T 0508/88 20-07-1989
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Verfahren zum Hervorheben eines Objektbereichs in einem Rastermikroskop
Erfinderische Tätigkeit (nein)
inventive step (no)
I. Die europäische Patentanmeldung 83 109 343.0 (Veröffentlichungs-Nr. EP-A-0 104 593) wurde von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen.
II. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß dem Gegenstand der geltenden Ansprüche im Hinblick auf die Druckschrift JP-A-5 492 052 (D1) die aufgrund von Artikel 52 (1) und 56 EPÜ erforderliche erfinderische Tätigkeit fehle.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt.
IV. Es wurde mündlich verhandelt.
V. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent mit den im Schreiben vom 26. Juni 1989 genannten Unterlagen zu erteilen.
Die geltenden Ansprüche 1 und 2 lauten wie folgt:
"1. Verfahren zum Hervorheben eines Objektbereichs in einem Rastermikroskop, bei dem eine Korpuskularsonde über ein Objekt abgelenkt wird und bei dem das Objekt auf einem Bildwiedergabegerät dargestellt wird, dessen Bildschirm von einem synchron mit der Korpuskularsonde abgelenkten Schreibstrahl abgetastet wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Korpuskularsonde in diskreten Schritten über das Objekt abgelenkt wird, daß die Korpuskularsonde in einer ersten Richtung (x) mit einer variablen ersten Schrittweite ( x) auf dem Objekt abgelenkt wird, daß die Korpuskularsonde in einer zur ersten Richtung (x) orthogonalen zweiten Richtung (y) mit einer variablen zweiten Schrittweite ( y) auf dem Objekt abgelenkt wird, daß die erste und die zweite Schrittweite ( x, y) während der Abtastung des Objekts derart geändert werden, daß diese innerhalb des hervorzuhebenden Objektbereichs jeweils einen Minimalwert, außerhalb des hervorzuhebenden Objektbereichs jeweils einen Maximalwert annehmen, und daß der Schreibstahl mit einer jeweils gleichbleibenden Schrittweite in den der ersten und der zweiten Richtung (x, y) entsprechenden Richtungen auf dem Bildschirm des Bildwiedergabegerätes abgelenkt wird.
2. Verfahren zum Hervorheben eines Objektbereichs in einem Rastermikroskop, bei dem eine Korpuskularsonde über ein Objekt abgelenkt wird und bei dem das Objekt auf einem Bildwiedergabegerät dargestellt wird, dessen Bildschirm von einem synchron mit der Korpuskularsonde abgelenkten Schreibstrahl abgetastet wird, dadurch gekennzeichnet, daß der Schreibstrahl in diskreten Schritten über den Bildschirm abgelenkt wird, daß der Schreibstrahl in einer ersten Richtung (x) mit einer variablen ersten Schrittweite ( x) auf dem Bildschirm abgelenkt wird, daß der Schreibstrahl in einer zur ersten Richtung (x) orthogonalen zweiten Richtung (y) mit einer variablen zweiten Schrittweite ( y) auf dem Bildschirm abgelenkt wird, daß die erste und die zweite Schrittweite ( x, y) während der Abtastung des Bildschirms derart geändert werden, daß diese innerhalb des dem hervorzuhebenden Objektbereich entsprechenden Bildschirmteils jeweils einen Maximalwert, außerhalb des dem hervorzuhebenden Objektbereich entsprechenden Bildschirmteils jeweils einen Minimalwert annehmen und daß die Korpuskularsonde mit einer jeweils gleichbleibenden Schrittweite in den der ersten und der zweiten Richtung (x, y) entsprechenden Richtungen auf dem Objekt abgelenkt wird."
VI. Zur Stützung ihres Antrages trug die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgende Argumente vor:
a) Die Erfindung gehe von einem an sich bekannten Rastermikroskop aus, bei dem die Abtastung des abzubildenden Objektes nicht kontinuierlich erfolge, sondern durch einen digitalen Rastergenerator derart gesteuert werde, daß sich der Abtaststrahl schrittweise auf dem Objekt bewege, wobei seine Bewegungszeit zwischen zwei benachbarten Objektpunkten im Vergleich zu seiner Verbleibzeit auf diesen Punkten vernachlässigbar gering sei. Die der Anmeldung zugrundeliegende Aufgabe sei darin zu sehen, ein Verfahren zur Verwendung in einem derartigen Rastermikroskop anzugeben, durch welches ein bestimmter Objektbereich hervorgehoben werden könne.
b) Diese Aufgabe sei zwar an sich bereits in der Einrichtung gemäß Druckschrift D1, von der die Beschwerdeführerin eine deutsche Übersetzung (D'1) eingereicht hat, gelöst worden, jedoch mit anderen und, im Vergleich zu den beanspruchten, nachteiligen Mitteln. Insbesondere setze die darin verwendete spiralförmige, kontinuierliche Bewegung der Abtast- bzw. Schreibstrahlen einen erheblichen apparativen Aufwand voraus, insbesondere zur Bereitstellung der erforderlichen analogen Ablenkungspannungen. Im Gegensatz dazu könne gemäß den beanspruchten Verfahren die bekannte und einfachere, mit einem digitalen Rastergenerator gesteuerte Abtastung in zueinander orthogonalen Richtungen beibehalten werden.
c) Eine Abkehr von der in der Druckschrift D1 ausdrücklich vorgeschlagenen spiralförmigen Ablenkung sei für den Fachmann nicht naheliegend, und erfordere zumindest eine ihm nicht zumutbare gedankliche Abstrahierungstätigkeit auf der Grundlage der dort angegebenen spezifischen Lösung. Insbesondere könne der Hinweis auf eine Änderung der Abstände der spiralförmigen Abtastbahnen allenfalls auf eine Veränderung der Zeilenabstände bei der bekannten Zeilenabtastung hindeuten, jedoch nicht auf eine gleichzeitige Veränderung der Abstände der benachbarten Abtastpunkte auf ein und derselben Zeile.
d) Somit erfülle die beanspruchte Erfindung die in der Entscheidung T 113/82 (ABl. EPA 1984, 10) zum Ausdruck kommende Bedingung zur Anerkennung der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit, wonach eine Erfindung, um patentwürdig zu sein, keine folgerichtige Weiterentwicklung des Standes der Technik sein dürfe (Punkt 7.3 der Entscheidungsgründe). Ebenso sei in der Entscheidung T 106/84 (ABl. EPA 1985, 132) bereits darauf hingewiesen worden, daß im Hinblick darauf, daß man in der Technik laufend intensiv um Vereinfachung bemüht sei, die Erzielung einer besonders einfachen Lösung ohne Qualitätseinbuße eher von einer großen als von einer kleinen erfinderischen Leistung zeuge. Die Erfahrung zeige nämlich, daß es weitaus schwieriger sei, statt einer komplizierten Lösung eine einfache zu entwickeln, mit der (wie im vorliegenden Fall) das gleiche Ergebnis erzielt werde (Punkt 8.7 der Entscheidungsgründe).
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Neuheit
2.1. Aus der Druckschrift D1 ist ein Verfahren zum Hervorheben eines Objektbereiches in einem Rastermikroskop bekannt, bei dem, ebenso wie gemäß dem gleichlautenden Wortlaut der Oberbegriffe beider unabhängiger Patentansprüche 1 und 2 der vorliegenden Anmeldung, eine Korpuskularsonde (Rasterelektronenmikroskop 1, 2, 3, 5X, 5Y) über ein Objekt (4) abgelenkt wird und bei dem das Objekt auf einem Bildwiedergabegerät (8) dargestellt wird, dessen Bildschirm von einem synchron mit der Korpuskularsonde abgelenkten Schreibstrahl abgetastet wird (D1, Figur 1; D'1, Seite 1, Zeilen 5 bis 19).
Bei diesem bekannten Verfahren werden die Korpuskularsonde sowie auch der Schreibstrahl kontinuierlich derart abgelenkt, daß das untersuchte Objekt und der Bildschirm über spiralförmige Abtastbahnen abgetastet werden. Zur hervorgehobenen Darstellung eines Bereiches in der Mitte des Objektes wird die Ablenkung der Korpuskularsonde so gesteuert, daß sich die Bahnabstände der spiralförmigen Abtastung in der Mitte des Objektes verringern, während bei der Abtastung des Bildschirms die Bahnabstände über den ganzen Schirm nahezu konstant bleiben (D1, Figur 3; D'1, Seite 2, Zeilen 3 bis 29).
Die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 unterscheiden sich somit von diesem bekannten Verfahren dadurch, daß a) die Korpuskularsonde und der Schreibstrahl nicht kontinuierlich, sondern in diskreten Schritten über das Objekt, bzw. den Bildschirm abgelenkt werden, und b) die Schrittweiten in zwei zueinander orthogonalen Richtungen entweder bei der Abtastung des Objektes derart geändert werden, daß sie innerhalb des hervorzuhebenden Objektbereichs jeweils einen Minimalwert, außerhalb davon jeweils einen Maximalwert annehmen, während der Schreibstrahl mit einer jeweils gleichbleibenden Schrittweite in den zwei Richtungen abgelenkt wird (Anspruch 1), oder bei der Beaufschlagung des Bildschirms durch den Schreibstrahl derart geändert werden, daß sie innerhalb des dem hervorzuhebenden Objektbereich entsprechenden Bildschirmteils jeweils einen Maximalwert, außerhalb davon jeweils einen Minimalwert annehmen, während die Korpuskularsonde mit einer jeweils gleichbleibenden Schrittweite auf dem Objekt abgelenkt wird (Anspruch 2).
2.2. Des weiteren gehörte am Prioritätstag der Anmeldung auch ein Betriebsverfahren von Rastermikroskopen, bei dem eine Korpuskularsonde in diskreten Schritten in zwei zueinander orthogonalen Richtungen über ein Objekt abgelenkt wird, während der Schreibstrahl synchron mit der Ablenkung der Korpuskularsonde ebenfalls in diskreten Schritten in zwei zueinander orthogonalen Richtungen den Bildschirm abtastet, zum Stand der Technik, wie von der Beschwerdeführerin selbst betont wurde (Punkt VI a)).
Im Gegensatz zu den Gegenständen der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 werden jedoch bei diesem Verfahren die Schrittweiten der Abtastung über das gesamte Objekt, bzw. den gesamten Bildschirm, nicht geändert, so daß keine Hervorhebung eines besonderen Objektbereiches bewirkt wird.
2.3. Die weiteren im europäischen Recherchenbericht zitierten Druckschriften kommen dem Gegenstand der Anmeldung nicht näher.
2.4. Aus diesen Gründen ist der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 im Sinne von Artikel 54 EPÜ neu.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Ausgehend von den unter Punkt 2.2 erwähnten Stand der Technik besteht die der Anmeldung zugrundeliegende technische Aufgabe darin, das bekannte Betriebsverfahren dahingehend zu verbessern, daß ein interessierender Objektbereich in seiner Darstellung hervorgehoben werden kann, und insbesondere sowohl vergrößert als auch in seiner Einbettung innerhalb des zu untersuchenden Objektes betrachtet werden kann (Beschreibung der vorliegenden Anmeldung S. 2, 1. Absatz).
3.2. Diese Aufgabenstellung ist bereits aus der Druckschrift D 1 bekannt (Punkt VI b)).
3.3. In dem aus der Druckschrift D1 bekannten Verfahren, bei welchem zwar eine kontinuierliche Abtastung des Objektes und des Bildschirms erfolgt, wird eine Hervorhebung eines bestimmten Objektbereichs dadurch bewirkt, daß im interessierenden Bereich die Steigung der spiralförmigen Abtastbahn auf dem Objekt im Vergleich zur Abtastbahn auf dem Bildschirm geändert wird, und zwar durch Beeinflussung der Strahlenablenkung in den zwei zueinander orthogonalen Richtungen (X, Y) mittels entsprechender Speisung der X-bzw. Y-Ablenkspulen der Korpuskularsonde (Figuren 1, 2 (a) und 2 (b)).
Die Übertragung der somit in der Druckschrift D1 offenbarten Maßnahme der Änderung der Strahlenablenkung in den X, Y Richtungen auf das bekannte Ausgangsabtastverfahren, bei welchem die Korpuskularsonde in diskreten Schritten über das Objekt abgelenkt wird, führt dazu, bei letzterem auch die durch die Ablenkung verursachten Abtastschritte der Korpuskularsonde, und zwar in beiden Richtungen, im Vergleich zu den Abtasteschritten auf dem Bildschirm zu verändern. Im Hinblick darauf, daß in der Druckschrift D1 bereits ausdrücklich angegeben ist, daß die Ablenkung derart zu erfolgen hat, daß die Korpuskularsonde den äußeren Umfang an der Probeoberfläche gröber und den mittleren Bereich dichter abtastet (D'1, Seite 2, Zeilen 3 bis 9), bedarf es für den Fachmann nach Auffassung der Kammer und entgegen der diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin (Punkt VI c) keinerlei besonderen Abstrahierungsfähigkeit zu erkennen, daß bei einer schrittweisen Abtastung die ausdrücklich angestrebte Verdichtung im interessierenden Objektbereich das Erreichen eines Minimalwertes der Schrittweite in diesem Bereich und eines Maximalwertes außerhalb voraussetzt. Eine entsprechende Gestaltung der schrittweisen Ablenkung der Korpuskularsonde über das Objekt führt jedoch unmittelbar zum Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1.
Die Kammer konnte auch dem weiteren Argument der Beschwerdeführerin nicht folgen, die Lehre aus der Druckschrift D1 könne allenfalls den Fachmann dazu bewegen, im bekannten Verfahren die Zeilenabstände zu verändern, jedoch nicht die Schrittweite innerhalb der einzelnen Zeilen. Die Erzielung einer möglichst verzerrungsfreien Abbildung setzt selbstverständlich voraus, daß die durch die Verdichtung der Abtastpunkte erzielte Vergrößerung in beiden orthogonalen Richtungen annähernd die gleiche ist.
Auch die Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin herangezogenen Entscheidungen (Punkt VI d)) führt zu keinem anderen Ergebnis bei der Beurteilung der erinderischen Tätigkeit. Anders als bei der der Entscheidung T 113/82 zugrundeliegenden Sachlage ist nämlich der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 sehr wohl eine folgerichtige Weiterentwicklung des ermittelten Standes der Technik, wie oben im einzelnen ausgeführt wurde. Im Hinblick auf die Erwägungen in der Entscheidung T 106/84 über die erfinderische Tätigkeit bei Erfindungen, bei welchen eine erhebliche Vereinfachung ermöglicht wird, ist im vorliegenden Fall die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Vereinfachung des beanspruchten Verfahrens im Vergleich zu dem Verfahren gemäß Druckschrift D1 nach ihrer eigenen Angabe auf die Verwendung eines digitalen Rastergenerators anstatt der in der Druckschrift D1 beschriebenen Funktionsgeneratoren zurückzuführen (Punkt VI b)). Solche digitalen Generatoren wurden jedoch im bekannten Verfahren, von welchem die vermeintliche Erfindung ausgeht, bereits verwendet (Punkt VI a)). Daher kann, falls digitale Rastergeneratoren überhaupt einfacher sind als analoge Funktionsgeneratoren, die geltend gemachte, sich bereits aus dem Stand der Technik ergebende Vereinfachung die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Verfahrens auch nicht begründen.
Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
3.4. Die gleichen Überlegungen wie unter Punkt 3.3 führen auch zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 2, bei welchem im Gegensatz zum Gegenstand des Anspruchs 1 die Ablenkung der Korpuskularsonde über dem Objekt mit gleichbleibenden Schrittweiten erfolgt, während die Schrittweitenveränderung die Abtastung des Bildschirms durch den Schreibstrahl betrifft, gleichfalls auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruht. Die durch ein Elektronenmikroskop bewirkte Vergrößerung wird nämlich offensichtlich durch das Verhältnis zwischen der Entfernung von zwei Punkten auf dem erzeugten Bild und der Entfernung der entsprechenden Punkte auf dem Objekt bestimmt. Folglich stellt eine Erweiterung des Abtastungsrasters auf dem Bildschirm innerhalb des dem hervorzuhebenden Objektbereichs entsprechenden Bildschirmteils bei gleichbleibender Schrittweite der Objektabtastung gemäß Anspruch 2 in bezug auf die erreichte Vergrößerung ein glattes Äquivalent zu der Verdichtung des Abtastungsrasters auf dem interessierenden Objektbereich bei gleichbleibender Schrittweite der Abtastung des Bildschirms durch den Schreibstrahl gemäß Anspruch 1 dar.
4. Aus den vorstehend genannten Gründen ist der Gegenstand der unabhängigen Patentansprüche 1 und 2 im Hinblick auf Artikel 52 (1) EPÜ nicht patentfähig. Folglich kann dem Antrag der Beschwerdeführerin nicht stattgegeben werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.