenden Ansprüche seien gerade diejenigen Ansprüche, die der Entscheidung der Beschwerdekammer zugrunde gelegen hätten.
e) Einwand nach Artikel 52 (2) b) und d) EPÜ gegen den Anspruch 1 des Hauptantrags
i) Beschwerdeführerin
Ein Sicherheitselement sei nur eine ästhetische Formschöpfung und betreffe die Wiedergabe von Informationen. Diese gelte auch für ein Sicherheitselement mit den weiteren Merkmalen des Anspruchs 1 des Hauptantrags. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei damit nach Artikel 52 (2) b) und d) EPÜ nicht als Erfindung anzusehen.
ii) Beschwerdegegnerin
Anspruch 1 definiere technische Merkmale, die in ihrer Kombination eine technische Aufgabe lösten, nämlich die Erhöhung der Fälschungssicherheit (siehe auch Absatz [0011] des Streitpatents). Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags falle somit nicht unter die nach Artikel 52 (2) b) und d) EPÜ nicht als Erfindung anzusehenden Gegenstände oder Tätigkeiten.
f) Einwände nach Artikel 54 EPÜ gegen die Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags
i) Beschwerdeführerin
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei nicht neu gegenüber einem allgemein bekannten Wertdokument mit einem Bild eines Gitters, wie es beispielsweise in den Abbildungen A1 und A2 gezeigt sei. Die Abbildungen A1 und A2 zeigten jeweils mehrere Gitterbilder, die jedoch keine technische, sondern eine ästhetische Funktion hätten. Bei den Gitterbildern handle es sich nicht um technische, sondern um gestalterische Merkmale, die der Banknote neben der geschäftlichen Funktion eine besondere künstlerische Ausgestaltung verleihen sollten, um damit ihre Attraktivität zu erhöhen. Die in Anspruch 1 definierten Merkmale des Gitterbildes könnten daher die Neuheit nicht begründen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei nicht neu gegenüber den Abbildungen A1 und A2. Dieser Einwand werde im Schreiben vom 27. Juni 2023 in Reaktion auf die vorläufige Einschätzung der Kammer in der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK erhoben, dass die auf das Gitterbild bezogenen Merkmale des Anspruchs 1 technisch seien. Dieser Einwand sei daher nach Artikel 13 (2) VOBK in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 sei nicht neu gegenüber der Druckschrift E4. Im Hinblick auf die Merkmale 1-C3 und 1-E offenbare die Druckschrift E4 in Figur 1 eine "light diffracting structure" 10. Figur 1 stelle ein Gitterfeld dar, dessen Gitterlinien durch die Parameter Orientierung, Krümmung, Beabstandung und Profilierung charakterisiert seien. Figur 3 der Druckschrift E4 zeige, dass diese "light diffracting structure" 10 eine zufällige und sprunghafte Variation eines der charakteristischen Parameter Orientierung und Krümmung darstelle (siehe auch Spalte 3, Zeilen 25 und 26 sowie 60 bis 64 der Druckschrift E4). In Figur 3 sei eine Aufbringung der Struktur 10 auf eine Substratschicht 21 in unregelmäßiger zufälliger Wellenform gezeigt. Da die Struktur 10 zufällig gekrümmt sei, müsse dies auch für die Strichgitterlinien gelten. Die zufällige Krümmung sei nicht auf den in der Figur 3 gezeigten Querschnitt beschränkt, sondern setze sich über die gesamte Struktur fort. Das Merkmal 1-D2 sei in Spalte 5, letzter Absatz der Druckschrift E4 offenbart. Die dort genannten "areas of specular reflexion" seien Mattstrukturen. Eine Mattstruktur sei in Anspruch 1 lediglich als eine Struktur definiert, die bei Betrachtung keine diffraktiven Effekte zeige.
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 sei nicht neu gegenüber der Druckschrift E5. Hinsichtlich der Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 (Merkmale 1-C3, 1-D1, 1-D2, 1-E2) offenbare die Druckschrift E5 in Spalte 7, Zeilen 52ff., dass eine oder mehrere der beugenden Spuren diffus reflektierende Abschnitte aufweisen könnten, welche zufällig beabstandete Rillen umfassten, und/oder spiegelnd reflektierende Abschnitte zwischen diffraktierenden Abschnitten enthielten. Somit bildeten die diffus reflektierenden Abschnitte jeweils eine Mattstruktur, die bei Betrachtung keine diffraktiven Effekte zeige. Ferner weise zumindest der charakteristische Parameter "Beabstandung" über die Fläche des Gitterfelds eine zufällige Variation auf. Die Merkmale 1-C3 und 1-E seien auch der Figur 8 der Druckschrift E5 zu entnehmen (siehe auch Figuren 9 und 10 sowie Spalte 6, erster Absatz).
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 sei nicht neu gegenüber den Druckschriften D2, D3, D4, D5 und D6, wie aus dem Vortrag der Einsprechenden 2 in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung hervorgehe. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdebegründung würden durch die weiteren Ausführungen in dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 27. Juni 2023 präzisiert.
ii) Beschwerdegegnerin
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei neu gegenüber allgemein bekannten Wertdokumenten mit einem Bild eines Gitters. Die Bezeichnung "Sicherheitselement" in Anspruch 1 des Hauptantrags stelle für den Fachmann klar, dass das Gitterbild technisch sei. Es sei nicht die Abbildung eines Gitters, sondern ein Bild, das mittels eines Gitters erzeugt werde. Die Technizität dieses Merkmals folge auch aus den anderen Anspruchsmerkmalen. Zum Beispiel müsse eine Mattstruktur gebildet sein. Es werde auch eine technische Aufgabe gelöst, nämlich die Erhöhung der Fälschungssicherheit.
Der von der Beschwerdeführerin erstmals im Schreiben vom 27. Juni 2023 erhobene Einwand der mangelnden Neuheit gegenüber den Abbildungen A1 und A2 sei nach Artikel 13 (2) VOBK nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen. Die Beschwerdeführerin habe keine stichhaltigen Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorlägen. Die Ansicht, dass die auf das Gitterbild bezogenen Merkmale des Anspruchs 1 technisch seien, sei bereits von der Einspruchsabteilung vertreten und auch von der Beschwerdegegnerin in den Punkten 6.1.3 und 6.5 der Beschwerdeerwiderung vorgetragen worden.
Der von der Beschwerdeführerin erhobene Neuheitseinwand gegenüber der Druckschrift E4 sei nicht substantiiert, da die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung nicht auf die Merkmale 1-D1 und 1-D2 eingehe. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 sei auch neu gegenüber dieser Druckschrift. In der Figur 3 der Druckschrift E4 würden die Gitterlinien durch eine Wellenstruktur gebildet, wie dies in Figur 2A der Druckschrift E4 dargestellt sei. Eine Gitterlinie sei beispielsweise durch einen der "Berge" in der Figur 3 der Druckschrift E4 gebildet; ihre Erstreckungsrichtung verlaufe in die Bildebene hinein. Eine Mattstruktur habe ein mattes Erscheinungsbild. Eine spiegelnd reflektierende Struktur sei keine Mattstruktur. Die Druckschrift E4 offenbare nicht die Merkmale 1-C3, 1-E und 1-D2. Entsprechendes gelte hinsichtlich des Anspruchs 12 des Hauptantrags.
Der von der Beschwerdeführerin erhobene Neuheitseinwand gegenüber der Druckschrift E5 sei nicht substantiiert. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 sei auch neu gegenüber dieser Druckschrift, da diese unter anderem die Merkmale 1-E und 12-E nicht offenbare. Die Figur 8 der Druckschrift E5 zeige eine regelmäßige Krümmung, keine zufällige. Die dort gezeigte Struktur solle ferner Informationen kodieren und könne auch deshalb nicht zufällig sein.
Der Neuheitseinwand der Beschwerdeführerin gegenüber den Druckschriften D2, D3, D4, D5 und D6 sei nicht substantiiert. Der diesbezügliche Vortrag der Beschwerdeführerin lasse nicht erkennen, welche der die angefochtene Entscheidung tragenden Gründe fehlerhaft sein sollten und aufgrund welcher Überlegungen dies der Fall sein sollte. Dies gelte auch in Anbetracht des Schreibens der Beschwerdeführerin vom 27. Juni 2023.
g) Einwände nach Artikel 56 EPÜ gegen die Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags
i) Beschwerdeführerin
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 beruhe angesichts einer Kombination der Druckschrift E17 mit dem allgemeinen Fachwissen bzw. mit der Druckschrift E21 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Lediglich das Merkmal 1-E (bzw. 12-E) sei nicht in der Druckschrift E17 offenbart. Die objektive technische Aufgabe sei in der Erhöhung der Fälschungssicherheit zu sehen. Eine zufällige Variation des charakteristischen Parameters über die Fläche des Gitterfelds würde der Fachmann schon bereits deshalb in Erwägung ziehen, da es sich bei dem Gitterbild aus der Druckschrift E17 um ein Gitterbild für ein Sicherheitsdokument handle (siehe Zusammenfassung) und es für den Fachmann selbstverständlich sei, dass jedwede zufällige Variation die Fälschungssicherheit des Dokuments verbessern könne. Für den Fachmann auf dem Gebiet der Sicherheitsdokumente sei es alltägliche Praxis, die Sicherheit dieser Dokumente routinemäßig zu verbessern. Nur zufällige Strukturen seien wirklich fälschungssicher. Das Prinzip Zufall werde überall eingesetzt, um die Sicherheit zu erhöhen. Zum Beispiel würden wir aufgefordert, uns beim Anmelden in Internet-Portalen möglichst lange und nicht leicht nachvollziehbare Passwörter zu überlegen, die möglichst unterschiedliche Zeichen aufwiesen und keinen Sinn erkennen ließen, also möglichst zufällige Passwörter. Fingerabdrucksensoren oder Augen-Scans würden eingesetzt, weil der Fingerabdruck bzw. die Iris des Auges unregelmäßige Strukturen aufweise und als Erkennungsmerkmal einer bestimmten Person geeignet sei. Auch hier komme das Prinzip Zufall zur Geltung, um die Fälschungssicherheit zu erhöhen. Die Druckschrift E21 lehre ferner das grundsätzliche Prinzip, dass eine Anbringung der Strukturschichten mit zufälliger Variation der Profilierung Effekte erzeuge, die nicht leicht nachzuarbeiten und damit nicht einfach zu fälschen seien und dadurch die Sicherheit erhöhten (siehe Seite 2, Zeilen 17 bis 21 der Druckschrift E21). Der Fachmann würde dieses Prinzip auch auf andere Technologien anwenden, um die Sicherheit von Sicherheitselementen zu erhöhen, also insbesondere auf das Gitterbild der Druckschrift E17. Der Fachmann studiere nicht Dokumente, um Merkmale der Dokumente zu kombinieren, sondern die darin dargelegten Ideen. Auch wenn dem Fachmann klar sein sollte, dass das holographische Überlagerungsprinzip nicht eins zu eins auf die Vorgehensweise anzuwenden sei, welche die Druckschrift E17 lehre, so gebe ihm die Druckschrift E21 die entscheidenden Hinweise, zufällige Strukturen in die Gitterbilder der Druckschrift E17 einzubauen, um damit die Fälschungssicherheit zu erhöhen. Die Druckschrift E21 lehre allgemein die Verwendung zufälliger Strukturen zur Erhöhung der Fälschungssicherheit.
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 beruhe angesichts einer Kombination der Druckschriften E4 und E21 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Druckschrift E21 offenbare die Merkmale 1-C3 und 1-E. Gemäß den Figuren 2, 3 und 4 der Druckschrift E21 werde das Hologramm dadurch erzeugt, dass drei transparente Schichten 10, 12, 14 mit zufälligen Deformationen 16 zu einem Stack übereinandergelegt würden, so dass Zwischenräume zwischen benachbarten Schichten 10, 12, 14 entstünden, wie in Figur 3 näher dargestellt. Wie in Figur 2, 3 und 4 ersichtlich, variiere somit der Parameter "Orientierung" über der Fläche des Gitterfelds auf zufällige Weise. Der Begriff der "sprunghaften Variation" könne den Gegenstand des Anspruchs 1 darüber hinaus nicht weiter eingrenzen.
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 beruhe gegenüber den Druckschriften D1 mit D5, D5 mit D8 oder E17 sowie D1 bis D6 mit dem Fachwissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wie aus dem Vortrag der Einsprechenden 2 in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung hervorgehe.
ii) Beschwerdegegnerin
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 beruhe angesichts einer Kombination der Druckschrift E17 mit dem allgemeinen Fachwissen bzw. mit der Druckschrift E21 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Neben dem Merkmal 1-E (bzw. 12-E) gebe es noch weitere Unterscheidungsmerkmale. Die objektive technische Aufgabe sei in der Erhöhung der Fälschungssicherheit zu sehen. Eine zufällige Variation der Orientierungen der Gittermuster 7, 7' der Druckschrift E17 würde eine Nachahmung nicht erschweren, sondern sogar erleichtern, da dann keine bestimmte, "korrekte" Orientierung für die Gitterbilder existieren würde, anhand der ein echtes Gitterbild von einem gefälschten Gitterbild unterschieden werden könnte. Zudem sei dort eine zufällige Orientierung der Gittermuster ohnehin nicht erwünscht, da die Orientierung der Strichgitterlinien die Winkelbereiche festlege, in denen die Gitterfelder 6, 62, 64, 65 sichtbar seien. Es sei für die Erkennbarkeit des dargestellten Motivs entscheidend, welche Gitterfelder aus einer jeweiligen Richtung sichtbar seien. Der von der Beschwerdeführerin eingeführte Begriff "Prinzip Zufall" sei nur eine Worthülse und keine erfinderische Lehre. Es stimme auch nicht, dass nur zufällige Strukturen fälschungssicher seien. Ausgehend von der Druckschrift E17 gebe es auch keine Veranlassung, die Druckschrift E21 zur Erhöhung der Fälschungssicherheit heranzuziehen. Die in der Druckschrift E21 offenbarte holographische Überlagerungstechnik sei nicht kompatibel mit der in der Druckschrift E17 beschriebenen Vorgehensweise, bei der jede einzelne Gitterlinie mit Anfangs- und Endpunkt vorgegeben und mit einem Elektronstrahl einem Substrat eingeschrieben werde. Es sei auch nicht ersichtlich, wie das holographische Überlagerungsprinzip hierauf übertragen werden solle. Ferner sei eine zufällige Orientierung der Gittermuster bei den Gitterbildern der Druckschrift E17 grundsätzlich nicht erwünscht. Zudem würde eine zufällige Variation der Orientierungen eine Nachahmung nicht erschweren, sondern im Gegenteil erleichtern.
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 beruhe angesichts einer Kombination der Druckschriften E4 und E21 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Druckschrift E21 betreffe eine holographische Überlagerungstechnik, die mit den durch anisotropes Ätzen erzeugten Reliefstrukturen der Druckschrift E4 nicht kompatibel sei. Es sei angesichts des Vortrags der Beschwerdeführerin weder klar, welche Lehre die Fachperson der Druckschrift E21 entnehmen und auf die Druckschrift E4 übertragen solle, noch wie dies gelingen solle oder warum die Fachperson überhaupt veranlasst wäre, eine solche Übertragung vorzunehmen.
Der Vortrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich der vermeintlich mangelnden erfinderischen Tätigkeit bezüglich des Gegenstands der Ansprüche 1 und 12 gegenüber den Druckschriften D1 mit D5, D5 mit D8 oder E17 sowie D1 bis D6 mit dem Fachwissen sei nicht substantiiert.
1. Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ gegen den Anspruch 12 des Hauptantrags
1.1 Es ist zwischen den Beteiligten strittig, ob in Punkt 4.1 der Beschwerdebegründung ein substantiierter Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ gegen den Anspruch 12 des Hauptantrags erhoben worden ist. Die Beschwerdegegnerin war in Punkt 4.3 der Beschwerdeerwiderung der Ansicht, dass die Beschwerdebegründung keinen substantiierten Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ gegen den Anspruch 12 des Hauptantrags enthalte. Dieser Ansicht hatte sich die Kammer in der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK vorläufig angeschlossen. Auch die Beschwerdeführerin erklärte auf Seite 3 ihres Schreibens vom 27. Juni 2023, dass in Punkt 4.1 der Beschwerdebegründung keine substantiierten Einwände nach Artikel 123 (2) EPÜ vorgebracht werden sollten.
Ungeachtet des von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Grundsatzes des "venire contra factum proprium" ist auch angesichts der Ausführungen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht erkennbar, dass in der Beschwerdebegründung auf substantiierte Weise ein Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ gegen den Anspruch 12 des Hauptantrags erhoben worden wäre. Eine solche Substantiierung ist nicht bereits allein durch die Nennung des Artikels 123 (2) EPÜ im Zusammenhang mit dem Anspruch 12 des Hauptantrags impliziert. Insbesondere setzt sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang nicht mit dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung auseinander, auf den sich Artikel 123 (2) EPÜ ausdrücklich bezieht. Die Beschwerdeführerin hebt auf Seite 7, zweiter Absatz der Beschwerdebegründung vielmehr auf die Beschreibung des Streitpatents ab, und zwar im Zusammenhang mit der Argumentation, dass das Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements einen wesentlich breiteren Schutzbereich beanspruche als das Verfahren zur Herstellung eines Gitterbilds, und somit zur Stützung ihres Einwands nach Artikel 123 (3) EPÜ.
Die Beschwerdeführerin trägt weiter vor, dass der Gegenstand des Anspruchs 12 des Hauptantrags, wenn er nicht im Streitpatent offenbart sei (wie in der Beschwerdebegründung vorgetragen), zwangsläufig auch über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Diese Aussage stellt jedoch lediglich eine Tatsachenbehauptung dar, deren Richtigkeit nicht nachgewiesen wurde.
Der Vortrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Artikels 123 (2) EPÜ in der Beschwerdebegründung erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 12 (3) VOBK, wonach die Beschwerdebegründung und die Erwiderung das vollständige Beschwerdevorbringen eines Beteiligten enthalten müssen. Dementsprechend müssen sie deutlich und knapp angeben, aus welchen Gründen beantragt wird, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, abzuändern oder zu bestätigen; sie sollen ausdrücklich alle geltend gemachten Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel im Einzelnen anführen. Der diesbezügliche Vortrag der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung ist insbesondere deshalb mangelhaft, weil die Einspruchsabteilung bereits über den gleichen Einwand entschieden hat (siehe Punkt 2. der Entscheidungsgründe). Es wäre daher zu erwarten gewesen, dass die Beschwerdeführerin begründet, warum die Entscheidung in diesem Punkt falsch gewesen sein soll. Jedoch geht aus der Beschwerdebegründung nicht hervor, aus welchen Gründen der Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht erfüllen sollte. Dieser Einwand ist auch nicht selbsterklärend. Deshalb wurde der in der Beschwerdebegründung genannte Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ gegen den Anspruch 12 von der Kammer in Ausübung ihres Ermessens nicht in das Verfahren zugelassen (Artikel 12 (3) und (5) VOBK).
1.2 Zwischen den Beteiligten ist ferner strittig, ob der in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhobene Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ gemäß Artikel 13 (2) VOBK in das Beschwerdeverfahren zugelassen werden sollte.
Gemäß Artikel 13 (2) VOBK bleiben Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.
Außergewöhnliche Umstände im Sinne von Artikels 13 (2) VOBK betreffen meist neue oder unvorhergesehene Entwicklungen im Beschwerdeverfahren selbst, wie etwa von der Kammer oder einem anderen Beteiligten erhobene neue Einwände, während der gewöhnliche Verlauf verspätete Einreichungen in der Regel nicht zu rechtfertigen vermag (siehe "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts", Zehnte Auflage, Juli 2022 - im Folgenden "Rechtsprechung" genannt -, V.A.4.5.4a)).
Die Beschwerdeführerin sieht außergewöhnliche Umstände zum einen darin begründet, dass der Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ bereits im Einspruchsverfahren erhoben worden sei, die Einspruchsabteilung aber nicht überzeugt habe. Die Kammer ist jedoch nicht der Auffassung, dass es sich hierbei um außergewöhnliche Umstände handelt. Dass die Einspruchsabteilung den von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ nicht für überzeugend gehalten hat, geht für sich genommen nicht über den gewöhnlichen Verlauf eines Einspruchsverfahrens hinaus. Auch betrifft dies nicht neue oder unvorhergesehene Entwicklungen im Beschwerdeverfahren selbst.
Zum anderen trägt die Beschwerdeführerin vor, dieser Einwand sei eine direkte Reaktion auf die in Punkt 6.1 der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK dargelegte vorläufige Auffassung der Kammer, wonach die Behauptungen der Beschwerdeführerin in Punkt 4.1 der Beschwerdebegründung einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Artikels 12 (3) VOBK darstellten.
In Punkt 6.1 der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK erhob die Kammer keinen neuen Einwand, sondern schloss sich lediglich vorläufig der Ansicht der Beschwerdegegnerin in Punkt 4.3 der Beschwerdeerwiderung an. Die Beschwerdeführerin selbst bestätigte in ihrem Schreiben vom 27. Juni 2023 auf Seite 3, dass in Punkt 4.1 der Beschwerdebegründung keine substantiierten Einwände nach Artikel 123 (2) EPÜ vorgebracht werden sollten. Es handelte sich bei der vorläufigen Einschätzung der Kammer somit nicht um eine neue oder unvorhergesehene Entwicklung. Auch die vorläufige Einschätzung der Kammer, dass diesbezüglich die Erfordernisse des Artikels 12 (3) VOBK nicht erfüllt seien, stellt vor diesem Hintergrund keine neue oder unvorhergesehene Entwicklung dar.
1.3 Bei dieser Sachlage entschied die Kammer, den in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhobenen Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ gegen Anspruch 12 des Hauptantrags nicht in das Verfahren zuzulassen (Artikel 13 (2) VOBK).
2. Einwand nach Artikel 123 (3) EPÜ gegen den Anspruch 12 des Hauptantrags
2.1 Die Beschwerdeführerin führt in Punkt 4.1.3 der Beschwerdebegründung aus, der geltende Hauptantrag vom 29. November 2018 sei auf ein Sicherheitselement mit einem Gitterbild sowie ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Sicherheitselements mit Gitterbild gerichtet, während das erteilte Patent und der frühere Hauptantrag vom 10. Mai 2017 noch auf ein Gitterbild sowie ein Verfahren zur Herstellung eines Gitterbilds gerichtet gewesen seien. Ein Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements mit Gitterbild sei aber etwas anderes (Aliud) als ein Verfahren zur Herstellung eines Gitterbilds. Ein solcher Wechsel des Gegenstands (Aliud) mit einer Verbreiterung des Schutzbereichs sei gemäß Artikel 123 (3) EPÜ unzulässig.
2.2 In Punkt 2.2 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung ging die Einspruchsabteilung davon aus, dass die Überprüfung der Zulässigkeit der Änderungen im Anspruch 12 im ersten Beschwerdeverfahren implizit erfolgt sei und folglich die Frage der unzulässigen Erweiterung des Anspruchs 12 des Hauptantrags nicht mehr von ihr erörtert werden müsse. Dieser Auffassung hat sich die Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren angeschlossen.
Die Kammer teilt diese Auffassung nicht. In der Entscheidung T 665/17, Punkt 2.2 der Entscheidungsgründe, führt die Kammer aus, dass sie in der Einführung des Absatzes [0016a] in die Beschreibung keine Erweiterung des Schutzbereichs der Ansprüche gemäß dem Hauptantrag erkennen könne.
Die Kammer hat in der Entscheidung T 665/17 eine mögliche Erweiterung des Schutzbereichs somit nur im Hinblick auf die Einführung des Absatzes [0016a] in die Beschreibung geprüft, nicht jedoch im Hinblick auf den oben genannten Einwand der Beschwerdeführerin in Bezug auf Anspruch 12 des Hauptantrags. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Kammer in der Entscheidung T 665/17 implizit eine mögliche Verletzung des Artikels 123 (3) EPÜ im Hinblick auf den von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwand geprüft hat, denn diese vermeintliche Verletzung wurde im damaligen Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen und war daher nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Die Entscheidung T 665/17 entfaltet daher keine Rechtsbindungswirkung, die es der Einspruchsabteilung (oder der Kammer im vorliegenden Beschwerdeverfahren) verwehren würde, den oben genannten Einwand der Beschwerdeführerin nach Artikel 123 (3) EPÜ zu prüfen.
2.3 In Punkt 2.3 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung prüft die Einspruchsabteilung "der Vollständigkeit halber" diesen Einwand und kommt zu dem Ergebnis, dass der Anspruch 12 des Hauptantrags gegenüber dem erteilten Verfahrensanspruch 12 enger gefasst sei, wodurch die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ erfüllt seien.
Dieser Ansicht schließt sich die Kammer an. Die Beschwerdeführerin hat nicht überzeugend aufgezeigt, dass der Schutzbereich des Anspruchs 12 des Hauptantrags gegenüber demjenigen des erteilten Anspruchs 12 erweitert wäre. Die Beschwerdeführerin führt hierzu zwar aus, dass ein Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements auch ein Aufbringen eines bereits fertig vorliegenden Gitterbilds umfassen könne, während das Verfahren zur Herstellung des Gitterbilds Schritte zur Herstellung des Gitterbilds umfasse. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Anspruch 12 des Hauptantrags mit den Merkmalen 12-B1 bis 12-E weitere zwingende Merkmale umfasst, so dass ein isolierter Schritt des Aufbringens eines bereits fertig vorliegenden Gitterbilds für sich genommen nicht von Anspruch 12 des Hauptantrags umfasst ist. Umgekehrt schließt der erteilte Anspruch 12 nicht aus, dass das nach dem dort beanspruchten Verfahren hergestellte Gitterbild auf ein Sicherheitselement aufgebracht wird. Auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach beim Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements vollkommen andere Herstellungsschritte vorkämen als bei einem Verfahren zur Herstellung eines Gitterbilds, überzeugen die Kammer nicht. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt, welche zwingenden technischen Merkmale der erteilte Anspruch 12 verlangen würde, die der Anspruch 12 des Hauptantrags nicht verlangt. Auch hat die Beschwerdeführerin keine Ausgestaltung eines Verfahrens dargelegt, die vom Anspruch 12 des Hauptantrags umfasst ist, aber nicht vom erteilten Anspruch 12.
2.4 Der Anspruch 12 des Hauptantrags erfüllt somit die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ.
3. Vermeintlich mangelnde Konvergenz
Die Beschwerdeführerin führt aus, dass das Konvergenzkriterium als Verfahrensgrundsatz im Einspruchsverfahren angewendet werde. Es schreibe vor, dass die Anträge zu einem Gegenstand konvergieren müssten, der letztlich durch weitere Einschränkungen, aber nicht Verbreiterungen des Schutzbereichs definiert werden könne. Ein Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements mit Gitterbild sei aber etwas anderes (Aliud) als ein Verfahren zur Herstellung eines Gitterbilds.
Die Einspruchsabteilung hielt die Beanstandung einer fehlenden Konvergenz des Hauptantrags für nicht nachvollziehbar (siehe Punkt 2.3 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung). Das Kriterium der Konvergenz werde zwar unter anderem im Rahmen des Einspruchsverfahrens bei der Bewertung der Zulässigkeit einer hohen Anzahl verspätet eingereichter Hilfsanträge verwendet. Im vorliegenden Fall handle es sich aber um den, während des (ersten) Beschwerdeverfahrens eingereichten Hauptantrag, welcher bereits von der Beschwerdekammer zugelassen worden sei.
Auch die Kammer kann sich der Ansicht der Beschwerdeführerin in mehrerer Hinsicht nicht anschließen. Zunächst ist der Anspruch 12 des Hauptantrags, wie oben dargelegt, gegenüber dem erteilten Anspruch 12 lediglich enger gefasst und stellt daher kein "Aliud" dar. Darüber hinaus wurde das von der Beschwerdeführerin angeführte Konvergenzkriterium in einigen Entscheidungen zwar als ein Kriterium im Rahmen einer Ermessensausübung hinsichtlich der Zulassung verspäteter Anträge berücksichtigt (siehe beispielsweise "Rechtsprechung", IV.B.2.4.4). Aufgrund der Bindungswirkung der Entscheidung T 665/17 hatte aber weder die Einspruchsabteilung im Rahmen der angefochtenen Entscheidung noch hat die Kammer im vorliegenden Beschwerdeverfahren ein Ermessen, die von der Kammer in der Entscheidung T 665/17 berücksichtigten und dieser Entscheidung zugrunde gelegten geänderten Ansprüche gemäß Hauptantrag nicht in das Verfahren zuzulassen. Auch aus diesem Grund geht der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das Konvergenzkriterium ins Leere.
4. Einwand nach Artikel 83 EPÜ 1973 gegen den Hauptantrag
Die Beschwerdeführerin macht einen vermeintlichen Offenbarungsmangel geltend. In Punkt 3. der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung hatte die Einspruchsabteilung hingegen mit Hinweis auf Artikel 111 (2) EPÜ und die Rechtsbindungswirkung der Entscheidung T 665/17 ausgeführt, die von der Beschwerdekammer erlassene Entscheidung zu Artikel 100 b) EPÜ 1973 könne und dürfe nicht in Frage gestellt werden. Dieser Ansicht hat sich die Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren angeschlossen.
Die Kammer teilt diese Auffassung der Einspruchsabteilung. Gemäß Artikel 111 (2) EPÜ 1973 sind die entschiedenen Fragen, soweit die Bindung an die rechtliche Beurteilung der Kammer in der Entscheidung T 665/17 reicht, abschließend und endgültig geklärt und binden somit nicht nur die Einspruchsabteilung, sondern auch die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall, da diese nach Artikel 111 (1) EPÜ 1973 nur im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig ist, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat (siehe z.B. T 690/91, Punkte 4. and 7. der Entscheidungsgründe). Daraus folgt nach ständiger Rechtsprechung, dass die Tatsachenfeststellungen, auf denen der verbindliche Teil der Entscheidung einer Beschwerdekammer beruht, nicht überprüft werden können (res judicata).
In der Entscheidung T 665/17, Punkt 1.4 der Entscheidungsgründe, hat die Kammer festgestellt, dass die im Streitpatent beanspruchte Erfindung die Anforderungen des Artikels 100 b) EPÜ 1973 erfülle. Gemäß Punkt 3. der Entscheidungsgründe gelten die im Kontext des Anspruchs 1 (Hauptantrag) vorgetragenen Argumente aus denselben Gründen auch für den dazu parallelen Verfahrensanspruch 12.
Bei dem Hauptantrag handelt es sich um eine gegenüber dem erteilten Patent geänderte Fassung, so dass Artikel 83 EPÜ 1973 und nicht Artikel 100 b) EPÜ 1973 die in diesem Zusammenhang einschlägige Rechtsnorm ist. Beide Normen beziehen sich jedoch auf die gleichen Erfordernisse. Die Rechtsbindung der Entscheidung T 665/17 erstreckt sich somit auch darauf, dass die in den Ansprüchen 1 und 12 definierte Erfindung die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ 1973 erfüllt.
Anders als von der Beschwerdeführerin vorgetragen, hat sich der hierbei relevante Tatbestand nicht geändert. Insbesondere sind die vorliegenden Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags identisch zu denjenigen Ansprüchen 1 und 12, auf denen die Entscheidung T 665/17 beruht. Dass die Beschwerdeführerin nach Erlass der Entscheidung T 665/17 und der Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung den beanspruchten Gegenstand in anderer Hinsicht für nicht ausführbar hält, ändert den Tatbestand, auf dem die Entscheidung T 665/17 hinsichtlich der Ausführbarkeit beruht, nicht.
Der Einwand der mangelnden Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ 1973) ist somit im Hinblick auf die Entscheidung T 665/17 unzulässig.
5. Einwand nach Artikel 52 (2) b) und d) EPÜ gegen den Anspruch 1 des Hauptantrags
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin stellt das Sicherheitselement gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags eine ästhetische Formschöpfung dar und bezieht sich auf die Wiedergabe von Informationen, so dass die Erfordernisse des Artikels 52 (2) b) und d) EPÜ nicht erfüllt seien.
Die Beschwerdeführerin hat jedoch nicht überzeugend dargelegt, dass keines der Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags einen technischen Beitrag zur Lösung einer technischen Aufgabe leisten würden. Wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, definiert Anspruch 1 des Hilfsantrags vielmehr technische Merkmale, die in ihrer Kombination eine technische Aufgabe lösen, nämlich die Erhöhung der Fälschungssicherheit (siehe auch Absatz [0011] des Streitpatents). Somit erschöpft sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht in einer ästhetischen Formschöpfung oder einer Wiedergabe von Informationen als solche, sondern definiert technische Merkmale (beispielsweise im Hinblick auf das Gitterbild), die in ihrer Kombination eine technische Aufgabe lösen. Dass bei einigen unter den Anspruch fallenden Ausgestaltungen eines erfindungsgemäßen Sicherheitselements möglicherweise zusätzlich eine ästhetische Formschöpfung vorliegt oder Informationen wiedergegeben werden, steht dieser Auffassung nicht entgegen.
Das Sicherheitselement nach Anspruch 1 des Hauptantrags ist daher nicht nach Artikel 52 (2) b) oder d) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen.
6. Einwände nach Artikel 54 EPÜ 1973 gegen die Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags
6.1 Vermeintlich allgemein bekannte Wertdokumente mit einem Bild eines Gitters
Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht neu gegenüber einem allgemein bekannten Wertdokument mit einem Bild eines Gitters sei, wie es beispielsweise in den Abbildungen A1 und A2 dargestellt sei.
Der diesbezügliche Vortrag stützt sich auf die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass die Abbildungen A1 und A2 Gitterbilder zeigten und dass diese Gitterbilder keine technische Funktion hätten.
Allerdings erschöpft sich Anspruch 1 des Hauptantrags nicht in der Definition eines Sicherheitselements mit einem irgendwie gearteten Gitterbild. Vielmehr definieren die Merkmale 1-B1 bis 1-E weitere zwingende strukturelle und funktionelle Merkmale. Die Beschwerdeführerin hat nicht überzeugend dargelegt, dass diese Merkmale keinen technischen Beitrag zur Lösung einer technischen Aufgabe leisten würden. Für die Prüfung, ob ein Anspruchsmerkmal einen technischen Beitrag leistet, kommt es auch nicht darauf an, ob das gleiche oder ein ähnliches Merkmal im Stand der Technik (auch oder ausschließlich) zu ästhetischen oder anderen nichttechnischen Zwecken verwendet wurde. Bereits aus diesem Grund geht der Verweis der Beschwerdeführerin auf die Abbildungen A1 und A2 in diesem Zusammenhang ins Leere. Vielmehr sind auch Merkmale zu berücksichtigen, die isoliert betrachtet nichttechnisch sind, aber im Kontext der Erfindung einen Beitrag zur Erzeugung einer technischen Wirkung leisten, die einem technischen Zweck dient und damit zum technischen Charakter der Erfindung beiträgt (siehe auch "Rechtsprechung", I.D.9.1). In dieser Hinsicht schließt sich die Kammer der Ansicht der Beschwerdegegnerin an, dass das in Anspruch 1 definierte Gitterbild technische Merkmale aufweist, die im Kontext des beanspruchten Sicherheitselements einen technischen Gegenstand zur Erzeugung optischer Effekte zur Erhöhung der Fälschungssicherheit definieren. Dass ein Gitterbild, wie es in Anspruch 1 definiert ist, möglicherweise zusätzlich eine gewisse ästhetische Wirkung entfalten kann, schließt dabei nicht aus, dass auch dieses Merkmal zum technischen Charakter der Erfindung beiträgt.
Die auf das Gitterbild bezogenen Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags sind daher bei der Neuheitsprüfung zu berücksichtigen. Bereits aus diesem Grund ist der Vortrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich der vermeintlich mangelnden Neuheit gegenüber den von ihr als allgemein bekannt dargelegten Wertdokumenten mit einem Bild eines Gitters nicht überzeugend. Die von der Beschwerdeführerin als allgemein bekannt dargelegten Wertdokumente mit einem Bild eines Gitters nehmen den Gegenstand des Anspruchs 1 damit nicht neuheitsschädlich vorweg (Artikel 54 EPÜ 1973).
6.2 Abbildungen A1 und A2
Die Beschwerdeführerin hat erstmals in ihrem Schreiben vom 27. Juni 2023 einen Einwand der mangelnden Neuheit gegenüber den Abbildungen A1 und A2 erhoben. Insbesondere hat sie auf den Seiten 8 und 9 des Schreibens erstmals dargelegt, wo sie die einzelnen Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags in diesen Abbildungen offenbart sieht. Die Beschwerdegegnerin beantragt, diesen Einwand nach Artikel 13 (2) VOBK nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
Auch die Kammer sieht keine stichhaltigen Gründe dafür, dass diesbezüglich außergewöhnliche Umstände im Sinne des Artikels 13 (2) VOBK vorliegen. Die Beschwerdeführerin verweist zwar darauf, dass die Kammer in der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK die auf das Gitterbild bezogenen Merkmale des Anspruchs 1 vorläufig als technisch angesehen habe. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine neue oder unvorhergesehene Entwicklung im Beschwerdeverfahren. Vielmehr war bereits die Einspruchsabteilung in Punkt 4.3.3 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung zu der Schlussfolgerung gelangt, dass das "Gitterbild" zusammen mit den übrigen Merkmalen der Ansprüche 1 und 12 technischen Charakter habe. Die Beschwerdegegnerin hatte ferner bereits beispielsweise in Punkt 6.1.3 der Beschwerdeerwiderung vorgetragen, dass die auf das Gitterbild bezogenen Merkmale des Anspruchs 1 technische Merkmale seien, die im Zusammenhang mit Sicherheitselementen einen technischen Gegenstand zur Erzeugung optischer Effekte zur Erhöhung der Fälschungssicherheit definierten.
Die Kammer entschied daher, den Vortrag der Beschwerdeführerin bezüglich der mangelnden Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags gegenüber den Abbildungen der Banknoten A1 und A2 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen (Artikel 13 (2) VOBK).
6.3 Druckschrift E4
In Punkt 4.3.7 der Beschwerdebegründung trägt die Beschwerdeführerin vor, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber der Druckschrift E4. Die Beschwerdegegnerin betrachtet diesen Einwand als nicht hinreichend substantiiert, da die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung nicht auf die Merkmale 1-D1 und 1-D2 eingehe.
Die Kammer schließt sich dieser Auffassung der Beschwerdegegnerin nicht an. Die angefochtene Entscheidung beruht hinsichtlich des Einwands der mangelnden Neuheit gegenüber der Druckschrift E4 darauf, dass nach Ansicht der Einspruchsabteilung die Merkmale 1-C3 und 1-E nicht in der Druckschrift E4 offenbart seien (siehe Punkt 4.5 der Entscheidungsgründe). In Punkt 4.3.7.2 der Beschwerdebegründung gibt die Beschwerdeführerin an, wo diese Merkmale ihrer Ansicht nach in der Druckschrift E4 offenbart seien. Der Vortrag der Beschwerdeführerin zu diesem Einwand ist daher hinreichend substantiiert (Artikel 12 (3) VOBK).
Inhaltlich schließt sich die Kammer der Auffassung der Beschwerdeführerin, der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags sei gegenüber der Druckschrift E4 nicht neu, jedoch nicht an. Diese Ansprüche verlangen nicht lediglich, dass eine lichtbeugende Struktur in irgendeiner Hinsicht eine zufällige und sprunghafte Variation eines der charakteristischen Parameter Orientierung und Krümmung aufweist. Vielmehr erfordert beispielsweise das Merkmal 1-C3, dass für die Strichgitterlinien einer der charakteristischen Parameter Orientierung und Krümmung über der Fläche des Gitterfelds variiert, wobei gemäß dem Merkmal 1-E der oder die variierenden charakteristischen Parameter über die Fläche des genannten Gitterfelds eine zufällige und sprunghafte Variation aufweisen.
Bei der Figur 3 der Druckschrift E4 handelt es sich um eine Querschnittsansicht einer lichtbeugenden Struktur (vgl. auch Figur 2A der Druckschrift E4). Die Strichgitterlinien sind somit beispielsweise durch die in der Figur 3 gezeigten "Berge" gebildet, wie auch die Beschwerdegegnerin ausführt. Der Figur 3 ist jedoch nicht zu entnehmen, wie die derart gebildeten Strichgitterlinien über der Fläche des Gitterfelds - also senkrecht zu der in der Figur 3 gezeigten Bildebene - verlaufen. Die Figur 3 lässt insbesondere nicht erkennen, ob die Orientierung oder Krümmung der Strichgitterlinien über der Fläche des Gitterfelds variiert (siehe Merkmal 1-C3), oder gar zufällig und sprunghaft variiert (siehe Merkmal 1-E). Dies ist auch den von der Beschwerdeführerin zitierten Stellen in Spalte 3, Zeilen 25 und 26 sowie 60 bis 64 der Druckschrift E4 nicht zu entnehmen.
Hinsichtlich des Merkmals 1-D2 verweist die Beschwerdeführerin auf Spalte 5, letzter Absatz der Druckschrift E4. Die dort genannten "areas of specular reflexion" seien aus ihrer Sicht Mattstrukturen.
Allerdings versteht der Fachmann auf dem Gebiet der Sicherheitselemente, wie auch von der Beschwerdegegnerin ausgeführt, eine durch ein Gitterfeld gebildete Mattstruktur (siehe Merkmale 1-D1 und 1-D2) als eine matt erscheinende Struktur. Der Begriff "Mattstruktur" ist nach dem fachmännischen Verständnis im Zusammenhang des Anspruchs 1 damit nicht allein dadurch definiert, dass sie bei Betrachtung keine diffraktiven Effekte zeigt. Die von der Beschwerdeführerin angeführten, in Spalte 5, letzter Absatz der Druckschrift E4 offenbarten "areas of specular reflexion" reflektieren spiegelnd und stellen somit nach dem fachmännischen Verständnis keine Mattstrukturen dar.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist daher neu gegenüber der Druckschrift E4 (Artikel 54 EPÜ 1973). Dies gilt aus sinngemäß den gleichen Gründen für den Anspruch 12 des Hauptantrags.
6.4 Druckschrift E5
Zwischen den Beteiligten ist unter anderem strittig, ob das Merkmal 1-E (bzw. 12-E) in der Druckschrift E5 offenbart ist.
Die Beschwerdeführerin führt unter Verweis auf Spalte 7, Zeilen 52ff. der Druckschrift E5 zunächst aus, dass zumindest der charakteristische Parameter "Beabstandung" über die Fläche des Gitterfelds eine zufällige Variation aufweise.
Wie jedoch auch von der Beschwerdegegnerin ausgeführt, beziehen sich die Merkmale 1-C3 und 1-E sowie 12-C3 und 12-E auf die Parameter Orientierung bzw. Krümmung. Selbst wenn der Druckschrift E4 zu entnehmen sein sollte, dass der charakteristische Parameter "Beabstandung" über die Fläche des Gitterfelds eine zufällige Variation aufweist, wäre damit nicht das Merkmal 1-E (bzw. 12-E) offenbart.
Die Beschwerdeführerin verweist ferner auf die Figur 8 der Druckschrift E5. Allerdings ist dieser Figur nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass die Krümmung oder die Orientierung für die Strichgitterlinien über die Fläche des genannten Gitterfelds eine zufällige Variation aufweist. Die in der Figur 8 gezeigten Strichgitterlinien sind nicht gekrümmt, sondern verlaufen abschnittsweise gerade. Zwar variiert die Orientierung der Strichgitterlinien über der in der Figur 8 dargestellten Fläche. Die Beschwerdeführerin hat jedoch nicht überzeugend dargelegt, dass diese Variation zufällig wäre (und nicht beispielsweise regelmäßig, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen). Dies folgt auch nicht aus den Figuren 9 und 10 oder Spalte 6, erster Absatz der Druckschrift E5. Die von der Beschwerdeführerin angeführte Stelle in Spalte 7, Zeilen 52ff. der Druckschrift E5 bezieht sich ferner auf einen zufälligen Abstand der Rillen, nicht aber auf ihre Krümmung oder Orientierung.
Die Druckschrift E5 offenbart somit nicht die Merkmale 1-E und 12-E. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags sind daher neu gegenüber der Druckschrift E5 (Artikel 54 EPÜ 1973).
6.5 Druckschriften D2, D3, D4, D5 und D6
In Punkt 4.3.9 der Beschwerdebegründung verweist die Beschwerdeführerin auf den Vortrag der Einsprechenden 2 in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, welcher die mangelnde Neuheit der Ansprüche 1 und 12 gegenüber den Druckschriften D2 bis D6 aufzeige, und schließt sich dieser Auffassung an. Die Beschwerdegegnerin hält diesen Vortrag der Beschwerdeführerin hingegen für nicht substantiiert.
Die bereits oben in Punkt 1.1 dargelegten Erfordernisse des Artikels 12 (3) VOBK sind hinsichtlich der Einwände der mangelnden Neuheit der Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 angesichts der Druckschriften D2 bis D6 nicht erfüllt. Insbesondere lässt der Vortrag der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung nicht erkennen, aus welchen Gründen die in den Punkten 4.7 bis 4.13 der Entscheidungsgründe dargelegten Schlussfolgerungen der Einspruchsabteilung hinsichtlich dieser Einwände fehlerhaft sein sollten.
Dieser Mangel, auf den die Kammer bereits in Punkt 8.4 der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK hingewiesen hatte, wurde auch durch das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 27. Juni 2023 nicht ausgeräumt. Insbesondere setzt sich die Beschwerdeführerin auch in diesem Schreiben nicht mit den diesbezüglichen Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung auseinander.
Nach Artikel 12 (5) VOBK steht es im Ermessen der Kammer, Vorbringen eines Beteiligten nicht zuzulassen, soweit es die Erfordernisse nach Artikel 12 (3) VOBK nicht erfüllt. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin sind auch nicht selbsterklärend, da sie nicht erkennen lassen, dass die erhobenen Einwände gegen die Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags zum Erfolg führen würden. Insbesondere sind die Bedenken der Einspruchsabteilung hinsichtlich dessen, welche Merkmale dieser Ansprüche jeweils in den Druckschriften D2, D3, D4, D5 und D6 nicht offenbart seien, offenbar nicht ausgeräumt worden.
Die Kammer übte daher das ihr nach Artikel 12 (5) VOBK eingeräumte Ermessen dahingehend aus, dass sie die Einwände der mangelnden Neuheit gegen die Ansprüche 1 und 12 angesichts der Druckschriften D2, D3, D4, D5 und D6 nicht in das Beschwerdeverfahren zuließ.
6.6 Zusammenfassung zu Artikel 54 EPÜ 1973
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags sind neu (Artikel 54 EPÜ 1973).
7. Hauptantrag: Einwände nach Artikel 56 EPÜ 1973
7.1 Kombination der Druckschrift E17 mit dem allgemeinen Fachwissen oder der Druckschrift E21
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin beruht der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 angesichts einer Kombination der Druckschrift E17 mit dem allgemeinen Fachwissen bzw. mit der Druckschrift E21 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Lediglich das Merkmal 1-E (bzw. 12-E) sei nicht in der Druckschrift E17 offenbart. Die objektive technische Aufgabe sei in der Erhöhung der Fälschungssicherheit zu sehen.
Selbst wenn man der Beschwerdeführerin darin folgt, dass das Merkmal 1-E (bzw. 12-E) das einzige Unterscheidungsmerkmal gegenüber der Druckschrift E17 darstellt und dass die objektive technische Aufgabe in der Erhöhung der Fälschungssicherheit zu sehen ist, hatte der Fachmann aus den folgenden Gründen ausgehend von der Druckschrift E17 keine Veranlassung, das Merkmal 1-E (bzw. 12-E) vorzusehen. Bereits aus diesem Grund hat der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags dem Fachmann nicht nahegelegen und beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Zum einen verweist die Beschwerdeführerin bezüglich des Merkmals 1-E auf das von ihr ausgemachte "Prinzip Zufall". Allerdings hat die Beschwerdeführerin nicht überzeugend aufgezeigt, dass es dem Fachmann auf dem hier relevanten Gebiet der Sicherheitselemente zur Erhöhung der Fälschungssicherheit allgemein bekannt wäre vorzusehen, dass die Krümmung oder die Orientierung für die Strichgitterlinien über die Fläche des Gitterfelds eine zufällige und sprunghafte Variation aufweist. Die von der Beschwerdeführerin angeführten Beispiele aus den Bereichen der Passwortvergabe, der Fingerabdrucksensoren oder der Augen-Scans scheinen sich nicht mit der Fälschungssicherheit von Objekten oder gar von Sicherheitselementen mit Gitterbildern zu befassen. Aber selbst wenn sich Beispiele aus dem Stand der Technik finden lassen sollten, bei denen die Fälschungssicherheit irgendeines Objekts durch Anwendung des "Prinzips Zufall" auf irgendeine Struktur erhöht wird, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass der Fachmann ausgehend von der Druckschrift E17 in naheliegender Weise eine zufällige und sprunghafte Variation der Krümmung oder Orientierung für die Strichgitterlinien über die Fläche des Gitterfelds vorgesehen hätte.
Zum anderen verweist die Beschwerdeführerin auf die Druckschrift E21. Die Kammer teilt jedoch die Ansicht der Beschwerdegegnerin, dass es ausgehend von der Druckschrift E17 keine Veranlassung gab, die Druckschrift E21 zur Erhöhung der Fälschungssicherheit heranzuziehen. Die in der Druckschrift E21 offenbarte holographische Überlagerungstechnik unterscheidet sich deutlich von der in der Druckschrift E17 beschriebenen Vorgehensweise, bei der jede einzelne Gitterlinie mit Anfangs- und Endpunkt vorgegeben und mit einem Elektronstrahl einem Substrat eingeschrieben wird. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht aufgezeigt, wie das holographische Überlagerungsprinzip hierauf übertragen werden soll.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin lehrt die Druckschrift E21 auch nicht allgemein die Verwendung zufälliger Strukturen zur Erhöhung der Fälschungssicherheit. Vielmehr ist in der von ihr zitierten Stelle auf Seite 2, Zeilen 17 bis 21 der Druckschrift E21 Folgendes angegeben:
"The resultant three-dimensional holographic image is very difficult to duplicate because the randomness of the deformations in the transparencies 10, 12, 14 gives particular variations in the Moire pattern of the hologram." (Unterstreichung durch die Kammer)
Diese Stelle bezieht sich somit ausdrücklich auf die zufällige Deformation der Folien 10, 12 und 14. Die Druckschrift E21 gibt somit weder einen Hinweis darauf, beliebige zufällige "Strukturen" in die Gitterbildern der Druckschrift E17 "einzubauen", noch darauf, die in der Druckschrift E17 bereits vorhandenen Strichgitterlinien zu modifizieren. Selbst wenn der Fachmann zur Lösung der oben genannten objektiven technischen Aufgabe ausgehend von der Druckschrift E17 die Druckschrift E21 zu Rate gezogen hätte, wäre er somit nicht in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand gelangt.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags beruht daher in Anbetracht einer Kombination der Druckschrift E17 mit dem allgemeinen Fachwissen oder der Druckschrift E21 auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973). Dasselbe gilt aus ähnlichen Gründen für den Anspruch 12 des Hauptantrags.
7.2 Kombination der Druckschriften E4 und E21
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 beruhe angesichts einer Kombination der Druckschriften E4 und E21 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Wie oben in Punkt 6.3 dargelegt, offenbart die Druckschrift E4 nicht die Merkmale 1-C3, 1-D2 und 1-E des Anspruchs 1 des Hauptantrags. Die objektive technische Aufgabe ist unstrittig darin zu sehen, die Fälschungssicherheit der Gitterbilder zu erhöhen (siehe auch Absatz [0011] des Streitpatents).
Die Druckschrift E21 befasst sich mit der Fälschungssicherheit von Sicherheitselementen. Allerdings wird in der Druckschrift E21 hierfür eine holographische Überlagerungstechnik mit mehreren übereinander geschichteten Folien verwendet (siehe beispielsweise die von der Beschwerdeführerin angeführte Figur 3). Diese Technik unterscheidet sich deutlich von der Herstellung des Gittermusters mittels eines Ätzvorgangs, wie er in der Druckschrift E4 verwendet wird (siehe beispielsweise Spalte 6, Zeilen 37 bis 51 der Druckschrift E4). Auch die hierdurch jeweils hergestellten Strukturen unterscheiden sich deutlich (siehe beispielsweise die Figur 3 der Druckschrift E21 im Vergleich zu der Figur 3 der Druckschrift E4). Die Beschwerdeführerin hat nicht überzeugend aufgezeigt, aufgrund welcher Überlegungen der Fachmann erwogen hätte, einzelne Elemente der Struktur der Druckschrift E21 in die Struktur der Druckschrift E4 zu übernehmen.
So werden in der Druckschrift E21 zunächst die Linienmuster auf die Folien 10, 12, 14 aufgedruckt und anschließend die Folien 10, 12, 14 zufällig deformiert, um Zwischenräume zwischen den Folien zu bilden (siehe beispielsweise Seite 2, Zeilen 4 bis 21 und die Figuren 1 bis 4). Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Variation der Orientierung der Linien wird durch diese in Figur 3 der Druckschrift E21 dargestellte zufällige Deformierung der Folien erzeugt. Derartige deformierbare Folien sind bei der Struktur der Druckschrift E4 (siehe dort beispielsweise die von der Beschwerdeführerin zitierte Figur 3) jedoch nicht vorhanden.
Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin auch nicht überzeugend dargelegt, dass die Druckschrift E21 einen Hinweis auf das Merkmal 1-D2 geben würde.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags beruht daher in Anbetracht einer Kombination der Druckschriften E4 und E21 auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973). Dies gilt aus sinngemäß den gleichen Gründen auch für Anspruch 12 des Hauptantrags.
7.3 Kombination der Druckschriften D1 und D5, D5 und D8 oder D9 und Kombination einer der Druckschriften D1 bis D6 mit dem allgemeinen Fachwissen
In Punkt 4.4.4 der Beschwerdebegründung verweist die Beschwerdeführerin auf den Vortrag der Einsprechenden 2 in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, in dem diese die mangelnde erfinderische Tätigkeit der Ansprüche 1 und 12 gegenüber den Druckschriften D1 mit D5, D5 mit D8 oder E17 sowie D1 bis D6 mit dem Fachwissen aufgezeigt habe. Die Beschwerdeführerin schließe sich der Auffassung der Einsprechenden 2 an.
Die Beschwerdegegnerin hält diesen Vortrag der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung für nicht substantiiert.
Die bereits oben in Punkt 6. dargelegten Erfordernisse des Artikels 12 (3) VOBK sind hinsichtlich dieser Einwände der mangelnden erfinderischen Tätigkeit nicht erfüllt. Insbesondere lässt der Vortrag der Beschwerdeführerin nicht erkennen, aus welchen Gründen die in den Punkten 5.6 bis 5.8 der Entscheidungsgründe diesbezüglich dargelegten Schlussfolgerungen der Einspruchsabteilung fehlerhaft sein sollten. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin sind auch nicht selbsterklärend, da sie nicht erkennen lassen, dass die erhobenen Einwände der mangelnden erfinderischen Tätigkeit gegen die Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags zum Erfolg führen würden.
Die Kammer hat daher das ihr nach Artikel 12 (5) VOBK eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeübt, dass sie die Einwände der mangelnden erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich der Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags angesichts der Kombination der Druckschriften D1 und D5, D5 und D8 bzw. E17 sowie der Kombination der Druckschriften D1 bis D6 jeweils mit dem allgemeinen Fachwissen nicht in das Beschwerdeverfahren zuließ.
7.4 Zusammenfassung zu Artikel 56 EPÜ 1973
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 des Hauptantrags beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).
8. Ergebnis
Da die Erfordernisse des EPÜ hinsichtlich des vorliegenden Hauptantrags der Beschwerdegegnerin erfüllt sind, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.