R 0002/16 (Antrag auf Überprüfung) 28-10-2016
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VORRICHTUNG UND EIN VERFAHREN ZUR MIKROPARTIKULIERUNG VON FILTRATIONSRETENTATEN
Antrag auf Überprüfung (offensichtlich nicht begründet)
Verstoß gegen Art.112a(2)c) (nein)
I. Mit ihrem am 10. Februar 2016 eingereichten Überprüfungsantrag macht die Anmelderin und Beschwerdeführerin geltend, im Verfahren T1787/14, das in der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2015 zur Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen die Zurückweisung ihrer europäischen Patentanmeldung mit der Nr. 05782792.5 führte, in ihrem Recht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt worden zu sein. Die schriftlich begründete Entscheidung der Beschwerdekammer wurde am 30. November 2015 zur Post gegeben und gilt als am 10. Dezember 2015 zugestellt (Regel 126(2) EPÜ).
II. In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im Lichte von D6A an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen oder ein Patent zu erteilen im Umfang des Hauptantrags oder des Hilfsantrags 1, beide eingereicht mit Schreiben vom 16. Oktober 2015, oder des geänderten Hilfsantrags 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer. Der Antrag auf Zurückverweisung wurde abgelehnt. Der Gegenstand des Hauptantrags wurde als nicht erfinderisch angesehen, wobei ein Dokument mit der Bezeichnung D6A, das erst mit der Ladung vom 29. Juli 2015 zur mündlichen Verhandlung am 30. Oktober 2015 in das Verfahren eingeführt worden war, als nächstkommender Stand der Technik angesehen wurde. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 wurde als unklar bewertet und ein Merkmal des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 als nicht in der ursprünglichen Anmeldung offenbart angesehen. Zudem wurde ausgeführt, es fehle dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 ebenfalls ausgehend von dem im Dokument D6A beschriebenen Stand der Technik die erfinderische Tätigkeit.
III. Einen Antrag auf Protokollergänzung hinsichtlich einer ausdrücklichen Rüge der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer hat diese mit Entscheidung vom 19. Februar 2016 abgelehnt.
IV. Der Überprüfungsantrag stützt sich auf Artikel 112a(2)c) EPÜ und macht zwei schwerwiegende Verstöße gegen Artikel 113(1) EPÜ geltend.
Die erste Rüge: Keine Zurückverweisung
V. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung der Sache an die Prüfungsabteilung sei zu entsprechen gewesen, damit die Nachprüfung der noch nicht behandelten Punkte in zwei Instanzen möglich bleibe. Dies wäre insbesondere deshalb angebracht gewesen, weil die neue Entgegenhaltung die Erteilung eines Patents gefährdet habe.
Die zweite Rüge: Missachtung des Patentierungsgebots; fehlender Hinweis der Kammer auf die Aufgabenstellung und das Naheliegen der Lösung
VI. Aus Artikel 52(1) EPÜ ergebe sich ein allgemeines Patentierungsgebot. Aus der Mitteilung der Beschwerdekammer, mit der das Dokument D6A in das Verfahren eingeführt worden sei, habe sich nicht ergeben, welches Problem nach Auffassung der Beschwerdekammer mit den von ihr erkannten unterscheidenden Merkmalen gelöst werde und ob die Lösung für den Fachmann naheliegend sei. Dies sei auch nicht in der mündlichen Verhandlung geschehen. Diese Angaben seien die in Artikel 113(1) EPÜ genannten Gründe. Ihre Kenntnis sei erforderlich gewesen, um sich in der Sache sinnvoll äußern zu können.
VII. In der Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2016 hat die Große Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass sie den Überprüfungsantrag für offensichtlich unbegründet hält. Soweit gerügt werde, dass die Vorabbekanntgabe der Entscheidungsgründe für eine sachlich vernünftige Stellungnahme der Beschwerdeführerin erforderlich gewesen sei und nur so der Anspruch auf rechtliches Gehör hätte erfüllt werden können, hat die Große Beschwerdekammer auf ihre ständige Rechtsprechung seit der Entscheidung R1/08 (zuletzt bestätigt durch die Entscheidung R18/14) hingewiesen, nach der eine Beschwerdekammer nicht verpflichtet ist, einer Partei vorab alle für oder gegen einen Antrag sprechenden Gesichtspunkte mitzuteilen.
VIII. Mit Schreiben vom 28. September 2016 hat die Antragstellerin erläutert, weshalb die genannten Entscheidungen aus ihrer Sicht bei der hier zu treffenden Entscheidung nicht anwendbar seien.
IX. Am 28. Oktober 2016 fand die mündliche Verhandlung vor der Großen Beschwerdekammer statt. Die Antragstellerin machte Ausführungen zu den Unterschieden des vorliegenden Falles im Vergleich zu den bereits von der Großen Beschwerdekammer entschiedenen Fällen und wies darauf hin, dass sich aus den Artikeln 54 und 56 EPÜ für das Patenterteilungsverfahren eine klare Beweislastverteilung zu Lasten des Europäischen Patentamts ergebe.
X. Die Antragstellerin im Überprüfungsverfahren beantragte, dass die Große Beschwerdekammer den Überprüfungsantrag im Rahmen der Prüfung gemäß Regel 109(2)a) nicht für offensichtlich unbegründet befindet und folglich dass die Große Beschwerdekammer gemäß Regel 109(2)b) in der Besetzung mit vier rechtskundigen und einem technisch vorgebildeten Mitglied über den Überprüfungsantrag entscheidet und diesem stattgibt, indem sie die Rückzahlung der Gebühr für den Überprüfungsantrag anordnet und das Verfahren an die Beschwerdekammer zurückverweist.
1. Der Überprüfungsantrag ist rechtzeitig gestellt. Die entsprechende Gebühr ist entrichtet.
2. Da der Überprüfungsantrag offensichtlich unbegründet ist, entscheidet die Beschwerdekammer in der Besetzung nach Regel 109(2)a) EPÜ. Es kann wegen der offensichtlichen Unbegründetheit des Überprüfungsantrags dahinstehen, ob die Beschwerdeführerin ihrer Rügepflicht nach Regel 106 EPÜ nachgekommen ist.
Zur ersten Rüge (siehe oben Ziffer V.)
3. Die Kammer folgt im Hinblick auf diese Rüge ihrer Entscheidung mit dem Aktenzeichen R9/10 (siehe dort insbesondere Ziffern 8. und 9.). Nach den in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätzen gibt es kein Recht auf Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz, sondern nur ein Ermessen der Beschwerdekammer, ob sie die Sache selbst entscheidet oder die Sache an die erste Instanz zurückverweist. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs kann folglich nur im Verfahren betreffend die Entscheidung über den Zurückverweisungsantrag geschehen. Dies ist vorliegend nicht geltend gemacht.
Zur zweiten Rüge (siehe oben Ziffer VI.)
4. Der geltend gemachte Verstoß gegen das Patentierungsgebot betrifft die Auslegung der Artikel 52(1), 54 und 56 EPÜ. Insoweit handelt es sich um Fragen des materiellen Rechts. Diese sind nicht Gegenstand des Überprüfungsverfahrens nach Artikel 112a EPÜ.
Die Vorabbekanntgabe der nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatzes zu bestimmenden objektiven Aufgabe und Ausführungen zum Naheliegen des Erfindungsgegenstandes waren nicht erforderlich, um den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör zu erfüllen. Artikel 113(1) EPÜ bestimmt, dass Entscheidungen des Europäischen Patentamts nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Gründe sind dabei die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die sich die Entscheidung stützt (siehe hierzu Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage, III.B.2.3.2). In ihrer Mitteilung vom 29. Juli 2015 in den Ziffern 6. und 7. hat die Beschwerdekammer sehr ausführlich dazu Stellung genommen, von welchem Stand der Technik sie ausgeht und welche Unterschiede sie im Vergleich zu der beanspruchten Erfindung sieht. Sie hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Aufgabe der Erfindung in der mündlichen Verhandlung zu klären sein wird. Es geht auch klar hervor, welche Dokumente zur Beurteilung des Naheliegens vorläufig in Frage kamen. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, auf welche Gründe im Sinne des Artikels 113(1) EPÜ sich die Kammer in ihrer Entscheidung gestützt haben könnte, zu denen sich die Antragstellerin nicht hat äußern können.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Der Überprüfungsantrag wird einstimmig als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.