T 0861/15 (Dentalabformmassen / KETTENBACH) 29-01-2019
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DENTALABFORMMASSEN UND DARAUS HERGESTELLTE GEHÄRTETE PRODUKTE
Kulzer GmbH
3M Innovative Properties Company (US)/
3M Deutschland GmbH (DE)
Zulassung verspätet vorgebrachter Tatsachen und Beweismittel in das Verfahren (teilweise verneint)
Hauptantrag - Ausführbarkeit (nein)
Erster bis vierter Hilfsantrag - eingereicht mit Beschwerdebegründung - zugelassen (ja)
Erster bis vierter Hilfsantrag - Ausführbarkeit (nein)
Fünfter Hilfsantrag - Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein)
Fünfter Hilfsantrag - Zulässigkeit der Prüfung hinsichtlich Klarheit (nein)
Fünfter Hilfsantrag - Ausführbarkeit (ja)
Fünfter Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit (ja)
I. Das europäische Patent Nr. 1 976 479 wurde mit insgesamt 42 Ansprüchen erteilt, die auf Dentalabformmassen und daraus hergestellte gehärtete Produkte gerichtet sind.
Die Ansprüche 1 und 2 in der erteilten Fassung lauteten wie folgt:
"1. Dentalabformmasse enthaltend härtbare Polymere ausgewählt aus der Gruppe der durch Additionsreaktion vernetzenden Organopolysiloxane, der durch Kondensationsreaktion vernetzenden Organopolysiloxane, der durch Kondensationsreaktion vernetzenden Alkoxysilylreste enthaltenden Polyether, der durch Additionsreaktion vernetzenden Aziridinoreste enthaltenden Polyether, der durch Additionsreaktion vernetzenden Alkenylreste enthaltenden Polyether, der durch radikalische Polymerisationsreaktion vernetzende Esterreste einer ethylenisch ungesättigten Carbonsäure enthaltenden Polyether oder der durch ringöffnende Metathesereaktion vernetzenden Polyether, Silicone oder Kautschuke, und enthaltend ferner ein mindestens einen (Poly)alkylenoxidrest sowie eine Silizium enthaltende Gruppe aufweisendes nichtionisches Tensid mit einer Molmasse von weniger als 6000 g/mol, und ein nichtionisches Fluortensid, das mindestens einen teil- oder perfluorierten Kohlenwasserstoffrest aufweist, der über ein Sauerstoffatom, eine Aminogruppe, eine Ketogruppe, eine Carbonsäureestergruppe, eine Phosphorsäureestergruppe, eine Carbonsäureamidgruppe und/oder eine Phosphorsäureamidgruppe mit einem (Poly)alkylenoxidrest, einem Kohlenhydratrest, einem aliphatischen Polyhydroxyrest oder einem Stickstoff enthaltenden heterocyclischen Rest verbunden ist oder das mindestens einen teil- oder perfluorierten Kohlenwasserstoffrest und mindestens einen Aminoxidrest aufweist."
"2. Dentalabformmasse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass diese 40 Sekunden nach Mischbeginn einen niedrigen initialen Wassertropfen-Kontaktwinkel von < 10° aufweist, gemessen bei einem Tropfenalter von 10 Sekunden."
II. Gegen die Erteilung des Patents wurde von zwei
Einsprechenden Einspruch eingelegt. Als Einspruchsgründe wurden fehlende Neuheit und fehlende erfinderische Tätigkeit unter Artikel 100 a) EPÜ sowie unzureichende Offenbarung unter Artikel 100 b) EPÜ angeführt.
Im Verlauf des Einspruchsverfahrens wurden u.a. die
folgenden Beweismittel genannt:
D1: DE 3721784 A1
D2: Fluorinated Surfactants and Repellents, Kissa E.,
Decker M.; zweite Auflage 2001; Kapitel 4, 7 und 8
D7: US 4,657,959
D10: US 5,852,075
D11: WO 97/44508 A1
D15: WO 87/03001 A1
D20: Vergleichsbeispiele der Einsprechenden 02,
eingereicht mit Schreiben vom 9. August 2012
D27: Vergleichsbeispiele der Einsprechenden 02,
eingereicht mit Schreiben vom 11. Oktober 2013
D35: WO 2009/079534 A2
D38: Versuchsbericht der Patentinhaberin, eingereicht
als D32 mit Schreiben vom 22. August 2014
D40: Versuchsbericht der Patentinhaberin, eingereicht
als D34 mit Schreiben vom 22. August 2014
D43: Versuchsdaten der Einsprechenden 01, eingereicht
mit Schreiben vom 20. Oktober 2014
D47: Produktinformation DuPont(TM) Zonyl® FSN-100
D48: Produktinformation DuPont(TM) Zonyl® FSO-100
Die Beschwerden der Einsprechenden 01 (nachfolgend
Beschwerdeführerin 01) und der Patentinhaberin
(nachfolgend Beschwerdeführerin 02) richten sich gegen
die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, wonach das Streitpatent in der Fassung des in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2014 eingereichten Hilfsantrags 1 die Erfordernisse des EPÜ erfüllt.
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 18 dieses Hilfsantrags
lauteten wie folgt:
"1. Dentalabformmasse enthaltend härtbare Polymere ausgewählt aus der Gruppe der durch Additionsreaktion vernetzenden Organopolysiloxane, der durch Kondensationsreaktion vernetzenden Organopolysiloxane, der durch Kondensationsreaktion vernetzenden Alkoxysilylreste enthaltenden Polyether, der durch Additionsreaktion vernetzenden Aziridinoreste enthaltenden Polyether, der durch Additionsreaktion vernetzenden Alkenylreste enthaltenden Polyether, der durch radikalische Polymerisationsreaktion vernetzende Esterreste einer ethylenisch ungesättigten Carbonsäure enthaltenden Polyether oder der durch ringöffnende Metathesereaktion vernetzenden Polyether, Silicone oder Kautschuke, und enthaltend ferner ein mindestens einen (Poly)alkylenoxidrest sowie eine Silizium enthaltende Gruppe aufweisendes nichtionisches Tensid mit einer Molmasse von weniger als 6000 g/mol, und ein nichtionisches Fluortensid, dadurch gekennzeichnet, dass als nichtionisches Fluortensid eine Verbindung der Formel
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
eingesetzt wird."
"18. Dentalabformmasse enthaltend vernetzbare Polyether, die Alkoxysilylreste, Aziridinoreste, von einer ethylenisch ungesättigten Carbonsäure abgeleitete Reste oder Alkenylreste als vernetzbare Gruppen oder über ringöffnende Metathesereaktion vernetzbare Gruppen aufweisen, und ein nichtionisches Fluortensid, das mindestens einen teil- oder perfluorierten Kohlenwasserstoffrest aufweist, der über ein Sauerstoffatom, eine Aminogruppe, eine Ketogruppe, eine Carbonsäureestergruppe, eine Phosphorsäureester-gruppe, eine Carbonsäureamidgruppe und/oder eine Phosphorsäureamid-gruppe mit einem (Poly)alkylenoxidrest, einem Kohlenhydratrest, einem aliphatischen Polyhydroxyrest oder einem Stickstoff enthaltenden heterocyclischen Rest verbunden ist oder das mindestens einen teil- oder perfluorierten Kohlenwasserstoffrest und mindestens einen Aminoxidrest aufweist."
In der angefochtenen Entscheidung kam die
Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis, dass der
beanspruchte Gegenstand des Hauptantrags, d.h. des
Patents in der erteilten Fassung, ausführbar und neu
sei, jedoch keine erfinderische Tätigkeit aufweise
ausgehend von D15 als nächstliegendem Stand der
Technik. Insbesondere zeigten die Daten der D38, dass
die auf dem Unterscheidungsmerkmal beruhende technische
Wirkung einer deutlichen Kontaktwinkelreduzierung nicht
über den gesamten Bereich des Anspruchs 1 vorliege, so
dass die objektive technische Aufgabe in der
Bereitstellung einer alternativen Zusammensetzung zu
sehen sei. Die Lösung dieser Aufgabe gemäß Anspruch 1
sei naheliegend aufgrund der Lehre von D15.
Hilfsantrag 1 hingegen genügte nach Auffassung der
Einspruchsabteilung den Erfordernissen des EPÜ. Insbesondere führte die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung folgendes zu Hilfsantrag 1 aus:
a) Ausgehend von D15 als nächstliegendem Stand der Technik bestünde die objektive technische Aufgabe in der Bereitstellung einer Zusammensetzung, welche aufgrund einer synergistischen Tensidwirkung besonders niedrige Kontaktwinkel während der Verarbeitungszeit erziele, was die Herstellung eines besonders detailgetreuen Abdruckes erlaube. Die Lösung dieser Aufgabe gemäß Anspruch 1 sei in Abwesenheit eines Hinweises im Stand der Technik auf eine synergistische Wirkung der beanspruchten
Tensidmischungen als erfinderisch zu werten.
b) Dem unabhängigen Anspruch 18 dieses Antrags liege
ebenfalls eine erfinderische Tätigkeit zugrunde.
Insbesondere unterscheide er sich vom
nächstliegenden Stand der Technik D15 in der
Anwesenheit des beanspruchten Fluortensids und des
beanspruchten vernetzbaren Polyethers. Die
objektive technische Aufgabe bestehe in der
Bereitstellung einer alternativen Dentalabformmasse, welche zu jedem Zeitpunkt
während der Verarbeitungszeit einen niedrigen
initialen Kontaktwinkel und einen konstanten und
niedrigen Gleichgewichts-Kontaktwinkel liefere, so
dass unter Praxisbedingungen äußerst detailgetreue
Abdrücke hergestellt werden könnten. Die Lösung
dieser Aufgabe gemäß Anspruch 18 sei weder durch
D15 noch durch einen anderen von den Einsprechenden
herangezogenen Stand der Technik nahegelegt.
III. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung legten
beide Beschwerdeführerinnen Beschwerde ein.
a) Mit ihrer Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin 01, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
b) Mit ihrer Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin 02 die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der Ansprüche eines der mit ihrer Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 5.
Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags entsprach Anspruch 2 des Hauptantrags, d.h. Anspruch 2 in der erteilten Fassung (siehe oben unter Punkt I).
Anspruch 2 des zweiten Hilfsantrags entsprach Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags mit der Einschränkung, dass das nichtionische Fluortensid mindestens einen teil- oder perfluorierten Kohlenwasserstoffrest aufweisen muss, der über ein Sauerstoffatom mit dem (Poly)alkylenoxidrest verbunden ist.
Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags entsprach Anspruch 2 des zweiten Hilfsantrags.
Anspruch 1 des vierten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags dadurch, dass
- das Silizium aufweisende Tensid auf eine Menge von 0,1 bis 5,0 Gew.% eingeschränkt ist;
- das erfindungsgemäße Fluortensid auf eine Menge von 0,01 bis 5,0 Gew.% eingeschränkt ist; und dass
- das Gewichtsverhältnis von Silizium aufweisenden Tensid zu erfindungsgemäßen Fluortensid 100 : 1 bis 1 : 100 beträgt.
Der Gegenstand der Ansprüche des fünften Hilfsantrags entsprach dem Gegenstand der Ansprüche des ersten Hilfsantrags, die der Entscheidung der Einspruchsabteilung zugrunde lagen und die die Einspruchsabteilung für gewährbar erachtete (siehe oben unter Punkt II).
IV. Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2015 beantragten die Einsprechenden 02 (nachfolgend Verfahrensbeteiligte), die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Des Weiteren beantragte sie, zumindest die Hilfsanträge 2 und 5 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
V. Mit Schriftsatz vom 5. November 2015 führte die Beschwerdeführerin 01 u.a. folgendes neues Beweismittel ein:
D50: Römpp: "Cotenside", letzte Aktualisierung: August 2004
VI. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK vom
20. Dezember 2018 erläuterte die Kammer ihre vorläufige
Einschätzung.
VII. Die mündliche Verhandlung fand am 29. Januar 2019 in
Anwesenheit aller Parteien statt.
VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung waren die Anträge wie folgt:
Die Beschwerdeführerin 01 beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Ferner beantragte sie die auf Seite 6 der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin 02 angeführten Versuchsdaten nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen, sofern sie nicht Zonyl-FSO zuzurechnen seien.
Die Beschwerdeführerin 02 beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und das Patent gemäß Hauptantrag in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten, hilfsweise das Patent aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 1 bis 5 eingereicht mit ihrer Beschwerdebegründung oder des Hilfsantrags 6 eingereicht mit Schreiben vom 8. November 2016. Des Weiteren beantragte sie, den Tatsachenvortrag der Beschwerdeführerin 01 unter Punkt D.1.2 und D.1.3 und D.1.4 ihres Schriftsatzes vom 5. November 2015, sowie Dokument D50 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen. Auch die grafische Zusammenstellung der Beschwerdeführerin 01, die mit Schreiben vom 21. Dezember 2018 eingereicht wurde, sei als verspätet anzusehen und deshalb nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
Die Verfahrensbeteiligten beantragten ebenfalls die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Zusätzlich beantragten sie, zumindest Hilfsanträge 2 und 5, sowie Hilfsantrag 6 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
IX. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten
Argumente der Beschwerdeführerin 01 und der Verfahrensbeteiligten lassen sich wie folgt zusammenfassen:
a) Zulassung der auf Seite 6 der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin 02 angeführten Versuchsdaten (Einwand der Beschwerdeführerin 01)
Da diese Daten keine näheren Angaben zu dem verwendeten "Zonyl" machten, seien sie nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen, sofern sie nicht Zonyl® FSO-100 (nachfolgend "Zonyl-FSO") zuzurechnen seien.
b) Zulassung des Tatsachenvortrags der Beschwerdeführerin 01 unter Punkt D.1.4 ihres Schriftsatzes vom 5. November 2015
Dieser Tatsachenvortrag sei zwar erst nach der Beschwerdebegründung vorgebracht worden, gleichwohl sei er nicht verspätet, da er sich auf die Lehre der bereits von Anfang an im Einspruchsverfahren befindlichen Druckschrift D15 stütze. Zudem sei der in diesem Vortrag erhobene Einwand prima facie relevant. Folglich gebe es keinen Grund dafür, diesen Tatsachenvortrag nicht in das Verfahren zuzulassen.
c) Zulassung der grafischen Zusammenstellung in dem Schreiben der Beschwerdeführerin 01 vom 21. Dezember 2018
Diese grafische Darstellung sei in das Beschwerdeverfahren zuzulassen, da sie weder eine neue Angriffslinie noch neue Argumente beinhalte, sondern lediglich eine Aufbereitung von bereits im Verfahren befindlichen Daten sei.
d) Zulassung der Hilfsanträge 2, 5 (Einwand der Verfahrensbeteiligten)
Da der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 2 und 5 von dem Anspruch 1 der Hilfsanträge 1, 3 und 4 divergiere, seien Hilfsanträge 2 und 5 in Einklang mit den in der Entscheidung T 1685/07 aufgestellten Grundsätzen nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
e) Ausführbarkeit des Anspruchs 2 des Hauptantrags und des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags
Eine Vielzahl der im Verfahren befindlichen Versuchsdaten wie beispielsweise die Versuche 978-13, 978-20, 978-17, 978-21 und 978-4 der D43 und Versuch 26 der D40 belegten, dass bestimmte Dentalabformmassen nicht den anspruchsgemäßen initialen Wassertropfen-Kontaktwinkel (nachfolgend "Kontaktwinkel") erzielten, obwohl sie alle übrigen technischen Merkmale des Anspruchs 2 aufwiesen. Folglich müsse der Fachmann eine Vielzahl von Parametern auswählen und entsprechend umfänglich herumexperimentieren, um den Gegenstand des Anspruchs 2 über dessen gesamten Bereich zuverlässig nacharbeiten zu können. Der mit diesem Herumexperimentieren verbundene Aufwand sei aufgrund der Breite des Anspruchs 2 unzumutbar für den Fachmann. Insbesondere umfasse dieser Anspruch ganze Substanzklassen von nichtionischen Fluortensiden, während für alle beispielhaften Dentalabformmassen des Streitpatents nur ein einziges nichtionisches Fluortensid mit unbekannter Struktur verwendet worden sei. Demzufolge genüge der Gegenstand des Anspruchs 2 nicht dem Erfordernis der Ausführbarkeit.
f) Ausführbarkeit des Anspruchs 2 des zweiten Hilfsantrags, des Anspruchs 1 des dritten Hilfsantrags und des Anspruchs 1 des vierten Hilfsantrags
Der beanspruchte Gegenstand sei aus den gleichen Erwägungen nicht ausführbar wie derjenige des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags. Insbesondere seien die in Bezug auf die höherrangigen Anträge angeführten Versuchsdaten der D40 und der D43 nach wie vor relevant, da die in diesen Versuchen getesteten Dentalabformmassen weiterhin - mit Ausnahme des Kontaktwinkels - alle Merkmale des Anspruchs 2 des zweiten Hilfsantrags, des Anspruchs 1 des dritten Hilfsantrags bzw. des Anspruchs 1 des vierten Hilfsantrags aufwiesen.
g) Fünfter Hilfsantrag - Artikel 123 (2) EPÜ (Einwand der Verfahrensbeteiligten)
Der beanspruchte Gegenstand dieses Antrags sei u.a. auf Dentalabformmassen gerichtet, die sowohl das Merkmal des Kontaktwinkels gemäß Anspruch 2 in der ursprünglich eingereichten Fassung als auch das Merkmal des nichtionischen Fluortensids gemäß Anspruch 4 in der ursprünglich eingereichten Fassung aufwiesen. Für diese Merkmalskombination liefere die dem Streitpatent zugrunde liegende Patentanmeldung jedoch keine Stütze, so dass die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht erfüllt seien.
h) Fünfter Hilfsantrag - Artikel 84 EPÜ
Dieser Antrag erfülle aus mehreren Gründen nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ. Zum einen
sei der Schutzbereich des Anspruchs 1 aufgrund des beanspruchten nichtionischen Fluortensids unklar. Des Weiteren fehle es Anspruch 1 an dem für die Erzielung des erfindungsgemäßen Erfolgs wesentlichen Merkmal des Polyethylenglycolmethylethers. Schließlich sei der beanspruchte Gegenstand betreffend Dentalabformmassen mit einem Kontaktwinkel von weniger als 10° mangels Angabe der in der Beschreibung des Streitpatents offenbarten, spezifischen Messmethode zur Bestimmung dieses Kontaktwinkels unklar.
i) Fünfter Hilfsantrag - Ausführbarkeit des Anspruchs 1
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht über dessen gesamte Breite ausführbar, wie insbesondere Beispiel 978-4 der D43 belege.
j) Fünfter Hilfsantrag - Ausführbarkeit des Anspruchs 2
Die in Bezug auf die mangelnde Ausführbarkeit der höherrangigen Anträge aufgeführten Gründe gelten gleichermaßen für Anspruch 2 des fünften Hilfsantrags. Insbesondere seien die in Bezug auf die höherrangigen Anträge angeführten Versuchsdaten der D40 und der D43 nach wie vor zu berücksichtigen. Ferner sei der beanspruchte Gegenstand bezüglich derjenigen Dentalabformmassen nicht ausführbar, bei denen das erfindungsgemäße nichtionische Fluortensid im Überschuss gegenüber dem erfindungsgemäßen, mindestens einen (Poly)alkylenoxidrest sowie eine Silizium enthaltende Gruppe aufweisenden nichtionischen Tensid (nachfolgend "Silizium aufweisendes Tensid") vorliege.
k) Fünfter Hilfsantrag - Ausführbarkeit der Ansprüche 28, 29
Der Gegenstand dieser Ansprüche sei nicht ausführbar, da er Dentalabformmassen umfasse, die keinen Katalysatoren enthalten, und somit nicht aushärten könnten.
l) Fünfter Hilfsantrag - Artikel 56 EPÜ - Anspruch 1
Anspruch 1 mangele es an einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D1 oder D15 als nächstliegendem Stand der Technik. Insbesondere liege kein Beleg für die von der Beschwerdeführerin 02 in Bezug auf das Unterscheidungsmerkmal des nichtionischen Fluortensids geltend gemachte technische Wirkung einer verbesserten initialen Hydrophilie der Dentalabformmassen über die gesamte Breite des Anspruchs 1 vor, so dass die objektive technische Aufgabe lediglich in der
Bereitstellung einer alternativen Zusammensetzung zu sehen sei. Die Lösung dieser Aufgabe gemäß Anspruch 1 sei naheliegend aufgrund der Lehren von D1 allein, D15 allein oder von D15 in Zusammenschau mit D1 oder D2 oder D10 oder D11.
m) Fünfter Hilfsantrag - Artikel 56 EPÜ - Anspruch 18
Diesem Anspruch mangele es ebenfalls an einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D15 als nächstliegendem Stand der Technik. Insbesondere liegen keine Vergleichsbeispiele vor, die eine besondere technische Wirkung der beanspruchten Dentalabformmassen gegenüber denjenigen des nächstliegenden Standes der Technik aufzeigen, so dass der beanspruchte Gegenstand lediglich eine Alternative zu den Dentalabformmassen der D15 darstelle, die sich in naheliegender Weise aus D15 ergebe.
X. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten
Argumente der Beschwerdeführerin 02 lassen sich wie
folgt zusammenfassen:
a) Zulassung der auf Seite 6 der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin 02 angeführten Versuchsdaten
Diese Daten seien im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen, da sie bereits mit Schreiben der Beschwerdeführerin 02 vom 22. August 2014 im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren eingereicht worden und von der Einspruchsabteilung in das Verfahren zugelassen worden seien.
b) Zulassung des Tatsachenvortrags der Beschwerdeführerin 01 unter Punkt D.1.4 ihres Schriftsatzes vom 5. November 2015
Dieser Tatsachenvortrag sei verspätet, prima facie nicht relevant und nicht substantiiert, so dass er nicht in das Verfahren zuzulassen sei.
c) Zulassung der grafischen Zusammenstellung in dem Schreiben der Beschwerdeführerin 01 vom 21. Dezember 2018
Diese Zusammenstellung sei nicht lediglich eine Aufbereitung von bereits im Verfahren befindlichen Daten, sondern eine gezielte Auswahl bestimmter Versuchsdaten, und somit eine Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin 01. Dieses geänderte Vorbringen sei in einem so späten Verfahrensstadium eingereicht worden, dass der Beschwerdeführerin 02 zu wenig Zeit verblieb, um sich mit den darin aufgeführten Daten auseinandersetzen zu können. Folglich sei es nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
d) Zulassung der Hilfsanträge 2, 5
Die in der Entscheidung T 1685/07 aufgestellten Grundsätze seien auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Zum einen seien die Hilfsanträge 2 und 5 bereits mit Beschwerdebegründung eingereicht worden. Zum anderen liege keine Divergenz des Gegenstandes des Anspruch 1 dieser zwei Hilfsanträge gegenüber dem Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1, 3 und 4 vor. Vielmehr werde der beanspruchte Gegenstand von Hilfsantrag 1 zu Hilfsantrag 5 immer weiter eingeschränkt hinsichtlich der Definition des in Anspruch 1 des jeweiligen Hilfsantrags genannten nichtionischen Fluortensids. Außerdem entspreche Hilfsantrag 5 der im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Fassung, so dass dieser zwangsläufig Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sei. Folglich seien Hilfsanträge 2 und 5 in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
e) Ausführbarkeit des Anspruchs 2 des Hauptantrags und des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags
Der Fachmann könne den beanspruchten Gegenstand ohne weiteres ausführen. Insbesondere lieferten ihm die Beispiele des Streitpatents eine konkrete Anleitung, wie die strukturellen Merkmale der beanspruchten Dentalabformmassen auszuwählen seien, um den angestrebten Kontaktwinkel von weniger als 10° zu erzielen, und wie dieser zu bestimmen sei. Im Falle von Dentalabformmassen, die alle strukturellen Merkmale des Anspruchs 2 aufweisen, aber einen Kontaktwinkel von 10° oder mehr besitzen, bräuchte der Fachmann lediglich die Gesamttensid-Konzentration der Dentalabformmassen zu erhöhen, um deren Kontaktwinkelwert auf unter 10° abzusenken. Diese Vorgehensweise sei eine einfache, dem Fachmann allgemein bekannte Maßnahme, die mit keinem unzumutbaren Aufwand verbunden sei.
f) Ausführbarkeit des Anspruchs 2 des zweiten Hilfsantrags, des Anspruchs 1 des dritten Hilfsantrags und des Anspruchs 1 des vierten Hilfsantrags
Der beanspruchte Gegenstand sei aus den gleichen Gründen ausführbar wie derjenige des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags. Die von der Beschwerdeführerin 01 zur Stützung ihrer Argumentation angeführten Versuchsdaten seien nicht relevant.
g) Fünfter Hilfsantrag - Artikel 123 (2) EPÜ
Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand der Verfahrensbeteiligten sei unbegründet, da Anspruch 1 dieses Antrags weder das Merkmal des Kontaktwinkels gemäß dem erteilten Anspruch 2 umfasse noch auf ein nichtionisches Fluortensid gemäß dem erteilten Anspruch 4 gerichtet sei.
h) Fünfter Hilfsantrag - Artikel 84 EPÜ
Die von der Beschwerdeführerin 01 und von den Verfahrensbeteiligten für unklar erachteten Merkmale seien wortgleich Gegenstand des erteilten Anspruchs 2 und deshalb gemäß der Entscheidung G 3/14 einer isolierten Prüfung auf Klarheit im Einspruchsbeschwerdeverfahren nicht zugänglich.
i) Fünfter Hilfsantrag - Ausführbarkeit des Anspruchs 1
Die Daten der Dentalabformmasse gemäß Beispiel 978-4 der D43 stehen der Ausführbarkeit des Anspruchs 1 über dessen gesamte Breite nicht entgegen, da die getestete Masse Zonyl® FSN-100 (nachfolgend "Zonyl-FSN") als Fluortensid enthalte, und somit nicht von Anspruch 1 abgedeckt sei.
j) Fünfter Hilfsantrag - Ausführbarkeit des Anspruchs 2
Der beanspruchte Gegenstand sei aus den gleichen Gründen ausführbar wie derjenige der höherrangigen Anträge. Die von der Beschwerdeführerin 01 zur Stützung ihrer Argumentation angeführten Versuchsdaten seien allein schon deshalb nicht relevant, weil das nichtionische Fluortensid der in diesen Versuchen getesteten Dentalabformmassen Zonyl-FSN sei, welches nicht dem anspruchsgemäßen nichtionischen Fluortensid entspreche. Ferner belegten die in den Tabellen 2 und 3 der D35 aufgeführten Versuchsdaten des Vergleichsbeispiels V5, dass eine Dentalabformmasse gemäß Anspruch 2, welche das erfindungsgemäße nichtionische Fluortensid im Überschuss gegenüber dem Silizium aufweisenden Tensid enthalte, den anspruchsgemäßen Kontaktwinkel aufweise.
k) Fünfter Hilfsantrag - Ausführbarkeit der Ansprüche 28, 29
Dem Fachmann sei allgemein bekannt, dass zwecks Aushärtung der beanspruchten Polymere üblicherweise Katalysatoren zum Einsatz kommen. Des Weiteren erwähnten viele der auf Anspruch 1 bezogenen Unteransprüche Katalysatoren. Folglich liege kein Offenbarungsmangel im Sinne des Artikels 100 b) EPÜ vor.
l) Fünfter Hilfsantrag - Artikel 56 EPÜ - Anspruch 1
Im Unterschied zu der Dentalabformmasse des Beispiels 1 / Run 2 der D15, welche nächstliegender Stand der Technik sei, weisen die beanspruchten Dentalabformmassen zusätzlich ein nichtionisches Fluortensid auf. Ferner müsse dessen Struktur von der in Anspruch 1 angegebenen Formel abgedeckt sein. Die mit diesen beiden Unterschieden einhergehende technische Wirkung sei eine auf einen synergistischen Effekt beruhende, deutliche Absenkung des Kontaktwinkels der Dentalabformmasse während ihrer Verarbeitungszeit. Entsprechend sei die objektive technische Aufgabe zu formulieren. Die Lösung dieser Aufgabe gemäß Anspruch 1 beruhe allein schon deshalb auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil weder D15 noch D1 Kombinationen aus Silizium aufweisenden Tensiden und nichtionischen Fluortensiden offenbarten, geschweige denn eine synergistisch wirkende Tensidkombination laut Anspruch 1 des fünften Hilfsantrags.
Zulassung von Beweismitteln und Sachvorträgen
1. Zulassung der auf Seite 6 der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin 02 angeführten Versuchsdaten
Diese Daten wurden mit der Beschwerdebegründung eingereicht und bilden somit gemäß Artikel 12(1) VOBK die Grundlage des Beschwerdeverfahrens. Darüber hinaus wurden diese Versuchsdaten bereits mit Schreiben der Beschwerdeführerin 02 vom 22. August 2014 im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren eingereicht (siehe insbesondere Seite 20 dieses Schreibens), und von der Einspruchsabteilung in das Verfahren zugelassen (siehe Punkt 2.1 der Entscheidung der Einspruchsabteilung). Im Übrigen ist gemäß Seite 20 des Schreibens vom 22. August 2014 unter dem Begriff "Zonyl" Zonyl-FSO zu verstehen. Folglich sieht die Kammer keinen Anlass dafür, diese Daten als verspätet zurückzuweisen.
2. Zulassung des Tatsachenvortrags der Beschwerdeführerin 01 unter Punkt D.1.4 ihres Schriftsatzes vom 5. November 2015
2.1 Dieser Vortrag betrifft ursprünglich eine von der Beschwerdeführerin 01 geltend gemachte mangelnde Ausführbarkeit des Gegenstandes der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1, 3 und 4 auf der Grundlage der Lehre der D15, dass die Anwesenheit einer Propylenoxy-Gruppe in dem in D15 offenbarten ethoxylierten Tensid den Wassertropfen-Kontaktwinkel der entsprechenden Dentalabformmasse erhöht.
2.2 In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin 01 diesen Einwand auch in Bezug auf Anspruch 2 des Hilfsantrags 5 erhoben. Sie bestritt nicht, dass sie diesen Vortrag erstmalig mit Schriftsatz vom 5. November 2015, d.h. nach ihrer Beschwerdebegründung vorgebracht hat. Gleichwohl war sie der Auffassung, dass ihr Vortrag nicht verspätet sei, da er sich auf die Lehre der Druckschrift D15 stütze, die bereits von Anfang an im Einspruchsverfahren war.
2.3 Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin 01 dahingehend zu, dass das Dokument D15 an sich zwar schon Gegenstand des Einspruchsverfahrens war. Gleichwohl betrifft der obig genannte Vortrag der Beschwerdeführerin 01 eine bestimmte, konkrete Lehre der D15, die sie erstmalig in ihrem Schriftsatz vom 5. November 2015 erwähnt. Folglich stellt der auf dieser konkreten Lehre gestützte Einwand der mangelnden Ausführbarkeit eine neue, bisher nicht vorgetragene Angriffslinie der Beschwerdeführerin 01 und dementsprechend eine Änderung ihres Vorbringens dar. Zudem erachtet die Kammer diesen Einwand für prima facie nicht relevant in Anbetracht der Tatsache, dass das in Anspruch 2 des Hilfsantrags 5 genannte erfindungsgemäße Fluortensid gar keine Propylenoxy-Gruppen aufweist.
Dementsprechend macht die Kammer von ihrem Ermessen gemäß Artikel 13 (1) VOBK Gebrauch und lässt diesen Tatsachenvortrag nicht in das Beschwerdeverfahren zu.
3. Zulassung der grafischen Zusammenstellung in dem Schreiben der Beschwerdeführerin 01 vom 21. Dezember 2018
3.1 Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin 01 diese Zusammenstellung mit Schreiben vom 21. Dezember 2018 und somit erst nach ihrer Beschwerdebegründung eingereicht hat. Sie machte jedoch geltend, dass diese grafische Darstellung weder eine neue Angriffslinie noch neue Argumente beinhalte, sondern lediglich eine Aufbereitung von bereits im Verfahren befindlichen Daten sei.
3.2 Die Kammer ist der Auffassung, dass diese Zusammenstellung wenig hilfreich ist, weil sie ein falsches Bild vermitteln kann. Zum einen sind nicht alle der im Verfahren befindlichen Versuchsdaten umfasst. Beispielsweise fehlen die Werte der Versuche der D20. Außerdem sind die aufgeführten Randwinkelwerte nicht miteinander vergleichbar. Der Grund hierfür besteht zum einen darin, dass diese Winkel teilweise mittels unterschiedlicher Messverfahren bestimmt worden sind und zum anderen darin, dass die untersuchten Dentalabformmassen zum Teil unterschiedliche Bestandteile aufweisen.
Dementsprechend macht die Kammer von ihrem Ermessen gemäß Artikel 13 (1) VOBK Gebrauch und lässt diese Zusammenstellung nicht in das Beschwerdeverfahren zu.
4. Zulassung der Hilfsanträge 1 bis 5
4.1 Bezugnehmend auf die Rechtsprechung der Beschwerdekammern und insbesondere auf die Grundsätze der Entscheidung T 1685/07, argumentierten die Verfahrensbeteiligten, dass zumindest die Hilfsanträge 2 und 5 nicht zulässig seien, da der Gegenstand des Anspruchs 1 dieser Anträge von dem der Hilfsanträge 1, 3 und 4 divergiere, indem er nicht das funktionelle Merkmal des initialen Wassertropfen-Kontaktwinkels gemäß Anspruch 2 in der erteilten Fassung enthalte.
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4.2 Die Kammer kann sich dieser Auffassung aus den folgenden Gründen nicht anschließen:
In der Entscheidung T 1685/07 sind einige der Hilfsanträge für nicht zulässig befunden worden, weil sie erst längere Zeit nach der Beschwerdebegründung eingereicht worden waren und Anspruchsfassungen umfassten, die in eine völlig andere Richtung gingen als diejenigen des Hauptantrags und der höherrangigen Hilfsanträge.
Im vorliegenden Falle, hingegen, hat die Beschwerdeführerin 02 die Hilfsanträge 1 bis 5 bereits mit ihrer Beschwerdebegründung eingereicht. Des Weiteren behandeln alle fünf Hilfsanträge trotz des von den Verfahrensbeteiligten korrekt festgestellten Unterschieds zwischen dem Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 und 5 einerseits und dem Anspruch 1 der Hilfsanträge 1, 3 und 4 andererseits im wesentlichen denselben Gegenstand, nämlich eine Dentalabformmasse enthaltend härtbare Polymere gemäß Anspruch 1 wie erteilt, ein mindestens einen (Poly)alkylenoxidrest sowie eine Silizium enthaltende Gruppe aufweisendes nichtionisches Tensid mit einer Molmasse von weniger als 6000 g/mol, sowie ein nichtionisches Fluortensid, welches in den Hilfsanträgen 1 bis 5 immer weiter spezifiziert wird.
Demzufolge liegt im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung der Verfahrensbeteiligten kein Mangel an Konvergenz in Bezug auf die Hilfsanträge 2 und 5 vor.
Somit lässt die Kammer die Hilfsanträge 1 bis 4 in das Beschwerdeverfahren zu. Der Gegenstand des Hilfsantrags 5, hingegen, entspricht dem Gegenstand des damaligen Hilfsantrags 1, der bereits Gegenstand der angefochtenen Entscheidung im erstinstanzlichen Verfahren war, mit der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin 02 aufrechterhalten und zwischenzeitlich nicht zurückgenommen worden ist.
Folglich ist der Gegenstand des Hilfsantrags 5 zwangsläufig Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Hauptantrag
5. Ausführbarkeit - Anspruch 2
5.1 Anspruch 2 ist auf eine Dentalabformmasse gerichtet, welche folgende Komponenten enthält:
a) härtbare Polymere ausgewählt aus der Gruppe der durch Additionsreaktion vernetzenden Organopolysiloxane, der durch Kondensationsreaktion vernetzenden Organopolysiloxane, der durch Kondensationsreaktion vernetzenden Alkoxysilylreste enthaltenden Polyether, der durch Additionsreaktion vernetzenden Aziridinoreste enthaltenden Polyether, der durch Additionsreaktion vernetzenden Alkenylreste enthaltenden Polyether, der durch radikalische Polymerisationsreaktion vernetzende Esterreste einer ethylenisch ungesättigten Carbonsäure enthaltenden Polyether oder der durch ringöffnende Metathesereaktion vernetzenden Polyether, Silicone oder Kautschuke (nachfolgend "härtbare Polymere" bzw. "Merkmal a)");
b) ein mindestens einen (Poly)alkylenoxidrest sowie eine Silizium enthaltende Gruppe aufweisendes nichtionisches Tensid mit einer Molmasse von weniger als 6000 g/mol (nachfolgend "Silizium aufweisendes Tensid" bzw. "Merkmal b");
c) ein nichtionisches Fluortensid, das mindestens einen teil- oder perfluorierten Kohlenwasserstoffrest aufweist, der über ein Sauerstoffatom, eine Aminogruppe, eine Ketogruppe, eine Carbonsäureestergruppe, eine Phosphorsäureestergruppe, eine Carbonsäureamidgruppe und/oder eine Phosphorsäureamidgruppe mit einem (Poly)alkylenoxidrest, einem Kohlenhydratrest, einem aliphatischen Polyhydroxyrest oder einem Stickstoff enthaltenden heterocyclischen Rest verbunden ist oder das mindestens einen teil- oder perfluorierten Kohlenwasserstoffrest und mindestens einen Aminoxidrest aufweist (nachfolgend "erfindungsgemäßes Fluortensid" bzw. "Merkmal c)").
d) Zusätzlich muss die beanspruchte Dentalabformmasse 40 Sekunden nach Mischbeginn einen niedrigen initialen Wassertropfen-Kontaktwinkel von < 10° aufweisen, gemessen bei einem Tropfenalter von 10 Sekunden (nachfolgend "Kontaktwinkel" bzw. "Merkmal d)").
5.2 Unstrittig in diesem Zusammenhang ist, dass die unter a) bis c) genannten Komponenten strukturell definierte technische Merkmale der anspruchsgemäßen Dentalabformmassen sind, während Merkmal d) ein diesen Massen zugehöriges, funktionell definiertes technisches Merkmal ist. Einigkeit bestand unter den Parteien zudem auch darüber, dass die Merkmale b) und c) der beanspruchten Dentalabformmassen ganze Substanzklassen umfassen, die jede für sich allein genommen bereits eine Vielzahl von alternativen Verbindungen mit einschließen, während Merkmal a) sogar eine Reihe von unterschiedlichen Substanzklassen umfasst.
In der Gesamtschau deckt Anspruch 2 somit in Bezug auf die strukturell definierten Merkmale a) bis c) eine bedeutend hohe Anzahl alternativer Dentalabformmassen ab. Nachfolgend werden solche Dentalabformmassen, welche zumindest Merkmale a) bis c) besitzen, als "strukturell definierte Dentalabformmassen" bezeichnet.
5.3 Die Beispiele des Streitpatents, indessen, sind auf Dentalabformmassen eingeschränkt, deren strukturelle Merkmale bzw. Komponenten a) bis c) wie folgt sind:
5.3.1 Beispiele A1 bis A7:
Komponente a): Siloxan I und II (siehe Absatz 0227 des Streitpatents)
Komponente b): Tensid III oder Tensid IV (i.e. PEG-8-Methicone oder PEG-7-Methicone; siehe Absatz 0227 des Streitpatents)
Komponente c): Tensid II.
5.3.2 Beispiele B1 und B2:
Komponente a): Basismasse des Handelsprodukts Lastic 90 fine, Kettenbach GmbH + Co.KG Lot 20941 (siehe Absätze 0299 und 0300 des Streitpatents)
Komponente b): Tensid III
Komponente c): Tensid II
5.3.3 Beispiele C1 bis CCC3:
Komponente a): Basismasse eines kondensationsvernetzenden Alkoxysilylpolyether-Dentalabformmaterials gemäß PCT/EP2005/001470 (siehe Absatz 0312 des Streitpatents), bzw. Basismasse eines kondensationsvernetzenden Alkoxysilylpolyether-Dentalabformmaterials gemäß EP-A-1,226,808 (siehe Absätze 0313 bis 0316 des Streitpatents)
Komponente b): Tensid III
Komponente c): Tensid II
5.3.4 Beispiele D1 bis DD3:
Komponente a): Basismasse eines additionsvernetzenden Aziridino-Polyether-Dentalabformmaterials gemäß US-A-4,353,242 (siehe Absätze 0337 und 0341 des Streitpatents)
Komponente b): Tensid III
Komponente c): Tensid II
5.3.5 Somit wird in all diesen Beispielen Tensid II als erfindungsgemäßes Fluortensid eingesetzt.
Die Beschwerdeführerin 01 machte in diesem Zusammenhang geltend, dass die Struktur der Verbindung "Tensid II" weder dem Fachmann aus seinem Fachwissen bekannt sei, noch sei diese im Streitpatent angegeben. Die in Absatz 0227 des Streitpatents offenbarte Definition des Tensids II sei zu vage, um daraus konkrete Informationen bezüglich der Struktur des eingesetzten Fluortensids ableiten zu können, so dass der Fachmann nicht in der Lage sei, die Beispiele des Streitpatents nachzuarbeiten.
Die Kammer, indes, stimmt der Beschwerdeführerin 02 zu, dass der Fachmann aufgrund der in Absatz 0227 des Streitpatents angegebenen Informationen bezüglich der Oberflächenspannung, des HLB-Werts und der Molmasse die Verbindung Tensid II unmittelbar und eindeutig als Zonyl-FSO identifizieren würde, welches Teil seines allgemeinen Fachwissens ist (siehe D48).
5.4 Zusammenfassend ist demnach festzustellen, dass alle Beispiele Zonyl-FSO als Komponente c), und entweder PEG-8-Methicone oder die strukturell sehr ähnliche Verbindung PEG-7-Methicone als Komponente b) aufweisen. Anspruch 2 in seiner gesamten Breite, indessen, deckt aufgrund der strukturell sehr weit gefassten Merkmale a) bis c) eine bedeutend größere Anzahl an Dentalabformmassen ab (siehe oben unter Punkt 5.2).
5.5 Angesichts dieser Tatsache stellt sich im vorliegenden Fall die Frage, ob der Fachmann abgesehen von den Einzelbeispielen auch den übrigen Gegenstand des Anspruchs 2 ohne unzumutbaren Aufwand nacharbeiten kann; d.h. es gilt zu prüfen, ob der Fachmann ohne unzumutbares Herumexperimentieren und ohne eigenes erfinderisches Zutun feststellen kann, welche der zahlreichen, unter die strukturelle Definition des Anspruchs 2 fallenden Dentalabformmassen zusätzlich den beanspruchten Kontaktwinkel von weniger als 10° aufweisen.
5.5.1 Die Beschwerdeführerin 02 machte in diesem Zusammenhang geltend, dass die beanspruchten Dentalabformmassen zweifelsfrei ausführbar seien in Anbetracht der Beispiele des Streitpatents, welche dem Fachmann eine klare, eindeutige Anleitung lieferten, wie die strukturellen Merkmale der Dentalabformmassen auszuwählen seien, um den beanspruchten Kontaktwinkel zu erzielen. Die Frage, ob abgesehen von diesen Beispielen auch der übrige Gegenstand des Anspruchs 2 ausführbar sei, sei im vorliegenden Fall jedoch nicht zu erörtern. Eine Analyse in Bezug auf die gesamte Breite eines Anspruchs sei nur im Rahmen der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit durchzuführen, und auch nur hinsichtlich eines auf einem technischen Merkmal eines Anspruchs beruhenden technischen Effekts. Der Kontaktwinkel gemäß Anspruch 2 sei jedoch kein technischer Effekt im obigen Sinne, sondern ein den beanspruchten Dentalabformmassen zugehöriges technisches Merkmal per se.
5.5.2 Den Standpunkt der Beschwerdeführerin 02 teilt die Kammer indes nicht. Gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist das Erfordernis der Ausführbarkeit nur dann erfüllt, wenn die anspruchsgemäße Erfindung durch einen Fachmann im gesamten beanspruchten Bereich ohne unzumutbaren Aufwand unter Verwendung seines allgemeinen Fachwissens und weiterer Angaben in dem vorliegenden Streitpatent nachgearbeitet werden kann (siehe Entscheidungen T 409/91, ABl. EPA 1994, 653, Punkt 3.5; T 435/91, ABl. EPA 1995, 188, Punkt 2.2.1). Dieser Grundsatz gilt für jede Erfindung ungeachtet dessen, wie sie anspruchsgemäß definiert ist, sei es durch ein strukturelles Merkmal oder durch ein funktionelles Merkmal (siehe T 435/91, ABl. EPA 1995, 188, Punkt 2.2.1).
5.5.3 Somit gilt es im vorliegenden Falle zu klären, ob der Fachmann ohne unzumutbaren Aufwand den beanspruchten Kontaktwinkel erzielen kann bei all den Dentalabformmassen, die unter den Anspruch 2 fallen.
Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn alle strukturell definierten Dentalabformmassen zwangsläufig den beanspruchten Kontaktwinkel aufweisen würden.
Folgende Beweismittel belegen jedoch, dass dem nicht so ist:
a) D27: Seite 2, Tabelle 1, Beispiele A1 und A2
b) D40: Seite 9, Versuch 26
c) D43: Seite 1, Beispiele 978-13, 978-17 und 978-20 sowie Seite 2, Beispiel 978-21
d) Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin 02: Seite 10, Zubereitung enthaltend 0,375 Gew.% Fluortensid und 1,125 Gew.% Silizium aufweisendes Tensid.
In all diesen getesteten Zubereitungen beträgt der Kontaktwinkel mehr als 10°, gemessen nach der im Streitpatent genannten Methode, obwohl diese sämtliche strukturellen Merkmale des Anspruchs 2 aufweisen.
Des Weiteren zeigt Beispiel 978-4 auf Seite 3 der D43, dass eine die Merkmale a) bis c) des Anspruchs 2 aufweisende Zubereitung eine inhomogene Paste bildet. Solch eine Paste erlaubt weder eine zuverlässige Kontaktwinkelbestimmung, noch besitzt sie die Eignung als Dentalabformmasse, obgleich sie alle strukturellen Merkmale des Anspruchs 2 aufweist.
5.5.4 Folglich benötigt der Fachmann im vorliegenden Fall eine dem Streitpatent bzw. dem allgemeinen Fachwissen zu entnehmende konkrete Anleitung, die es ihm erlaubt, auch außerhalb der Ausführungsbeispiele ohne unzumutbaren Forschungsaufwand die strukturellen Merkmale der Dentalabformmassen gemäß Anspruch 2 so auszuwählen, dass diese den beanspruchten Kontaktwinkel von weniger als 10° aufweisen. Sollte eine solche Anleitung vorliegen, dann könnte der Fachmann den beanspruchten Gegenstand ohne Schwierigkeiten ausführen. Sollte dem Fachmann eine solche Anleitung hingegen nicht verfügbar sein, dann wäre er gezwungen, den Kontaktwinkel jeder denkbaren, unter die strukturelle Definition des Anspruchs 2 fallenden Dentalabformmasse zu messen, um diejenigen Dentalabformmassen ausfindig zu machen, die den anspruchsgemäßen Kontaktwinkel besitzen. Eine solche Vorgehensweise käme der Durchführung eines Forschungsprogramms und damit einem für den Fachmann unzumutbaren Aufwand gleich.
5.5.5 Die Beschwerdeführerin 02 bestritt nicht die Richtigkeit der unter Punkt 5.5.3 aufgeführten Versuchsdaten. Sie bestätigte auch, dass der Wert des Kontaktwinkels von der chemischen Zusammensetzung sowie von weiteren Parametern der beanspruchten Dentalabformmassen abhängig sei. Gleichwohl sei die Nacharbeitung des beanspruchten Gegenstandes für den Fachmann nicht mit einem unzumutbaren Aufwand verbunden, da ihm das Streitpatent, und insbesondere die Vielzahl der darin offenbarten Beispiele eine konkrete Anleitung zur Bestimmung des Kontaktwinkels liefere. Somit könne der Fachmann zuverlässig und ohne unzumutbaren Aufwand feststellen, ob eine unter die strukturelle Definition gemäß Anspruch 2 fallende Dentalabformmasse den beanspruchten Kontaktwinkel aufweise oder nicht. Die angeführten Versuchsdaten zeigten zwar, dass der Kontaktwinkel einzelner Dentalabformmassen oberhalb des beanspruchten Wertes liege, obwohl sie die strukturelle Definition des Anspruchs 2 erfüllten. Jedoch liegen diese Zubereitungen außerhalb des Schutzbereiches des Anspruchs 2, und könnten somit nicht die Ausführbarkeit der anspruchsgemäßen Dentalabformmasse in Frage stellen. Die gleichen Erwägungen gelten zudem für die Zubereitung gemäß Beispiel 978-4 der D43, welche sich nicht als Dentalabformmasse eigne, und somit ebenfalls nicht unter den Schutzbereich des Anspruchs 2 falle.
5.5.6 Diese Argumentation vermag die Kammer indes ebenfalls nicht zu überzeugen. Die Tatsache, dass der Fachmann angesichts der im Streitpatent offenbarten Informationen den Kontaktwinkel von unter die strukturelle Definition gemäß Anspruch 2 fallenden Dentalabformmassen ohne unzumutbaren Aufwand bestimmen kann, stellt zwar eine notwendige Voraussetzung für die Ausführbarkeit des beanspruchten Gegenstandes dar, reicht aber im vorliegenden Fall für sich allein genommen nicht aus, um diesen Gegenstand über die gesamte Breite des Anspruchs 2 ausführen zu können. Die Angaben im Streitpatent hinsichtlich der Kontaktwinkelbestimmung ermöglichen dem Fachmann lediglich festzustellen, ob der Kontaktwinkel anspruchsgemäß ist oder nicht, geben ihm aber keinen Hinweis darauf, wie er vorzugehen hat, um unter der Vielzahl der Zubereitungen gemäß der strukturellen Definition des Anspruchs 2 diejenigen auszuwählen, die sich als Dentalabformmassen eignen und einen Kontaktwinkel von weniger als 10° besitzen.
5.5.7 Unter Bezugnahme auf Seite 5, Zeilen 7 bis 9 der D1 und Seite 5, Zeilen 25 bis 27 der D15 trug die Beschwerdeführerin 02 als weiteres Argument vor, dass dem Fachmann allgemein bekannt gewesen sei, dass eine Reduzierung des Kontaktwinkels einer Dentalabformmasse durch eine Erhöhung der Gesamttensid-Konzentration erzielt werden könne. Folglich würde der Fachmann zu dieser einfachen Maßnahme greifen, um den beanspruchten Gegenstand nachzuarbeiten, ohne dass damit ein unzumutbarer Aufwand verbunden wäre.
5.5.8 Die Kammer stellt hierzu fest, dass im Falle des Versuchs 26 der D40 eine bloße Erhöhung der Gesamttensid-Konzentration tatsächlich auszureichen scheint, um die beanspruchten Kontaktwinkel von < 10° zu erhalten (vgl. Versuche 26 bis 28' auf Seite 9 der D40). Im Falle des Beispiels 978-13 der D43, hingegen, hat die Kammer ernsthafte Zweifel, dass diese Maßnahme eine Absenkung des Kontaktwinkels dieses Beispiels von 22° auf weniger als 10° bewirken kann, da die Gesamttensid-Konzentration dieses Beispiels mit 10 Gew.% bereits sehr hoch ist (siehe hierzu D1, Seite 5, Zeilen 7 bis 11). Folglich ist es mehr als fraglich, ob eine weitere Erhöhung dieser Konzentration den Wert des Kontaktwinkels von 22° auf weniger als die Hälfte reduzieren kann, zumal solch eine Erhöhung gemäß der obig erwähnten Textstelle der D1 mit anderen Nachteilen verbunden ist. Auch bei Beispiel 978-4 der D43 scheint die obig genannte Maßnahme nicht geeignet, um den beanspruchten Kontaktwinkel zu erzielen, da dieses bereits bei einer Gesamttensid-Konzentration von 10 Gew.% eine inhomogene Paste bildet, die eine zuverlässige Kontaktwinkelmessung unmöglich macht.
Aus den vorstehenden Gründen vermag die Argumentation der Beschwerdeführerin 02 die Kammer nicht zu überzeugen. Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass der Fachmann im vorliegenden Falle mangels entsprechender Anleitung im Streitpatent nur durch Versuch und Irrtum herausfinden kann, ob eine Dentalabformmasse, welche alle technischen Merkmale des Anspruchs 1 enthält, den beanspruchten Kontaktwinkel gemäß Anspruch 2 aufweist oder nicht. Diese Vorgehensweise erachtet die Kammer aufgrund der Breite des Anspruchs 2 für einen für den Fachmann unzumutbaren Aufwand. Entsprechend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 2 des Hauptantrags dem Erfordernis der Ausführbarkeit nicht genügt.
Erster Hilfsantrag
6. Ausführbarkeit - Anspruch 1
Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags entspricht Anspruch 2 des Hauptantrags. Folglich gelten die gleichen Überlegungen und Schlussfolgerungen wie für Anspruch 2 des Hauptantrags, so dass dieser ebenfalls nicht über seine gesamte Breite ausführbar ist.
Zweiter Hilfsantrag
7. Ausführbarkeit - Anspruch 2
7.1 Anspruch 2 dieses Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 2 des Hauptantrags dadurch, dass Merkmal c) auf ein nichtionisches Fluortensid eingeschränkt ist, das mindestens einen teil- oder perfluorierten Kohlenwasserstoffrest aufweist, der über ein Sauerstoffatom mit dem (Poly)alkylenoxidrest verbunden ist.
7.2 Jedoch sind die oben unter Punkt 5.5.3 a), c) und d) genannten Versuche nach wie vor für die Beurteilung der Ausführbarkeit des Gegenstands von Anspruch 2 zu berücksichtigen, da das in diesen getesteten Zubereitungen enthaltene Fluortensid Zonyl-FSN weiterhin von der strukturellen Definition des erfindungsgemäßen Fluortensids gemäß Anspruch 2 abgedeckt ist.
Folglich finden die oben unter den Punkten 5.5.3 bis 5.5.8 angeführten Überlegungen und Schlussfolgerungen auch auf Anspruch 2 dieses Hilfsantrags Anwendung, so dass auch dessen Gegenstand nicht über den gesamten beanspruchten Bereich ausführbar ist.
Dritter Hilfsantrag
8. Ausführbarkeit - Anspruch 1
Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags entspricht Anspruch 2 des zweiten Hilfsantrags. Folglich gelten für Anspruch 1 dieses Hilfsantrags die gleichen Überlegungen und Schlussfolgerungen wie für Anspruch 2 des zweiten Hilfsantrags, so dass dieser ebenfalls nicht über seine gesamte Breite ausführbar ist.
Vierter Hilfsantrag
9. Ausführbarkeit - Anspruch 1
9.1 Im Vergleich zu Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags wurde der Gegenstand des Anspruchs 1 des vierten Hilfsantrags dahingehend eingeschränkt, dass die beiden nichtionischen Tenside (d.h. Merkmale b) und c)), in bestimmten Gewichtsmengen sowie in einem bestimmten Gewichtsverhältnis zueinander in der beanspruchten Dentalabformmasse vorliegen müssen.
9.2 Die strukturelle Definition der Merkmale a) bis c) dieses Anspruchs hingegen ist die gleiche wie die der Merkmale a) bis c) der Dentalabformmassen gemäß Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags, so dass auch Anspruch 1 des vierten Hilfsantrags weiterhin eine bedeutende Anzahl alternativer Dentalabformmassen abdeckt.
Des Weiteren sind auch für diesen Anspruch die oben unter Punkt 5.5.3 a), c) und d) genannten Versuche für die Beurteilung dessen Ausführbarkeit relevant, da die darin offenbarten getesteten Zubereitungen die geforderten Gewichtsmengen der Merkmale b) und c) sowie das beanspruchte Gewichtsverhältnis dieser beiden Merkmale aufweisen. Folglich ist Anspruch 1 des vierten Hilfsantrags aus den gleichen Gründen nicht über seine gesamte Breite ausführbar wie Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags.
Fünfter Hilfsantrag
10. Änderungen - Artikel 123 (2) EPÜ
10.1 Die Verfahrensbeteiligten machten geltend, dass die dem Streitpatent zugrunde liegende Patentanmeldung keine Stütze für das funktionelle Merkmal des Kontaktwinkels von weniger als 10° in Verbindung mit Dentalabformmassen liefere, welche ein nichtionisches Fluortensid gemäß Anspruch 4 in der ursprünglich eingereichten Fassung enthalten.
10.2 Die Kammer stellt hierzu fest, dass das funktionelle Merkmal des Kontaktwinkels Gegenstand des Anspruchs 2 des fünften Hilfsantrags ist. Das nichtionische Fluortensid gemäß diesem Anspruch, hingegen, entspricht nicht dem Fluortensid gemäß Anspruch 4 in der ursprünglich eingereichten Fassung, sondern ist auf
Verbindungen folgender Formel (nachfolgend "Formel I") eingeschränkt:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Folglich muss der Einwand der Verfahrensbeteiligten allein schon aus diesem Grunde scheitern.
Im Übrigen erachtet die Kammer Anspruch 2 aus folgenden Gründen für gewährbar im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ:
Anspruch 8 in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart als eine von zwei Alternativen eine Dentalabformmasse, welche alle strukturellen Merkmale der Dentalabformmassen des Anspruchs 2 des vorliegenden Hilfsantrags aufweist. Lediglich deren Kontaktwinkelwert wird in Anspruch 8 nicht weiter präzisiert. Jedoch offenbart die Textstelle auf Seite 9, Zeilen 26 bis 30 der dem Streitpatent zugrunde liegenden Patentanmeldung (nachfolgend "Patentanmeldung"), dass die erfindungsgemäßen Dentalabformmassen vorzugsweise einen Kontaktwinkel gemäß Anspruch 2 des vorliegenden Hilfsantrags aufweisen. Auch alle beispielhaften Ausführungsformen der Patentanmeldung besitzen den angestrebten Kontaktwinkel von weniger als 10°. Folglich ist die Kammer der Auffassung, dass die Patentanmeldung eine Stütze für die Kombination des Merkmals des Kontaktwinkels mit den übrigen Merkmalen des vorliegenden Anspruchs 2 bietet, so dass Anspruch 2 des fünften Hilfsantrags die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt.
11. Klarheit - Artikel 84 EPÜ
11.1 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin 01 sei der Schutzbereich des Anspruchs 1 aufgrund des beanspruchten Fluortensids unklar. Des Weiteren fehle es Anspruch 1 an dem für die Erzielung des erfindungsgemäßen Erfolgs wesentlichen Merkmal des Polyethylenglycolmethylethers.
11.2 Da gemäß der Entscheidung G 3/14 (ABl. EPA 2015, 102) bei der Prüfung nach Artikel 101 (3) EPÜ, ob das Patent in der geänderten Fassung den Erfordernissen des EPÜ genügt, die Ansprüche des Patents nur auf die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ geprüft werden können, sofern und dann auch nur soweit diese Änderung einen Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ herbeiführt, gilt es im vorliegenden Fall zunächst zu prüfen, ob die von der
Beschwerdeführerin 01 erhobenen Klarheitseinwände
Änderungen im Sinne der Entscheidung G 3/14 betreffen
oder lediglich Merkmale, die bereits in den erteilten
Ansprüchen enthalten waren.
11.3 Hierzu stellt die Kammer fest, dass die von der Beschwerdeführerin 01 erhobenen Klarheitseinwände nicht aus den Änderungen des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5 resultieren, sondern sich ausschließlich auf Merkmale beziehen, die bereits in den erteilten Ansprüchen enthalten waren. So ist Anspruch 1 des vorliegenden Hilfsantrags identisch mit der ersten Alternative des Anspruchs 8 in der erteilten Fassung, während das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 2 dem Anspruch 2 in der erteilten Fassung entstammt.
Folglich sind die von der Beschwerdeführerin 01 erhobenen Einwände nach Artikel 84 EPÜ nicht zu berücksichtigen.
12. Ausführbarkeit
12.1 Anspruch 1
12.1.1 Anspruch 1 des fünften Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass Merkmal c) auf ein nichtionisches Fluortensid gemäß Formel I eingeschränkt ist (siehe oben unter Punkt 10.2).
12.1.2 Bezugnehmend auf Beispiel 978-4 der D43 (siehe oben unter Punkt 5.5.3), argumentierte die Beschwerdeführerin 01, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht über dessen gesamte Breite ausführbar sei.
12.1.3 Die Kammer erachtet die Argumentation der Beschwerdeführerin 01 aus folgenden Gründen für nicht überzeugend:
In Beispiel 978-4 der D43 wird Zonyl-FSN als nichtionisches Fluortensid eingesetzt. Dieses ist
unstreitig durch folgende Formel charakterisiert:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK,
d.h. Zonyl-FSN ist ein Gemisch von unter diese Formel fallenden Verbindungen, welche insgesamt eine Molmasse von circa 950 aufweisen müssen (siehe Seite 2, Spalte 1 von D47). Die Struktur der einzelnen Verbindungen dieses Gemisches wird in D47 jedoch nicht angegeben.
Gemäß Anspruch 1 des vorliegenden Hilfsantrags, indes, ist das erfindungsgemäße, nichtionische Fluortensid
eine Verbindung der Formel I (siehe oben unter Punkt 10.2), d.h.
- die Anzahl der Fluorkohlenwasserstoff-Einheiten (CF2-CF2) dieser Verbindung muss mindestens 1 und höchstens 7 betragen (nachfolgend "erster Variierungsbereich");
- die Anzahl an Ethylenoxid-Einheiten (O-CH2-CH2) dieser Verbindung muss mindestens 1 und höchstens 15 betragen (nachfolgend "zweiter Variierungsbereich").
Dies bedeutet, dass diese beiden Variierungsbereiche für sich allein genommen von den entsprechenden Variierungsbereichen der Formel des Zonyl-FSN umfasst sind, jedoch ist diese Begebenheit für sich allein noch kein Beleg dafür, dass mindestens eine der unter die Formel I des Anspruchs 1 fallenden Verbindungen tatsächlich in dem Gemisch Zonyl-FSN enthalten ist.
Die Formel des Zonyl-FSN könnte nämlich durchaus auch ausschließlich Verbindungen enthalten, die nicht von der Formel I des Anspruchs 1 abgedeckt sind.
Folglich bedarf es im vorliegenden Fall eines Belegs dafür, dass Zonyl-FSN mindestens eine Verbindung enthält, die unter Formel I des Anspruchs 1 fällt. Die Beweislast hierfür obliegt der Partei, welche den Einwand der mangelnden Ausführbarkeit erhoben hat, d.h. der Beschwerdeführerin 01 bzw. der Verfahrensbeteiligten, die jedoch keinerlei solcher Beweise angeführt haben.
In Ermangelung derartiger Beweise kommt die Kammer demnach zu dem Schluss, dass Beispiel 978-4 der D43 keine ernsthaften Zweifel an der Ausführbarkeit des Gegenstands von Anspruch 1 über dessen gesamte Breite begründen kann.
Entsprechend erachtet die Kammer die anspruchsgemäße Erfindung für über die gesamte Breite des Anspruchs 1 ausführbar.
12.2 Anspruch 2
12.2.1 Anspruch 2 des fünften Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 2 des Hauptantrags dadurch, dass Merkmal c) auf ein nichtionisches Fluortensid gemäß Formel I eingeschränkt ist.
12.2.2 Bezugnehmend auf die oben unter Punkt 5.5.3 a) bis d) genannten Beweismittel argumentierte die Beschwerdeführerin 01, dass der Gegenstand des Anspruchs 2 nicht über dessen gesamte Breite ausführbar sei.
12.2.3 Jedoch betreffen die oben unter Punkt 5.5.3 a), c) und d) erwähnten Beweismittel ausschließlich Dentalabformmassen mit Zonyl-FSN als nichtionischem Fluortensid, so dass sie aus den oben unter Punkt 12.1.3 genannten Gründen keine ernsthaften Zweifel an der Ausführbarkeit des Gegenstands von Anspruch 2 über dessen gesamte Breite begründen können.
Die oben unter Punkt 5.5.3 b) genannten Versuchsdaten (i.e. Versuch 26 der D40), hingegen, betreffen eine Dentalabformmasse mit einem erfindungsgemäßen nichtionischen Fluortensid gemäß Anspruch 2 (i.e. Zonyl-FSO), deren Kontaktwinkel mit einem Wert von 24° über dem anspruchsgemäßen Kontaktwinkel von weniger als 10° liegt. Gleichwohl hat die Beschwerdeführerin 02 anhand der Versuche 27, 28, 28' der D40 gezeigt, dass mittels einfacher Erhöhung der Gesamttensid-Konzentration der Kontaktwinkel von 24° auf weniger als 10° zuverlässig erzielt werden kann, während die Beschwerdeführerin 01 und die Verfahrensbeteiligten keinen Beleg dafür geliefert haben, dass eine einfache Erhöhung der Gesamttensid-Konzentration allein nicht genügt, um den Gegenstand des Anspruchs 2 über dessen gesamte Breite ausführen zu können.
Entsprechend erachtet die Kammer den von der Beschwerdeführerin 01 vorgetragenen Einwand der mangelnden Ausführbarkeit für nicht überzeugend.
12.2.4 Die Beschwerdeführerin 01 brachte als weiteres Argument vor, dass der Gegenstand gemäß Anspruch 2 in Bezug auf diejenigen Ausführungsformen nicht ausführbar sei, bei denen das nichtionische Fluortensid im Überschuss gegenüber dem Silizium aufweisenden Tensid sei. Sie stützte sich dabei auf die von ihr vorgelegten Versuchsdaten betreffend eine Dentalabformmasse enthaltend das nichtionische Fluortensid Zonyl-FSN im Überschuss gegenüber dem Silizium aufweisenden Tensid, deren Kontaktwinkel mehr als 10° beträgt (siehe D43, Tabelle 1a, Beispiel 978-20). Sie betonte zudem, dass die Beschwerdeführerin 02 keinen einzigen Beleg dafür vorgelegt habe, dass im Falle des Zonyl-FSO an Stelle des Zonyl-FSN die beanspruchten Kontaktwinkel erzielt würden.
12.2.5 Die Kammer, indes, vermag auch diese Argumentation nicht zu überzeugen. So zeigt das Vergleichsbeispiel V5 der D35 (siehe Seiten 36 bis 41), dass eine Dentalabformmasse gemäß Anspruch 2, welche Zonyl-FSO im Überschuss gegenüber dem Silizium aufweisenden Tensid enthält, einen Kontaktwinkel von 4° aufweist, gemessen nach der im Streitpatent offenbarten Methode (siehe Tabelle 2 auf Seite 42 der D35). Folglich hat die Kammer keinen Grund zur Annahme, dass Dentalabformmassen gemäß Anspruch 2 enthaltend das nichtionische Fluortensid gemäß Formel I im Überschuss gegenüber dem Silizium aufweisenden Tensid nicht ausführbar seien.
12.2.6 Zusammenfassend kommt die Kammer somit zu dem Ergebnis, dass der Einwand mangelnder Ausführbarkeit in Bezug auf Anspruch 2 des fünften Hilfsantrags nicht begründet ist.
12.3 Ansprüche 28, 29:
12.3.1 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin 01 sind die Gegenstände dieser Ansprüche dahingehend nicht ausführbar, dass sie Dentalabformmassen umfassen, welche den für die Aushärtung unabdingbaren Katalysatoren nicht enthalten.
12.3.2 Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin 01 dahingehend zu, dass die Anwesenheit eines Katalysators kein zwingend erforderliches Merkmal der Ansprüche 28, 29 ist, soweit sie auf die Ansprüche 1 bis 13, 18 bis 22, 24, 26, 27 rückbezogen sind. Jedoch kann der Fachmann aufgrund der im Streitpatent enthaltenen Angaben - gegebenenfalls unter Zuhilfenahme seines Fachwissens - die dem Gegenstand der Ansprüche 28, 29 zugrundeliegende Erfindung ohne unzumutbaren Aufwand im gesamten beanspruchten Bereich ausführen (siehe insbesondere die Beispiele des Streitpatents aber auch die Angaben der Absätze 0097 bis 0218 des Streitpatents), so dass auch dieser Einwand der Beschwerdeführerin 01 nicht greift.
12.4 Zusammenfassend kommt die Kammer somit zu dem Ergebnis, dass der fünfte Hilfsantrag dem Erfordernis der Ausführbarkeit genügt.
13. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
13.1 Anspruch 1
13.1.1 Nächstliegender Stand der Technik
Die nach dem Streitpatent zu lösende technische Aufgabe
besteht in der Bereitstellung einer Dentalabformmasse, die zu jedem Zeitpunkt während der Verarbeitungszeit einen niedrigen initialen Kontaktwinkel und einen konstanten und niedrigen Gleichgewichts-Kontaktwinkel (Hydrophile) liefert, so dass unter Praxisbedingungen ein außerordentlich gutes Anfließen an den feuchten Zahn bzw. Zahngewebe erfolgt und dies wiederum zur Ausbildung eines äußerst detailgetreuen Abdrucks führt (siehe Absatz 0029).
Sowohl die Einspruchsabteilung als auch alle Parteien
haben D15 als nächstliegenden Stand der Technik
identifiziert. Die Beschwerdeführerin 01 hat zusätzlich D1 als gegenüber D15 gleichwertigen nächstliegenden Stand der Technik angeführt.
D1 stellt sich zur Aufgabe, Silikon enthaltende Dentalpräzisionsabdruckmaterialien bereitzustellen, welche im Gegensatz zum Stand der Technik eine bessere Verträglichkeit hinsichtlich Blut, Speichel und anderen Flüssigkeiten sowie hinsichtlich der Gipsaufschlämmung aufweisen (siehe Seite 3, Zeilen 10 bis 40). Als Lösung dieser Aufgabe schlägt D1 das Hinzufügen wenigstens eines in Wasser löslichen oder wenig löslichen Proteins vor, optional in Kombination mit wenigstens einem eine hydrophile Natur vermittelnden Mittel, ausgewählt aus der Gruppe hydrophiler Silikonöle und nichtionischer Tenside (siehe Seite 3, Zeilen 41 bis 44). Das Protein verringert oder begrenzt die Eigenschaft des Silikonkautschuks, Blut, Speichel und andere Flüssigkeiten abzustoßen und verbessert dadurch die Präzision des Dentalabdrucks (siehe Seite 3, letzter Absatz). In Kombination mit einem eine hydrophile Natur vermittelnden Mittel bewirkt das Protein eine vollständige Eliminierung der Wasserabstoßung des Silikonkautschuks (siehe Seite 4, Zeilen 6 bis 9).
Der Erfindung gemäß D15 liegt ebenfalls die Aufgabe zugrunde, Dentalabformmassen mit einer verbesserten Wasserbenetzbarkeit bereitzustellen, um u.a. die Herstellung von akkuraten Zahnabdrücken zu vereinfachen (siehe Seite 1, Absatz 1; Seite 3, Zeilen 17 bis 20).
Als Lösung dieser Aufgabe schlägt D15 eine härtbare silikonhaltige Zubereitung vor, die eine Mischung aus einem härtbaren Silikon-Präpolymer und einem Tensid
umfasst, wobei das Tensid ausgewählt ist aus
a) ethoxylierten nichtionischen Tensiden enthaltend eine oder mehrere Siloxan- oder
Perfluoroalkyl-Solubilisierungsgruppen, und
b) kationischen oder amphoteren fluorochemischen Tensiden (siehe Seite 3, Zeilen 6 bis 12).
Somit setzt sich sowohl D1 als auch D15 zum Ziel, die Benetzbarkeit von Dentalabformmassen mit Wasser zu verbessern, um dadurch präzisere Dentalabdrücke zu erhalten. Dies erreicht D1 mittels eines in Wasser löslichen oder wenig löslichen Proteins, während die Anwesenheit von eine hydrophile Natur vermittelnden Mitteln wie z.B. nichtionischen Tensiden rein optional ist. In D15, hingegen, führen die obig unter Punkt a) und b) genannten Tenside selbst zu der angestrebten verbesserten Benetzbarkeit der Dentalabformmassen (siehe Seite 5, Zeilen 3 bis 21). Folglich kommt die Lehre der D15 dem beanspruchten Gegenstand näher als D1, und stellt daher aus Sicht der Kammer den nächstliegenden Stand der Technik dar.
In dieser Druckschrift werden verschiedene erfindungsgemäße Dentalabformmassen offenbart, darunter eine Zubereitung, die ein Silizium aufweisendes Tensid gemäß Anspruch 1 des vorliegenden Hilfsantrags enthält und sich durch eine besonders gute Benetzbarkeit mit Wasser auszeichnet (siehe Seite 13, Tabelle 1, "Run no.2" und Seite 14, Zeilen 3 bis 4; nachfolgend "Beispiel 1 / Run 2"). Dieses Beispiel entspricht dem Beispiel "run no 2" der Tabelle I der Druckschrift US-A-4,657,959 (i.e. D7), welche aus der gleichen Patentfamilie stammt wie D15. Dieses Beispiel, wiederum, ist identisch mit Vergleichsbeispiel A11 des Streitpatents (siehe Absätze 0284 und 0285), welches 40 Sekunden nach Mischbeginn einen Wassertropfen-Kontaktwinkel von 33° aufweist, gemessen bei einem Tropfenalter von 10 Sekunden gemäß der im Streitpatent offenbarten Methode (siehe Seite 53, Tabelle 1 B des Streitpatents). Entsprechend beträgt der Kontaktwinkel des Beispiels 1 / Run 2 des nächstliegenden Standes der Technik ebenfalls 33°, gemessen bei einem Tropfenalter von 10 Sekunden gemäß der im Streitpatent offenbarten Methode.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von diesem Beispiel dadurch, dass die beanspruchte Dentalabformmasse zusätzlich ein nichtionisches Fluortensid gemäß Formel I enthält (siehe oben unter Punkt 10.2).
13.1.2 Objektive technische Aufgabe und Lösung
Als Grundlage für die Definition der objektiven
technischen Aufgabe ist im Rahmen des
Aufgabe-Lösungs-Ansatzes zunächst festzustellen, welche
technische Wirkung durch das Unterscheidungsmerkmal des nichtionischen Fluortensids über die gesamte Breite des Anspruchs 1 erzielt wird.
Die Beschwerdeführerin 02 machte eine synergistische Wirkung der erfindungsgemäßen Tensidmischung geltend, mittels derer Dentalabformmassen bereitgestellt würden, die einen besonders niedrigen initialen Wassertropfen-Kontaktwinkel aufweisen, gemessen bei einem Tropfenalter von 10 Sekunden gemäß der im Streitpatent offenbarten Methode. Als Beleg für die behauptete Wirkung verwies die Beschwerdeführerin 02
insbesondere auf folgende Versuchsdaten:
a) Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin 02: Seite 10, letzter Absatz bis Seite 11, erster Absatz
b) D40: Seiten 8 bis 10, Ergebnisse 3.3, 3.4 und 3.5;
insbesondere folgende Versuchsdaten:
i) Versuch 26 im Vergleich zu den Versuchen 14 und 17a;
ii) Versuch 27 im Vergleich zu den Versuchen 15 und 18a;
iii) Versuch 28 im Vergleich zu den Versuchen 16 und 19a;
iv) Versuch 28' im Vergleich zu den Versuchen 16' und 20a.
Diese Daten zeigten, dass aufgrund der synergistisch wirkenden, erfindungsgemäßen Tensidmischung initiale Wassertropfen-Kontaktwinkel erzielt würden, die niedriger seien als der entsprechende Wassertropfen-Kontaktwinkel des Beispiels 1 / Run 2 des nächstliegenden Standes der Technik. Folglich zeichneten sich die erfindungsgemäßen Dentalabformmassen durch eine bessere Benetzbarkeit mit Wasser im noch ungehärteten Zustand aus als Beispiel 1 / Run 2 des nächstliegenden Standes der Technik.
Die Beschwerdeführerin 01, indes, war der Auffassung, dass die von der Beschwerdeführerin 02 gezeigte Reduzierung des Wassertropfen-Kontaktwinkels nicht allein auf das Unterscheidungsmerkmal des anspruchsgemäßen Fluortensids zurückzuführen sei. In diesem Zusammenhang machte sie insbesondere geltend, dass das in den Versuchen der Beschwerdeführerin 02 verwendete Silizium aufweisende Tensid (i.e. Silwet L-77) zu 20% einen Polyether als Nebenprodukt enthalte. In Anbetracht der aus D2 bekannten synergistischen Wirkung von Kombinationen aus Fluortensiden und Polyethern, wie insbesondere auf Seite 139, Abbildung 4.29; Seite 150, erster Absatz unter Abbildung 4.34 und Seite 288, erster Absatz des Kapitels 7.2 dieser Druckschrift offenbart, könne daher nicht zuverlässig ausgeschlossen werden, dass die in den Versuchen der Beschwerdeführerin 02 gezeigte Kontaktwinkelreduzierung auf der Kombination aus dem verwendeten Fluortensid und dem zu 20% in dem Silizium aufweisenden Tensid enthaltenen Polyether beruhe. Der Gegenstand des Anspruchs 1, indessen, sei nicht auf Dentalabformmassen eingeschränkt, die einen solchen Polyether enthalten. Folglich sei die von der Beschwerdeführerin 02 behauptete technische Wirkung nicht für die Formulierung der objektiven technischen Aufgabe zu berücksichtigen.
Die Kammer stellt hierzu fest, dass unter den von der Beschwerdeführerin 01 genannten Textstellen der D2 lediglich die Abbildung 4.29 auf Seite 139 eine synergistisch wirkende Kombination aus einem Polyether und einem nichtionischen Fluortensid offenbart, jedoch handelt es sich bei letzterem um Zonyl-FSN, welches mangels Belegs seitens der Beschwerdeführerin 01 als nicht anspruchsgemäß zu werten ist (siehe oben unter Punkt 12.1.3). Ferner zeigen die Daten der Vergleichsversuche 3 bis 3''' und 6 bis 6'''' auf Seite 5 der D40, dass mit anspruchsgemäßen Dentalabformmassen enthaltend Silwet L-77 als Silizium aufweisendes Tensid annähernd gleiche Kontaktwinkel erreicht werden wie mit Dentalabformmassen, die sich von den zuerst genannten Dentalabformmassen ausschließlich dadurch unterscheiden, dass sie statt des Silwet L-77 ein Silizium aufweisendes Tensid enthalten, dass keine Polyether-Nebenprodukte umfasst (i.e. Masil SF-19). Entsprechend vermag dieses Argument der Beschwerdeführerin 01 die Kammer nicht zu überzeugen. Stattdessen befindet die Kammer, dass die Beispiele des Streitpatents, sowie die von der Beschwerdeführerin 02 obig genannten Versuchsdaten und die auf Seite 6 ihrer Beschwerdebegründung angeführten Versuchsdaten glaubhaft zeigen, dass die mit dem Unterscheidungsmerkmal einhergehende technische Wirkung die Bereitstellung einer Dentalabformmasse ist, die gegenüber derjenigen des nächstliegenden Standes der Technik einen niedrigeren initialen Wassertropfen-Kontaktwinkel aufweist.
Die Beschwerdeführerin 01 war weiterhin der Ansicht, dass selbst wenn die von der Beschwerdeführerin 02 geltend gemachte technische Wirkung auf dem Unterscheidungsmerkmal des anspruchsgemäßen Fluortensids beruhe, diese gleichwohl nicht über die gesamte Breite des Anspruchs 1 auftrete. In diesem Zusammenhang lieferte sie die folgenden zwei Begründungen:
a) Begründung 1:
Bestimmte, unter Anspruch 1 fallende Dentalabformmassen weisen einen initialen Wassertropfen-Kontaktwinkel auf, der höher sei als der des Beispiels 1 / Run 2 des nächstliegenden Standes der Technik, wie insbesondere folgende Versuchsdaten zeigten:
i) D38: Seite 9, Beispiele 5 und 6;
ii) D40: Seite 9, Versuch 26
iii) D43:
Tabelle 1a, Beispiele 978-20 und 978-17 im Vergleich zu Vergleichsversuch 16' auf Seite 8 der D40;
Tabelle 1b, Beispiel 978-21
b) Begründung 2:
Seitens der Beschwerdeführerin 02 sei kein synergistischer Effekt gezeigt worden für Dentalabformmassen, welche das erfindungsgemäße Fluortensid im Überschuss gegenüber dem Silizium aufweisenden Tensid enthalten. Stattdessen zeige Beispiel 978-20 in Tabelle 1a der D43, dass eine Dentalabformmasse gemäß Anspruch 1 mit einem Überschuss an Fluortensid Zonyl-FSN gegenüber dem Silizium aufweisenden Tensid einen Kontaktwinkel von 90° aufweise.
Jedoch vermag auch diese Argumentation der Beschwerdeführerin 01 die Kammer nicht zu überzeugen, wie im Folgenden dargelegt:
Zu Begründung 1:
Bei dem nichtionischen Fluortensid gemäß Beispiel 6 der D38 und den angeführten Beispielen der D43 handelt es sich um Zonyl-FSN. Mangels Belegs dafür, dass Zonyl-FSN mindestens eine Verbindung enthält, die unter Formel I des Anspruchs 1 fällt (siehe oben unter Punkt 12.1.3) sind diese Daten nicht geeignet, um die Glaubhaftigkeit der von der Beschwerdeführerin 02 über die gesamte Breite des Anspruchs 1 geltend gemachte verbesserte Benetzbarkeit mit Wasser in Frage zu stellen.
Die Dentalabformmassen des Beispiels 5 der D38 und des Versuchs 26 der D40, hingegen, enthalten Zonyl-FSO als erfindungsgemäß eingesetztes Fluortensid. Gleichwohl ist der Wassertropfen-Kontaktwinkel des Beispiels 5 der D38 mittels einer Methode bestimmt worden, die sich sowohl in der Tröpfchengröße als auch in der Schichtdicke von der im Streitpatent offenbarten Methode unterscheidet. In Anbetracht dieser Tatsache erachtet die Kammer dieses Beispiel als nicht aussagekräftig genug, um Zweifel bezüglich der von der Beschwerdeführerin 02 geltend gemachten verbesserten Benetzbarkeit mit Wasser über den gesamten beanspruchten Bereich aufkommen zu lassen. Hinsichtlich Versuch 26 der D40 stellt die Kammer fest, dass der Kontaktwinkel dieses Beispiels, gemessen nach der im Streitpatent offenbarten Methode, 24° beträgt und somit geringer ist als der entsprechende Kontaktwinkel des Beispiels 1 / Run 2 des nächstliegenden Standes der Technik. Folglich kann auch dieses Beispiel die von der Beschwerdeführerin 02 geltend gemachte verbesserte Benetzbarkeit mit Wasser über den gesamten beanspruchten Bereich nicht in Zweifel ziehen, sondern stützt diese vielmehr.
Zu Begründung 2:
Bezüglich der Dentalabformmassen, welche das nichtionische Fluortensid im Überschuss gegenüber dem Silizium aufweisenden Tensid enthalten, stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin 01 dahingehend zu, dass die Beschwerdeführerin 02 die von ihr geltend gemachte Synergie für diese Ausführungsform nicht experimentell belegt hat. Jedoch enthält das von der Beschwerdeführerin 01 in diesem Zusammenhang angeführte Beispiel 978-20 der D43 Zonyl-FSN als nichtionisches Fluortensid, und ist somit nicht geeignet, um die Glaubhaftigkeit der von der Beschwerdeführerin 02 über die gesamte Breite des Anspruchs 1 geltend gemachte verbesserte Benetzbarkeit mit Wasser in Frage zu stellen (siehe vorherige Seite, erster Absatz unter "Zu Begründung 1"). Vergleichsbeispiel V5 der D35, hingegen, zeigt, dass eine anspruchsgemäße Dentalabformmasse enthaltend Zonyl-FSO im Überschuss gegenüber dem Silizium aufweisenden Tensid einen deutlich geringeren Kontaktwinkel aufweist als der nächstliegende Stand der Technik (siehe oben unter Punkt 12.2.5). Folglich erachtet die Kammer die von der Beschwerdeführerin 02 geltend gemachte technische Wirkung einer gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik verbesserten Benetzbarkeit der Dentalabformmassen mit Wasser im noch ungehärteten Zustand (ausgedrückt in Form eines geringeren initialen Wassertropfen-Kontaktwinkels) auch hinsichtlich dieser Ausführungsform und somit über die gesamte Breite des Anspruchs 1 für glaubhaft erzielt.
Entsprechend ergibt sich als objektive technische Aufgabe die Bereitstellung von Dentalabformmassen, welche gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik einen geringeren initialen Wassertropfen-Kontaktwinkel besitzen, gemessen gemäß der im Streitpatent offenbarten Methode, und damit eine bessere Benetzbarkeit mit Wasser im noch ungehärteten Zustand aufweisen.
Als Lösung dieser Aufgabe wird eine Dentalabformmasse gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen, welche ein Gemisch aus einem Silizium aufweisenden Tensid und einem nichtionischen Fluortensid gemäß Formel I umfasst.
13.1.3 Naheliegen der vorgeschlagenen Lösung
Die Kammer ist der Auffassung, dass der herangezogene Stand der Technik keinerlei Hinweis darauf enthält, dass der initiale Wassertropfen-Kontaktwinkel der Dentalabformmasse des Beispiels 1 / Run 2 mittels Zugabe eines anspruchsgemäßen Fluortensids noch weiter gesenkt werden kann.
Bezugnehmend auf D15, und insbesondere auf die Textstellen auf Seite 3, Zeilen 6 bis 11; Seite 11, Zeilen 32 bis 33 und Anspruch 8 dieser Druckschrift, argumentierte die Beschwerdeführerin 01, dass D15 für sich allein genommen bereits eine Kombination aus einem anspruchsgemäßen Silizium aufweisenden Tensid und einem anspruchsgemäßen Fluortensid nahelege, so dass der Fachmann die Dentalabformmasse des Beispiels 1 / Run 2 entsprechend abwandeln würde, und somit auf naheliegende Weise zu dem beanspruchten Gegenstand gelangen würde.
Die Kammer, indes, ist der Ansicht, dass D15 keine anspruchsgemäße Tensidmischung offenbart bzw. nahelegt. Zwar wird auf Seite 3, Zeilen 9 bis 11 die Pluralform "agents" verwendet, jedoch bezieht sich dieser Begriff nicht auf eine Kombination aus Siloxangruppen enthaltenden nichtionischen Tensiden und Perfluoroalkylgruppen enthaltenden nichtionischen Tensiden. Vielmehr ist unter diesem Begriff die Gruppe der einzelnen ethoxylierten nichtionischen Tenside insgesamt zu verstehen, aus denen das auf Seite 3, Zeile 7 unter Punkt (b) der D15 aufgeführte Tensid entsprechend auszuwählen ist. Die Textstelle auf Seite 11, Zeilen 32 bis 33 der D15, hingegen, offenbart Mischungen aus Tensiden gemäß D15, jedoch nur im allgemeinen Sinne. Eine konkrete Mischung aus einem anspruchsgemäßen Silizium aufweisenden Tensid und einem nichtionischen Fluortensid wird indessen auch dort nicht genannt, geschweige denn ein anspruchsgemäßes, unter Formel I fallendes Fluortensid. Sowohl die Formel V auf Seite 10 der D15 als auch die Formel des Anspruchs 8 der D15 sind weitaus allgemeiner gehalten, so dass der Fachmann eine mehrfache Auswahl aus mehreren Listen von einiger Länge treffen müsste, um zu einem anspruchsgemäßen Fluortensid zu gelangen. Demgemäß legt D15 den beanspruchten Gegenstand nicht nahe.
13.1.4 Die Beschwerdeführerin 01 machte weiterhin geltend, dass der beanspruchte Gegenstand nicht erfinderisch sei im Hinblick auf die Zusammenschau der Lehre der D15 mit der Lehre der D1. Insbesondere nennen die Textstellen auf Seite 4, Zeilen 35 bis 37; Seite 5, Zeilen 7 bis 11 und Seite 9, Zeilen 55 bis 56 der D1 allgemein Kombinationen aus Silizium aufweisenden Tensiden und nichtionischen Tensiden, wohingegen Seite 4, Zeile 66 in Zusammenschau mit Seite 5, Zeilen 1 bis 6 der D1 das spezifische, anspruchsgemäße nichtionische Fluortensid offenbare.
Die Kammer stellt hierzu fest, dass keine der von der Beschwerdeführerin 01 angegebenen Textstellen der D1 Kombinationen aus Silizium aufweisenden Tensiden und nichtionischen Tensiden erwähnt. Insbesondere bezieht sich der Begriff "Kombination" auf Seite 4, Zeilen 35 bis 37 und Seite 9, Zeilen 55 bis 56 lediglich auf Kombinationen aus einem eine hydrophile Natur vermittelnden Mittel allgemein und einem in Wasser löslichen oder schwach löslichen Protein. Hydrophile Silikonöle und nichtionische grenzflächenaktive Mittel werden nur als einzelne Beispiele für ein eine hydrophile Natur vermittelndes Mittel genannt, nicht aber in Kombination. Letzteres gilt gleichermaßen für die Textstelle auf Seite 5, Zeilen 7 bis 11. Schließlich erwähnt D1 keine anspruchsgemäßen Fluortenside. Die von der Beschwerdeführerin 01 angeführte Formel (siehe Seite 4, Zeile 66 in Zusammenschau mit Seite 5, Zeilen 1 bis 5) ist deutlich breiter als Formel I des Anspruchs 1. Sie weist drei variable Größen auf, i.e. "l", "n" und "Rf", die jeweils eine Vielzahl von möglichen Varianten umfassen, so dass der Fachmann eine Auswahl aus mehreren Listen tätigen müsste, um zu einer Verbindung gemäß Formel I zu gelangen. Entsprechend kommt die Kammer zu dem Schluss, dass D1 keine Kombinationen aus Silizium aufweisenden Tensiden und nichtionischen Tensiden offenbart, geschweige denn Fluortenside gemäß Formel I des Anspruchs 1, so dass die Argumentation der Beschwerdeführerin 01 auch hinsichtlich der Kombination aus D15 und D1 nicht durchgreift.
Die Druckschrift D2 hingegen offenbart ein anspruchsgemäßes Fluortensid in Form des Zonyl-FSO (siehe Seite 124, Kapitel 4.3, Tabelle 4.4), jedoch mangelt es auch diesem Dokument an einem Hinweis darauf, dass dieses Fluortensid den initialen Wassertropfen-Kontaktwinkel einer Dentalabformmasse enthaltend ein Silizium aufweisendes Tensid gemäß Anspruch 1 noch weiter verbessern kann. Die von der Beschwerdeführerin 01 in ihrem Schreiben vom 5. November 2015 genannten übrigen Textstellen, d.h. Seite 139, Abbildung 4.29; Seite 150, erster Absatz unter Abbildung 4.34 und Seite 288, erster Absatz des Kapitels 7.2 erwähnen zwar synergistische Wirkungen von Kombinationen aus Fluortensiden und nichtionischen Tensiden, jedoch werden in diesem Zusammenhang keine anspruchsgemäßen Fluortenside bzw. keine anspruchsgemäßen Silizium aufweisenden Tenside genannt.
Abschließend ist zu vermerken, dass auch die Ausführung der Beschwerdeführerin 01, dass der Fachmann aufgrund der Lehre des Brückenabsatzes der Seiten 6 und 7 der D15 die Lehren der D10 bzw. der D11 zwecks Lösung seiner Aufgabe heranziehen würde, die Kammer nicht überzeugen kann. Die Lehren der D10 und der D11 betreffen andere technische Gebiete (Tinten bzw. thermoplastische Polymere), so dass der mit der objektiven Aufgabe befasste Fachmann diese nicht zwecks Lösung seiner Aufgabe heranziehen würde, auch nicht unter Berücksichtigung des obig genannten Brückenabsatzes der D15. Der Grund hierfür besteht darin, dass die in diesem Absatz offenbarten weiteren Anwendungsgebiete ausschließlich ausgehärtete Zubereitungen gemäß D15 betreffen, während der Fachmann im vorliegenden Falle eine Eigenschaft von noch nicht ausgehärteten Dentalabformmassen verbessern möchte, i.e. deren initialen Wassertropfen-Kontaktwinkel.
Zusammenfassend kommt die Kammer daher zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genügt.
13.2 Anspruch 18
13.2.1 Nächstliegender Stand der Technik
Sowohl die Einspruchsabteilung als auch alle Parteien
haben D15 als geeigneten Ausgangspunkt für die beanspruchte Erfindung identifiziert, insbesondere Beispiel 1 / Run 2. Die Kammer ist der gleichen Auffassung.
Einigkeit bestand unter den Beteiligten auch darüber, dass die Dentalabformmasse gemäß Anspruch 18 die folgenden zwei Unterschiede gegenüber der
Dentalabformmasse des Beispiels 1 / Run 2 aufweist:
a) Sie enthält vernetzbare Polyether, die Alkoxysilylreste, Aziridinoreste, von einer ethylenisch ungesättigten Carbonsäure abgeleitete Reste oder Alkenylreste als vernetzbare Gruppen oder über ringöffnende Metathesereaktion vernetzbare Gruppen aufweisen (nachfolgend "erfindungsgemäßer Polyether"); und
b) sie umfasst ein nichtionisches Fluortensid, das mindestens einen teil- oder perfluorierten Kohlenwasserstoffrest aufweist, der über ein Sauerstoffatom, eine Aminogruppe, eine Ketogruppe, eine Carbonsäureestergruppe, eine Phosphorsäureester-gruppe, eine Carbonsäureamidgruppe und/oder eine Phosphorsäureamid-gruppe mit einem (Poly)alkylenoxidrest, einem Kohlenhydratrest, einem aliphatischen Polyhydroxyrest oder einem Stickstoff enthaltenden heterocyclischen Rest verbunden ist oder das mindestens einen teil- oder perfluorierten Kohlenwasserstoffrest und mindestens einen Aminoxidrest aufweist (nachfolgend "erfindungsgemäßes Fluortensid").
13.2.2 Objektive technische Aufgabe und Lösung
Beispiel D3 des Streitpatents zeigt, dass eine Dentalabformmasse gemäß Anspruch 18 vierzig Sekunden nach Mischbeginn einen Wassertropfen-Kontaktwinkel von weniger als 10° aufweist, gemessen bei einem Tropfenalter von 10 Sekunden gemäß der im Streitpatent offenbarten Methode (siehe Absatz 0346 und Seite 58, Tabelle 4B des Streitpatents).
Die Beschwerdeführerin 01 machte in diesem Zusammenhang geltend, dass die Beispiele des Streitpatents weitere Tenside enthielten, so dass nicht glaubhaft gezeigt sei, dass die festgestellte Reduzierung des Wassertropfen-Kontaktwinkels allein auf das Unterscheidungsmerkmal des erfindungsgemäßen Fluortensids zurückzuführen sei.
Bezugnehmend auf die Absätze 0340 und 0346 des Streitpatents stellt die Kammer fest, dass Beispiel D3 abgesehen von der Basismasse und der Katalysatorpaste gemäß der Patentanmeldung US-A-4,353,242 nur eine weitere Komponente in Form eines erfindungsgemäßen Fluortensids enthält, so dass das Argument der Beschwerdeführerin 01 nicht durchgreift. Stattdessen zeigt dieses Beispiel glaubhaft, dass die anspruchsgemäßen Dentalabformmassen einen im Vergleich zum nächstliegenden Stand der Technik geringeren initialen Wassertropfen-Kontaktwinkel, gemessen gemäß der im Streitpatent offenbarten Methode, und damit eine bessere Benetzbarkeit mit Wasser im noch ungehärteten Zustand aufweisen.
Ferner enthält das Streitpatent weitere Beispiele von Dentalabformmassen, welcher unter den Wortlaut des Anspruchs 18 fallen, und ebenfalls einen Wassertropfen-Kontaktwinkel von weniger als 10° besitzen, gemessen bei einem Tropfenalter von 10 Sekunden gemäß der im Streitpatent offenbarten Methode (siehe Beispiele D1, DD1, D2 und DD3 der Tabelle 4B des Streitpatents).
Hingegen liegen seitens der Beschwerdeführerin 01 bzw. der Verfahrensbeteiligten keinerlei Versuchsdaten oder andere nachprüfbare Fakten vor, welche Zweifel bezüglich des Vorliegens der durch die obig genannten Beispiele gestützten technischen Wirkung über die gesamte Breite des Anspruchs 18 aufkommen lassen könnten.
Folglich ist die objektive technische Aufgabe als die Bereitstellung von Dentalabformmassen zu sehen, welche gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik einen geringeren initialen Wassertropfen-Kontaktwinkel besitzen, gemessen gemäß der im Streitpatent offenbarten Methode, und damit eine bessere Benetzbarkeit mit Wasser im noch ungehärteten Zustand aufweisen.
Als Lösung dieser Aufgabe wird eine Dentalabformmasse gemäß Anspruch 18 vorgeschlagen.
13.2.3 Naheliegen der vorgeschlagenen Lösung
Weder die Beschwerdeführerin 01 noch die Verfahrensbeteiligten haben zu der Frage, ob sich die vorgeschlagene Lösung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, Ausführungen gemacht.
Die Kammer ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 18 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Insbesondere enthalten die in D1 und D15 beschriebenen Dentalabformmassen ausschließlich Organopolysiloxane als Polymerkomponente, die sich strukturell von den erfindungsgemäßen Polyethern deutlich unterscheiden. Auch dem übrigen Stand der Technik mangelt es an jeglichem Hinweis darauf, dass der initiale Wassertropfen-Kontaktwinkel bzw. die Wasserbenetzbarkeit des Beispiels 1 / Run 2 des nächstliegenden Standes der Technik mittels der Verwendung von vernetzbaren Polyethern gemäß Anspruch 18 in Kombination mit einem erfindungsgemäßen nichtionischen Fluortensid noch weiter verbessert werden kann.
Folglich gelangt die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 18 den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genügt.
Sechster Hilfsantrag
14. Da der fünfte Hilfsantrag die Erfordernisse des EPÜ erfüllt, erübrigt sich für die Kammer über den sechsten Hilfsantrag zu entscheiden.
Zulassung des Dokumentes D50 und des Tatsachenvortrages der Beschwerdeführerin 01 unter Punkt D.1.2 und D.1.3 ihres Schriftsatzes vom 5. November 2015
15. Die Frage der Zulassung dieses Dokumentes bzw. dieses Tatsachenvortrags ist nicht entscheidungsrelevant, so dass sie keiner weiteren Erörterung bedarf.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerden der Beschwerdeführerin 1 (Einsprechende 1) und der Beschwerdeführerin 2 (Patentinhaberin) werden zurückgewiesen.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung
zurückverwiesen mit der Anordnung das Patent aufrechtzuerhalten auf der Grundlage folgender Dokumente:
- Ansprüche 1 bis 32 des Hilfsantrags 5 eingereicht mit der Beschwerdebegründung der Patentinhaberin, die identisch sind mit den Ansprüchen des Hilfsantrags 1, die der Entscheidung der Einspruchsabteilung zugrunde lagen,
- der Beschreibung, wie sie der Entscheidung der
Einspruchsabteilung zugrunde lag.