T 0717/01 14-01-2003
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Anschlußvorrichtung für Druckleitungen
Zulässigkeit der Beschwerde der Patentinhaberin
Änderung des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalts (neue Patentansprüche)
Fehlende Begründung (nein)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Eine Begründung seitens der beschwerdeführenden Patentinhaberin im Sinne von Artikel 108 Satz 3 EPÜ kann bei fehlender Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung dann als ausreichend angesehen werden, wenn
- sich der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt durch neue zusammen mit der Beschwerdebegründung vorgelegte Patentansprüche verändert hat, und
- ausführlich dargelegt ist, warum die erhobenen Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis dieser neuen Patentansprüche nicht entgegenstehen (Punkt 2 der Entscheidungsgründe).
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 95 108 952.3 wurde das europäische Patent Nr. 0 691 499 erteilt.
II. Die Einsprechende legte gegen das erteilte Patent Einspruch ein und beantragte, das Patent u. a. wegen fehlender Patentfähigkeit zu widerrufen.
Sie berief sich dabei im Einspruchsverfahren u. a. auf
D2: EP-A-0 005 865
D19: DE-B-3 005 825
D23: DE-A-2 714 180.
III. Mit am 3. Mai 2001 zur Post gegebener Zwischenentscheidung hielt die Einspruchsabteilung das Patent entsprechend dem damaligen Hilfsantrag 3 der Patentinhaberin in geändertem Umfang aufrecht.
Der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltene Patentanspruch 1 (entspricht dem erteilten Patentanspruch 1) lautet:
"1. Anschlußvorrichtung für Druckleitungen, mit einem eine Aufnahmeöffnung (2) zum Einstecken eines Steckerteils aufweisenden Gehäuseteil (1), welches zweiteilig aus einem Basisteil (8) und einem lösbar mit einem Außengewindeabschnitt (20) in ein Innengewinde (22) des Basisteils (8) eingeschraubten Einschraubteil (10) besteht, wobei das Einschraubteil (10) einen sich an den Außengewindeabschnitt (20) anschließenden, flanschartigen, insbesondere als Außensechskant ausgebildeten Betätigungsabschnitt (28) aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen dem Basisteil (8) und dem Einschraubteil (10) zur Erzeugung eines erhöhten Kraft- und/oder Formschlusses und dadurch eines erhöhten Lösedrehmomentes Verbindungsmittel gebildet sind, indem das Basisteil (8) als Verbindungsmittel einen umlaufenden Ringkragen (34) aufweist, der im eingeschraubten Zustand des Einschraubteils (10) den Betätigungsabschnitt (28) kraft- und/oder formschlüssig umschließt."
V. Gegen diese Entscheidung haben die Patentinhaberin und die Einsprechende am 30. Juni 2001 bzw. am 26. Juni 2001 Beschwerde eingereicht und dabei jeweils gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet.
Die Beschwerdebegründungen wurden seitens der beschwerdeführenden Patentinhaberin am 6. September 2001 und seitens der beschwerdeführenden Einsprechenden am 12. September 2001 eingereicht.
VI. Es wurde am 14. Januar 2003 vor der Kammer mündlich verhandelt.
Die beschwerdeführende Patentinhaberin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Basis der erteilten Patentansprüche 1 und 2 zusammen mit den Patentansprüchen 3 bis 15 gemäß Hauptantrag bzw. mit den Ansprüchen 3 bis 14 gemäß Hilfsantrag I beide eingereicht mit der Beschwerdebegründung am 6. September 2001 oder gemäß Hilfsantrag II zusammen mit den Patentansprüchen 3 bis 14 entsprechend dem ursprünglichen Hilfsantrag 3 überreicht in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung.
Der unabhängige Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag lautet:
"3. Anschlußvorrichtung für Druckleitungen, mit einem eine Aufnahmeöffnung (2) zum Einstecken eines Steckerteils aufweisenden Gehäuseteil (1), welches zweiteilig aus einem Basisteil (8) und einem lösbar mit einem Außengewindeabschnitt (20) in ein Innengewinde (22) des Basisteils (8) eingeschraubten Einschraubteil (10) besteht, dadurch gekennzeichnet, dass das Basisteil (8) aus Kunststoff besteht und im Bereich der Gewinde (20, 22) zwischen dem Basisteil (8) und dem Einschraubteil (10) Verbindungsmittel zur Erzeugung eines erhöhten Kraftschlusses und dadurch eines erhöhten Lösedrehmomentes gebildet sind, indem sich die beiden Gewinde (20, 22) derart zumindest bereichsweise bezüglich zumindest einer ihrer maßgeblichen Gewindegrößen voneinander unterscheiden, dass beim Verschrauben im Gewindebereich elastische Verformungen auftreten."
Der unabhängige Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag I lautet:
"3. Anschlußvorrichtung für Druckleitungen, mit einem eine Aufnahmeöffnung (2) zum Einstecken eines Steckerteils aufweisenden Gehäuseteil (1), welches zweiteilig aus einem Basisteil (8) und einem lösbar mit einem Außengewindeabschnitt (20) in ein Innengewinde (22) des Basisteils (8) eingeschraubten Einschraubteil (10) besteht, dadurch gekennzeichnet, dass das Basisteil (8) aus Kunststoff besteht und im Bereich der Gewinde (20, 22) zwischen dem Basisteil (8) und dem Einschraubteil (10) Verbindungsmittel zur Erzeugung eines erhöhten Kraftschlusses und dadurch eines erhöhten Lösedrehmomentes gebildet sind, indem sich die beiden Gewinde (20, 22) des Einschraubteils (10) und des Basisteils (8) derart zumindest bereichsweise bezüglich zumindest einer ihrer maßgeblichen Gewindegrößen, nämlich ihres Außendurchmessers (D1, D2) und/oder ihres Flankenwinkels (Alpha, Beta) und/oder ihres Flankendurchmessers (D3, D4) bei unverändertem Kerndurchmesser und unveränderter Steigung voneinander unterscheiden, dass beim Verschrauben im Gewindebereich elastische Verformungen auftreten."
Der unabhängige Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag II lautet:
"3. Anschlußvorrichtung für Druckleitungen, mit einem eine Aufnahmeöffnung (2) zum Einstecken eines Steckerteils aufweisenden Gehäuseteil (1), welches zweiteilig aus einem Basisteil (8) und einem lösbar mit einem Außengewindeabschnitt (20) in ein Innengewinde (22) des Basisteils (8) eingeschraubten Einschraubteil (10) besteht, dadurch gekennzeichnet, dass das Basisteil (8) aus Kunststoff besteht und im Bereich der Gewinde (20, 22) zwischen dem Basisteil (8) und dem Einschraubteil (10) Verbindungsmittel zur Erzeugung eines erhöhten Kraftschlusses und dadurch eines erhöhten Lösedrehmomentes gebildet sind, indem sich die beiden Gewinde (20, 22) zumindest bereichsweise bezüglich einiger ihrer maßgeblichen Gewindegrößen voneinander unterscheiden, und zwar indem das Innengewinde (22) des Basisteils (8) derart bereichsweise gegenüber dem Außengewinde (20) des Einschraubteils (10) einen reduzierten Außendurchmesser (D2), einen vergrößerten Flankenwinkel (Beta) sowie einen reduzierten Flankendurchmesser (D4) aufweist, dass beim Verschrauben im Gewindebereich elastische Verformungen auftreten."
VII. Zur Begründung ihrer Anträge führte die beschwerdeführende Patentinhaberin im wesentlichen folgendes aus:
i) Patentanspruch 1 wie erteilt:
Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe könne darin gesehen werden, bei einer gattungsgemäßen Anschlußvorrichtung für Druckleitungen, die insbesondere der Druckschrift D2 zu entnehmen sei, eine verbesserte Lösedrehsicherung zu schaffen. D19 könne die Lehre des Patentanspruchs 1 nicht nahegelegt haben. Diese Druckschrift betreffe eine Schraubverbindung mit einer massiven Schraube, die zwei Teile verbinde, so daß insgesamt drei Teile vorhanden seien. Dagegen bestehe die Anschlußvorrichtung gemäß Patentanspruch 1 zweiteilig aus einem Basisteil und einem Einschraubteil. Das Einschraubteil sei nicht massiv, sondern hülsenförmig ausgebildet und bilde einen Teil der Aufnahmeöffnung zum Einstecken eines Steckerteils. Des weiteren sei zwar in D19 ein umlaufender Ringkragen vorgesehen, jedoch wirke dieser Ringkragen keinesfalls mit dem sechskantförmig ausgebildeten Schraubenkopf, sondern mit einem zusätzlichen Teil zusammen, nämlich einem radial überstehenden Bund, der zwischen dem Schraubenkopf und dem Schraubenschaft vorgesehen sei. Mithin ist der Druckschrift D19 keinerlei Hinweise auf den erfindungsgemäßen Kraft- oder Formschluß zwischen dem sechskantförmigen ausgebildeten Kopf des Einschraubteils und dem Ringkragen des Basisteils zu entnehmen.
ii) Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag
Die D23 offenbare keine Anschlußvorrichtung für Druckleitungen. Für den Fachmann auf dem Gebiet von Druckleitungen sei es nicht naheliegend, diese Druckschrift heranzuziehen, denn die Erkenntnisse, die in D23 offenbart seien, seien Spezialkenntnisse zum Verbinden eines Metallbolzens mit einem Innengewinde aus Metall und stünden in keinem Zusammenhang mit Druckleitungen.
Durch die Lehre der D23 werde ohnehin keine Verbindung erreicht, bei der beim Verschrauben im Gewindebereich elastische Verformungen aufträten, wodurch eine beliebig häufige Wiederholmontage unter Aufrechterhaltung der selbstsichernden Eigenschaften möglich sei.
iii) Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag I
Ferner sei in keiner Entgegenhaltung offenbart, daß die Gewindeaußendurchmesser und/oder die Flankenwinkel (Alpha, Beta) und/oder die Flankendurchmesser bei unveränderten Kerndurchmesser und unveränderter Steigerung sich voneinander derart unterscheiden, daß beim Verschrauben elastische Verformungen aufträten. Der Gegenstand dieses Patentanspruchs 3 beruhe daher auf erfinderischer Tätigkeit.
iv) Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag II
Die Druckschrift D23 enthalte keinerlei Hinweise auf den Einsatz von Kunststoff für das Basisteil und die Auswahl eines reduzierten Außendurchmessers, eines vergrößerten Flankenwinkels sowie eines reduzierten Flankendurchmessers des Innengewindes gegenüber dem Außengewinde des Einschraubteils, so daß beim Verschrauben im Gewindebereich elastische Verformungen aufträten. Dadurch werde eine beliebig häufige Wiederholmontage und verbesserte selbstsichernde Eigenschaften erreicht. Der Gegenstand des Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag II weise ebenfalls die notwendige erfinderische Tätigkeit auf.
VIII. Die beschwerdeführende Einsprechende widersprach in allen Punkten dem Vorbringen der Patentinhaberin.
Sie machte geltend, daß weder der Gegenstand des durch die Zwischenentscheidung aufrechterhaltenen Patents noch der Gegenstand des Hauptantrags und auch nicht der Gegenstand der Hilfsanträge I oder II auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Des weiteren vertrat sie die Auffassung, daß die Beschwerde der Patentinhaberin wegen fehlender Begründung unzulässig sei:
Mit der von der Patentinhaberin eingereichten "Beschwerdebegründung" seien lediglich neue Anträge gestellt worden. Der neue Hauptantrag bezüglich des Patentanspruchs 3 entspreche dem zu Beginn der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgelegten Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag 1, der aus formalen Gründen nicht zugelassen worden sei. Der mit der Beschwerde vorgelegte Hauptantrag umfasse einen Patentanspruch 3, der bisher noch nicht Gegenstand des Verfahrens war.
Die Patentinhaberin habe in der Beschwerdebegründung keinerlei Ausführungen dazu gemacht, weswegen der Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag 1 in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung hätte zugelassen werden müssen. Es werde somit von der Patentinhaberin nicht annähernd auf die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung eingegangen, sondern es seien nur neue Anträge gestellt worden. Damit sei die Beschwerde nicht begründet und somit unzulässig.
1. Die Beschwerde der Einsprechenden ist zulässig.
2. Zulässigkeit der Beschwerde der Patentinhaberin
2.1. Die Patentinhaberin überreichte während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung drei neue Hilfsanträge 1 bis 3, die jeweils Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung und Patentanspruch 3 in einer geänderten Fassung enthielten.
In der angefochtenen Zwischenentscheidung wurde ihrem Hauptantrag als auch ihren Hilfsanträgen 1 und 2 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 3 nicht stattgegeben und das europäische Patent wurde auf der Basis des Hilfsantrags 3 in geändertem Umfang aufrechterhalten. Es steht somit außer Frage, daß die Patentinhaberin im Sinne von Artikel 107 EPÜ beschwert ist.
Mit ihrer Beschwerdebegründung reichte die Patentinhaberin im wesentlichen einen neuen geänderten Patentanspruch 3 ein und machte geltend, daß dessen Gegenstand durch die in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigten Entgegenhaltungen weder vorweggenommen noch nahegelegt würde.
Der Patentanspruch 3 gemäß dem mit der Beschwerdebegründung neu eingereichten Hauptantrag unterscheidet sich von dem in der Zwischenentscheidung als nicht erfinderisch beurteilten Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag 1 durch die Hinzufügung "derart ... daß beim Verschrauben im Gewindebereich elastische Verformungen auftreten". Eine solche Ergänzung ist in der Beschwerdebegründung von der Patentinhaberin "als Kern der Erfindung" bezeichnet. Die Beschwerdebegründung enthält keine weiteren Ausführungen. Es wurde nur darauf hingewiesen, daß die erste Instanz in der angefochtenen Zwischenentscheidung den Gegenstand des Patentanspruchs 3 gemäß diesem damaligen Hilfsantrags 1 fälschlicherweise als nicht erfinderisch beurteilt hatte. Eine Auseinandersetzung mit den Gründen der Zwischenentscheidung fehlt somit vollständig.
Laut ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern kann eine Begründung im Sinne von Artikel 108 EPÜ Satz 3 EPÜ, auch dann als ausreichend angesehen werden, bei fehlender Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung, wenn sie sich auf eine Änderung des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalts stützt (zum Beispiel durch Einreichung neuer Patentansprüche) und wenn deren Gründe angesichts dieses geänderten Sachverhalts nicht mehr gültig sind (siehe insbesondere die Entscheidung J xx/87, EPA ABl. 1988, 323, Punkt 1.4 der Entscheidungsgründe und T 105/87 vom 25. Februar 1988).
Hat sich wie im vorliegenden Fall der Sachverhalt durch die Vorlage zusammen mit der Beschwerdebegründung von einem geänderten eingeschränkten Hauptanspruch derart verändert, daß die Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht mehr relevant ist, so ist die Beschwerde ausreichend begründet, auch wenn die der Entscheidung zugrundeliegende Begründung keinesfalls in Frage gestellt wird, siehe die Entscheidung T 563/91 der Kammer 3.2.1 vom 3. Januar 1993.
Dies gilt auch für den Fall einer Beschwerde seitens einer Einsprechenden, wenn sich der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt durch einen erstmals in der Beschwerdebegründung genannten Stand der Technik nach einer Vorveröffentlichung oder einer geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung verändert hat (siehe insbesondere Entscheidung T 611/90, EPA ABl. 1993, 50 und T 3/92 vom 3. Juni 1994).
Nach der Grundsatzentscheidung T 220/83, ABl. EPA 1986, 249, der sich die Kammer anschließt und auf welche die Einsprechende sich beruft, muß die Beschwerdebegründung die rechtlichen und tatsächlichen Gründe angeben, aus denen sich die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung ergibt. Nach der zweiten Grundsatzentscheidung T 213/85, ABl. EPA 1987, 482, auf die die beschwerdeführende Einsprechende auch Bezug nimmt, muß sich eine für die Zulässigkeit einer Beschwerde ausreichende Begründung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Jedoch gelten diese Grundsätze nur für einen unveränderten, der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt, wenn z. B. in der Beschwerde seitens der Patentinhaberin an dem früheren Hauptantrag festgehalten wird. Das ist jedoch hier nicht der Fall. Die Einreichung eines neuen Hauptantrags zusammen mit der Beschwerdebegründung, in dem ein geänderter eingeschränkter Hauptanspruch vorgeschlagen wird, stellt implizit eine Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung im Sinne von Artikel 108 Satz 3 EPÜ dar, insofern die Änderungen durch die Einwände der ersten Instanz veranlaßt sind, obwohl die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage gestellt ist.
Da alle übrigen formalen Erfordernissen erfüllt sind, hält daher die Kammer die Beschwerde der Patentinhaberin für zulässig.
3. Patentanspruch 1 wie erteilt
Ausgangspunkt für die Erfindung ist das in der Streitpatentschrift zitierte Dokument D2, das eine gattungsgemäße Anschlußvorrichtung offenbart.
Gemäß der Streitpatentschrift sei es heute in zunehmendem Maße erwünscht, das Basisteil und das Einschraubteil aus verschiedenen Werkstoffen herzustellen, und zwar insbesondere das Basisteil aus Kunststoff und das Einschraubteil aus Metall. Es habe sich aber gezeigt, daß bei einer solchen Werkstoffkombination (Kunststoff-Metall-Kombination) im praktischen Einsatz, und zwar vor allem bei Kfz-Bremssystemen, wie Druckluft-Bremsanlagen in LKW, häufig Undichtigkeiten zwischen dem Basisteil und dem Einschraubteil aufträten und zwar vor allem deshalb, weil sich das Einschraubteil ungewollt, z. B. vibrationsbedingt, zumindest geringfügig von dem Basisteil löse (siehe Spalte 1, dritter Absatz der Streitpatentschrift).
Hiervon ausgehend kann die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe - wie im wesentlichen in der Streitpatentschrift angegeben - darin gesehen werden, eine Anschlußvorrichtung der gattungsgemäßen Art so zu verbessern, daß sie vibrationssicherer oder nicht lockerungsfähig ist, so daß die Dichtigkeit dauerhaft gewährleistet ist, und zwar insbesondere auch bei der Verwendung einer Kunststoff-Metall-Kombination des Basisteils und des Einschraubteils.
Diese Aufgabe wird nach dem Streitpatent bei einer gattungsgemäßen Anschlußvorrichtung durch die folgenden im kennzeichnenden Teil des erteilten Patentanspruchs 1 aufgeführten Maßnahmen gelöst:
i) Zwischen dem Basisteil (8) und dem Einschraubteil (10) sind Verbindungsmittel gebildet zur Erzeugung eines erhöhten Kraft- und/oder Formschlusses und dadurch eines erhöhten Lösedrehmomentes.
ii) Das Bauteil (15) weist als Verbindungsmittel einen umlaufenden Ringkragen (34) auf.
iii) Der Ringkragen umschließt im eingeschraubten Zustand des Einschraubteils (10) den Betätigungsabschnitt (28) kraft- und/oder formschlüssig.
Als Fachmann ist hier ein in der Entwicklung und in der Konstruktion von Druckleitungsverbindern vertrauter Maschinenbauingenieur mit Grundkenntnissen in der Schraubentechnik und Losdrehsicherheit von Schraubenverbindungen anzusehen. Der Fachmann im Zuge der Verbesserung der Losdrehsicherheit einer gattungsgemäßen Anschlußvorrichtung wird auf die Druckschrift D19 stoßen, in dem ein ähnliches Problem, nämlich die Verbindung einer Schraube aus Stahl und einem Basisteil aus thermoplastischem Kunststoff, was zu einer Herausdrehbarkeit der Schraube aus dem Kunststoffteil führen kann, existiert.
In D19 ist explizit angegeben, daß die zu lösende Aufgabe darin besteht, "eine einfach ausgestaltete Sicherung gegen Lösen der Schraube zu schaffen" (Spalte 1, Zeilen 49 bis 51), wodurch zwischen dem Schraubenbund und dem Bauteil ein Formschluß geschaffen wird, zu dessen Überwindung das am Gewindeschaft angreifende, das Herausdrehen der Schraube verursachende Drehmoment nicht ausreicht (Spalte 1, Zeilen 57 bis 61). Um dieses technische Problem zu lösen wird dort vorgeschlagen, daß
i) zwischen dem Bauteil (15) und dem Einschraubteil (11) zur Erzeugung eines erhöhten Kraft- und/oder Formschlusses und dadurch eines erhöhten Lösedrehmomentes Verbindungsmittel (17, 22) gebildet sind (Fig. 1),
ii) indem das Bauteil (15) als Verbindungsmittel einen umlaufenden Ringkragen (17) aufweist,
iii) der im eingeschraubten Zustand des Einschraubteils (11) den Betätigungsabschnitt (insbesondere den Bund 22, 22') kraft- und/oder formschlüssig umschließt (siehe hierzu insbesondere Fig. 3).
Mithin sind die Merkmale i), ii) und iii) des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs 1 bei D19 verwirklicht. Der Fachmann konnte daher ohne erfinderisches Zutun durch die Kombination der Druckschrift D2 mit der Druckschrift D19 zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gelangen.
Es ist richtig, daß bei dem Streitpatent der als Außensechskant ausgebildete Betätigungselement oder Schraubenkopf direkt mit dem umlaufenden Ringkragen zusammenwirkt, d. h. ohne einen zusätzlichen Bund. Dieser radial überstehende Bund nach der Druckschrift D19 ist aber einstückig mit dem Schraubenkopf ausgebildet und entsprechend der Angabe des vorliegenden Patentanspruchs 1 dem "Betätigungsabschnitt" des Einschraubteils zuzurechnen.
Damit liegt dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung keine erfinderische Tätigkeit zugrunde.
4. Der Hauptantrag, die Hilfsanträge I und II der beschwereführenden Patentinhaberin sowie die von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltene Fassung enthalten jeweils den Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung. Da dieser Patentanspruch 1 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit seines Gegenstandes nicht bestandfähig ist, sind der Hauptantrag, die Hilfsanträge I und II schon deshalb zurückzuweisen, weil über jeden Antrag nur in seiner Gesamtheit zu befinden ist. Dem Antrag der beschwerdeführenden Einsprechenden, das durch die Zwischenentscheidung aufrechterhaltene Patent zu widerrufen, ist auch aus diesem Grund stattzugeben. Lediglich der Vollständigkeit halber soll aber auch noch nachstehend auf den unabhängigen Patentanspruch 3 in seinen verschiedenen Fassungen eingegangen werden:
5. Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag
Wie schon ausgeführt, bringt ein Fachmann mit der gattungsgemäßen Anschlußvorrichtung, die zweiteilig aus einem Basisteil und einem lösbar mit einem Außengewindeabschnitt in ein Innengewinde des Basisteils eingeschraubten Einschraubteil besteht, gemäß der D2 auch weitere Druckschriften der Schraubenverbindungstechnik miteinander in Beziehung, wenn dieser sich die Aufgabe stellt, eine Schraubenverbindung der Anschlußvorrichtung so weiterzubilden, daß sie, selbst wenn das Basisteil aus Kunststoff besteht, vibrationssicherer oder nicht lockerungsfähig ist.
Hierbei wird der zuständige Fachmann insbesondere auf die D23 stoßen, wo eine ähnliche Aufgabe gelöst wird, nämlich ein Einschraubteil zu schaffen, das sich selbst blockiert, also eine Eigensicherung gegen Lösen bzw. Ausschrauben aufweist, womit, angewendet auf eine Anschlußvorrichtung für Druckleitungen, auch eine dauerhafte Dichtigkeit gewährleistet ist.
Diese Druckschrift lehrt, das Einschraubteil mit einem größeren Gewindedurchmesser (siehe Patentanspruch 1) und ferner mit einem verkleinerten Flankenwinkel zu versehen (siehe Patentanspruch 3), um die Schraubenverbindung selbstsicherer bzw. losdrehsicherer zu gestalten. Damit ergibt sich auch ohne weiteres das Merkmal des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs 3 gemäß Hauptantrag, daß sich die beiden Gewinde zumindest einer ihrer maßgeblichen Gewindegrößen voneinander unterscheiden.
Das weitere Merkmal, daß beim Verschrauben im Gewindebereich elastische Verformungen auftreten, ergibt sich automatisch beim Einschrauben entsprechender Einschraubteile in Basisteile, bei denen sich die entsprechenden Gewindegrößen voneinander unterscheiden. Hierzu ist auch auf die D23 (Seite 15, erster Absatz) verwiesen. Dort ist angegeben, daß eine elastische Verformung der zweiten Reihe von Gewindeumläufen im Bereich der Spitzen, insbesondere an den Flanken, welche von der ersten Reihe von Gewindeumläufen entfernt liegen, bekannt ist. Im übrigen weist jedes Gewinde beim Verschrauben in ein anderes Gewind eine gewisse elastische Verformung auf. Erst hierdurch ist die Wiederholmontage und das sichere Halten von Schraubverbindungen möglich.
Das verbleibende Merkmal des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs 1, wonach das Basisteil aus Kunststoff besteht, kann keine erfinderische Tätigkeit begründen, da es im normalen Lauf der technischen Entwicklung liegt, Elemente aus Kunststoff zu fertigen, die früher aus Metall bestanden.
Damit beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 3 gemäß Hauptantrag in Hinblick auf die Kombination der Druckschriften D2 und D23 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
6. Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag I
Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag I unterscheidet sich von dem Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag dadurch, daß die maßgeblichen Gewindegrößen, die zumindest bereichsweise beim Einschraubteil und dem Basisteil unterschiedlich sind, als deren Außendurchmesser und/oder deren Flankenwinkel und/oder deren Flankendurchmesser angegeben sind, wobei der Kerndurchmesser und die Steigung jeweils unverändert sein sollen.
Es handelt sich hierbei lediglich um eine Auswahl des Fachmanns, die dieser ohne erfinderische Tätigkeit vornehmen würde, da es ihm schon aus der D23 bekannt ist, entsprechende Gewindegrößen des Einschraubteils mit dem Basisteil voneinander unterschiedlich vorzusehen, um die Schraubenverbindung selbst sicherer bzw. losdrehsicher zu gestalten.
Es wird noch darauf hingewiesen, daß aus der D23 zu entnehmen ist, einen unterschiedlichen Außendurchmesser und entsprechenden Flankenwinkel vorzusehen, wodurch auch die beiden anderen Gewindegrößen, die im Hilfsantrag I angegeben sind, bei unverändertem Kerndurchmesser und unveränderten Steigerung offenbart sind, siehe Patentanspruch 1, zweite Zeile und Seite 7, zweiter Absatz von D23.
Auch im Hinblick auf diese Druckschrift beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag I nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
7. Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag II
Der Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag II unterscheidet sich von dem Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag dadurch, daß die maßgeblichen Gewindegrößen, die zumindest bereichsweise beim Einschraubteil unterschiedlich sind, aus einem reduzierten Außendurchmesser, einem vergrößerten Flankenwinkel sowie einen reduzierten Flankendurchmesser bestehen.
Wie schon vorstehend ausgeführt, lehrt die D23 das Einschraubteil mit einem größeren Gewindedurchmesser (siehe Patentanspruch 1) und ferner mit einem verkleinerten Flankenwinkel zu versehen (siehe Patentanspruch 3). In diesem Stand der Technik werden also die Änderungen der Gewindeparameter am Einschraubteil vorgenommen, was äquivalent zu den entgegengesetzten Änderungen beim Basisteil ist. Somit ergeben sich auch ohne weiteres die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag II, da ein größerer Gewindedurchmesser und ein kleinerer Flankenwinkel im Einschraubteil einem reduzierten Außendurchmesser und einem vergrößerten Flankenwinkel im Basisteil entsprechen, wodurch sich wieder notwendigerweise der reduzierte Flankendurchmesser von selbst ergibt.
Das weitere Merkmal des kennzeichnenden Teils, daß nämlich bei Verschrauben im Gewindebereich elastische Verformungen auftreten, ist aus der D23 zu entnehmen (Seite 15, erster Absatz).
Damit beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag II nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Dies gilt auch für den Gegenstand des Patentanspruchs 3 gemäß dem durch die Zwischenentscheidung aufrechterhaltenen Patent, der sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag II bis auf das Merkmal, daß elastische Verformungen auftreten, enthält.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.