T 0828/17 23-04-2021
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AUSTRAGANORDNUNG MIT EINER VERBINDUNGSVORRICHTUNG ZWISCHEN EINER MEHRKOMPONENTEN-KARTUSCHE UND EINEM ZUBEHÖRTEIL
Einspruchsgründe - mangelhafte Offenbarung (nein)
NeuheIt - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Spät eingereichte Tatsachen - zugelassen (nein)
Spät eingereichte Beweismittel - zugelassen (nein)
I. Der Einsprechende (Beschwerdeführer) hat form- und fristgerecht gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung betreffend das Patent Nr. 2 485 852 Beschwerde eingelegt.
Der Einspruch richtete sich gegen das Patent im gesamten Umfang und stützte sich auf die Einspruchsgründe mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit sowie mangelnder Ausführbarkeit nach Artikel 100 a) und b) EPÜ .
II. Folgende während des Einspruchsverfahrens eingereichten Dokumente sind für die vorliegende Entscheidung relevant:
E1: DE 89 00 469 U
E2: WO 2006/095179 A
E3: WO 2008/113196 A
E4: WO 2005/021394 A
E5: EP 0 284 352 A
E6: EP 1 440 737 A
E7: EP 0 730 913 A
E10: DE 85 02 107 U
E11: US 5 466 020.
Mit ihrer Beschwerdebegründung reichte der Einsprechende folgende weitere Entgegenhaltungen ein:
E13: DE 197 10 878 C1
E14: EP 1 138 397 B1
E15: DE 103 10 162 A1
E16: DE 298 07 938 U1.
III. Mit ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung über die Sach- und Rechtslage mit, der zufolge die Beschwerde zurückzuweisen wäre. Beide Parteien reagierten schriftsätzlich hierauf.
IV. Während der am 23. April 2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage erörtert, insbesondere im Hinblick auf folgende Aspekte:
- Zulassung ins Verfahren der E13 bis E16,
wobei beide Parteien unter Verzicht auf weiteres
mündliches Vorbringen auf ihr schriftsätzliches
Vorbringen verwiesen,
- Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ:
ausreichende Offenbarung des Gegenstandes von
Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung,
wobei beide Parteien unter Verzicht auf weiteres
mündliches Vorbringen auf ihr schriftsätzliches
Vorbringen verwiesen,
- Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) und 54 EPÜ:
Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1
des Patents in der erteilten Fassung gegenüber
der jeweiligen Offenbarung der E1 bis E6 und E16,
wobei bezüglich der auf die E2 bis E6 und E16
gestützten Neuheitseinwände beide Parteien
unter Verzicht auf weiteres mündliches Vorbringen
auf ihr schriftsätzliches Vorbringen verwiesen
und allein zum Neuheitseinwand in Bezug auf E1
mündlich vortrugen,
- Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) und 56 EPÜ:
erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes von
Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung
- ausgehend von der Lehre der E7
(Figuren 35 bis 37) in Kombination mit dem
allgemeinen Fachwissen oder mit der Lehre
einer der E4, E10 oder E11,
- ausgehend von der Lehre der E3 oder der
E4 in Kombination mit dem allgemeinen
Fachwissen, wobei beide Parteien unter
Verzicht auf weiteres mündliches Vorbringen
auf ihr schriftsätzliches Vorbringen verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll Bezug genommen.
Der Tenor der vorliegenden Entscheidung wurde am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet.
V. Der Einsprechende (Beschwerdeführer) beantragte
die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 485 852.
Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragte
die Zurückweisung der Beschwerde, d.h. die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag),
hilfsweise, bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung,
die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis eines der Anspruchsätze eingereicht als Hilfsanträge 1 bis 5b mit Schriftsatz vom 14. November 2016.
VI. Der unabhängige Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet gemäß der im Einspruchsschriftsatz vorgenommenen Merkmalsanalyse wie folgt:
"1. Austraganordnung aufweisend:·
1.1 ein Zubehörteil (3; 37; 50; 64) mit mindestens zwei Einlässen·(15, 16; 55, 56; 65, 66);
1.2 eine Kartusche (2; 36) für mindestens zwei Komponenten, wobei die Kartusche (2; 36) mindestens zwei Kammern (13, 14; 44, 45) für jeweils eine der Komponenten und mindestens zwei zu den Einlässen komplementäre Auslässe (18, 19) für die Komponenten aufweist, wobei jeweils einer der Auslässe (18, 19) in einen der Einlässe steckbar ist oder umgekehrt; und
1.3 eine Verbindungsvorrichtung mit einer ersten Verbindungskomponente (11), die am Zubehörteil (3; 37; 50; 64) angeordnet ist, und einer zur ersten Verbindungskomponente komplementären zweiten Verbindungskomponente (12), die an der Kartusche (2; 36) angeordnet ist,
1.4 wobei eine der Verbindungskomponenten (11, 12) eine Steckaufnahme (20, 21; 20A, 21A) aufweist und die andere Verbindungskomponente (12, 11) einen in Längsrichtung darin einsteckbaren Anschlussteil (5; 48) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass
1.5 aussenumfänglich an dem Anschlussteil (5; 48) erste Eingriffsteile (6, 7; 40, 41) und innenumfänglich in der Steckaufnahme (20, 21; 20A, 21A) entsprechende zweite Eingriffsteile (25, 26; 46, 47) einer in Längsrichtung schräg gestellten Drehführung vorgesehen sind,
1.5.1 entlang welcher die Verbindungskomponenten (11, 12) nach dem Einstecken des Anschlussteils (5; 48) in die Steckaufnahme (20,·21; 20A; 21A) über einen wirksamen Verbindungsabschnitt ineinander verdrehbar und dabei in axialer Richtung geführt zunehmend miteinander in Eingriff und über einen wirksamen Verbindungsabschnitt in axialer Richtung geführt voneinander ausser Eingriff bringbar sind,
1.6 so dass während des Herstellens der Verbindung ein zwangsläufiges Heranführen des Zubehörteils (3; 37; 50; 64) an die Kartusche (2; 36) erfolgt
1.7 und dass während des Lösens der Verbindung ein zwangsläufiges Abheben des Zubehörteils (3; 37; 50; 64) von der Kartusche (2; 36) erfolgt."
Der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 5b ist angesichts der getroffenen Entscheidung nicht relevant.
VII. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Parteien wird im Detail in den Entscheidungsgründen diskutiert.
Hauptantrag - Patent in der erteilten Fassung
1. Zulassung ins Verfahren der Entgegenhaltungen E13 bis E16
1.1 Der Einsprechende hat zusammen mit seiner Beschwerdebegründung zum ersten Mal im vorliegenden Verfahren die Entgegenhaltungen E13 bis E16 eingereicht.
1.2 Unter Punkt 1 ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 teilte die Kammer den Parteien im Hinblick auf die Zulassung ins Verfahren der Entgegenhaltungen E13 bis E16 ihre vorläufige Meinung mit, derzufolge die erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereichten Entgegenhaltungen E13 bis E16 und die sich darauf stützenden Einwände des Einsprechenden ins Verfahren nicht zuzulassen seien, da der Einsprechende diese bereits im Verfahren vor der Einspruchsabteilung hätte einreichen können und sollen und die Entgegenhaltungen entgegen der Auffassung des Einsprechenden auch nicht als prima facie hochrelevant zu qualifizieren seien.
1.3 Der Einsprechende hat die o.g. vorläufige Meinung der Kammer weder in Frage gestellt noch kommentiert, siehe Punkt IV oben.
1.4 Die Kammer sieht - nach nochmaliger Bewertung der Rechts- und Sachlage - keinen Grund, von ihrer o.g. vorläufigen Meinung abzurücken.
1.5 Die Entgegenhaltungen E13 bis E16 und die sich darauf stützenden Einwände des Einsprechenden werden daher ins Verfahren nicht zugelassen (Artikel 114 (2) EPÜ und Artikel 12 (4) VOBK 2007).
2. Ausführbarkeit - Artikel 100 b) EPÜ
2.1 Unter Punkt 2 ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 teilte die Kammer den Parteien im Hinblick auf die Ausführbarkeit ihre vorläufige Meinung mit, wonach der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ nicht greift.
2.2 Der Einsprechende hat die o.g. vorläufige Meinung der Kammer weder in Frage gestellt noch kommentiert, siehe Punkt IV oben.
2.3 Die Kammer sieht - nach nochmaliger Bewertung der Rechts- und Sachlage - keinen Grund, von ihrer o.g. vorläufigen Meinung abzurücken.
2.4 Der Einsprechende hat folglich die Unrichtigkeit der begründeten Feststellungen der angefochtenen Entscheidung zum Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ nicht dargetan. Dieser Einspruchsgrund steht der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegen.
3. Neuheit - Artikel 100 a), 54 EPÜ
3.1 E1
3.1.1 Merkmal 1.2 des Anspruchs 1 fordert, dass beide Auslässe der Kartusche in die jeweiligen Einlässe des Zubehörteils einsteckbar sind oder umgekehrt. Bei der Vorrichtung der E1 wird zwar die innere zylindrische Begrenzungswand 26 (die einen ersten Einlass des Mischers 11 bildet) in den durch die zylindrische Trennwand 16 begrenzten inneren Öffnungsbereich 15 (der den Auslass der linken Kammer 12 bildet) eingesteckt. Demgegenüber wird jedoch der ringförmige äußere Einlass der Hülse 22 des Mischers 11 nicht in die äußere Begrenzungswand 17 des Ringbereichs 18 eingesteckt, sondern direkt eingeschraubt, ohne dass eine Steckverbindung erfolgt. Merkmal 1.2 ist daher in E1 nicht offenbart.
3.1.2 Laut dem Einsprechenden gehe der Fachmann anhand der Art der Abbildung in der Figur 1 der E1 sowohl hinsichtlich des zwischen sich der Hülse 22 und der äußeren Begrenzungswand 17 befindenden Schraubgewindes als auch hinsichtlich der äußeren Begrenzungswand 17 davon aus, dass das Schraubgewinde gegenüber der freien Kante der äußeren Begrenzungswand 17 zurückversetzt beginne. Der Fachmann schließe daraus auf das Entstehen einer Steckverbindung zwischen der Hülse 22 und der äußeren Begrenzungswand 17, bevor die Windungen des Schraubgewindes in Kontakt miteinander kommen.
3.1.3 Dieser Argumentation kann sich die Kammer aus folgenden Gründen nicht anschließen.
3.1.4 Figur 1 ist eine rein schematische Darstellung der in E1 offenbarten Austraganordnung, welche kein zurückversetztes Beginnen des Schraubgewindes gegenüber der freien Kante der äußeren Begrenzungswand 17 erkennen lässt. Daher fehlt der auf ein solches zurückversetztes Beginnen des Schraubgewindes basierenden Argumentation des Einsprechenden über die Entstehung einer Steckverbindung jegliche Basis in Figur 1. Auch die Gesamtoffenbarung der E1 bietet keine Basis für die seitens des Einsprechenden vorgetragenen Argumentation über die Entstehung einer Steckverbindung zwischen sich der Hülse 22 und der äußeren Begrenzungswand 17. Diese Argumentation wird daher seitens der Kammer als reine Spekulation erachtet und kann somit nicht den Neuheitsangriff aus E1 überzeugend stützen.
3.1.5 Da in E1 zumindest Merkmal 1.2 nicht offenbart ist, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber der Offenbarung der E1. Auf die weiteren in Punkt 4.2 der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 genannten Unterscheidungsmerkmale 1.3 bis 1.7 kommt es deshalb nicht mehr an, so dass es dazu keiner förmlichen Entscheidung durch die Kammer bedarf.
3.2 E2 bis E4
3.2.1 Unter den Punkten 4.3 bis 4.5 ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 teilte die Kammer den Parteien im Hinblick auf die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber den Entgegenhaltungen E2 bis E4 ihre vorläufige Meinung mit, wonach der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber den Offenbarungen der Entgegenhaltungen E2 bis E4 neu sei (Unterscheidungsmerkmale gegenüber E2: 1.4 bis 1.7, gegenüber E3: 1.5 bis 1.7 sowie gegenüber E4: 1.1, 1.2 und 1.4 bis 1.7).
3.2.2 Der Einsprechende hat die o.g. vorläufige Meinung der Kammer weder in Frage gestellt noch kommentiert, siehe Punkt IV oben.
3.2.3 Die Kammer sieht - nach nochmaliger Bewertung der Rechts- und Sachlage - keinen Grund, von ihrer o.g. vorläufigen Meinung abzurücken und erachtet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber den Offenbarungen der Entgegenhaltungen E2 bis E4 ist.
3.3 E5 und E6
3.3.1 Unter den Punkt 4.6 ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer den Parteien im Hinblick auf die Zulassung des Vortrags des Einsprechenden im Hinblick auf die Entgegenhaltungen E5 und E6 ins Verfahren ihre vorläufige Meinung mit, wonach gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 in Verbindung mit Artikel 12 (3) VOBK 2020, der Artikel 12 (2) VOBK 2007 im wesentlichen entspricht, der Vortrag des Einsprechenden im Hinblick auf diese Entgegenhaltungen außer Acht zu lassen sei.
3.3.2 Der Einsprechende hat die o.g. vorläufige Meinung der Kammer weder in Frage gestellt noch kommentiert, siehe oben Punkt IV.
3.3.3 Die Kammer bestätigt nach nochmaliger Bewertung der Rechts- und Sachlage ihre o.g. vorläufige Meinung und lässt gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 die Neuheitsangriffe des Einsprechenden aus diesen Entgegenhaltungen außer Acht.
3.4 Aus den o.g. Gründen kann die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 von keiner der o.g. Entgegenhaltungen in Frage gestellt werde. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu und der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ greift nicht.
4. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 100 a), 56 EPÜ
4.1 Die Lehre der E7 (Figuren 35 bis 37) in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen oder mit der Lehre einer der E4, E10 oder E11
4.1.1 Der Einsprechende argumentiert, dass die in den Figuren 35 bis 37 der E7 abgebildete Austraganordnung sämtliche Merkmale 1.1 bis 1.6 des Anspruchs 1 aufweise und nur Merkmal 1.7 des Anspruchs 1 aus E7 nicht bekannt sei.
4.1.2 Merkmal 1.7 erleichtere dabei das Ablösen des Mischers 130 von der Kartusche 138. Als objektive technische Aufgabe ergebe sich daraus, bei der aus E7 bekannten Austraganordnung, deren Mischer 130 und Kartusche 138 durch einen Bajonettverschluss und unter zu Hilfenahme von Anpressrampen miteinander verbunden sind, das Ablösen des Mischers 130 von der Kartusche 138 zu erleichtern.
4.1.3 Ein Fachmann, der das Funktionsprinzip der Umsetzung einer reinen Drehbewegung in eine kombinierte Dreh- und Hubbewegung durch die in E7 offenbarten schrägen Flächen der Anpressrampen verstanden habe, wäre, basierend auf seinem allgemeinen Fachwissen, ohne selbst erfinderisch tätig werden zu müssen, in der Lage, dieses Funktionsprinzip auf beide Drehrichtungen zu übertragen.
4.1.4 Der Fachmann zöge außerdem zur Lösung der o.g. Aufgabe andere Entgegenhaltungen zu Rate, in denen Komponente lösbar miteinander verbunden sind. Er griffe daher auf E4 (Seite 2, zweiter und dritter Absatz und Seite 5, zweiter Absatz), E10 (Seite 2, letzter Absatz und Seite 9, erster Absatz) oder E11 (Figur 5) zurück und gelangte somit, ohne erfinderisch tätig zu werden, zum Gegenstand des Anspruchs 1.
4.1.5 Dieser Argumentation kann sich die Kammer aus folgenden Gründen nicht anschließen.
4.1.6 Wie in der angefochtenen Entscheidung (siehe Punkt II.5.3) zutreffend festgestellt wurde, offenbart E7 in Spalte 12, Zeilen 6 bis 11, lediglich eine Verbesserung der Verschlusswirkung durch das eventuelle Vorsehen von Anpressrampen. Diese Anpressrampen erzeugen eine Klemmkraft, bewirken aber kein zwangsläufiges Heranführen des Mischers 130 an die Kartusche 138, denn der Mischer 130 liegt zu diesem Zeitpunkt schon mit seiner Unterseite auf der Kartusche 138 auf und kann sich gar nicht mehr weiter in Richtung der Kartusche bewegen. Die unter Punkt 4.1.3 oben erwähnte Argumentation des Einsprechenden erachtet daher die Kammer als eine pauschale, ohne jeglichen Beleg aufgestellte Behauptung, welche schon im Ansatz nicht überzeugt.
4.1.7 E4 ist auf eine Austragvorrichtung mit Verschlussstopfen und Verriegelungsring mit Bajonett-Anschlussmittel gerichtet. Sie hat sich die Aufgabe gestellt, bei einer Bajonett-Verriegelung einen Verschlussstopfen durch den Verriegelungsring zu bewegen derart, dass er sich nicht nur zum Verschließen zur Austragvorrichtung hin bewegt, sondern auch von ihr abgehoben werden kann (siehe Anspruch 1 und Seite 2, Zeilen 16 bis 22). In E4 sind keine strukturellen Merkmale eines Zubehörteils/Mischers mit Einlässen offenbart. Der von E7 ausgehende und sich um die Lösung der unter Punkt 4.1.2 oben angegebenen Aufgabe bemühende Fachmann zöge daher E4 gar nicht in Betracht, da diese sich mit der Lösung der unter Punkt 4.1.2 oben erwähnten Aufgabe gar nicht auseinander setzt. Die Tatsache, dass E4 in der internationalen Patentklassifikationsgruppe B65D 39/16 klassifiziert ist und in E7 u.a. die internationale Patentklassifikationsgruppe B65D 81/32 erwähnt ist, ist für den Fachmann kein Ansporn, die E4 heranzuziehen, da in der allgemeinen internationalen Patentklassifikationsgruppe B65D Patente klassifiziert sind, welche unterschiedliche Gegenstände betreffen und zur Lösung unterschiedlicher Aufgaben gerichtet sind.
4.1.8 Erst recht kommt für den Fachmann eine Kombination der Lehre der Entgegenhaltung E7 mit der Lehre einer der Entgegenhaltungen E10 oder E11 nicht in Frage. Wie es in der angefochtenen Entscheidung (siehe Punkt II.5.4) zutreffend festgestellt wurde, betrifft die Entgegenhaltung E10 einen elektrischen Stecker, und die Entgegenhaltung E11 betrifft ein chirurgisches Handstück ohne mehrere Ein- oder Auslässe, ohne Austragsfunktion und ohne Bezug zu einer Kartusche oder einem vergleichbaren Behältnis, d.h. E10 und E11 gehören zu gegenüber der E7 entfernten technischen Fachgebieten. Der Fachmann hätte derartig fernliegende Entgegenhaltungen nicht in seine Überlegungen zur Weiterentwicklung der Verbindung zwischen der Kartusche 138 für zwei Komponenten und dem Mischer 130 mit zwei Einlässen einbezogen. Auch sind die in diesen Entgegenhaltungen gezeigten Vorrichtungen in konstruktiver Hinsicht in einem solchen Maß unterschiedlich zur in den der Figuren 35 bis 37 der E7 abgebildeten Austraganordnung, dass nicht ersichtlich ist, wie der Fachmann die technischen Lehren dieser Entgegenhaltungen überhaupt kombinieren könnte, ohne die Vorrichtungen komplett umzukonstruieren.
4.1.9 Die Lehre der E7 (Figuren 35 bis 37) in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen oder mit der Lehre einer der E4, E10 oder E11 kann daher dem Fachmann den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahelegen.
4.2 Die Lehre der E3 oder E4 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen
4.2.1 Unter den Punkten 5.2 bis 5.4 ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 teilte die Kammer den Parteien im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber der Lehre der E3 oder E4 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen ihre vorläufige Meinung mit, wonach der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der Lehre der E3 oder E4 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen eine erfinderische Tätigkeit aufweise.
4.2.2 Der Einsprechende hat die o.g. vorläufige Meinung der Kammer weder in Frage gestellt noch kommentiert, siehe Punkt IV oben.
4.2.3 Die Kammer bestätigt nach nochmaliger Bewertung der Rechts- und Sachlage ihre o.g. vorläufige Meinung und erachtet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 eine erfinderische Tätigkeit gegenüber der Lehre der E3 oder E4 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen aufweist.
4.3 Aus den o.g. Gründen weist der Gegenstand des Anspruchs 1 eine erfinderische Tätigkeit auf, und der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ greift nicht.
5. Schlussfolgerung
Im Ergebnis hat der Einsprechende es nicht vermocht, in überzeugender Weise die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung sowohl betreffend die Feststellungen als auch betreffend die diese tragenden Gründe darzutun. Keiner der vom Einsprechenden in zulässiger Weise erhobenen Einwände steht der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung entgegen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.