Informationen
Diese Entscheidung ist nur auf Englisch verfügbar.
D 0035/21 11-02-2022
Download und weitere Informationen:
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die von der Prüfungskommission auf Vorschlag des Prüfungsausschusses II getroffene Bewertung der Prüfungsarbeit C mit 40 Punkten und gegen die daraus resultierende Entscheidung, dass die Beschwerdeführerin die Prüfungsarbeit C und damit auch die europäische Eignungsprüfung (EEP) 2021 nicht bestanden hat.
II. Der Vorsitzende der Prüfungskommission teilte der Beschwerdeführerin die Bewertung der Prüfungsarbeit C und die Entscheidung der Prüfungskommission mit Schreiben vom 21. Juni 2021 mit. Dem Schreiben beigefügt war der entsprechende Bewertungsbogen mit Einzelheiten zur Notengebung durch zwei Mitglieder des zuständigen Prüfungsausschusses.
III. Mit Schreiben vom 21. Juli 2021, eingegangen am 22. Juli 2021, legte die Beschwerdeführerin gegen die Entscheidung vom 21. Juni 2021 form- und fristgerecht Beschwerde ein und begründete diese. Diesem Schreiben war u.a. ein Auszug aus dem Online-Duden ("Reservoir") als Anlage 4 beigefügt. Die Beschwerdegebühr wurde fristgerecht entrichtet.
IV. Das Prüfungssekretariat legte die Beschwerde gemäß Artikel 24 (3) Satz 2 der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für die beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter (VEP, veröffentlicht in der Zusatzpublikation 2, ABl. EPA 2019, 2 ff.) der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten des Europäischen Patentamtes (im Folgenden als "DBK" bezeichnet) vor.
V. Mit Schreiben vom 10. August 2021 teilte das Prüfungssekretariat der Beschwerdeführerin mit, dass die Prüfungskommission ihrer Beschwerde nicht abgeholfen habe und dass daher die Beschwerde an die DBK weitergeleitet worden sei.
VI. Dem Präsidenten des Europäischen Patentamts (EPA) und dem Präsidenten des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter (epi) wurde gemäß Artikel 24 (4) Satz 1 VEP i.V.m. Artikel 12 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern (VDV, zuletzt veröffentlicht in Zusatzpublikation 1, ABl. EPA 2022, 142) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Es sind keine schriftlichen Stellungnahmen zu der Beschwerde eingegangen.
VII. Am 3. Januar 2022 erging eine Ladung zur nicht öffentlichen mündlichen Verhandlung für den 11. Februar 2022 gemäß Artikel 24 (4) Satz 1 VEP i.V.m. Artikel 13 VDV. In einer Mitteilung vom 8. Februar 2022 gemäß Artikel 13 (2) VOBKD teilte die zuständige Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten (im Folgenden als "Kammer" bezeichnet) ihre vorläufige und nicht bindende Meinung mit.
VIII. In einem weiteren Schreiben vom 10. Februar 2022 trug die Beschwerdeführerin weitere Argumente, insbesondere zu der Frage einer Ungleichbehandlung aufgrund von Übersetzungsfehlern, vor.
IX. Am 11. Februar 2022 fand die nichtöffentliche mündliche Verhandlung vor der Kammer als Videokonferenz statt.
Die Beschwerdeführerin war anwesend und gemäß Artikel 24 (4) VEP i.V.m. Artikel 17 VDV in Begleitung ihres Rechtsbeistands, Herrn A. K. Schmidbauer. Ebenfalls anwesend war der Präsident des epi, Herr F. Leyder. Für den Präsidenten des EPA war niemand anwesend.
Die Schlussanträge der Beschwerdeführerin waren wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte, "das Ergebnis der Beurteilung der Aufgabe C gemäß als R. 6(3)a) ABVEP als NICHT BESTANDEN MIT AUSGLEICHSMÖGLICHKEIT neu festzusetzen" (Hauptantrag).
Hilfsweise beantragte sie, die Angelegenheit zur Neubewertung ihrer Prüfungsarbeit C der europäischen Eignungsprüfung 2021 an die Prüfungskommission zurückzuverweisen.
Weiter hilfsweise beantragte sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
In der mündlichen Verhandlung erklärte der Vorsitzende, dass die Kammer der Ansicht sei, dass die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben könne, jedoch sehe sich die Kammer nicht in der Lage, direkt weitere Punkte für die Prüfungsarbeit C der Beschwerdeführerin zu vergeben und unmittelbar über die Note dieser Prüfungsarbeit zu entscheiden.
Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
X. Zusammenfassend machte die Beschwerdeführerin geltend, dass die angefochtene Entscheidung auf mehreren schwerwiegenden und offensichtlichen Fehlern beruhe, und stützte ihre Beschwerde auf die folgenden Gründe:
a) Ungleichbehandlung aufgrund von Übersetzungsfehlern
Die Beschwerdeführerin habe ihre Prüfungsarbeit auf Deutsch verfasst. Es werde unterstellt, dass der Prüfungsausschuss sowohl die Prüfungsaufgabe C als auch den Lösungsvorschlag auf Englisch erstellt habe und dass entsprechend danach korrigiert worden sei. Es würden sich jedoch linguistische Unschärfen in den drei Sprachversionen ergeben, wobei hier insbesondere die Übereinstimmung der Übersetzungen gemäß Artikel 14 (2) EPÜ i.V.m. Regel 7 EPÜ von Bedeutung sei.
Vorliegend seien hiervon zumindest die seitens des Prüfungsausschusses erwarteten Angriffe auf die Ansprüche 1 und 4 der A1 der Prüfungsaufgabe betroffen. In jedem dieser Ansprüche sei das Merkmal "Reservoir" in der deutschen Fassung bzw. "reservoir" in der englischen Fassung bzw. "réservoir" in der französischen Fassung beansprucht, das mit entsprechenden Konkordanzen aus den Anlagen A3 (Anspruch 1) bzw. A5 (Anspruch 4) habe angegriffen werden müssen. Laut Prüferbericht - Aufgabe C 2021 (s. Seite 3, vorletzter Absatz) und dem Lösungsvorschlag - Aufgabe C 2021 (s. Punkt 2. und 6) habe der Prüfungsausschuss jeweils eine Begründung gefordert, warum die herangezogenen Merkmale zwar nicht die gleichen Bezeichnungen tragen würden, jedoch dennoch als identisch angesehen werden könnten und wo ein Beleg hierfür zu finden sei. Dies erscheine sinnvoll, wenn man die englische Fassung der Prüfungsaufgabe in Betracht ziehe. Die englische Fassung der A3 lehre in diesem Zusammenhang ein "vessel", die englische Version A5 einen "tank".
Befrage man beispielhaft einschlägige Wörterbücher wie das Merriam-Webster Online (URL: https://www.merriam-webster.com/dictionary/vessel, zuletzt abgerufen am 10.2.2022), so werde folgende Definition für "vessel" geliefert:
Essential Meaning of vessel
1 formal: a ship or large boat a fishing/sailing vessel
2 technical: a vein or artery that carries blood through the body: blood vessel
3 somewhat old-fashioned: a hollow container for holding liquids a drinking vessel
Das Oxford Dictionary Online schließe sich dieser Definition an (tausche aber die Punkte 1 und 2).
Ähnlich verhalte es sich mit der Bedeutung des englischen Begriffes "tank". Vorliegend liege eindeutig ein inhaltlicher Unterschied zum möglichen Verständnis eines "Panzers" vor, so dass eine Konkordanzerklärung angebracht zu sein scheine.
Somit ergebe sich aus dem Englischen unmittelbar und eindeutig, dass hier eine Erklärung von Nöten sei, warum ein "vessel" bzw. ein "tank" auch ein "reservoir" sein könne - ein Beleg dafür finde sich in Absatz [0002] der A1.
Dies sei jedoch nichtzutreffend für die verwendeten Übersetzungen der jeweiligen Begriffe in den Anlagen A3 und A5 ins Deutsche und ins Französische. Die A1 lehre in diesem Zusammenhang im Deutschen einen "Behälter", die A5 einen "Tank". Die A3 lehre im Französischen ein "recéptacle", die A5 ein "cuve".
Eine entsprechende Suche im Larousse-Synonymlexikon (URL: https://www.larousse.fr/dictionnaires/synonymes/r%C3%A 9ccptacle/17664, zuletzt abgerufen am 10.2.2022) für "recéptacle" ergebe folgende Definition:
"Bassin où les eaux sont recueillies pour être ensuite distribuées par des conduites.
Synonyme : réservoir"
Somit seien "recéptacle" und "réservoir" eindeutig als Synonyme zu lesen und zu verstehen. (Als Gegenprobe: Eine Übersetzung ins Deutsche beispielsweise mittels leo.org habe einen "Wasserbehälter" ergeben.)
Kein unmittelbares Synonym ergebe sich jedoch im Französischen für die Begriffe "réservoir"· und "cuve" (deutsch "Holzbottich, Tank"), so dass erneut eine Konkordanzerklärung angemessen schiene.
Wie jedoch bereits mit dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten Auszug aus dem Duden belegt worden sei, handele es sich bei den in der deutschen Fassung der Prüfungsaufgabe verwendeten Begriffen "Reservoir" und "Behälter" eindeutig um Synonyme. Dies treffe nachweisbar auch auf die Begriffe "Reservoir" und "Tank" zu. Im Deutschen ergebe sich somit in beiden Fällen die Problematik einer Konkordanzerklärungsnot nicht, da es sich hierbei nachweislich, und zwar ebenfalls unmittelbar und eindeutig, um Synonyme handele. Somit sei im Gegensatz zur englischen Fassung der Prüfungsaufgabe auch keine Begründung oder Definition erforderlich, für deren Nichtvorhandensein Punkte abgezogen werden sollten.
Somit seien die Sprachfassungen der Prüfungsaufgabe C unterschiedlich und es könne deshalb keine Gleichbehandlung der Bewerber vorliegen, da die zu prüfenden Ausgangssituationen unterschiedlich seien. Der Prüfungsausschuss habe offensichtlich laut Prüferbericht von den Bewerbern erwartet, dass eine Definition/Begründung samt Beleg gegeben werde. In diesem Falle hätte die Übersetzung des Begriffs "vessel" aus dem Englischen ins Deutsche jedoch anders erfolgen müssen, beispielsweise mit "Gefäß", damit beispielsweise auch dem deutschsprachigen Bewerber ersichtlich sei, was der Prüfungsausschuss hier angedacht habe. Dass die Beschwerdeführerin Konkordanz-Definitionen, sofern offensichtlich notwendig, habe liefern können, sei in der Beschwerdebegründung beispielhaft im Zusammenhang mit dem Begriff "Abstandshalter" dargelegt worden.
Es sei auch nicht Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen, während der Prüfung die verschiedenen Sprachfassungen der Prüfungsaufgabe C miteinander zu vergleichen, da gemäß Regel 22 (2) Satz 1 der Ausführungsbestimmungen zu den Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung (ABVEP) davon ausgegangen werde, dass die Prüfungsaufgabe in ein und derselben Sprache gelesen und beantwortet werde.
b) Prüfungsteil I - Allgemeines
Die vorgebrachten Inhalte bezüglich des Prüfungsaspekts "General" seien in Summe mit 11 von 15 möglichen Punkten bewertet worden. Es erschließe sich jedoch aus der Musterlösung weder eine anteilige erwartete Punkteverteilung auf die Prüfungsteile I und II noch eine anteilige tatsächlich vergebene Punkteverteilung auf die vorliegende Prüfungsarbeit in den Prüfungsteilen I und II.
Es werde darauf hingewiesen, dass ein derartiges Vorgehen einerseits den Vorgaben der Prüfungskommission, dass beide Prüfungsteile unabhängig voneinander zu bewerten seien, widerspreche. Andererseits handele es sich bei der vorliegenden Prüfung zum Thema "Einspruch" aber um einen einzigen Einspruch, der, wenn auch für unterschiedliche Ansprüche in unterschiedlichen Zeiteinheiten eingelegt, in Summe zu betrachten und logisch zu bewerten sei.
c) Prüfungsteil I - Anspruch 1
Der Prüfungsteil hinsichtlich Anspruch 1 sei mit 9 von 12 Punkten bewertet worden. Dies sei jedoch angesichts dessen, dass ein vollständiger Neuheitsangriff basierend auf der korrekten Anlage A3 samt ausladenden Zitatstellen und Erklärungen vorliege, nicht angemessen. Die Klarstellung von "Abstandshalter" werde zudem - wohlwollend betrachtet - an anderen Stellen der Prüfungsarbeit, an denen die Musterlösung keinerlei bis kaum Ausführungen vorschlage (siehe beispielsweise das letzte sowie das drittletzte Merkmal) durchaus mehr als ausgeglichen.
Weiterhin liege ein vollständiger Neuheitsangriff des Anspruchs 1 basierend auf der A4 vor, der von der Musterlösung leider außen vorgelassen worden sei. An dieser Stelle werde die Prüfungskommission dringend gebeten zu überprüfen, inwiefern hier zusätzliche Punkte vergeben werden könnten, obwohl diese so in der Musterlösung noch nicht vorgesehen gewesen seien.
In Summe sei der Angriff gegen Anspruch 1 in Gesamtbetrachtung mit wenigstens 11 Punkten zu bewerten, da lediglich, wenn überhaupt, über die fehlende Äquivalenzbetrachtung von Puffer und Abstandshalter zu diskutieren sei.
d) Prüfungsteil I - Anspruch 3
Anspruch 3 sei mit 3 von 5 Punkten bewertet worden. Dies sei jedoch angesichts dessen, dass ein vollständiger Neuheitsangriff basierend auf der korrekten Anlage A3 samt ausladenden Zitatstellen und Erklärungen vorliege, nicht angemessen. Im Neuheitsangriff des Anspruchs 3 fehle kein wesentlicher Angriffspunkt. Vielmehr werde der Hinweis auf Absatz [0006] der A3, dass viele Sockel auch durch einen erweiterten Sockel ersetzt werden könnten, als zusätzlicher Beleg bzw. Pluspunkt auf Seiten der A3 dafür angesehen, dass die Funktionalität des hierdurch gebildeten Antiauftriebsmittels auch in größerem bzw. technisch verbessertem Format aus der A3 bekannt sei. Dieser Aspekt sei jedoch nicht zwingend notwendig, um den Wortlaut des Anspruchs 3 rückbezogen auf Anspruch 1 bereits mit den Belegen aus dem entsprechenden Neuheitsangriff des Anspruchs 1 neuheitsschädlich zu treffen. Somit müsse der Angriff des Anspruchs 3 in Gesamtbetrachtung mit vollen 5 Punkten bewertet werden.
e) Prüfungsteil I - Anspruch 2
Anspruch 2 sei mit 10 von 21, d.h. weniger als der Hälfte an tatsächlich möglichen Punkten bewertet worden, obwohl eine zwar von der Musterlösung teilweise abweichende, aber dennoch schlüssige Argumentationskette vorliege. Für die Beschwerdeführerin sei derzeit nicht ersichtlich, wie insgesamt (nur) 10 Punkte für einen insgesamt dreiteilig zu bewertenden Anspruchsangriff zustande kommen könnten. Ausgehend von einer etwaigen Verteilung von jeweils einem Drittel der Punkte auf
1) die Bestimmung des nächstliegenden Standes der Technik,
2) die Kombination der A3 mit der A6 für das erste Merkmal und
3) die Kombination der A3 mit der A2 für das zweite Merkmal
werde vorgeschlagen, mindestens 6 Punkte für 1), mindestens 6 Punkte für 2) und mindestens 3 Punkte für den vorgelegten alternativen Lösungsweg zu 3), also insgesamt mindestens 15 zu vergeben.
f) Prüfungsteil II - Allgemeines
Über die bereits gemachten Ausführungen zu dem Prüfungsteil I, "General", hinaus unterscheide sich die Prüfungsarbeit im Hinblick auf den Stand der Technik hinsichtlich der Ansprüche 2 und 3 in einigen Punkten, die jedoch einen Abzug von 4 vollen Punkten für den Aspekt "General" nicht rechtfertigen würden und daher sollte dieser Aspekt mit 13 anstelle von 11 Punkten bewertet werden.
g) Prüfungsteil II - Anspruch 4
Der Neuheitsangriff auf Anspruch 4 sei mit lediglich 8 von 14 Punkten bewertet worden, obwohl alle wesentlichen im Prüferbericht so wie in der Musterlösung genannten Punkte abgehandelt worden seien. Zudem umfasse die Prüfungsarbeit sämtliche Belegstellen und Nachweise für einen vollständigen Neuheitsangriff.
h) Prüfungsteil II - Anspruch 5
Anspruch 5 werde in Summe mit 0 von 16 Punkten bewertet. In Anbetracht der vorgelegten Logikstruktur, die aus der Problematik des erfolgten Angriffs des Anspruchs 4 wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit entstanden sei, und zwar aufgrund des lediglich in der A5 implizit offenbarten, letzten Merkmals werde höflichst um Überprüfung gebeten, inwiefern hier doch noch der eine oder andere Punkt vergeben werden könnte. Wenigstens ein Bewertungspunkt wäre jedoch nach Ansicht der Beschwerdeführerin für die korrekte Heranziehung der A1 im Zusammenhang mit dem im Rahmen des vorgelegten Angriffs als Unterscheidungsmerkmal 1 bezeichneten Unterscheidungsmerkmals sowie dessen zu lösendem Problem zu vergeben.
i) Prüfungsteil II - Anspruch 6
Anspruch 6 sei in Summe mit 0 von 17 Punkten bewertet worden. In Anbetracht der vorgelegten Aspekte 1 - 5 zum Angriff wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit gegen Anspruch 6b(ii) erscheine jedoch eine Bewertung mit mindestens 2 Punkten angemessen. Dazu komme, wie im Zusammenhang mit Prüfungsteil II, "General", bereits angemerkt worden sei, die Tatsache, dass von der Beschwerdeführerin erkannt worden sei, dass unterschiedliche Angriffe auf Anspruch 6 aufgrund der unterschiedlichen Rückbezüge notwendig seien. Hierfür sei ein weiterer Punkt zu vergeben.
j) Bemerkungen zum Prüfungsablauf/Prüfungsformat der EEP 2021
Angesichts des Prüfungsablaufs, insbesondere des Teils C, sowie des neuen Prüfungsformats der EEP, sei erwähnenswert, dass gerade das Online-Format spezielle und bisher unerprobte Tücken mit sich bringe, die in althergebrachten handschriftlichen Klausuren nicht passieren könnten. Hierzu zählten insbesondere Tipp- und Copy-Paste-Fehler. Hinzukomme ein ungesunder Stresspegel, der sich einstelle, wenn der Bildschirm einfriere oder der Lockdown-Browser zum x-ten Mal melde, dass Speicherungen nicht durchgeführt worden seien, obwohl dies dann doch der Fall gewesen sei. Außerdem habe die an vier aufeinander folgenden Tagen abgehaltene EEP 2021 und insbesondere die sehr umfangreiche Prüfungsaufgabe C (über 40 Seiten Schriftstücke), die auch noch in 2 Abschnitten erfolgt sei, eine Menge Kraft gekostet. Aus diesen Gründen werde zudem eine wohlwollende Beurteilung der vorliegenden Beschwerde gebeten.
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet und die Beschwerdegebühr rechtzeitig eingezahlt. Sie entspricht also den in Artikel 24 (2) VEP niedergelegten Voraussetzungen und ist daher zulässig.
2. Verkürzte Ladungsfrist
Gemäß Artikel 24 (4) Satz 1 VEP und entsprechender Anwendung des Artikels 13 (2) VDV ist Regel 115 (1) EPÜ entsprechend anzuwenden.
Nach Regel 115 (1) Satz 2 EPÜ beträgt die Ladungsfrist für eine mündliche Verhandlung mindestens zwei Monate, sofern die Beschwerdeführerin nicht mit einer kürzeren Frist einverstanden ist. Der Beschwerdeführerin war mit einer verkürzten Ladungsfrist einverstanden.
3. Überprüfungsmaßstab der DBK
Gemäß Artikel 24 (1) VEP und nach ständiger Rechtsprechung der DBK (im Anschluss an D 1/92, ABl. EPA 1993, 357) sind Entscheidungen der Prüfungskommission grundsätzlich nur dahingehend zu überprüfen, ob nicht die VEP oder die bei ihrer Durchführung anzuwendenden Bestimmungen oder höherrangiges Recht verletzt sind. Es ist nicht die Aufgabe der DBK, das Prüfungsverfahren sachlich zu überprüfen. Den Prüfungsausschüssen und der Prüfungskommission steht nämlich im Grundsatz ein Beurteilungsspielraum zu, der nur sehr begrenzt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist. Nur wenn in einer Beschwerde geltend gemacht werden kann, dass die angegriffene Entscheidung auf schweren und eindeutigen Fehlern beruht, kann dies von der DBK berücksichtigt werden. Der behauptete Fehler muss so offensichtlich sein, dass er ohne Wiedereröffnung des gesamten Bewertungsverfahrens und ohne wertende Neubetrachtung der Prüfungsarbeit festgestellt werden kann. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Prüfungsaufgabe widersprüchlich oder unverständlich formuliert ist (D 13/02) oder wenn Prüfer bei ihrer Beurteilung von einer technisch oder rechtlich falschen Beurteilungsgrundlage ausgehen, so dass die angefochtene Entscheidung auf dieser beruht (D 16/02, Punkt 3 der Entscheidungsgründe; D 6/04, Punkt 4 der Entscheidungsgründe).
In der vorliegenden Beschwerdebegründung geht es auch um die Frage, ob die Lösung der Beschwerdeführerin eine gleichwertige oder gar bessere Lösung als die von der Prüfungskommission erwartete Lösung ist. Um diese Frage zu beantworten, wäre jedoch eine sachliche Überprüfung des Prüfungsverfahrens seitens der Kammer notwendig, die sowohl eine eingehende Analyse der Prüfungsaufgabe C als auch eine Bewertung der jeweiligen Lösung der Beschwerdeführerin und der Prüfungskommission umfassen müsste. Dies würde jedoch einer Wiedereröffnung des gesamten Bewertungsverfahrens und einer wertenden Neubetrachtung der Prüfungsarbeit gleichkommen, was nach den oben dargelegten Grundsätzen eben nicht die Aufgabe der Kammer ist.
Ebenso wenig ist es die Aufgabe der Kammer, das von der Prüfungskommission bei der Bewertung der Prüfungsarbeit der Beschwerdeführerin angewandte Ermessen dahingehend zu überprüfen, ob der Prüfungsausschuss II oder die Prüfungskommission zu viele Punkte abgezogen bzw. nicht genügend Punkte für die Beantwortung in den jeweiligen Teilen der Prüfungsarbeit der Beschwerdeführerin vergeben hat. Würde die Kammer dem Ansatz der Beschwerdeführerin folgen, dann würde sie die Prüfungsarbeit letztlich neu bewerten müssen, in dem sie eine eigene Punktevergabe vornehmen würde. Das Werturteil des zuständigen Prüfungsausschusses oder der Prüfungskommission über die Zahl der Punkte, die die jeweilige Antwort auf eine Prüfungsfrage einer Prüfungsarbeit verdient, unterliegt jedoch nach ständiger Rechtsprechung der DBK nicht der Überprüfung durch die Beschwerdekammer (D 13/02, Punkt 5 der Entscheidungsgründe; D 7/05, ABl. EPA 2007, 378, Punkt 20 der Entscheidungsgründe). Dies muss auch für die Kriterien gelten, aufgrund derer die Prüfungskommission die Wertigkeit der erwarteten Antworten auf die Prüfungsfragen bestimmt.
Die Rechtfertigung für diese beschränkte gerichtliche Kontrolle ist in dem Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum, der den Prüfungsausschüssen und der Prüfungskommission grundsätzlich in der europäischen Eignungsprüfung zusteht, zu sehen.
4. Einwände der Beschwerdeführerin gegen die angefochtene Entscheidung
Die Beschwerdeführerin macht mehrere Einwände gegen die angefochtene Entscheidung geltend. Sie rügt insbesondere, dass die angefochtene Entscheidung auf schwerwiegenden und offensichtlichen Fehlern beruhe, nämlich auf einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung wegen Übersetzungsfehlern und auf einer offensichtlichen Missachtung ihrer korrekten Analysen und Lösungen, die alle im Widerspruch zu den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Fairness der Bewertung stünden.
5. Ungleichbehandlung aufgrund von Übersetzungsfehlern
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die Sprachfassungen der Prüfungsaufgabe C 2021 unterschiedlich seien und dass deshalb keine Gleichbehandlung der Bewerber vorliege, da die zu prüfenden Ausgangssituationen unterschiedlich seien (siehe Punkt X a) oben).
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Grundsatz der Gleichbehandlung von Bewerbern in der europäischen Eignungsprüfung eine Ausprägung höherrangigen Rechts, dessen Verletzung nach Artikel 24 (1) VEP geltend gemacht werden kann (siehe z.B. D 8/21, Punkt 10.2 der Entscheidungsgründe mit weiteren Nachweisen). Jedoch können sich auf eine Ungleichbehandlung nur solche Bewerber berufen, die selbst tatsächlich zu ihrem Nachteil im Vergleich zu anderen Bewerbern ungleich behandelt wurden.
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin die Prüfungsaufgabe C in der deutschen Fassung bearbeitet und beantwortet. Sie hat auch überzeugend dargelegt, dass sich bei den in der deutschen Fassung der Prüfungsaufgabe C verwendeten Begriffen "Reservoir" und "Behälter" eindeutig um Synonyme handelt und dass dies auch auf die Begriffe "Reservoir" und "Tank" zutrifft. Die Beschwerdeführrein konnte die Kammer auch überzeugen, dass deshalb im Gegensatz zur englischen Fassung der Prüfungsaufgabe C, wo aufgrund der Bedeutung der verwendeten Begriffe im Englischen eine Begründung oder Definition erforderlich war, warum ein "vessel" bzw. ein "tank" auch ein "reservoir" sein kann, eine solche Begründung oder Definition bei der Bearbeitung der deutschen Fassung der Prüfungsaufgabe C nicht erforderlich war bzw. von den Bewerbern, die die deutsche Fassung der Prüfungsaufgabe C bearbeitet haben, nicht erwartet werden konnte. Daher waren die Prüfungsbedingungen für die Bewerber bei der Prüfungsaufgabe C 2021 wegen der unterschiedlichen Bedeutung der betreffenden verwendeten Begriffe in der deutschen und englischen Fassung dieser Prüfungsaufgabe ungleich. Es konnte auch nicht von der Beschwerdeführerin erwartet werden, dass sie während der Prüfung die verschiedenen Sprachfassungen der Prüfungsaufgabe C miteinander vergleicht, da gemäß Regel 22 (2) Satz 1 ABVEP davon auszugehen ist, dass die Prüfungsaufgabe in ein und derselben Sprache gelesen und beantwortet wird.
Die Kammer stimmt daher der Beschwerdeführerin zu, dass ein etwaiger Punkteabzug nicht gerechtfertig gewesen wäre, wenn eine Definition oder Begründung, wie sie laut Prüferbericht erwartet wurde, von Bewerbern, die die deutsche Fassung der Prüfungsaufgabe C bearbeitet haben, in ihrer Prüfungsarbeit nicht gegeben wurde.
Es folgt daraus, dass die Beschwerdeführerin zurecht eine Ungleichbehandlung geltend gemacht hat, da sie gegenüber Bewerbern, die die englische Fassung der Prüfungsaufgabe C bearbeitet haben, einen Nachteil hatte. Da sie nicht unter gleichen Bedingungen die Prüfungsaufgabe C ablegen konnte, wurde der Gleichbehandlungsgrundsatz (siehe D 11/19, Punkt 8.3.3 der Entscheidungsgründe) verletzt. Der dargelegte ungerechtfertigte Nachteil für die Beschwerdeführerin ist im Rahmen des Möglichen auszugleichen.
Die angefochtene Entscheidung ist deshalb allein aus diesem Grund aufzuheben.
6. Bewertung einer vom Prüferbericht abweichenden, aber dennoch zumindest vertretbaren und kompetent begründeten Antwort
Was die übrigen Einwände der Beschwerdeführerin gegen die Bewertung ihrer Prüfungsarbeit betrifft (siehe Punkt X b) bis i) oben), so rügt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Entscheidung der Prüfungskommission hinsichtlich der Bewertung ihrer Prüfungsarbeit zu der Prüfungsaufgabe C mit nur 41 Punkten. Sie macht geltend, dass bestimmte Abzüge von Punkten oder die Nichtvergabe von Punkten nicht nachvollziehbar oder nicht gerechtfertigt seien. Sie trägt vor, dass nach eingängigem Studium der Musterlösung im Vergleich mit ihrer Prüfungsarbeit ersichtlich sei, dass mehrfach kaum bis nie Punkte für alternative und in der Musterlösung nicht vorgesehene Lösungsmöglichkeiten vergeben worden seien. Ihrer Meinung nach sei daher dringend eine Überprüfung der Punktevergabe und eine Überprüfung von möglichen Zusatzpunkten erforderlich.
Nach Ansicht der Kammer hat die Beschwerdeführerin zu keinem der in ihrer Beschwerde im Einzelnen behandelten Prüfungsteile der Prüfungsaufgabe C ausgeführt, inwiefern die angegriffene Entscheidung auf schweren und eindeutigen Fehlern beruhe oder inwiefern die Prüfer bei ihrer Beurteilung von einer technisch oder rechtlich falschen Beurteilungsgrundlage ausgegangen seien. Solche Mängel sind aus Sicht der Kammer vorliegend auch nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin hat vielmehr ausschließlich geltend gemacht, dass die Prüfer in den von ihr in der Beschwerde behandelten Prüfungsteilen zu ihrem Nachteil eine geringere Punktezahl oder gar keine Punkte vergeben hätten, obwohl die Vergabe von mehr Punkten aus ihrer Sicht angezeigt gewesen wäre. Im Ergebnis begehrt die Beschwerdeführerin also ausschließlich eine Überprüfung des Werturteils der Prüfungskommission und des zuständigen Prüfungsausschusses II über die Zahl der Punkte, die ihre Prüfungsarbeit aus ihrer Sicht verdient hätte.
Vorliegend geht es also um die Frage, ob bei einer gerechten Bewertung der von dem Lösungsvorschlag abweichenden alternativen Lösungen in der Prüfungsarbeit der Beschwerdeführerin nicht mehr Punkte hätten vergeben werden müssen.
Nach der Rechtsprechung der DBK sind vom Prüferbericht abweichende, aber dennoch zumindest vertretbar und kompetent begründete Antworten gerecht zu bewerten (siehe D 7/05, ABl. EPA 2007, 378, 2. Leitsatz sowie Punkt 13 der Entscheidungsgründe; D 12/82, ABl. EPA 1983, 233, Punkt 3 der Entscheidungsgründe). Diese Verpflichtung leitet sich aus dem Zweck der europäischen Eignungsprüfung ab, die Berufsbefähigung ("fit to practice") der Bewerber festzustellen (Artikel 1 (1) VEP). Bei der Bewertung der Prüfungsarbeit hinsichtlich der betreffenden Teilaufgabe ist aber nach der oben dargestellten Rechtsprechung immer auch zu berücksichtigen, ob die Antwort im Gesamtzusammenhang der Prüfungsarbeit vertretbar und kompetent begründet ist. Gerade deswegen steht den Prüfungsausschüssen in der europäischen Eignungsprüfung bei der Bewertung einer Prüfungsaufgabe ein gewisser Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum zu.
Um diese Frage vorliegend zu beantworten, wäre jedoch eine sachliche Überprüfung des Bewertungsverfahrens seitens der Kammer notwendig, die sowohl eine eingehende Analyse der Prüfungsaufgabe C als auch eine Bewertung der jeweiligen Lösung der Beschwerdeführerin und der Prüfungskommission umfassen müsste. Dies würde jedoch einer Wiedereröffnung des gesamten Bewertungsverfahrens und einer wertenden Neubetrachtung der Prüfungsarbeit C gleichkommen, was nach den oben dargelegten Grundsätzen eben nicht die Aufgabe der Kammer ist. Wie oben dargelegt, fällt die Überprüfung dieses Werturteils nicht in die Kompetenz der Kammer, da Werturteile grundsätzlich der gerichtlichen Kontrolle entzogen sind.
7. Bemerkungen zum Prüfungsablauf/Prüfungsformat der EEP 2021
Die von der Beschwerdeführerin gemachten Ausführungen zum Prüfungsablauf, insbesondere zum Prüfungsteil C 2021, sowie zum neuen Prüfungsformat der EEP 2021 (siehe Punkt X j) oben) können aus Sicht der Kammer nicht "eine wohlwollende Beurteilung der vorliegenden Beschwerde" rechtfertigen. Würde die Kammer dies tun, dann würde dies zu einer Ungleichbehandlung führen, denn die von der Beschwerdeführerin vorliegend geltend gemachten negativen Umstände (sowohl technischer als auch inhaltlicher Art) betrafen wohl sämtliche Bewerber, die an der EEP 2021 teilgenommen haben, in gleichem Maße.
8. Zurückverweisung
Die Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass die von ihr geltend gemachte Ungleichbehandlung aufgrund von Übersetzungsfehlern, auf der die angefochtene Entscheidung ihrer Meinung nach beruhe, so schwerwiegend sei, dass eine direkte Entscheidung der Kammer gemäß Hauptantrag gerechtfertigt sei.
Wie oben dargelegt (siehe Punkt 5 oben), ist der ungerechtfertigte Nachteil für die Beschwerdeführerin, der aufgrund von Übersetzungsfehlern und der damit einhergehenden Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes entstanden ist, im Rahmen des Möglichen auszugleichen.
Es obliegt jedoch prinzipiell nicht der Kammer, sich an die Stelle der Prüfungskommission zu setzen und im Falle einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes selbst einen angemessenen Ausgleich anzuordnen. Wenn eine Beschwerde zulässig und begründet ist, so ist die DBK gemäß Artikel 24 (4) Satz 2 VEP grundsätzlich nur befugt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung an die Prüfungskommission zurückzuverweisen. Die DBK hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens lediglich die Aufgabe, die Entscheidung der Prüfungskommission auf Rechtsfehler zu überprüfen. Insbesondere kann die DBK, sofern die Prüfungskommission eine Ermessensentscheidung getroffen hat, lediglich überprüfen, ob ein Ermessensfehler vorliegt. Die DBK kann in Ermessensfragen die angefochtene Entscheidung jedoch nicht durch ihre eigene Entscheidung ersetzen. Daher können Anträge auf Vergabe zusätzlicher Punkte oder einer bestimmten Note grundsätzlich nicht im Beschwerdeverfahren vor der DBK behandelt werden, es sei denn, es liegen ganz besonderen Ausnahmefälle vor, in denen wichtige Gründe gegen eine Zurückverweisung sprechen. Dies wäre z.B. denkbar, wenn für die Benotung kein Ermessensspielraum mehr vorliegt oder wenn der Ermessensspielraum des Prüfungsausschusses für die Neubewertung einer Arbeit bei Zurückverweisung so gering ist, dass die Bindungswirkung einer Entscheidung der Kammer nicht beachtet würde, wenn der Prüfungsausschuss die Note nicht ändert (siehe z.B. D 1/86, ABl. EPA 1987, 489, Punkt 2 der Entscheidungsgründe; D 3/14, D 14/17 und D 20/17).
Solche außergewöhnlichen Gründe liegen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor.
Aus den obigen Gründen ist im vorliegenden Fall die Sachverhaltsaufklärung und gegebenenfalls das Finden eines angemessenen Ausgleichs die Aufgabe der Prüfungskommission, welche hinsichtlich des letztgenannten Punkts ein Ermessen hat. Sie kann im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums bestimmen, wie der der Beschwerdeführerin durch die Ungleichbehandlung entstandene Nachteil zu berücksichtigen ist, zum Beispiel durch Vergabe von zusätzlichen Punkten. Folglich ist es also der Prüfungskommission überlassen, nach Zurückverweisung der Angelegenheit einen nach Art und Ausmaß in der gegebenen Situation angemessenen Ausgleich zu finden und möglicherweise die Benotung gemäß Artikel 6 (5) Satz 2 VEP entsprechend zu korrigieren. Unter den gegebenen Umständen sieht die Kammer keine Handhabe, die Prüfungsarbeit der Beschwerdeführerin selbst mit 45 Punkten zu bewerten, wie es die Beschwerdeführerin beantragt hat.
9. Ergebnis
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin, "das Ergebnis der Beurteilung der Aufgabe C gemäß als R. 6(3)a) ABVEP als NICHT BESTANDEN MIT AUSGLEICHSMÖGLICHKEIT neu festzusetzen", nicht entsprochen werden kann. Dagegen ist aus den in Punkt 5 genannten Gründen der Hilfsantrag der Beschwerdeführerin begründet und entsprechend die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Angelegenheit an die Prüfungskommission zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der rechtlichen Beurteilung der Kammer (vgl. Artikel 24 (4) Satz 1 VEP in Verbindung mit Artikel 22 (3) VDV und Artikel 111 (2) Satz 1 EPÜ) zurückzuverweisen.
10. Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Da der vorliegenden Beschwerde zumindest im Hilfsantrag stattzugeben ist, entspricht es nach Ansicht der Kammer der Billigkeit, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr in voller Höhe gemäß Artikel 24 (4) Satz 3 VEP im vorliegenden Fall anzuordnen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung der Prüfungskommission wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungskommission mit der Anordnung zurückverwiesen, den zuständigen Prüfungsausschuss anzuweisen, die Prüfungsarbeit C der europäischen Eignungsprüfung 2021 neu zu bewerten.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr in voller Höhe wird angeordnet.