W 0021/91 (Synergistische Herbizide) 19-02-1992
Download und weitere Informationen:
Synergistische herbizide Mittel
I. Die Anmelderin hat beim Europäischen Patentamt die internationale Anmeldung PCT/EP.... eingereicht.
II. Das Europäische Patentamt richtete als zuständige internationale Recherchenbehörde (IRB) an die Anmelderin eine Aufforderung zur Zahlung von sechs zusätzlichen Recherchengebühren. Darin vertrat die IRB die Auffassung, daß die internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit nicht entspreche. Die Begründung lautete wie folgt:
"Der Anmeldungsgegenstand beinhaltet Kombination einer bestimmten Klasse von Verbindungen der Formel I mit Verbindungen unterschiedlicher Strukturen und Wirkungsweise.
Die einzelnen Kombinationen einer Verbindung der Formel I mit einzelnen Verbindungen unterschiedlicher Struktur müssen als unabhängige Erfindung betrachtet werden.
Für Patentansprüche 1 bis 10 teilweise:
1) Verbindungen der Formel I +
B1) 3,7-Dichlorchinolin-8-carbonsäure und deren Salze,
2) Verbindungen der Formel I +
B2) N-(Ethylthio-carbonyl)-azepan oder
B9) N-(2-Phenyl-prop-2-yl-thiocarbonyl)-piperidin,
3) Verbindungen der Formel I +
B3) N,N-Diethyl-carbaminsäure-4-chlorbenzylthioester,
4) Verbindungen der Formel I +
B4) N-(Butoxymethyl)-2-chlor-N-(2,6-diethylphenyl- acetamid oder
5) Verbindungen der Formel I +
B6) 3,5-Bis(methylthio-carbonyl)-2-difluormethyl-4- (2-methylpropyl-6-trifluormethyl-pyridin,
6) Verbindungen der Formel I +
B7) 2-(1,3-Benzthiazol-2-yloxy)-N-methyl-acetanilid oder
B8) 2-[4-(6-Chlor-benzoxazol-2-yloxo)-phenoxy]- propion-säure-ethylester,
7) Verbindungen der Formel I +
B10) NTN-901 (Gräserherbizid)."
III. Die Anmelderin hat daraufhin vier der zusätzlich geforderten Recherchengebühren unter Widerspruch bezahlt und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, daß allen beanspruchten Mitteln, Verfahren zur Herstellung und Anwendungsverfahren gemeinsam sei, daß eine Verbindung der allgemeinen Formel (i) enthalten sei bzw. eingesetzt wurde, und zwar in Kombination mit einem Herbizid oder mehreren Herbiziden, die alle zu einer synergistischen Wirkungssteigerung der Verbindungen der Formel (i) führten.
1. Der Widerspruch ist zulässig.
Die Anmelderin hat lediglich vier der sechs geforderten zusätzlichen Recherchengebühren entrichtet, nämlich für die von der IRB definierten Erfindungsgruppen 2 bis 4 und 6 (siehe Punkt II oben). Daher braucht die Kammer nur zu untersuchen, ob die Aufforderung hinsichtlich der zusätzlich entrichteten Recherchengebühren gerechtfertigt ist oder nicht.
2. Im vorliegenden Fall hat die IRB zur Stützung des Einwands der mangelnden Einheitlichkeit der Erfindung nur die Gegenstände der Ansprüche in Betracht gezogen; einen Verweis auf einen nachgewiesenen relevanten Stand der Technik findet sich in der Aufforderung nicht. Die Kammer geht daher davon aus, daß der Einwand der mangelnden Einheitlichkeit a priori getätigt wurde. Zur Analyse der beanspruchten Erfindung nach Aufgabe und Lösung ist daher auf die Beschreibung der internationalen Anmeldung und falls vorhanden auf den darin aus der Sicht des Anmelders gewürdigten Stand der Technik zurückzugreifen (vgl. u. a. W 16/91 vom 25. November 1991, W 19/91 vom 10. September 1991 und W 11/89 vom 9. Oktober 1989).
3. Gegenstand der vorliegenden Anmeldung sind herbizide Mittel, gekennzeichnet durch einen wirksamen Gehalt an heterocyclisch substituierten Phenoxysulfonylharnstoffen der allgemeinen Formel (i) oder deren Salze (Verbindungen A)
FORMULA (i)
(worin R 1 bis R5 bzw. Y und E mögliche Substituenten symbolisieren) in Kombination mit einer oder mehreren Verbindung(en) aus der Gruppe, welche die Verbindungen B1 bis B10 (siehe Punkt II oben) enthält.
Bei allen Verbindungen handelt es sich laut der Beschreibung um bekannte herbizide Verbindungen (siehe Seite 5, Zeilen 1 bis 26).
Gemäß den weiteren Angaben in der Beschreibung wurden einige herbizide Wirkstoffe gefunden (Verbindungen B1 bis B10), die erfindungsgemäß bei gemeinsamer Anwendung mit den Verbindungen A ausgesprochen synergistische Eigenschaften hinsichtlich der Effektivität gegen Unkräuter haben (siehe Seite 1, Zeilen 21 bis 26 und Seite 9, Zeilen 10 bis 13).
4. Ausgehend von den bekannten Verbindungen A der allgemeinen Formel (i) ist die anmeldungsgemäße Aufgabe darin zu sehen wirksamere herbizide Mittel zu finden.
Als Lösung dieser Aufgabe wurde in der vorliegenden Anmeldung eine synergistische Kombination von Herbiziden der Formel (i) mit zumindest einer der Verbindungen B1 bis B10 beansprucht.
5. Wie aus den vorstehenden Darlegungen ersichtlich, besteht die erfindungsgemäße Lösung der Aufgabe in einer Anzahl von synergistischen Herbizidkombinationen, denen allen gemeinsam ist, daß sie als festen oder unveränderlichen Bestandteil eine Verbindung von Typ A enthalten. Der Kern der beanspruchten Erfindung liegt somit in der Erkenntnis, daß letztere eine geeignete Grundkompontente zur Herstellung von erheblich wirksamen herbiziden Mittel darstellt. Im vorliegenden Fall hat die IRB den Einwand der mangelnden Einheitlichkeit der Erfindung a priori getätigt, d. h. ohne Bezugnahme auf einen bekannten Stand der Technik. Es gibt somit keine Dokumente, welche die Neuheit der beanspruchten herbiziden Mittel in Frage stellen könnten, noch gibt es solche die zeigen, daß ähnliche Herbizidzusammensetzungen mit einer synergistischen Wirkung bereits bekannt wären. Es ist unverkennbar, daß aufgrund der erfindungswesentlichen Brückenfunktion der Verbindungen von Typ A ein direkter Zusammenhang besteht zwischen allen beanspruchten herbiziden Mitteln welche die unter Punkt 4 oben genannte Aufgabe lösen. Es ist daher die beanspruchte Gruppe von Erfindungen insgesamt welche als Verwirklichung der in der Aufgabe zum Ausdruck gebrachten einzigen allgemeinen erfinderischen Idee anzusehen ist. Der Aufforderung der IRB ist nichts zu entnehmen was dies wiederlegen könnte, da dort in keiner Weise auf die erfindungsgemäße Aufgabe eingegangen wird und auch nicht berücksichtigt wurde, daß zwischen den beanspruchten Herbizidkombinationen ein für die Frage der Einheitlichkeit der Erfindung relevanter Zusammenhang besteht.
Bei dieser Sachlage muß die Kammer davon ausgehen, daß im vorliegenden Fall das Erfordernis einer einzigen allgemeinen erfinderischen Idee im Sinne der Regel 13.1 PCT erfüllt ist.
6. Die Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Recherchengebühren war somit nicht gerechtfertigt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Rückzahlung der vier zusätzlich entrichteten Recherchengebühren wird angeordnet.