Inklusives digitales Lernen für sehbehinderte Kinder: Portugiesische Computeringenieurin als Finalistin für den Young Inventors Prize 2023 nominiert
- Filipa de Sousa Rocha hat ein System entwickelt, das auf taktilen Blöcken basiert, um digitale Kompetenzen zu vermitteln und Barrieren beim Zugang zu Bildung abzubauen
- Blockbasierte Programmierung ermöglicht es Kindern mit Sehbehinderungen, einen Roboter zu steuern, ähnlich wie bei einem Computerspiel auf Drag & Drop-Basis
- Ihre Arbeit erleichtert den Zugang zu informatischem Grundverständnis und lebenslangem Lernen
München, 23. Mai 2023 – Nach Angaben der International Agency for the Prevention of Blindness (IAPB), einer internationalen Organisation, die sich dafür einsetzt, Erblindung zu vorzubeugen, leben weltweit etwa 90 Millionen Kinder und Jugendliche mit einer Form von Sehbehinderung. Lehrer und Eltern von Kindern mit Sehbehinderungen stehen häufig vor dem Problem, Lern- und Unterrichtsmittel und Spielzeuge zu finden, die nicht extra angepasst werden müssen. Filipa de Sousa Rocha hat ein blockbasiertes Codierungssystem erfunden, das den gleichberechtigten Zugang zu digitaler Bildung fördert.
Damit hat Filipa de Sousa Rocha es in die Endausscheidung der zweiten Auflage des Young Inventors Prize geschafft, den das Europäische Patentamt (EPA) als Ansporn für die nächste Generation von Erfinderinnen und Erfindern ins Leben gerufen hat. Mit dem Preis werden innovative junge Menschen im Alter von bis zu 30 Jahren ausgezeichnet, die technische Lösungen zur Bewältigung globaler Probleme entwickelt haben und damit zur Erreichung der Ziele der Vereinten Nationen (SDGs) für nachhaltige Entwicklung beitragen. De Sousa Rochas Erfindung erleichtert den Zugang zu Bildung und leistet somit einen Beitrag zu den UN-Nachhaltigkeitszielen 4 (qualitativ hochwertige Bildung) und 10 (Abbau von Ungleichheiten).
Wie ein Drag & Drop-Computerspiel
Bei der blockbasierten Programmierung handelt es sich um eine Programmiersprache, bei der durch Ziehen und Ablegen von Blöcken auf dem Bildschirm Befehlsfolgen erstellt werden. In de Susa Rochas Erfindung sind die Blöcke mit 3D-Symbolen aus Schaumstoff versehen. Diese Symbole stehen für Richtungsbewegungen oder Sprachfunktionen, mit denen das Verhalten eines Roboters gesteuert wird. Auf diese Weise kann ein sehbehindertes Kind den Roboter genauso steuern wie ein Kind, das ein Computerspiel per Drag & Drop spielt. De Sousa Rocha nennt diese Erfindung “Block-based Accessible Tangible Programming System” (BATS), was sich in etwa mit “blockbasiertes barrierefreies taktiles Programmiersystem” wiedergeben lässt.
Der Prototyp des Lernprogramms war in weniger als einem Jahr entwickelt. Während der Covid-19-Pandemie wurde er in fünf Familien mit sehbehinderten Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren remote getestet. Um ihr Konzept trotz fehlender finanzieller Mittel zum Leben zu erwecken, knüpfte de Sousa Rocha Beziehungen zu Schulen, Organisationen und Familien. Teilnehmende Familien schlugen vor, weitere Blöcke für den Unterricht in anderen Fächern, beispielsweise Geografie oder Mathematik, hinzuzufügen. De Sousa Rochas Arbeit hat viel dazu beigetragen, informatisches Grundverständnis für alle zugänglich zu machen, insbesondere für sehbehinderte und blinde Kinder.
Technik im Einsatz für gesellschaftliche Ziele
De Sousa Rocha ist eine 27-jährige portugiesische Computeringenieurin und Forscherin. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in Informationstechnologie und einen Master in Computer- und Informationssystemen. Aktuell hat sie einen Lehrauftrag und promoviert an der Universität Lissabon in Informatik. Bildung für alle ist ihr ein wichtiges Anliegen, für das sie sich leidenschaftlich einsetzt, indem sie Kindern spielerisch digitale Kompetenzen vermittelt. So gelingt es ihr, den Kindern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, während sie gleichzeitig Fertigkeiten wie Programmieren erlernen.
„Ich finde, es ist wirklich wichtig, dass wir zugängliche und inklusive Technik für alle schaffen, unabhängig davon, welche Fähigkeiten oder Beeinträchtigungen jeder Einzelne mitbringt. Das bedeutet, dass wir dafür sorgen müssen, dass technische Lösungen, die wir entwickeln, auch von Menschen genutzt werden können, die beispielsweise sehbehindert oder blind sind, oder von Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder motorischen Beeinträchtigungen”, lautet ihr Plädoyer.
Wer den Young Inventors Prize 2023 gewonnen hat, wird im Rahmen einer hybriden Preisverleihungszeremonie bekanntgegeben, die am 4. Juli 2023 in Valencia (Spanien) stattfindet und online verfolgt werden kann.
Weitere Informationen über die Erfindung, ihre Auswirkungen und die zugrundeliegende Technologie sowie die Geschichte des Erfinders finden Sie hier.
Pressematerial
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Medienkontakte Europäisches Patentamt
Luis Berenguer Giménez
Hauptdirektor Kommunikation / EPA-Sprecher
EPA-Pressestelle
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Über den Young Inventors Prize
Als Ansporn für die kommende Generation von Erfinderinnen und Erfindern hat das Europäische Patentamt 2021 den Young Inventors Prize ins Leben gerufen. Der Preis richtet sich an innovative junge Menschen im Alter von bis zu 30 Jahren aus der ganzen Welt und würdigt Initiativen, bei denen technische Lösungen eingesetzt werden, um zur Erreichung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung beizutragen. Der erste Platz ist mit 20 000 EUR dotiert, der zweite mit 10 000 und der dritte mit 5 000 EUR. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt, die aus ehemaligen Finalisten und Finalistinnen des Europäischen Erfinderpreises besteht. Die Auszeichnung wird im Rahmen der hybriden Preisverleihungszeremonie des Europäischen Erfinderpreises 2023 am 4. Juli verliehen. Anders als bei den traditionellen Kategorien des Europäischen Erfinderpreises ist die Erteilung eines europäischen Patents keine Teilnahmevoraussetzung. Weitere Informationen zu den Teilnahmebedingungen und Auswahlkriterien für den Young Inventors Prize finden Sie hier.
Über das Europäische Patentamt
Mit 6 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist außerdem weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.