T 0276/21 14-09-2023
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Energieversorgungsgerät
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 9 (nein)
Änderung nach Ladung - Hilfsantrag 10
Änderung nach Ladung - außergewöhnliche Umstände (nein)
I. Die Beschwerde der Patentanmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 15 721 596.3.
II. Die angefochtene Entscheidung beruht ausschließlich auf dem Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit unter Artikel 56 EPÜ.
III. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK 2020 erhob die Kammer neue Einwände unter Artikel 83 und 84 EPÜ sowie Regel 42 (1) e) EPÜ gegen sämtliche Anträge.
IV. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 14. September 2023 statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage des am 2. Oktober 2020 eingereichten Hauptantrags, oder hilfsweise auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 6, jeweils eingereicht am 2. Oktober 2020, oder weiter hilfsweise auf der Grundlage eines der am 18. November 2020 in der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung eingereichten Hilfsanträge 7 bis 9, oder noch weiter hilfsweise auf der Grundlage des Hilfsantrags 10, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut (Merkmalsbezeichnungen in Fettdruck hinzugefügt):
"Energieversorgungsgerät (100), mit:
(i) einer Auswerteeinheit (101) zum Bestimmen einer Signalisierungsinformation, welche einen Betriebszustand des Energieversorgungsgerätes (100) anzeigt; und
(ii) einer Kommunikationsschnittstelle (103) zum Ausgeben der Signalisierungsinformation; wobei die Auswerteeinheit (101) ausgebildet ist,
(iii) eine Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) zu erfassen;
(iv) einen Charakterisierungsparameter einzustellen; und
(v) die erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) in Abhängigkeit von dem Charakterisierungsparameter zu charakterisieren, um die Signalisierungsinformation zu erhalten,
(vi) wobei die Kommunikationsschnittstelle (103) drahtlos mit elektrischer Energie versorgbar ist,
(vii) wobei die Auswerteeinheit (101) ausgebildet ist, eine weitere Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) zu erfassen, und die erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) sowie die weitere erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) in Abhängigkeit von dem Charakterisierungsparameter zu charakterisieren, um die Signalisierungsinformation zu erhalten,
(viii) wobei die Auswerteeinheit (101) ausgebildet ist, die erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) und die weitere erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) durch eine logische Operation zu verknüpfen, um die Signalisierungsinformation zu erhalten."
VI. Anspruch 1 eines jeden der Hilfsanträge 1 bis 9 umfasst u.a. das Merkmal (vii) des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag.
VII. Ferner umfasst Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 jeweils wortgleich das Merkmal (viii) des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag.
VIII. Anspruch 1 der Hilfsanträge 5 bis 9 umfasst jeweils das Merkmal (viii) in folgender abgewandelter Fassung:
"wobei die Auswerteeinheit (101) ausgebildet ist, die erste Information und die zweite Information durch eine logische Operation zu verknüpfen, um die Signalisierungsinformation zu erhalten"
IX. Angesichts der ablehnenden Entscheidung der Kammer über die Frage der Zulassung des Hilfsantrags 10 in das Beschwerdeverfahren, kann an dieser Stelle auf die Wiedergabe des Wortlauts dieses Antrags verzichtet werden.
X. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass der beanspruchte Gegenstand im Lichte der Figur 3 der ursprünglichen Anmeldung deutlich im Sinne von Artikel 84 EPÜ definiert sei. Insbesondere brachte sie während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vor, Anspruch 1 des Hauptantrags definiere unterschiedliche Signalisierungsinformationen.
1. Hauptantrag - Mangelnde Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
1.1 Anspruch 1 des Hauptantrags erfüllt nicht die Voraussetzungen von Artikel 84 EPÜ, da sein Gegenstand nicht ausreichend deutlich im Sinne dieser Vorschrift definiert ist.
1.2 Anspruch 1 gemäß Hauptantrag umfasst u.a. die folgenden Merkmale in Kombination (Hervorhebungen durch die Kammer):
(i) "eine[r] Auswerteeinheit (101) zum Bestimmen einer Signalisierungsinformation [...]",
(vii) "wobei die Auswerteeinheit (101) ausgebildet ist, eine weitere Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) zu erfassen, und die erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) sowie die weitere erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) in Abhängigkeit von dem Charakterisierungsparameter zu charakterisieren, um die Signalisierungsinformation zu erhalten"
(viii) "wobei die Auswerteeinheit (101) ausgebildet ist, die erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) und die weitere erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes (100) durch eine logische Operation zu verknüpfen, um die Signalisierungsinformation zu erhalten"
1.3 Ungeachtet der Überzeugung der Kammer, dass der Anspruch 1 und insbesondere die Merkmale (vii) und (viii) noch weitere Klarheitsmängel aufweisen, resultiert insbesondere aus der Kombination der vorstehend wiedergegebenen Merkmale ein Mangel an Klarheit. Dieser Mangel an Klarheit ergibt sich vor allem durch die in den Merkmalen (vii) und (viii) enthaltenen unterschiedlichen funktionalen Definitionen der Auswerteeinheit, die jeweils auf unterschiedlichem Wege zum Erhalt der selben Signalisierungsinformation führen:
Während das Merkmal (i) eine Auswerteeinheit zum Bestimmen einer (und somit nicht mehrerer) Signalisierungsinformation betrifft, definieren die Merkmale (vii) und (viii) jeweils den Erhalt der Signalisierungsinformation durch zwei unterschiedliche Funktionen der Auswerteeinheit. Einerseits soll gemäß Merkmal (vii) die Auswerteeinheit ausgebildet sein, die erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes sowie die weitere erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes in Abhängigkeit von dem Charakterisierungsparameter zu charakterisieren, um die Signalisierungsinformation zu erhalten. Andererseits soll jedoch gemäß Merkmal (viii) die Signalisierungsinformation dadurch erhalten werden, dass die erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes und die weitere erfasste Betriebsgröße des Energieversorgungsgerätes durch eine logische Operation verknüpft werden.
Es kann kein Zweifel bestehen, dass die so erhaltenen Signalisierungsinformationen unterschiedlicher Natur sind, denn das Ergebnis einer logischen Operation (Merkmal viii) entspricht unzweifelhaft nicht dem Resultat eines Charakterisierens zweier Betriebsgrößen (Mermkal vii), beispielsweise mittels eines Schwellwertvergleichs. Die Beschwerdeführerin hat dies nicht bestritten.
Somit erkennt der Fachmann in der entsprechenden Merkmalskombination einen Widerspruch, denn Anspruch 1 ist eindeutig auf die Bestimmung einer und nicht mehrerer Signalisierungsinformationen gerichtet (siehe Merkmal (i)). Die weiteren Merkmale (vii) und (viii) nehmen jedoch beide Bezug auf "die Signalisierungsinformation", wobei nicht klar ist, welche der gemäß Merkmal (vii) oder (viii) erhaltenen Signalisierungsinformationen im Sinne des Merkmals (i) bestimmt werden soll. Dieser Widerspruch lässt sich allein anhand des Anspruchs 1 in seiner Gesamtheit nicht auflösen.
Insbesondere deutet nichts in Anspruch 1 darauf hin, dass es sich bei den gemäß den Merkmalen (vii) und (viii) erhaltenen Signalisierungsinformationen um unterschiedliche, insbesondere um erste und zweite Signalisierungsinformationen handeln könnte, die jeweils zum Anzeigen des Betriebszustands des Energieversorgungsgerätes dienen können. Selbst wenn dies der Fall wäre, stünden die beiden Merkmale (vii) und (viii) im Widerspruch zu Merkmal (i) des Anspruchs 1, wonach die Auswerteeinheit zur Bestimmung einer (einzigen) und nicht mehrerer Signalisierungsinformationen dient.
1.4 Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass zum Verständnis des beanspruchten Gegenstands gemäß Anspruch 1 die Beschreibung und die Zeichnungen hinzuzuziehen seien. Dabei ergebe sich aus der Figur 3 unmittelbar, dass in jedem Verarbeitungszweig 301 und 303 jeweils erste Signalisierungsinformationen als Zwischenschritt erhalten werden. Des Weiteren gehe aus Figur 3 eindeutig hervor, dass eine weitere Signalisierungsinformation durch die logische Verknüpfung der Betriebsgrößen in Schritt 309 erhalten werde. Es sei somit klar, dass Anspruch 1 in den Merkmalen (vii) und (viii) unterschiedliche Signalisierungsinformationen betreffe, die jeweils den Betriebszustand des Energieversorgungsgerätes anzeigen können.
1.5 Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern müssen die Patentansprüche für einen Fachmann in sich deutlich sein, so dass er nicht den Inhalt der Beschreibung hinzuziehen muss (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 10. Auflage 2022, II.A.3.1).
Diese Voraussetzung erfüllt Anspruch 1 nicht (siehe oben Gründe 1.3). Bereits aus diesem Grund ist die Kammer nicht von dem Argument der Beschwerdeführerin überzeugt, dass der beanspruchte Gegenstand unter Berücksichtigung der Figur 3 zu lesen sei und daher die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ erfüllt seien.
1.6 Selbst wenn jedoch die Figur 3 mit zugehöriger Beschreibung zum Verständnis des beanspruchten Gegenstands herangezogen werden würde, kommt die Kammer zu keinem anderen Schluss.
Die Figur 3 zeigt ein schematisches Diagramm, welches ein Verfahren zum Bestimmen einer Signalisierungsinformation beschreibt (vgl. Beschreibung Seite 9, Zeilen 1 bis 3).
Der Fachmann kann, entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin, der Figur 3 nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen, dass in jedem Verarbeitungszweig 301 und 303 als Zwischenschritt eine Signalisierungsinformation erhalten wird. Dies geht auch nicht aus der zugehörigen Beschreibung hervor. Vielmehr wird in der Beschreibung die Erzeugung einer ersten und einer zweiten Information dargelegt (siehe Seite 13, Zeilen 18 bis 19 und Zeilen 33 bis 34), die zum Erzeugen der Signalisierungsinformation mittels einer logischen Operation verknüpft werden können (s. Seite 13, Zeilen 36 bis 38). Die so erzeugte Signalisierungsinformation kann dann über eine Kommunikationsschnittstelle oder einen Signalisierungsausgang des Energieversorgungsgerätes ausgegeben werden (s. Seite 14, Zeilen 8 bis 10).
Die von der Beschwerdeführerin behauptete Erzeugung von Signalisierungsinformationen als Zwischenschritte in jedem Verarbeitungszweig 301 und 303 wird somit auch nicht durch die Beschreibung gestützt. Vielmehr wird dort im Zusammenhang mit der Figur 3 die Erzeugung von Informationen beschrieben, die ihrerseits zum Erzeugen der Signalisierungsinformation dienen. Weder die Figur 3 noch die zugehörige Beschreibung enthalten daher einen Hinweis darauf, dass mehrere unterschiedliche Signalisierungsinformationen erzeugt werden, die über eine Kommunikationsschnittstelle oder einen Signalisierungsausgang des Energieversorgungsgeräts ausgebbar sind.
Das einzige Argument der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ überzeugt daher die Kammer nicht.
Aus den vorgenannten Gründen ist die Kammer zu dem Schluss gelangt, dass der Hauptantrag nicht das Erfordernis von Artikel 84 EPÜ erfüllt.
2. Hilfsanträge 1 bis 9 - Mangelnde Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
2.1 Die Hilfsanträge 1 bis 9 enthalten jeweils die unter Punkt 1.3 erläuterten widersprüchlichen Formulierungen im Hinblick auf die mehrfache Definition einer nach Merkmal (i) zu bestimmenden Signalisierungsinformation. Die Beschwerdeführerin hat im Hinblick auf die Hilfsanträge 1 bis 9 vorgetragen, die dort vorgenommenen Änderungen dienten der Ausräumung des von der Prüfungsabteilung erhobenen Einwandes der mangelnden erfinderischen Tätigkeit. Im Übrigen hat sie im Hinblick auf die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ auf ihren Vortrag zum Hauptantrag verwiesen. Die oben unter Punkt 1. dargelegten Gründe zum Hauptantrag gelten daher gleichermaßen für die Hilfsanträge 1 bis 9.
2.2 Lediglich das Merkmal (viii) liegt in den Hilfsanträgen 5 bis 9 in abgewandelter Fassung vor (siehe Punkt VIII. dieser Entscheidung). Die betreffenden Änderungen haben jedoch keinen Einfluss auf die unter Punkt 1. zum Hauptantrag genannten Gründe, die daher ungeachtet der in Merkmal (viii) der Hilfsanträge 5 bis 9 vorgenommenen Änderungen für jeden dieser Hilfsanträge gelten.
2.3 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 jedes der Hilfsanträge 1 bis 9 nicht die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ erfüllt.
3. Hilfsantrag 10 - Zulassung (Artikel 13 (2) VOBK 2020)
3.1 In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdeführerin einen neuen Hilfsantrag 10 eingereicht.
3.2 Nach Artikel 13 (2) VOBK 2020 bleiben Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen. Einen entsprechenden Hinweis enthielt die Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK 2020 der Kammer unter Punkt 18.
3.3 In der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK 2020 hat die Kammer neue Einwände unter Artikel 84 EPÜ gegen alle zu diesem Zeitpunkt anhängigen Anträge erhoben.
Das Vorbringen neuer Einwände in der Mitteilung unter Artikel 15 (1) VOBK 2020 stellt regelmäßig einen außergewöhnlichen Umstand dar, welcher die Berücksichtigung neuer Anträge im Sinne von Artikel 13 (2) VOBK 2020 im Beschwerdeverfahren rechtfertigen kann (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, V.A.4.5.5a)).
3.4 Die vorgenannte, der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügte Mitteilung der Kammer ist der Beschwerdeführerin am 21. April 2023 zugegangen. Sie hatte somit genügend Zeit, um vor der mündlichen Verhandlung auf die neuen Klarheitseinwände der Kammer in Form von Hilfsanträgen zu reagieren. Stattdessen hat sie in dem Schreiben vom 3. August 2023 die bisherigen Anträge aufrechterhalten. Zu den neuen Klarheitseinwänden der Kammer hat sie sich rein argumentativ geäußert.
3.5 Vor diesem Hintergrund mag der Hilfsantrag 10 zwar eine gerechtfertigte Erwiderung auf die neuen Klarheitseinwände der Kammer in der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK 2020 darstellen. Die Einreichung dieses Hilfsantrags erstmals in der mündlichen Verhandlung kann jedoch nicht als rechtzeitig erachtet werden, denn, wie oben dargelegt, hatte die Beschwerdeführerin bereits ca. 5 Monate vor der mündlichen Verhandlung vor der Kammer Kenntnis von den neuen Einwänden erlangt. Sie hätte daher zum frühestmöglichen Zeitpunkt sorgfältig prüfen müssen, wie auf die neuen Einwände zu reagieren ist.
Das erstmalige Einreichen des neuen Hilfsantrags 10 in der mündlichen Verhandlung kann nicht als Reaktion zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt gewertet werden. Die in Artikel 13 (2) VOBK 2020 genannten stichhaltigen Gründe umfassen auch Gründe dafür, warum der Hilfsantrag nicht früher habe eingereicht werden können, um der Kammer ausreichend Gelegenheit zu geben sich mit dem neuen Hilfsantrag eingehend zu befassen (siehe z.B. T 1707/17, Gründe Nr. 2.4; T 713/18, Gründe Nr. 3.3).
Der Vollständigkeit halber bemerkt die Kammer, dass der neue Hilfsantrag 10 prima facie auch nicht geeignet erscheint, sämtliche Einwände der Kammer unter Artikel 84 EPÜ auszuräumen und sogar Anlass zu neuen Einwänden unter Artikel 123 (2) EPÜ gibt (Artikel 13 (1) VOBK 2020).
3.6 Die Beschwerdeführerin hat die späte Vorlage des Hilfsantrags 10 in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer damit gerechtfertigt, dass sie erstmals in der mündlichen Verhandlung Kenntnis davon erlangt habe, dass neue Einwände in der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK 2020 außergewöhnliche Umstände im Sinne von Artikel 13 (2) VOBK 2020 darstellen, welche die Zulassung neuer Hilfsanträge rechtfertigen können. Zudem sei in der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 darauf verwiesen worden, dass die Kammer im Sinne der Entscheidung G 10/93 berechtigt sei, neue Einwände vorzubringen. Den Hinweis auf Artikel 13 (2) VOBK 2020 in der Mitteilung unter Artikel 15 (1) VOBK 2020 habe sie im Übrigen so verstanden, dass neue Anträge nach Zugang der Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht berücksichtigt werden. Daher habe sie von der Einreichung neuer Hilfsanträge abgesehen.
3.7 Die Argumente der Beschwerdeführerin überzeugen die Kammer nicht. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung und der beigefügten Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK 2020 war die neue Verfahrensordnung der Beschwerdekammern bereits seit mehr als drei Jahren in Kraft. Von der Beschwerdeführerin konnte daher erwartet werden, dass sie mit den neuen Verfahrensregeln und der dazu zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung der Beschwerdekammern vertraut war, zumal die Kammer in ihrer Mitteilung unter Punkt 18 sogar auf die einschlägige Vorschrift des Artikels 13 (2) VOBK 2020 hingewiesen hatte.
Die Kammer kann die Unkenntnis der geltenden Verfahrensvorschriften der Beschwerdekammern daher nicht als außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Artikels 13 (2) VOBK 2020 ansehen, der die Zulassung des Hilfsantrags 10 rechtfertigen könnte.
3.8 Aus den vorstehenden Gründen hat die Kammer ihr Ermessen unter Artikel 13 (2) VOBK 2020 dahingehend ausgeübt, den Hilfsantrag 10 im Beschwerdeverfahren unberücksichtigt zu lassen.
4. Ergebnis
Da weder der Hauptantrag noch die Hilfsanträge 1 bis 9 die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ erfüllen und der Hilfsantrag 10 im Beschwerdeverfahren unberücksichtigt geblieben ist, konnte keinem Antrag der Beschwerdeführerin entsprochen werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.