T 1308/16 27-04-2018
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BREMSANLAGE FÜR EIN FAHRZEUG
Knorr-Bremse
Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH
Haldex Brake Products GmbH
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Patent EP 2 254 779 widerrufen wurde, Beschwerde eingelegt.
II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu sei gegenüber:
E2/H3: DE 103 14 642 B3.
Ausgehend von E2/H3 hat die Einspruchsabteilung auch das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit für den Gegenstand der Ansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 6 verneint. Das Anflanschen von Komponenten wurde als gängige Vorgehensweise zum Befestigen im Fachgebiet der pneumatischen Bremsanlagen angesehen, wobei auf folgende Dokumente verwiesen wurde:
E6.1/H2: DE 602 08 804 T2;
H4: DE 103 14 643 A1;
H8: DE 198 34 701 A1;
E8/H9: DE 10 2005 026 342 B4.
Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 7 und 8 wurden wegen unzulässiger Erweiterung nicht gewährt. Der Gegenstand der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 9 und 10 wurde als nicht neu gegenüber E6.1 angesehen.
III. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin Hilfsanträge 1 bis 6 ein, die sie mit Schreiben vom 13. August 2017 nach Erhalt der Erwiderungen der Beschwerdegegnerinnen 01 und 02 durch Hilfsanträge 1 bis 7 ersetzte.
IV. Am 27. April 2018 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 7, alle eingereicht mit Schreiben vom 13. August 2017, aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerinnen 01 und 02 (Einsprechende 2 und 1) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.
V. Der gleichlautende Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 lautet wie folgt:
"Bremsanlage für ein Fahrzeug, wobei diese Bremsanlage (1) eine Feststellbremsfunktion (2) zum Feststellen des Fahrzeugs aufweist, wobei diese Feststellbremsfunktion (2) eine Feststellbremssteuerfunktion (3) zur elektronischen Steuerung des Feststellens beinhaltet und wobei eine elektronische und/oder elektropneumatische Einrichtung (4) der Bremsanlage (1), insbesondere eine Luftaufbereitungseinrichtung, ein Achsmodulator, ein Anhängersteuerventil, eine Steuereinrichtung eines elektronischen Bremssystems oder eine Fahrdynamikregelungseinrichtung, und/oder eine elektropneumatische Einrichtung des Fahrzeugs, insbesondere eine Luftaufbereitungseinrichtung oder eine Luftfederungseinrichtung, eine zweite Funktion (5) aufweist, welche sich von der Feststellbremsfunktion (2) unterscheidet,
dadurch gekennzeichnet, dass
diese Einrichtung (4) zusätzlich zu der zweiten Funktion (5) die Feststellbremssteuerfunktion (3) aufweist und die Feststellbremsfunktion (2) elektropneumatisch bereitstellbar ist, wobei ein pneumatischer Druck zum Belüften und Entlüften von Federspeicherteilen (172) von Federspeicherbremszylindern (174) mittels wenigstens eines Magnetventils (38, 40) elektropneumatisch aussteuerbar ist und wobei dieses Magnetventil (38, 40) in die Einrichtung (4, 6, 34, 211) integriert ist und wenigstens ein Relaisventil (70) an die Einrichtung (4, 179, 208) angeflanscht ist, wobei das Magnetventil (38, 40) über dieses Relaisventil (70) pneumatisch mit den Federspeicherteilen (172) der Bremszylinder (174) verbindbar ist."
Der in den Hilfsanträgen 3 und 4 gleichlautende Anspruch 1 wurde gegenüber Hilfsantrag 1 bzw. 2 durch Aufnahme eines zusätzlichen Merkmals im kennzeichnenden Teil ergänzt, wobei die geänderte Passage wie folgt lautet (das zusätzliche Merkmal wurde durch Unterstreichen gekennzeichnet):
"... und wenigstens ein Relaisventil (70) in einem Gehäuse an die Einrichtung (4, 179, 208) angeflanscht ist, wobei Druckluftleitungen (68, 82) über einen Flansch (182) durch das Gehäuse (180) zum Relaisventil (70) geführt werden und wobei das Magnetventil (38, 40) über dieses Relaisventil (70) pneumatisch mit den Federspeicherteilen (172) der Bremszylinder (174) verbindbar ist."
Der in den Hilfsanträgen 5 und 6 gleichlautende Anspruch 1 wurde gegenüber Hilfsantrag 3 bzw. 4 am Ende um weitere Merkmale ergänzt (diese wurden durch Unterstreichen gekennzeichnet):
"... verbindbar ist, und die Einrichtung (4, 6, 14, 26, 162, 179, 186, 208) eine Luftaufbereitungseinrichtung ist, mittels welcher der Bremsanlage (1) und/oder einer anderen Einrichtung des Fahrzeugs, insbesondere einer Luftfederungseinrichtung, Druckluft bereitstellbar ist."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 lautet wie folgt (die zusätzlichen Merkmale gegenüber Hilfsantrag 5 bzw. 6 sind durch Unterstreichen gekennzeichnet):
"Bremsanlage für ein Fahrzeug, wobei diese Bremsanlage (1) eine Feststellbremsfunktion (2) zum Feststellen des Fahrzeugs aufweist, wobei diese Feststellbremsfunktion (2) eine Feststellbremssteuerfunktion (3) zur elektronischen Steuerung des Feststellens beinhaltet und wobei eine elektronische und/oder elektropneumatische Einrichtung (4) der Bremsanlage (1), insbesondere eine Luftaufbereitungseinrichtung, ein Achsmodulator, ein Anhängersteuerventil, eine Steuereinrichtung eines elektronischen Bremssystems oder eine Fahrdynamikregelungseinrichtung, und/oder eine elektropneumatische Einrichtung des Fahrzeugs, insbesondere eine Luftaufbereitungseinrichtung oder eine Luftfederungseinrichtung, eine zweite Funktion (5) aufweist, welche sich von der Feststellbremsfunktion (2) unterscheidet,
dadurch gekennzeichnet, dass
diese Einrichtung (4) zusätzlich zu der zweiten Funktion (5) die Feststellbremssteuerfunktion (3) aufweist und die Feststellbremsfunktion (2) elektropneumatisch bereitstellbar ist, wobei ein pneumatischer Druck zum Belüften und Entlüften von Federspeicherteilen (172) von Federspeicherbremszylindern (174) mittels wenigstens eines Magnetventils (38, 40) elektropneumatisch aussteuerbar ist und wobei dieses Magnetventil (38, 40) in die Einrichtung (4, 6, 34, 211) integriert ist und wenigstens ein Relaisventil (70) in einem Gehäuse (180) an die Einrichtung (4, 179, 208) angeflanscht ist, wobei Druckluftleitungen (68, 82) über einen Flansch (182) durch das Gehäuse (180) zum Relaisventil (70) geführt werden, wobei das Gehäuse (180) zwei Drucklufteingänge im Bereich des Flansches (182) und einen Druckluftausgang aufweist, über welchen eine Druckluftleitung (184) das Relaisventil (70) mit einem der Federspeicherbremszylinder (174) verbindet, wobei entweder ein weiterer Ausgang am Gehäuse (180) vorgesehen ist, durch den das Relaisventil (70) die Druckluftleitung (184) über den Druckluftausgang (169') des Relaisventils (70) entlüften kann, oder ein Entlüftungsausgang an der Einrichtung vorgesehen ist, über welchen das Relaisventil (70) und/oder das Magnetventil (38) entlüftet werden kann, wozu wenigstens eine pneumatische Verbindung über den Flansch (182) von dem Gehäuse (180) zur Einrichtung geführt ist, und wobei das Magnetventil (10, 22, 38, 40) über dieses Relaisventil (70) pneumatisch mit den Federspeicherteilen (172) der Bremszylinder (174) verbindbar ist, und die Einrichtung (4, 6, 14, 26, 162, 179, 186, 208) eine Luftaufbereitungseinrichtung ist, mittels welcher der Bremsanlage (1) und/oder einer anderen Einrichtung des Fahrzeugs, insbesondere einer Luftfederungseinrichtung, Druckluft bereitstellbar ist."
VI. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, insoweit es für die vorliegende Entscheidung relevant ist, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die auf einer rückschauenden Betrachtungsweise beruhende Entscheidung der Einspruchsabteilung in Bezug auf Hilfsantrag 1 stütze sich auf eine fehlerhafte Anwendung des "Could-would-approach". Anregungen für einen Fachmann seien dem Stand der Technik nicht zu entnehmen, und es seien konkrete vorgetragene Hindernisgründe übergangen worden. Bei korrekter Anwendung des "Could-would-approach" würde ein Fachmann die Lehre der Druckschrift E2/H3 nicht unter Hinzuziehung der Lehre von E8/H9 derart abwandeln, dass er zum Erfindungsgegenstand gelange.
Wesentlich für die Erfindung gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 sei, dass das Magnetventil für die elektropneumatische Aussteuerung des Druckes mit in die Einrichtung integriert sei, wohingegen das Relaisventil, über welches das Magnetventil mit den Federspeicherbremszylindern verbindbar sei, an die Einrichtung angeflanscht sei. In Dokument E2/H3 sei das Relaisventil nicht an die Einrichtung angeflanscht. In Dokument E8/H9 seien die den Druck zum Be- und Entlüften von Federspeicherbremszylindern vorsteuernden Magnetventile nicht in die Einrichtung, nämlich die Luftaufbereitungsanlage 12, integriert und auch das Relaisventil nicht an eine die vorsteuernden Magnetventile beinhaltende Einrichtung angeflanscht. Absatz [0032] der E8/H9 sehe nur eine Verlagerung der Software von der Steuerung 40 der Feststellbremsanlage in die Steuerung 62 der Luftaufbereitungsanlage vor. Die Magnetventile 32, 34 wie auch die ansteuernden Transistoren würden im rechten Modul verbleiben, da die elektrische Schnittstelle erhalten bliebe (siehe dazu Absatz [0010] sowie Anspruch 1 in E8/H9).
Auch in dem in der Entscheidung nicht thematisierten Fall, dass ein Fachmann von E8/H9 als nächstliegendem Stand der Technik ausgehen sollte, sei der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht durch eine Kombination mit der Lehre der E2/H3 nahegelegt. Die mittels des genannten Unterschieds zu lösende objektive technische Aufgabe bestehe darin, eine Druckluftversorgungseinrichtung mit einer vereinfachten Flanschverbindung und vereinfachten Schnittstellen, insbesondere mit entbehrlichen elektrischen Kontakten, bereitzustellen.
Da E2/H3 keine Flanschverbindung lehre, würde ein Fachmann diese Druckschrift nicht zur Lösung der Aufgabe heranziehen. Wie in E2/H3 in Absatz [0030] zu Figur 2 beschrieben, führe vom Feststellbremsanschluss 22 eine Steuerleitung 36 zu einem Relaisventil 37, das (falls große Luftvolumina benötigt würden) zur Luftmengenverstärkung diene und deshalb (um eine weitere Vergrößerung des Luftvolumens aufgrund langer Leitungen zu vermeiden) beim Federspeicherbremszylinder angeordnet sei. Davon würde der Fachmann ohne besonderen Grund nicht absehen. Hierzu fehle überdies ein Beleg zum allgemeinen Fachwissen. In E8/H9 sei das Relaisventil (und zwar integriert mit den vorsteuernden Magnetventilen im Feststellbremsanlagenmodul) angeflanscht, weil sich in dieser Druckschrift eine andere Aufgabe - Reparatur bzw. Wartung der Anlage im Feld - stelle. Auch würde ein Fachmann den Gegenstand von E8/H9 nicht derart abwandeln, dass er durch Entfernen von Komponenten des Feststellbremsanlagenmoduls und dem alternativen Integrieren in die Luftaufbereitungsanlage dem Kerngedanken dieser Druckschrift zuwiderhandeln würde, die Schnittstellen zwischen dem Modul und der Luftaufbereitungsanlage in einfacher Weise herzustellen und zu lösen. Dies sei gemäß ständiger Rechtsprechung nicht naheliegend (siehe T 2201/10), wobei eine beanspruchte Erfindung schon erfinderisch sei, wenn sie sich im Kern von der Offenbarung des Standes der Technik in Anbetracht des dort verfolgten Zieles entferne (vgl. dazu E8/H9, Absätze [0023] und [0010]). Dies treffe für den gegenüber E8/H9 notwendigen "Rückbau" des Feststellbremsanlagenmoduls zu.
Betrachte man ausgehend von E8/H9 die gesamte in Figur 1 gezeigte Einrichtung als "Einrichtung" im Sinne von Anspruch 1, so lehre E8/H9, die Magnetventile zusammen mit dem Relaisventil in ein Modul zu integrieren. Es fehle jeglicher Hinweis in E8/H9 oder im Stand der Technik, diese beiden Komponenten zu separieren, z. B. einen zweiten Flansches vorzusehen oder lediglich das Relaisventil auszulagern. Gemäß E2/H3 sei das Relaisventil beabstandet über eine lange Steuerleitung am Federspeicherbremszylinder vorzusehen.
Diese Betrachtung sei erst mit Schreiben vom 28. März 2018 der Beschwerdegegnerin 02, und deshalb verspätet, vorgetragen worden und solle nicht berücksichtigt werden.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 oder 4 sei auf ein in einem Gehäuse angeflanschtes Relaisventil beschränkt und konkretisiere die Flanschverbindung dahingehend, dass Druckluftleitungen über den Flansch geführt seien. Bereits das Anflanschen des Relaisventils sei (aufgrund fehlender Anregung) nicht naheliegend, da z. B. auch eine Schweißverbindung möglich sei. Die vorliegende Erfindung verzichte gerade auf eine elektrische Schnittstelle, während in E8/H9 im Gegensatz dazu eine elektrische Schnittstelle zu den vorsteuernden Magnetventilen vorgesehen sei.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 oder 6 sei zusätzlich auf Ausführungsformen beschränkt, bei welchen die Einrichtung eine Luftaufbereitungsanlage sei.
Die Ansprüche gemäß Hilfsantrag 7 basierten auf den Ansprüchen gemäß Hilfsantrag 6 und seien so früh wie möglich (wegen eines Einwands unter Artikel 123 (2) EPÜ in den Beschwerdeerwiderungen) eingereicht und um die angeblich fehlenden Merkmale aus Absatz [0067] des Streitpatents ergänzt. Damit werde eine erfinderische Tätigkeit gegenüber den in der mündlichen Verhandlung neu vorgebrachten Argumentationslinien begründet. Nunmehr seien im Bereich des Flansches zwei Drucklufteingänge (Steuerleitung sowie Vorratsleitung) vorgesehen, was nirgendwo im Stand der Technik für ein angeflanschtes Relaisventil gezeigt sei. In E8/H9 sei das Relaisventil zwar angeflanscht (zusammen mit den Magnetventilen), aber es führe nur eine einzige Druckluftleitung über den Flansch.
VII. Das für die vorliegende Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdegegnerin 02 (Knorr-Bremse) kann wie folgt zusammengefasst werden:
Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 beruhe aufgrund einer naheliegenden Kombination von Dokument E8/H9 mit dem Fachwissen des Fachmanns nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die gesamte elektropneumatische Druckluftversorgungseinrichtung 10 aus E8/H9 stelle eine elektropneumatische "Einrichtung" eines Fahrzeugs im Sinne des Streitpatents dar und umfasse einerseits die Luftaufbereitungsanlage 12 und andererseits das an das Gehäuse 14 der Luftaufbereitungsanlage 12 angeflanschte Feststellbremsanlagenmodul 16 zur Druckluftversorgung und Steuerung der Feststellbremsanlage 28. Die Druckluftversorgungseinrichtung 10 weise zusätzlich zu der zweiten Funktion (Druckluftaufbereitung) die Feststellbremssteuerfunktion auf. Die innerhalb des Feststellbremsanlagenmoduls 16 angeordneten Magnetventile 32, 34 seien in die elektropneumatische Druckluftversorgungseinrichtung 10 als "Einrichtung" im Sinne des Streitpatents integriert. In E8/H9 sei das zur Luftmengenverstärkung vorgesehene Relaisventil in das Feststellbremsanlagenmodul 16 und damit auch in die Druckluftversorgungseinrichtung 10 als "Einrichtung" integriert. Damit verbleibe als einziger Unterschied, dass das beanspruchte Relaisventil an die Einrichtung angeflanscht und damit nach außen verlegt sei. Der technische Effekt dieser Maßnahme bestehe darin, dass das Relaisventil bei Bedarf einer Luftmengenverstärkung beim Be- und Entlüften der Federspeicherteile an der Druckluftversorgungseinrichtung 10 nachgerüstet werden könne. Die objektive Aufgabe bestehe ausgehend von E8/H9 darin, die elektropneumatische Feststellbremsanlage derart zu modifizieren, dass die Menge an Druckluft bei Bedarf auf einfache Weise angepasst werden könne, also bedarfsweise eine Nachrüstmöglichkeit für eine Luftmengenverstärkung vorzusehen. E8/H9 offenbare dem Fachmann bereits eine Flanschverbindung zwischen den Einheiten 12 und 16, welche Ventile beinhalteten, so dass er aufgrund seines Fachwissens und angeregt durch E8/H9 eine solche Flanschverbindung zwischen dem Relaisventil 30 und der Druckluftversorgungseinrichtung 10 zur Nachrüstung bzw. zum Entfernen vorsehen würde. Der Fachmann würde auch das Dokument E2/H3 heranziehen, weil dort ebenfalls ein elektropneumatisches Druckluftaufbereitungsgerät 1 offenbart sei, welches eine Feststellbremsanlage über einen Feststellbremsanschluss druckluftversorge bzw. steuere, und zwar mit einer Steuerung analog zu E8/H9 (über Magnetventile 33, 34 vorgesteuerte Steuerventile 27, 28 ein Relaisventil vorsteuernd). Er werde durch die Lehre der E2/H3 angeregt (vergleiche Figuren 1 und 2), am Feststellbremsanschluss ergänzend ein Relaisventil vorzusehen. Um die Luftmengenverstärkung durch das Relaisventil 30 bedarfsweise vorzunehmen, müsse er eine Lösung vorsehen, bei welcher der Druckluftversorgungseinrichtung 10 das Relaisventil 30 auf einfache Weise hinzufügbar bzw. von dieser entfernbar sei. Ein Anflanschen des Relaisventils sei für den Fachmann naheliegend, da in Figur 2 der E2/H3 zwei Leitungen zum Relaisventil führten und er ansonsten vier Leitungen zur Hinterachse führen müsse.
Bei Anflanschen eines Gehäuses eines Relaisventils (wobei jedes Relaisventil ein Gehäuse aufweise) an ein Gehäuse einer elektropneumatischen Einrichtung würden Druckluftleitungen über die Flanschverbindung durch das Gehäuse des Relaisventils geführt, weil das Relaisventil mit Steuer- und Vorratsdruckluft versorgt werden müsse und der Fachmann Druckluftleitungen außerhalb der Flanschverbindung aus Kostengründen vermeide (Hilfsanträge 3 und 4). In E8/H9 sei schon eine Leitung 46 durch den Flansch gezeigt, wobei die Einrichtung in E2/H3 und E8/H9 auch eine Luftaufbereitungseinrichtung sei (Hilfsanträge 5 und 6).
Der verspätet gestellte Hilfsantrag 7 sei zurückzuweisen. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 beruhe basierend auf einer Kombination von E8/H9 mit dem Fachwissen oder mit E2/H3 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
VIII. Das wesentliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin 01 (Haldex) kann wie folgt zusammengefasst werden:
Der Steuerdruck des in Dokument E8/H9 zur Luftmengenverstärkung eingesetzten Relaisventils 46 könne einerseits durch die Magnetventile 32, 34 und andererseits über das Magnetventil 88 in Verbindung mit der Ansteuerung des Überströmventils 86 (als Kreissicherungsventil des Feststellbremskreises) beeinflusst werden. Das Feststellbremsanlagenmodul 16 mit integriertem Relaisventil 46 sei über eine Flanschverbindung 18 mit dem Gehäuse 14 einer Luftaufbereitungsanlage 12 verbunden, wobei die Flanschverbindung eine elektrische und eine pneumatische Schnittstelle 20, 22 bilde.
Gehe man davon aus, dass die Magnetventile 32, 34 in E8/H9 einen Druck zum Belüften und Entlüften der Federspeicherteile der Federspeicherbremszylinder aussteuerten, so lasse der Wortlaut von Anspruch 1 zwei Interpretationen zu:
a) Unter "Einrichtung" könne die gesamte in Figur 1 von E8/H9 gezeigte Einrichtung verstanden werden, also die Luftaufbereitungsanlage zusammen mit dem daran angeflanschten Feststellbremsanlagenmodul. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich dann von der E8/H9 darin, dass das Relaisventil an diese Einrichtung angeflanscht sei. Da die aufgrund ihrer Membran fehleranfälligen Relaisventile austauschbar sein müssten, stelle sich die Aufgabe, die Bremsanlage hinsichtlich der Austauschbarkeit und Wartung zu verbessern. Diese führe den Fachmann in naheliegender Weise dazu, ein zweites Gehäuse für das Relaisventil vorzusehen, wobei E8/H9 ihm bereits die Lehre biete, ein separates Modul anzuflanschen und die Druckleitung durch den Flansch zu führen (siehe dazu auch T 37/12).
b) Umfasse die "Einrichtung" gemäß Anspruch 1 nur die Luftaufbereitungsanlage 12 mit Ventilgehäuse 14 aus Figur 1 in E8/H9, so seien im Unterschied dazu gemäß Anspruch 1 die Magnetventile in die Einrichtung integriert. Dies erweitere den Aufgabenbereich der Luftaufbereitungsanlage, löse also die Aufgabe, eine Bremsanlage mit erweitertem Funktionsumfang der Luftaufbereitungsanlage vorzuschlagen. E2/H3 zeige bereits (Absatz [0008]) eine Ventilanordnung in der Luftaufbereitungsanlage zum Entlüften der Feststellbremsanlage. Auch biete Absatz [0032] von E8/H9 eine Veranlassung, Feststellbremsanlagenmodul 16 gemäß Figur 1 zu modifizieren und die Magnetventile 32, 34 in die Luftaufbereitungsanlage 12 zu verlagern. Eine Zusammenfassung von zwei elektropneumatischen Baueinheiten zu einer Baueinheit stelle lediglich eine nicht erfinderische Möglichkeit der Anordnung dar (siehe T 37/12).
Bei Anflanschen des Relaisventils oder eines Feststellbremsanlagenmoduls an ein Gehäuse der elektropneumatischen Einrichtung seien auch Druckluftleitungen über die Flanschverbindung durch das Gehäuse zum Relaisventil/Feststellbremsanlagenmodul geführt. Zudem offenbare E8/H9 (Absatz [0032]) explizit eine durch die Flanschverbindung zur Verfügung gestellte elektrische und pneumatische Schnittstelle, wobei die elektrische Schnittstelle in Anspruch 1 nicht näher spezifiziert werde und in E8/H9 auch nicht unbedingt erforderlich sei bei Steuerung der Feststellbremse in der Steuerung der Luftaufbereitungsanlage. Damit sei die erfinderische Tätigkeit von Hilfsantrag 3 oder 4 nicht gegeben. Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 oder 6 sei aus E2/H3 oder E8/H9 bekannt.
Hilfsantrag 7 hätte bereits im Einspruchsverfahren gestellt werden können und sei - insbesondere aus verfahrensökonomischen Gründen (Vielzahl bereits gestellter Hilfsanträge) - nicht ins Verfahren zuzulassen. Mit der Beschwerdeerwiderung vom 17. November 2016 sei zudem eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung argumentiert worden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 7 sei für den Fachmann auch nahegelegt, da die ergänzten Merkmale bei einem Relaisventil wie in E2/H3 oder E8/H9 gezeigt unumgänglich seien. Ein Relaisventil weise immer vier Anschlüsse auf, und zwar Eingänge für Versorgungsdruck und Steuerdruck sowie einen Ausgangsanschluss und einen Entlüftungsausgang. Die durch den Flansch geführten Druckluftleitungen seien die Eingangsleitungen, die Ausgänge würden nach außen geführt. Die zusätzlichen Merkmale gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 ergäben sich bereits bei Auslagern des Relaisventils aus E8/H9 bzw. auch bei Berücksichtigung der E2/H3.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 sowie des identischen Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
2.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 oder 2 ist auf eine Bremsanlage für ein Fahrzeug gerichtet, welche eine Feststellbremsfunktion zum Feststellen des Fahrzeugs mit einer Feststellbremssteuerfunktion zur elektronischen Steuerung des Feststellens beinhaltet. Der Oberbegriff von Anspruch 1 spezifiziert überdies zwei Ausführungsformen einer Einrichtung ("Einrichtung der Bremsanlage und/oder des Fahrzeugs"), wobei in beiden Fällen die durch "insbesondere" eingeleiteten fakultativen Merkmale eine Luftaufbereitungseinrichtung (im Sinne der beanspruchten "und"-Verknüpfung) ausweisen.
Die Einrichtung aus Anspruch 1 ist zum einen dadurch näher spezifiziert, dass sie die Feststellbremsfunktion elektropneumatisch bereitstellt und die Feststellbremssteuerfunktion (erste beiden Merkmale im Kennzeichen) sowie eine sich von der Feststellbremsfunktion unterscheidende zweite Funktion aufweist (letztes Merkmal des Oberbegriffs). Neben dieser funktionalen Definition beinhaltet Anspruch 1 noch eine strukturelle Definition der Einrichtung bezüglich baulicher Merkmale, nämlich dass wenigstens ein Magnetventil zum Belüften und Entlüften von Federspeicherteilen in die Einrichtung integriert und ein Relaisventil zur pneumatischen Verbindung des Magnetventils mit den Federspeicherteilen der Bremszylinder an die Einrichtung angeflanscht ist. Die Systemgrenzen dieser so definierten Einrichtung gemäß Anspruch 1 sind damit zwar funktionell und strukturell derart vorgegeben, dass die Einrichtung zwei Funktionen sowie ein in die Einrichtung integriertes Magnetventil beinhaltet, während ein Relaisventil außerhalb über eine Flanschverbindung angebunden ist. Dies bedeutet jedoch noch keine weitergehende Einschränkung auf ein konkretes Modul oder Gehäuse (wie das in E8/H9 gezeigte Ventilgehäuse 14 der Luftaufbereitungsanlage 12).
Die Kammer konnte deshalb der Argumentation der Beschwerdegegnerinnen folgen, dass Dokument E8/H9 auch eine Einrichtung im Sinne von Anspruch 1 mit funktionaler Integration der Feststellbremssteuerfunktion und einer zweiten Funktion der Luftaufbereitung zeigt, wenn die Druckluftversorgungseinrichtung 10 aus E8/H9 als Ganzes betrachtet wird, also das Ventilgehäuse 14 der Luftaufbereitungsanlage 12 zusammen mit dem daran angeflanschten Feststellbremsanlagenmodul 16 (die in Absatz [0031] angesprochene Flanschverbindung 18 ist in Figur 1 der E8/H9 nicht näher dargestellt). In diese Einrichtung integriert ist zudem, wie mit Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 gefordert, wenigstens ein Magnetventil (32, 34) zum Aussteuern eines pneumatischen Drucks zum Belüften und Entlüften der Federspeicherbremszylinder, welches auch über ein Relaisventil (30) pneumatisch mit den Federspeicherteilen der Bremszylinder verbindbar ist. Allerdings ist in E8/E9 das Relaisventil zur Ansteuerung der Feststellbremse auch in diese Einrichtung integriert und nicht an die Einrichtung angeflanscht, wie mit Anspruch 1 gefordert.
Diese Argumentation wurde von der Beschwerdegegnerin 02 erstmalig in ihrem Schreiben vom 28. März 2018 und damit erst nach Einreichen der Beschwerdeerwiderung ausgeführt (und von der Beschwerdegegnerin 01 in der mündlichen Verhandlung aufgegriffen) und stellt daher eine Änderung ihres Vorbringens dar. Da die Argumentation technisch nicht kompliziert ist und die Beschwerdeführerin ausreichend bereit war, Gegenargumente vorzubringen, hat die Kammer von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht und dieses neue Vorbringen ins Verfahren zugelassen (Artikel 13(1) VOBK).
2.2 Ausgehend von E8/H9 als nächstliegendem Stand der Technik und der - wie vorstehend ausgeführt - darin offenbarten Druckluftversorgungseinrichtung 10 als Einrichtung unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 oder 2 von E8/H9 also lediglich darin, dass das Relaisventil an diese Einrichtung angeflanscht und damit außerhalb dieser Einrichtung gelegen ist. Weitere Unterschiede kann die Kammer nicht erkennen und wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht geltend gemacht.
Relaisventile werden bekanntermaßen in pneumatischen Bremsanlagen zur Luftmengenverstärkung vorgesehen, wie auch von der Beschwerdeführerin unter Bezug auf das in Figur 2 des Dokuments E2/H3 gezeigte Relaisventil ausgeführt. Ist das Relaisventil nicht in die Druckluftversorgungseinrichtung 10 in E8/H9 integriert sondern an diese angeflanscht, so kann das Relaisventil bedarfsweise in Abhängigkeit der zum Betrieb der Feststellbremse erforderlichen Druckluftmenge einer Bremsanlage vorgesehen bzw. nachgerüstet werden.
Es stellt sich demnach die objektive technische Aufgabe, eine Luftmengenverstärkung bei der bekannten Bremsanlage bzw. Druckluftversorgungseinrichtung aus E8/H9 bedarfsweise vorzusehen bzw. nachzurüsten.
Die von der Beschwerdeführerin formulierte Aufgabe, eine Druckluftversorgungseinrichtung mit einer vereinfachten Flanschverbindung und vereinfachten Schnittstellen, insbesondere mit entbehrlichen elektrischen Kontakten bereitzustellen, geht von einer anderen Argumentationslinie aus ("Einrichtung" gemäß Anspruch 1 durch Luftaufbereitungsanlage 12 in E8/H9 gebildet) und ist vorliegend nicht zutreffend.
2.3 Dem Fachmann auf dem Gebiet pneumatisch gesteuerter Feststellbremsanlagen ist bekannt, dass Federspeicherbremszylinder entweder direkt über Magnetventile oder aber zur Luftmengenverstärkung über Relaisventile pneumatisch angesteuert werden. Als Beleg für dieses Fachwissen sieht die Kammer beispielsweise die Druckschrift E2/H3 an, welche diese beiden Varianten der Ansteuerung eines Federspeicherbremszylinders in den Figuren 1 und 2 zeigt. Wenn der Fachmann gemäß der genannten Aufgabe eine Luftmengenverstärkung zur pneumatischen Ansteuerung der Feststellbremse nur bedarfsweise vorsehen möchte, ist es ausgehend von der Druckluftversorgungseinrichtung 10 aus E8/H9 naheliegend, das in das Feststellbremsanlagenmodul 16 integrierte Relaisventil auszulagern, also dieses Modul ohne Relaisventil auszuführen. Damit wäre die Einrichtung auch vorteilhaft einsetzbar für direkt über Magnetventile angesteuerte Feststellbremsanlagen, die kein Relaisventil benötigen. Es bedarf nach Auffassung der Kammer dazu keines separaten Hinweises in E8/H9 oder im Stand der Technik, da der Fachmann aufgrund seines Fachwissens (wie mit E2/H3 belegt) Kenntnis von Feststellbremsanlagen hat, die ohne Relaisventil direkt von Magnetventilen angesteuert werden, so dass bei der oben genannten Aufgabe eine Auslagerung des Relaisventils als naheliegend angesehen wird.
Der Fachmann hat lediglich noch die Frage zu klären, wo ein im Bedarfsfall vorzusehendes Relaisventil anzubringen ist. Der erfinderischen Idee der Lehre von E8/H9 folgend, die eine Druckluftversorgungseinrichtung zur Verfügung stellen möchte, die ein hohes Maß an Integration realisiert und sich zudem in bequemer Weise warten lässt (siehe Aufgabenstellung in Absatz [0007] der E8/H9) und dazu elektrische und pneumatische Schnittstellen über eine Flanschverbindung bereitstellt (ermöglicht einfache Herstellung und Lösbarkeit der Verbindung zur Reparatur bzw. Wartung im Feld, E8/H9, Absatz [0010]), wird der Fachmann in naheliegender Weise das ausgelagerte Relaisventil an dem gegenüber E8/H9 modifizierten Feststellbremsanlagenmodul anflanschen, um die in E8/H9 als vorteilhaft dargestellte einfache Austauschbarkeit zu Wartungszwecken beizubehalten. Dabei ist unbeachtlich, ob in E2/H3 das Relaisventil benachbart zu der "Einrichtung" oder entfernt in der Nähe der Federspeicherbremszylinder angeordnet sein mag, wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, und dass E2/H3 keine Flanschverbindung lehrt. Denn eine Flanschverbindung ist bereits aus E8/H9 bekannt, und E2/H3 dient lediglich als Beleg zum Fachwissen, dass der pneumatische Druck zum Be- und Entlüften von Federspeicherteilen der Bremszylinder entweder direkt über Magnetventile oder alternativ über ein luftmengenverstärkendes Relaisventil aussteuerbar ist.
Insbesondere kann die Kammer auch nicht erkennen, dass der Fachmann mit dieser Modifikation der Einrichtung aus E8/H9 dem Kerngedanken dieser Druckschrift zuwiderhandeln würde. Denn die einfache Herstellbarkeit und Lösbarkeit der Schnittstellen entsprechend dem Kern der Erfindung der E8/H9 bleibt erhalten. Auch trifft es nicht zu, dass das mit der Lehre der E8/H9 verfolgte Ziel (siehe dazu Absatz [0023]: "durch das spezielle Integrationskonzept von Feststellbremsanlagenmodul ... und Luftaufbereitungsanlage eine vielseitige Druckluftversorgungseinrichtung zur Verfügung zu stellen, die sich im Hinblick auf ihre Baugröße und Bauform als praktisch erweist und die Grundlage für die Integration zahlreicher Möglichkeiten schafft") mit dieser Modifikation nicht mehr erreicht wird, wie von der Beschwerdeführerin mit Bezug auf die Entscheidung T 2201/10 argumentiert.
2.4 Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen eine fehlerhafte Anwendung des "Could-would-approach" und eine rückschauende Betrachtungsweise in der angefochtenen Entscheidung, in der allerdings mangelnde erfinderische Tätigkeit nur ausgehend von E2/H3 als nächstliegendem Stand der Technik begründet wird. Ohne nähere Begründung hat sich die Einspruchsabteilung der Meinung der Einsprechenden angeschlossen (siehe Punkte 4.3 und 4.4 der angefochtenen Entscheidung), dass auch ausgehend von E8/H9 die erfinderische Tätigkeit der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2 zu bemängeln sei. Diese Auffassung wird von der Kammer geteilt und wurde vorstehend begründet, und zwar ausgehend von der in E8/H9 gezeigten Druckluftversorgungseinrichtung 10 als "Einrichtung" im Sinne von Anspruch 1. In diese Einrichtung sind die das Relaisventil vorsteuernden Magnetventile integriert, und es ist keine Modifikation hinsichtlich der elektrischen Schnittstelle erforderlich. Das Relaisventil ist zwar im Unterschied zur beanspruchten Erfindung nicht an die die Magnetventile beinhaltende Einrichtung angeflanscht. Dies ist aber unter dem Aspekt der erfinderischen Tätigkeit zu bewerten, wobei die entsprechende Modifikation wie bereits ausgeführt von der Kammer als naheliegend angesehen wird.
Die Argumente der Beschwerdeführerin gegenüber E8/H9 als nächstliegendem Stand der Technik gehen ansonsten von einer Betrachtungsweise aus, bei der nur die Luftaufbereitungsanlage 12 und damit ein Teil der Druckluftversorgungseinrichtung 10 aus Figur 1 in E8/H9 als "Einrichtung" im Sinne von Anspruch 1 angesehen wird, an die das Relaisventil angeflanscht ist (wobei Anspruch 1 keine Einschränkung auf "lediglich ein angeflanschtes Relaisventil" beinhaltet), die aber kein integriertes Magnetventil im Sinne von Anspruch 1 enthält. Es erübrigt sich darauf einzugehen, da die Kammer eine abweichende Abgrenzung in Bezug auf das Merkmal "Einrichtung" der in E8/H9 vornimmt, siehe oben.
3. Die Kammer kann auch nicht erkennen, dass die zusätzlichen Merkmale gemäß Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 und 4 eine erfinderische Tätigkeit begründen können. Ein als separates Bauteil ausgeführtes und anflanschbares Relaisventil weist implizit ein Gehäuse auf. Zudem spricht E8/H9 explizit an (Absatz [0010]), dass die in E8/H9 gezeigte Flanschverbindung elektrische und pneumatische Schnittstellen zur Verfügung stellt. Dies legt dem Fachmann nahe, bei Auslagern und Anflanschen des Relaisventils an die Einrichtung aus E8/H9 (wie zu Hilfsanträgen 1 und 2 ausgeführt) weiterhin die pneumatischen Schnittstellen in der Flanschverbindung zu belassen. Damit werden die Druckluftleitungen über den Flansch durch das Gehäuse zum Relaisventil geführt, wie mit Anspruch 1 nunmehr zusätzlich gefordert. Dabei ist keine elektrische Schnittstelle erforderlich. Die von der Beschwerdeführerin angesprochene mögliche Schweißverbindung anstelle einer Flanschverbindung würde dem Kerngedanken der einfachen Wartbarkeit des Gegenstands von E8/H9 widersprechen, wie bereits weiter oben argumentiert.
4. Die zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen 5 und 6 sind bereits aus E8/H9 bekannt und können somit ebenfalls keinen erfinderischen Beitrag leisten. Denn E8/H9 zeigt als Einrichtung im Sinne von Anspruch 1 eine Luftaufbereitungseinrichtung, mittels welcher der Bremsanlage und/oder einer anderen Einrichtung des Fahrzeugs Druckluft bereitstellbar ist.
5. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von E8/H9 als nächstliegendem Stand der Technik (Artikel 56 EPÜ).
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 spezifiziert gegenüber den bisher diskutierten Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 6 zusätzlich zwei Drucklufteingänge im Gehäuse im Bereich des Flansches sowie einen Druckluftausgang, über welchen eine Druckluftleitung das Relaisventil mit einem Federspeicherbremszylinder verbindet, außerdem in einer ersten Alternative einen Druckluftausgang am Gehäuse des Relaisventils zum Entlüften dieser Druckluftleitung. Die Kammer folgt den Beschwerdegegnerinnen darin, dass diese zusätzlichen Merkmale keine erfinderische Tätigkeit begründen können, da ein Relaisventil typischerweise (siehe z. B. Figuren in E2/H3 oder auch E8/H9) vier Anschlüsse aufweist, und zwar als Eingänge einen Steuereingang für den Steuerdruck sowie einen Eingang für den Vorratsdruck, als Ausgänge einen Ausgang zur Versorgung eines Verbrauchers mit Druckluft sowie einen Entlüftungsausgang. Bei Auslagern und Anflanschen des Relaisventils an die Einrichtung aus E8/H9 ist es für den Fachmann naheliegend, die beiden Drucklufteingänge für den Steuerdruck und den Vorratsdruck im Bereich des Flansches auszuführen und eine Druckluftleitung von einem Druckluftausgang zum Federspeicherbremszylinder als Verbraucher zu führen. Außerdem ist eine Entlüftung der Druckluftleitung über einen Druckluftausgang am Gehäuse des Relaisventils dem Fachmann geläufig. Damit ist zumindest die erste mit Anspruch 1 beanspruchte Alternative mit einem Ausgang am Gehäuse des Relaisventils zum Entlüften der Druckluftleitung für den Fachmann naheliegend.
6. Vor dem Hintergrund, dass Hilfsantrag 7 nicht gewährbar ist, kann die Frage der Verspätung und Zulassung dieses Antrags dahingestellt bleiben.
7. Da kein gewährbarer Antrag der Beschwerdeführerin vorliegt, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.