Schöpfer von 15 herausragenden Innovationen als Finalisten für Europäischen Erfinderpreis 2016 nominiert
- Europäisches Patentamt (EPA) nominiert Finalisten des renommierten Europäischen Erfinderpreises aus der Fahrzeugtechnik, Biochemie, Telekommunikation, Elektro- und Umwelttechnik, Nahrungsmittel und Medizintechnik
- Die begehrte Auszeichnung wird am 9. Juni in Lissabon zum elften Mal vom EPA verliehen
- Gewinner des Publikumspreises wird von der Öffentlichkeit per Online-Voting im Internet gewählt
- EPA-Präsident Battistelli: „Der Europäische Erfinderpreis stellt die vielfältige Arbeit von Erfindern in den Mittelpunkt: Bahnbrechende Innovationen von Männern und Frauen aus verschiedenen Ländern und technischen Disziplinen, die sich positiv auf das Leben von Millionen Menschen auswirken."
München, 26. April 2016 - Sie eröffnen neue Perspektiven, retten Leben, erleichtern den Alltag und bieten herausragende Lösungen zu technologischen Problemen. Mit ihren zukunftsweisenden Erfindungen haben die 15 Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2016 Werte in Europa und der ganzen Welt geschaffen. Sie wurden heute e vom Europäischen Patentamt (EPA) bekanntgegeben. Die prestigeträchtige Auszeichnung würdigt Forscher, Wissenschaftler, Techniker und Tüftler, deren Erfindungen vom EPA patentiert worden sind und die einen außerordentlichen Beitrag zum wirtschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Fortschritt geleistet haben. Der Europäische Erfinderpreis wird am 9. Juni in Lissabon in den fünf Kategorien „Industrie", „Kleine und mittlere Unternehmen (KMU)", „Forschung", „Außereuropäische Staaten" und „Lebenswerk" zum elften Mal vom EPA verliehen. An dem Festakt nehmen hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Forschung und Industrie teil. Wie in den Vorjahren entscheidet das Votum der Öffentlichkeit über den Publikumspreis, der per Online-Voting im Internet vergeben wird.
„Der Europäische Erfinderpreis rückt die vielfältige und herausragende Arbeit von Erfindern aus unterschiedlichen Ländern und technischen Disziplinen in den Mittelpunkt, deren Innovationen positive Auswirkungen auf das Leben von Millionen Menschen haben", sagt EPA-Präsident Benoît Battistelli bei der Bekanntgabe der Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2016. „Das europäische Patentsystem stellt sicher, dass Erfinder die nötigen Voraussetzungen vorfinden, um ihre Kreativität in den unterschiedlichen technischen Bereichen voll entfalten zu können. Diese Innovationskraft bildet die Basis für wirtschaftlichen Wohlstand in Europa."
Die 15 Finalisten wurden von einer unabhängigen internationalen Jury unter fast 400 Erfindern und Erfinder-Teams für die diesjährige Preisverleihung ausgewählt. Sie stammen aus 13 Ländern: Belgien, Tschechien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Indien, Italien, Niederlande, Portugal, Litauen, Schweden, Großbritannien und USA. Ihre Erfindungen kommen aus ganz unterschiedlichen Technologiefeldern wie der Fahrzeugtechnik, Biochemie, Telekommunikation, Elektrotechnik, Umwelttechnik, Nahrungsmittel und Medizintechnik. Alle Erfindungen haben vom europäischen Patentschutz profitiert, der wesentlich zur Umsetzung von Forschungsergebnissen in Erzeugnisse und deren Einführung auf dem Markt beigetragen hat
Die Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2016 in den einzelnen Kategorien:
Industrie
Virna Cerne und Ombretta Polenghi (Italien): Glutenersatz aus Mais
Die Lebensmittelchemikerinnen, die für den italienischen Lebensmittelproduzenten Dr. Schär tätig sind, haben eine Methode entwickelt, um glutenähnliche Proteine aus Mais zu extrahieren und so glutenfreie Backwaren mit der Konsistenz und dem Geschmack von Produkten aus Weizenmehl herzustellen. Dieses Verfahren eröffnet allen, die auf eine glutenfreie Ernährung achten, eine breite Auswahl an solchen Produkten. Schätzungen zufolge leidet rund ein Prozent der Menschheit an Glutenunverträglichkeit (Zöliakie).
Joan Daemen, Pierre-Yvan Liardet und Team (Belgien, Frankreich): Sichere Smartcard-Verschlüsselung
Einem Team von belgischen und französischen Ingenieuren und Kryptographen von STMicroelectronics ist es gelungen, eine Sicherheitslücke zu schließen, die Milliarden von Smartcards bislang anfällig für Betrugsversuche gemacht hat. Das Ausnutzen dieser Lücke hätte hohe Kosten für die Herausgeber der Karten und erhebliche Unannehmlichkeiten für Millionen von Bank- und Mobilfunkkunden nach sich ziehen können. Joan Daemen, einer der führenden Köpfe der Welt, wenn es um Verschlüsselungsalgorithmen und Datensicherheit geht, ist auch Miterfinder des Advanced Encryption Standard. Dieser wird verwendet, um hochsensible Daten zu schützen.
Bernhard Gleich, Jürgen Weizenecker und Team (Deutschland): Magnetpartikelbildgebung (MPI)
Dreidimensional , mit einzigartigen Möglichkeiten und hoher Geschwindigkeit: Gleich und Weizenecker haben mit ihrem Team bei Philips Research in Hamburg ein auf Magnetismus basierendes Bildgebungsverfahren (MPI) erfunden, mit dem bildliche Darstellungen in Echtzeit und auf den Millimeter genau möglich werden. Herz- und Gefäßerkrankungen ließen sich somit künftig genauso wie Krebs um ein vielfaches schneller und präziser aufspüren und damit frühzeitig therapieren. Auch während Operationen könnte MPI durch die Übertragung von Live-Bildern aus dem Körperinneren helfen, die Auswirkungen von Eingriffen und Medikamentenabgaben in Echtzeit zu überwachen.
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
Tue Johannessen, Ulrich Quaade, Claus Hviid Christensen und Jens Kehlet Nørskov (Dänemark): Ammoniakspeicher zur Stickoxid-Reduzierung
Das Forscherteam hinter der dänischen Firma Amminex hat eine Methode entwickelt, normalerweise flüchtiges Ammoniak in einer kompakten, festen Form gefahrlos aufzubewahren. Ein 100-Gramm Würfel aus Ammoniak-Salz kann nahezu 50 Gramm festes Ammoniak aufnehmen - das entspricht 60 Litern reinen Ammoniak-Gases. Diese Innovation ermöglicht es, Ammoniak als effektiven Diesel-Abgasreiniger zu nutzen, der Stickoxid-Emissionen neutralisiert. Darüber hinaus hat sie Potenzial für einen direkten und indirekten Einsatz in Kraftstoffzellen und in Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen.
Helen Lee (Großbritannien/Frankreich): Diagnose-Kit für Entwicklungsländer
Die Forscherin der Universität Cambridge hat kostengünstige und einfach einsetzbare Diagnose-Kits für Krankheiten wie AIDS, Hepatitis B und Chlamydien entwickelt. Lees Tests werden durch das Spin-off „Diagnostics for the Real World" ihrer Universität vertrieben und von zahlreichen Hilfsorganisationen eingesetzt. Bislang wurden 40 000 Menschen damit auf HIV getestet. Die Diagnose-Kits ermöglichen schnelle Ergebnisse und Unabhängigkeit von medizinischen Einrichtungen vor Ort - entscheidende Vorteile beim Einsatz in strukturschwachen Regionen.
Arminas Ragauskas (Litauen): Sichere Hirndruckmessung mit Ultraschall
Für die Diagnose von Schädel-Hirn-Verletzungen und Tumoren des Zentralnervensystems ist eine schnelle und sichere Messung des Hirndrucks unerlässlich. Die beiden von Ragauskas und seinem litauischen Wissenschaftlerteam entwickelten medizinischen Geräte erlauben es Neurologen, den Bohrer beiseite zu legen - die bisherigen Verfahren erfordern Löcher im Schädel - und stattdessen einfach einen Sensor auf den Augen des Patienten zu platzieren. Die auf Doppler-Wellenlängen basierende Technologie ist ein genauer und sicherer Weg, um den Hirndruck zu messen, und spart zudem wertvolle Zeit, damit die Ursache sofort behandelt werden kann.
Forschung
Alim-Louis Benabid (Frankreich): Parkinson-Behandlung
Der Neurochirurg und Physiker Benabid hat eine bahnbrechende Methode entwickelt, welche hochfrequente elektrische Impulse zur Behandlung des Tremors bei der Parkinson-Krankheit und anderen neurologischen Erkrankungen nutzt. Weltweit haben über 150 000 Parkinson-Patienten von Benabids Tiefen Hirnstimulation-Technologie (THS) profitiert: Dank der Erfindung des Franzosen sind sie wieder in der Lage, ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen.
Elvira Fortunato und Rodrigo Martins (Portugal): Transistoren aus Papier
Fortunato, Martins und ihr Forscher-Team entwickelten in Kooperation mit YDreams, ein Spin-off der Neuen Universität Lissabon, Transistoren aus Papier. Diese sind nicht nur eine kostengünstige und energiesparende Alternative zu Silizium-Chips, sondern eröffnen auch neue Anwendungen bei der Radiofrequenz-Identifikation (RFID) in Versand und Lagermanagement sowie bei sich selbst aktualisierenden Flugtickets, Visitenkarten oder Lebensmitteletiketten.
Miroslav Sedláček (Tschechische Republik): Flüssigkeitsturbine
Sedláček versetzt der Wasserkraft buchstäblich einen neuen Dreh. Als er sich der drehenden Wirbeldynamik zuwandte, speziell dem Prinzip sich drehender Flüssigkeiten - welche der Bauingenieur für viele Jahre studiert hatte, entwickelte er eine kleine, effiziente Turbine. Diese erschließt die Energie kleinerer, langsam fließender Gewässer, Bäche und sogar von Gezeitenströmen für die Stromerzeugung. Sie generiert aus solch langsam fließenden Gewässern ausreichend Strom, um den Elektrizitätsbedarf von mehreren Haushalten vollständig zu decken.
Außereuropäische Staaten
Hugh Herr (USA): Bionische Beinprothesen
Ein tragischer Unfall, bei dem der Biophysiker Herr beide Unterschenkel verlor, brachte ihn dazu, seine Karriere der Erfindung von intelligenten Prothesen zu widmen: Seine Innovation ermöglicht bereits Tausenden Amputierten wieder zu gehen, zu rennen und sogar zu tanzen - und das mit Anmut und Präzision. Frühere Generationen seiner Prothesen erlaubten Herr nicht nur wieder zu klettern, sondern Sport sogar auf Spitzenniveau zu betreiben. Seine neueren biomechanischen Vorrichtungen erschließen der Prothesentechnologie wiederum ganz neue Ebenen.
Robert Langer (USA): Gezielte Krebsmedikamente
Der Ingenieur der Chemie und Biomedizin bereitete den Weg für neue therapeutische Ansätze im Kampf gegen Krebs, indem er Anti-Krebsmedikamente in biologisch abbaubaren Kunststoffen verkapselt. Diese Technik hat sich als exzellente Waffe gegen aggressiven Krebs und eine Reihe anderer Krankheiten erwiesen. Von Behandlungen, die sich von Langers Biokunststoffen ableiten, einschließlich Wirkstoff ummantelter Stents, haben mehr als eine Million Menschen profitiert. Langer hat über 20 Biotech-Firmen gegründet und leitet das größte biomedizinische Forschungslabor weltweit.
Arogyaswami Paulraj und Team (Indien/USA): Schnellere Drahtlosverbindung
Der Erfolg von schnellem mobilem Breitband stützt sich auf die Leistungen vieler Erfinder, aber nur wenige haben eine derart herausragende Rolle gespielt wie Paulraj und sein Team an der Universität Stanford. Der Universitätsprofessor und ehemalige indische Marine-Kommodore schuf eine Multiplex-Technik, bekannt als MIMO, die Funksignale in kleinere Teile zerlegt, die von mehreren Antennen gesendet und empfangen werden. MIMO eröffnete die Möglichkeit, große Datenmengen über Frequenzen mit begrenzter Bandbreite zu senden.
Lebenswerk
Alain Carpentier (Frankreich): Implantierbares künstliches Herz
Es gibt nur sehr wenige Menschen, die sich ähnlich verdient um die Herzchirurgie gemacht haben wie Carpentier: Der 82-jährige gilt als einer der renommiertesten Kardiologen schlechthin. Die von ihm entwickelten Techniken in der Herzklappenchirurgie haben weltweit Maßstäbe gesetzt. Seine Erfindung des ersten autonomen und voll implantierbaren Kunstherzens macht den knapp hunderttausend Menschen Hoffnung, die jährlich auf eine Herztransplantation warten.
Tore Curstedt (Schweden): Atemhilfe für Neugeborene
Bei Neugeborenen können die ersten Atemzüge des Lebens mit großen Gefahren verbunden sein. Eine Krankheit, bekannt als Atemnotsyndrom (RDS), war bislang die häufigste Todesursache bei Frühgeborenen. Dank des weltweit inzwischen meistverkauften und effektivsten RDS-Medikaments, entwickelt von Laborarzt Tore Curstedt und seinem Forscher-Kollegen Bengt Robertson (1935-2008), ist es gelungen, die Sterblichkeitsrate bei Neugeborenen erheblich zu senken. Curstedts Medikament, seit Markteinführung bei mehr als 3 Millionen Kindern angewendet, hat so zur Rettung vieler kleiner Patienten beigetragen.
Anton van Zanten (Deutschland/Niederlande): Elektronische Stabilitätskontrolle für Fahrzeuge
Lebensrettende Innovationen werden oft übersehen - manchmal ist das sogar gewollt: Die elektronische Stabilitätskontrolle (ESP), die von Automobilingenieur van Zanten bei der deutschen Robert Bosch GmbH entwickelt wurde, arbeitet während der normalen Fahrt im Hintergrund und schaltet sich nur ein, wenn sie benötigt wird. Dennoch sollte der enorme Einfluss von ESP auf die Verkehrssicherheit nicht unterschätzt werden. ESP hat etwa 260 000 Unfälle in Europa verhindert und ist daher das wichtigste Fahrzeugsicherheitssystem nach dem Sicherheitsgurt.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist der wichtigste Preis für Innovation in Europa. Er wird seit 2006 jährlich vom Europäischen Patentamt (EPA) verliehen. Mit dem Preis werden einzelne Erfinder und Teams von Erfindern ausgezeichnet, die mit ihren Entwicklungen dazu beitragen, technische Antworten auf die wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Eine internationale hochkarätig besetzte Jury prüft dabei, inwieweit diese Erfinder mit ihrer Arbeit zu gesellschaftlichem Fortschritt, der Schaffung von Arbeitsplätzen und zum Wohlstand in Europa beigetragen haben. In diesem Jahr findet die insgesamt 11. Preisverleihung am 9. Juni in Lissabon statt. Auch die Öffentlichkeit ist eingeladen, an der Preisverleihung mitzuwirken: Sie bestimmt per Online-Voting bis zum 31. Mai auf der Website des EPA den Gewinner des Publikumspreises unter den 15 Finalisten.
Über das EPA
Das Europäische Patentamt (EPA) ist mit rund 7 000 Mitarbeitern eine der größten europäischen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes. Der Hauptsitz ist in München; Niederlassungen gibt es in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien. Das EPA wurde gegründet, um die Zusammenarbeit europäischer Staaten im Patentwesen zu fördern. Über das zentrale Erteilungsverfahren beim EPA können Erfinder auf der Grundlage einer einzelnen Patentanmeldung Patentschutz in den 38 EPO-Mitgliedsstaaten erlangen. Das EPA ist überdies die weltweit bedeutendste Behörde für Patentrecherchen und Patentinformation.
Medieninformationen
Weitere Informationen, Fotos und Videos über den Europäischen Erfinderpreis 2016 finden Sie in der Mediathek. Smart TV-Nutzer können die Gala am 9. Juni 2016 live über Innovation TV verfolgen.
Kontakte im EPA in München
Jana Mittermaier
Direktorin Externe Kommunikation
Rainer Osterwalder
Pressesprecher
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Mobile: +49 (0)163 8399527
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